VwGH Ra 2022/06/0264

VwGHRa 2022/06/02646.2.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart‑Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der Bürgerinitiative S, vertreten durch B H, 2. der Umweltorganisation N, vertreten durch Ing. H H, 3. der Marktgemeinde Ober‑Grafendorf, 4. der Umweltorganisation V, vertreten durch W R, 5. des A H, 6. des A H, 7. des J K, 8. der D K, 9. der G K, 10. der A G, 11. des K S, 12. des J A, 13. des F J, 14. des M K, 15. der A G, 16. des R G, 17. des F L, 18. des F P, 19. des J H, 20. des A H, 21. der M H, 22. der W H, 23. der M L, 24. des L S, 25. der B S, 26. des B K, 27. der B P, 28. des J P, 29. des K W, 30. des H D, 31. des J H, 32. des F W, 33. des E B, 34. des J S, 35. des H H, 36. des L S, 37. des W G, 38. der E S, 39. des K S, 40. der M F, 41. des F F, 42. des L M, 43. des A R, 44. des F S und 45. der Bürgerinitiative S, vertreten durch W H, alle vertreten durch Mag. Wolfram Schachinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hafengasse 16/4‑5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Oktober 2022, W102 2242510‑1/82E, betreffend Genehmigung gemäß § 24 Abs. 3 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen- Finanzierungs‑Aktiengesellschaft, vertreten durch die ASFINAG Baumanagement GmbH in Wien, diese vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, 2. Land Niederösterreich, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, 3. Landeshauptstadt St. Pölten, Rathausplatz 1, 3100 St. Pölten, und 4. Stadtgemeinde Herzogenburg, Rathausplatz 8, 3130 Herzogenburg), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022060264.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (nunmehr: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) vom 12. Oktober 2019 wurde der erstmitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Straßenbauvorhabens „S34 Traisental Schnellstraße“ nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP‑G 2000), dem Forstgesetz 1975 und dem Wasserrechtsgesetz 1959 erteilt sowie gemäß Bundesstraßengesetz 1971 der Straßenverlauf bestimmt.

2 Die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 6. April 2021 ab; die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 2021, Ra 2021/06/0122 bis 0124, zurückgewiesen.

3 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. März 2021 wurde der erstmitbeteiligten Partei (Spruchpunkt I a) ) und der zweitmitbeteiligten Partei (Spruchpunkt I b) ) gemäß § 24 Abs. 3 UVP‑G 2000 iVm dem NÖ Naturschutzgesetz 2000 (NÖ NSchG 2000) und dem NÖ Straßengesetz 1999 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von näher konkretisierten Maßnahmen des Straßenbauvorhabens „S34 Traisental Schnellstraße“ unter der Vorschreibung von Nebenbestimmungen, Auflagen sowie Berichts- und Meldepflichten erteilt.

4 Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerden an das BVwG, das diese nach Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Naturschutz und Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Vorschreibung einer weiteren, näher ausgeführten Auflage als unbegründet abwies; eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte es für unzulässig.

5 Begründend traf das BVwG ‑ soweit für die Behandlung der vorliegenden Revision relevant ‑ zusammengefasst zunächst Feststellungen zum geplanten Straßenverlauf und zum vom Wachtelkönig genutzten Frequenzbereich. Für die Ansiedlung des Wachtelkönigs in einem potentiellen Brutgebiet sei der weit tragende Ruf des Männchens ausschlaggebend. Die Höhe von 1,5 Metern über dem Boden sei eine gebräuchliche Bezugshöhe für die Schallimmissionsmessung und diese Bezugshöhe sei auch für den Wachtelkönig zutreffend. Für den Wachtelkönig sei das zudem eine Höhe, in der die Wahrnehmung von Verkehrslärm von einer Straße her für einen Vogel am Boden wesentlich sei. Da der den Schall aussendende Vogel seine Rufe vom Boden her äußere und der anzulockende Empfänger meist und zunächst in der Luft sei, werde diese Bezugshöhe als kennzeichnend angesehen. Bei Umsetzung des „Wachtelkönigkonzepts“ seien positive Auswirkungen des Vorhabens auf den Wachtelkönig zu erwarten, weil damit das Gelände des früheren Garnisonsübungsplatzes (GÜPL) als Lebensraum für den Wachtelkönig gesichert und die Lebensraumeignung in der Betriebsphase des Vorhabens unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Vorhabens, besonders der Lärmimmissionen, aufrechterhalten werde.

6 Weiters führte das BVwG u.a. feststellend aus, im Projektgebiet hätten etwa zwanzig Fledermausarten festgestellt werden können, was der Region entspreche. Nähere Feststellungen traf es in diesem Zusammenhang zu den geplanten Abschirmungen und führte zusammenfassend aus, das Kollisionsrisiko für Fledermäuse werde möglichst gering gehalten und überschreite das allgemeine Lebensrisiko in der Kulturlandschaft nicht relevant, weil Kollisionen in Abschnitten der Trasse an zu erwartenden Querungsstellen im Offenland durch Querungshilfen und Abschirmungen sowie im Wald auf der gesamten Streckenlänge durch Tieflage der Straße und Fledermausschutzzäune möglichst vermieden würden.

7 Das Projektgebiet und seine weitere Umgebung seien weder als Vogelschutzgebiet ausgewiesen noch in der österreichischen Liste der „Important Bird Areas“ enthalten.

8 Ein Vorkommen des Feldhamsters im Projektgebiet sei nicht auszuschließen. Feldhamster könnten grundsätzlich umgesiedelt werden und auch die Initiierung einer Abwanderung in geeignete nahe Lebensräume sei durch entsprechende Maßnahmen möglich. Die Maßnahmen, wonach im Falle des Antreffens von Feldhamsterbauen der Naturschutzbehörde ein Maßnahmenkonzept zur Vermeidung von erheblichen Auswirkungen auf den Feldhamster vorzulegen sei, welches erst nach positiver Beurteilung durch die Naturschutzbehörde umgesetzt werden dürfe, seien geeignet, nachteilige Auswirkungen des Projektes auf allfällige zum Zeitpunkt der Umsetzung des Projektes vorhandene Vorkommen des Feldhamsters zu vermeiden.

9 Unter Berücksichtigung der projektimmanenten Maßnahmen und der im Zuge des UVP‑Verfahrens erteilten Auflagen komme es weder in der Bau- noch in der Betriebsphase zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes. Es seien keine lebensraumverändernden Grundwasserabsenkungen in der Umgebung und weder eine nennenswerte Beeinflussung der oberflächlich vorliegenden und als Lebensraum der Urzeitkrebse genutzten Lacken und Tümpel noch eine mehr als geringfügige Beeinflussung der Wasserführung des S.bachs im Hinblick auf das Steinkrebsvorkommen zu erwarten. Die Umsiedelbarkeit der Urzeitkrebse sei gesichert, wobei zur Umsiedlung von Dauereiern und ihrer Entwicklung zu Urzeitkrebsen eine Pilotphase eingeführt werde und nach erfolgreicher Umsiedlung mit der Verpflanzung des Bodensubstrats aus den anderen betroffenen Tümpeln begonnen werden könne.

10 Zusammengefasst seien bei der Umsetzung des Wachtelkönigkonzepts positive Auswirkungen des Vorhabens auf den Wachtelkönig zu erwarten und zudem bei Umsetzung der Projektbestandteile zur Aufrechterhaltung der Verbindung zum Umland (Grünbrücke) keine nachteiligen Auswirkungen auf den Feldhamster sowie bei Umsetzung der Maßnahmen zur Waldverbesserung und der Lärmabschirmung an der Straße keine nachteiligen Auswirkungen auf Fledermäuse und Waldvögel zu erwarten.

11 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das BVwG zum Beschwerdevorbringen der revisionswerbenden Parteien, wonach das Vorhaben „Spange W.“ und das gegenständliche Straßenbauvorhaben in einem gemeinsamen UVP‑Genehmigungsverfahren zu behandeln gewesen wären, aus, das Landesstraßenvorhaben „Spange W.“ unterliege der UVP‑Genehmigungspflicht nach dem 2. Abschnitt des UVP‑G 2000, wohingegen das verfahrensgegenständliche Vorhaben nach dem 3. Abschnitt des UVP‑G 2000 einer UVP‑Genehmigungspflicht unterliege. Für das Landesstraßenprojekt „Spange W.“ sei ein eigenständiges UVP‑Verfahren im Vollzugsbereich des Landes durchzuführen. Demgegenüber seien Bundestraßen kompetenzrechtlich im Vollzugsbereich des Bundes im teilkonzentrierten UVP‑Genehmigungsverfahren der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zu genehmigen. Von einer unzulässigen „Stückelung“ könne nicht gesprochen werden, da für beide Vorhaben UVP‑Genehmigungsverfahren durchgeführt worden seien.

12 Zum Artenschutz führte das BVwG in rechtlicher Hinsicht aus, es komme während der Bauphase zu keiner absichtlichen Tötung oder Verletzung einzelner Individuen, einschließlich des Feldhamsters. Das Fangen eines Individuums, um es ohne schuldhafte Säumnis sogleich an seinem Zielort freizulassen, stelle kein „Fangen“ im Sinne der artenschutzrechtlichen Bestimmungen dar. Für die projektgemäßen Umsiedlungsmaßnahmen sei keine Ausnahmebewilligung erforderlich. Auch in der Betriebsphase komme es zu keiner absichtlichen Tötung von Individuen, insbesondere Fledermäusen, zumal das Kollisionsrisiko für Fledermäuse möglichst gering gehalten und das allgemeine Lebensrisiko nicht relevant überschritten werde. Das Verbot der Zerstörung oder Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, wozu auch verlassene Baue zählten, wenn die Art zu dieser Stätte zurückkehren könnte, greife nur im Falle eines Verlusts ihrer kontinuierlichen ökologischen Funktionalität. Seien für ein Individuum mehrere Fortpflanzungs- und Ruhestätten vorhanden, die weiterhin zur Verfügung stünden, werde mit einer allfälligen Zerstörung einer dieser Stätten deren Funktion nicht vernichtet, wenn die Funktion von anderen (vorhandenen oder zu schaffenden) Stätten wahrgenommen würde (Hinweis auf VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 u.a.). Durch die Maßnahmen in Bezug auf Feldhamster könne die Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten, sofern Hamsterbaue auf beanspruchtem Grund festgestellt würden, vermieden werden. Bei den Störungen an Lebens-, Brut- und Wohnstätten komme es nicht auf eine „Absichtlichkeit“ an, wobei sich das Störungsverbot auf Arten beziehe und auch auf Handlungen gerichtet sei, die in besonderer Weise geeignet seien, den Erhaltungszustand der geschützten Arten zu beeinträchtigen. Eine Störung liege vor, wenn durch die betreffende Handlung die Überlebenschancen, der Fortpflanzungserfolg oder die Reproduktionsfähigkeit einer geschützten Art vermindert werde oder diese Handlung zu einer Verringerung des Verbreitungsgebiets führe. Derartige Störungen würden durch die im Projekt enthaltenen und in den Auflagen vorgeschriebenen Maßnahmen vermieden. Die Verbotstatbestände des § 18 Abs. 4 Z 2, 3 und 4 NÖ NSchG 2000 seien nicht erfüllt, weshalb es auf die Möglichkeit zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 4 und 5 leg. cit. oder § 3 Abs. 8 NÖ Jagdgesetz 1974 nicht ankomme. Es liege im Bereich des GÜPL V. zudem weder ein faktisches Vogelschutzgebiet, noch einen potentielles Fauna‑Flora‑Habitat‑Gebiet vor.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst eine mangelhafte Begründung des Ausspruches über die Unzulässigkeit der Revision durch das BVwG sowie eine grob fehlerhafte Beweiswürdigung und Begründungsmängel rügt. Das BVwG habe keine Sachverständigengutachten aus näher genannten Fachbereichen eingeholt und die durch die revisionswerbenden Parteien vorgelegten Privatgutachten nicht (ausreichend) gewürdigt. Es liege ein faktisches Vogelschutzgebiet vor und es seien die sich in der Folge der „zitierten Feldhamster‑Urteile des EuGH ergebenden Fragen [...] noch nicht durch Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgedeckt“. Das Straßenbauvorhaben sei rechtswidrig auf zwei UVP‑Genehmigungsverfahren aufgeteilt worden.

14 Die Revision ist unzulässig.

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 24.10.2022, Ra 2022/05/0087, mwN).

19 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. für viele etwa VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0190, mwN).

20 Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe vorliegt. Auch eine Revision, die Ausführungen zu ihrer Begründetheit auch als Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit wortident enthält, wird dem Erfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG der gesonderten Darlegung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, nicht gerecht; dasselbe gilt auch, wenn für sich inhaltsleer gestaltete „Revisionsgründe“ lediglich Verweise auf die zuvor erstatteten Zulässigkeitsausführungen nach § 28 Abs. 3 VwGG enthalten (vgl. erneut VwGH 3.10.2022, Ra 2022/06/0190, mwN). Es kann auch nicht von einer gesonderten Darstellung der Revisionszulässigkeitsgründe im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG ausgegangen werden, wenn ‑ vermengt mit Revisionszulässigkeitsgründen ‑ umfangreiche Wiedergaben aus dem Akteninhalt erfolgen (vgl. etwa VwGH 26.2.2021, Ra 2021/05/0028, mwN).

21 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, das BVwG habe deren Unzulässigkeit mangelhaft begründet. Dazu genügt es festzuhalten, dass es zwar zutreffend ist, dass das BVwG seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG „kurz zu begründen“ hat. Allerdings ist der Verwaltungsgerichtshof an diese Begründung nicht gebunden, sondern beurteilt die Zulässigkeit anhand der in der Revision vorgebrachten Gründe im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG. Die revisionswerbenden Parteien waren durch die Ausführungen des BVwG nicht daran gehindert, entsprechende Gründe für die Zulässigkeit der Revision geltend zu machen. Auch das Fehlen einer näheren Begründung des Ausspruches nach § 25a Abs. 1 VwGG führt für sich betrachtet nicht dazu, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG gegeben wären (vgl. etwa VwGH 10.3.2021, Ra 2021/17/0022, mwN). Die revisionswerbenden Parteien zeigen somit in diesem Zusammenhang eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage nicht auf.

22 Darüber hinaus zitiert die Revision zu ihrer Zulässigkeit Ausführungen des BVwG im „noch nicht abgeschlossenen Verfahren Vorhaben(steil) Spange W[...]“, in welchem das BVwG Bedenken an der Zuständigkeit der den Bescheid betreffend das Vorhaben „Spange W.“ erlassenden Behörde geäußert habe, und bringt dazu (nur) vor, das BVwG habe „hier dargelegt, warum die hier gegenständliche Entscheidung gerade im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs“ stehe.

23 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret darzulegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. für viele nochmals VwGH 15.11.2021, Ra 2021/06/0122 bis 0124, mwN). Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Beim vorliegenden Verfahren handelt es sich um ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren gemäß § 24 Abs. 3 UVP‑G 2000 betreffend die vom Land zu vollziehenden Genehmigungsbestimmungen. Die Bewilligung der hier gegenständlichen Schnellstraße nach dem UVP‑G 2000 wurde hinsichtlich der vom Bund zu vollziehenden Genehmigungsbestimmungen bereits rechtskräftig erteilt. In dem die dortige Revision zurückweisenden hg. Beschluss vom 15.11.2021, Ra 2021/06/0122 bis 0124, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Vorbringen betreffend eine Vorhabensteilung bereits festgehalten, dass die Abgrenzung eines Vorhabens im Sinne des § 2 UVP‑G 2000 jeweils im Einzelfall zu beurteilen ist und sich die Zulässigkeit der Revision in einem solchen Zusammenhang daher nur dann ergeben könnte, wenn in der Zulässigkeitsbegründung substantiiert aufgezeigt wird, dass die diesbezügliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. Rz 15). Auch in der vorliegenden außerordentlichen Revision wird nicht dargelegt, dass die vorgenommene Abgrenzung des Vorhabens im Sinne des § 2 UVP‑G 2000 im Einzelfall in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre.

24 Darüber hinaus suchen die revisionswerbenden Parteien die Zulässigkeit der Revision mit einer grob fehlerhaften Beweiswürdigung sowie Begründungsmängeln zu begründen. Das Verwaltungsgericht habe lediglich ein Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich Naturschutz, jedoch keines aus den Fachbereichen Hydrologie und Grundwasser, Gewässerökologie und Lärm eingeholt. Zudem hätten die revisionswerbenden Parteien Privatgutachten vorgelegt, mit denen sich das BVwG nicht auseinandergesetzt habe.

25 Damit machen die revisionswerbenden Parteien Verfahrensmängel geltend. Rechtsfragen des Verfahrensrechtes können nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG sein, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss, das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen ‑ für die revisionswerbenden Parteien günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 14.7.2022, Ra 2022/06/0078, mwN). Das setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) zudem voraus, dass ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 26.9.2022, Ra 2022/05/0130 u.a., mwN).

26 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit rügt, das BVwG hätte Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Hydrologie und Grundwasser, Gewässerökologie bzw. Lärm einholen müssen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist. Fallbezogen führte das BVwG im angefochtenen Erkenntnis aus, der Fachbereich „Wasserrecht“ sei bereits im teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren im Bundesvollzug behandelt worden; verfahrensgegenständlich seien lediglich die Auswirkungen des Vorhabens auf Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume relevant. Die Einholung eines Gutachtens aus dem Fachbereich Hydrogeologie sei nicht erforderlich, weil die Habitate der gegenständlichen Krebsarten nicht grundwasser-, sondern oberflächenwasser- bzw. niederschlagsgespeist seien. Dieser Begründung des BVwG setzt die Revision zum einen nichts entgegen; zum anderen bleibt sie es mit ihrem in Bezug auf die Nichteinholung von Gutachten völlig pauschalen Vorbringen schuldig, die Relevanz der gerügten Verfahrensmängel konkret aufzuzeigen.

27 Auch im Hinblick auf die nicht näher ausgeführte Behauptung, das BVwG habe sich nicht mit der Frage der „Auswirkungen von Reifenabrieb/Mikroplastik auf Naturschutzgüter“ auseinandergesetzt, fehlt es der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung an einer entsprechenden Relevanzdarstellung.

28 Soweit die Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus Begründungsmängel in Bezug auf den Verlust des Jagdhabitats der Fledermaus sowie die mangelnde Auseinandersetzung mit näher genannten fachlichen Stellungnahmen beziehungsweise die mangelnde Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich „Lärm/Schalltechnik“ betreffend die Ermittlung der Immissionspunkthöhe in Bezug auf den Wachtelkönig geltend macht, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht aufgezeigt, weil darauf in den Revisionsgründen nicht mehr zurückgekommen wird (vgl. etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2020/05/0024, mwN).

29 Wenn die Revision weiters unter Verweis auf eine von ihr vorgelegte fachliche Stellungnahme die Auffassung vertritt, es sei aufgrund besonderer fachlicher Voraussetzungen von einem faktischen Vogelschutzgebiet auszugehen, wird mit diesem Vorbringen weder eine konkrete Rechtsfrage, die der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte, formuliert, noch aufgezeigt, inwiefern das BVwG von einer konkret von der Revision dargelegten Rechtsprechung abgewichen wäre. Auch das diesbezügliche Vorbringen entspricht somit den Anforderungen an die Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht.

30 Soweit sich die Revision schließlich gegen die Beurteilung des BVwG betreffend die in Bezug auf den Feldhamster getroffenen Maßnahmen wendet, wird weder konkret dargelegt, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes das BVwG abgewichen wäre, noch formuliert die Revision eine konkrete Rechtsfrage, die der Verwaltungsgerichtshof zu lösen hätte. Auch mit einem bloß allgemein gehaltenen Verweis auf bestimmte Urteile des EuGH wird nicht aufgezeigt, welche konkrete Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in der vorliegenden Revisionssache zu klären wäre (vgl. in diesem Sinn VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0154 u.a., mwN).

31 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch nicht veranlasst, ein ‑ von den revisionswerbenden Parteien angeregtes ‑ Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

32 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein näheres Eingehen auf die Frage, ob von den fünft- bis vierundvierzigstrevisionswerbenden Parteien ein tauglicher Revisionspunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend gemacht wurde (vgl. dazu etwa VwGH 1.6.2021, Ro 2020/06/0011 bis 0090, mwN).

Wien, am 6. Februar 2023

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