VwGH Ra 2022/11/0060

VwGHRa 2022/11/00608.6.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätin Mag. Hainz‑Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des A P in K, vertreten durch die LTRA Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 9. Februar 2022, Zl. LVwG‑AV‑614/001‑2021, betreffend grundverkehrsrechtliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde Lilienfeld; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. K K, vertreten durch die Oehner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Hafenstraße 2a; 2. J K in S), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §37
AVG §45 Abs2
AVG §52
VwGVG 2014 §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022110060.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in Bestätigung eines Bescheides der belangten Behörde vom 9. März 2021, dem zwischen den Mitbeteiligten abgeschlossenen Kaufvertrag über konkret bezeichnete land‑ und forstwirtschaftliche Grundstücke die grundverkehrsrechtliche Genehmigung nach dem NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 (NÖ GVG 2007). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

2 Das Verwaltungsgericht stellte zusammengefasst fest, Gegenstand des Kaufvertrages seien näher bezeichnete Grundstücke im Gesamtausmaß von 53.420 m2. Der vereinbarte Kaufpreis betrage € 600.000,‑‑. Der Revisionswerber habe im Kundmachungsverfahren vor der belangten Behörde sein Interesse am Erwerb dieser Grundstücke zu einem von ihm als ortsüblich bezeichneten Preis von € 500.000,‑‑ erklärt und dazu eine Kreditzusage einer Bank vorgelegt.

3 Das Verwaltungsgericht stellte als ortsüblichen Verkehrswert des Kaufgegenstandes ca. € 700.000,‑‑ fest, wobei es die Zusammensetzung des Verkehrswertes aus den Bodenwerten der einzelnen Grundstücke und den Bauwerten der darauf befindlichen Baulichkeiten näher bezifferte. Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht dafür auf die im behördlichen Verfahren eingeholten Gutachten eines agrartechnischen und eines bautechnischen Amtssachverständigen sowie auf ein vom Käufer beigebrachtes Privatgutachten. In seiner Beschwerde habe der Revisionswerber ein Privatgutachten vorgelegt, nach welchem der ortsübliche Verkehrswert lediglich € 300.000,‑‑ betrage. In Reaktion auf darin geäußerte Kritikpunkte am agrartechnischen Sachverständigengutachten habe die Amtssachverständige im Beschwerdeverfahren eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme abgegeben, welche das Beschwerdevorbringen entkräftet habe.

4 Hinsichtlich des Wertes jenes Teiles des Kaufgegenstandes, welcher auch von den Amtssachverständigen begutachtet worden sei, kämen diese und das Privatgutachten des Käufers zu nahezu identen Ergebnissen. Hinsichtlich des Wertes des anderen Teiles des Kaufgegenstandes stützte sich das Verwaltungsgericht auf das Privatgutachten des Käufers, welches (aus näher dargelegten Gründen) nachvollziehbar und plausibel sei. Das Privatgutachten des Revisionswerbers sei nicht geeignet, den ortsüblichen Verkehrswert des Verkaufsgegenstandes abzubilden, da dieses Gutachten selbst einräume, dass der von ihm ermittelte „objektive Preis“ unter jenem Preis liegen könne, welcher am „Markt“ erzielt werden könne. Der nach dem NÖ GVG 2007 maßgebliche „ortsübliche Verkehrswert“ sei jedoch nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz jener Preis, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden könne. Auch habe der Revisionswerber in seiner Interessentenanmeldung selbst einen Kaufpreis von € 500.000,‑‑ als ortsüblichen Verkehrswert angeboten, welcher um 65 % über dem vom Privatsachverständigen ermittelten Wert liege.

5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, ausgehend vom festgestellten ortsüblichen Verkehrswert (€ 700.000,--) liege der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 4 NÖ GVG 2007, wenn die Gegenleistung (€ 600.000,--) den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichenden Grund erheblich übersteige, nicht vor. Auch der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG 2007 bestehe nicht, weil der Revisionswerber in seiner Interessentenanmeldung lediglich einen Kaufpreis von € 500.000,-- und somit kein gleichartiges Rechtsgeschäft angeboten habe, weswegen er nicht die Interessentenstellung erlangt habe.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung auf ein unvollständiges, unschlüssiges und widersprüchliches Gutachten, welches nicht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sei, gestützt und nicht begründet, warum es dem Privatgutachten des Käufers und nicht jenem des Revisionswerbers gefolgt sei. Vielmehr sei das Verwaltungsgericht bei widersprechenden Gutachten begründungslos von der „Mehrheitsmeinung“ ausgegangen.

11 Damit zeigt die Revision eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht auf:

12 Ob ein Gutachten in seiner konkreten Ausgestaltung vom Verwaltungsgericht zu Recht als schlüssig qualifiziert wurde, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist. Auch die Frage, welchem von mehreren, einander widersprechenden Gutachten das Verwaltungsgericht folgt, hat es nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung danach zu prüfen, welchem Gutachten die höhere Glaubwürdigkeit beizumessen ist. Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der in einem Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung aber nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (siehe zu all dem in vergleichbarem Zusammenhang VwGH 15.3.2022, Ra 2021/11/0060 bis 0061, mwN).

13 Davon kann im Revisionsfall keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht hat die vorliegenden Gutachten in der mündlichen Verhandlung erörtert und in seiner Beweiswürdigung ausführlich und unter Eingehen auf das vom Revisionswerber vorgelegte Gutachten sowie seines Beschwerdevorbringens dargelegt, warum es welches Gutachten für welche Teile des Kaufgegenstandes seiner Bewertung des ortsüblichen Verkehrswertes im Sinn des § 3 Z 4 lit. a, § 6 Abs. 2 Z 4 und § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 zu Grunde legte.

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 8. Juni 2022

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