Normen
B-VG Art130 Abs1 Z1
VwGVG 2014 §50
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021020074.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 5. Oktober 2018 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe am 11. Oktober 2017 auf der Internetseite „willhaben“ zwei Tiere (einen geimpften Kater sowie eine Hauskatze) zum Verkauf angeboten, obwohl das öffentliche Feilhalten, Feil- oder Anbieten zum Kauf oder zur Abgabe (Inverkehrbringen) von Tieren nur im Rahmen einer gemäß § 31 Abs. 1 TSchG genehmigten Haltung oder durch Züchter, die gemäß § 31 Abs. 4 TSchG diese Tätigkeit gemeldet hätten, sofern sie nicht auf Grund einer Verordnung von dieser Verpflichtung ausgenommen seien, gestattet sei. Dies gelte auch für derartige Aktivitäten im Internet. Ausgenommen davon sei die Vornahme solcher Tätigkeiten im Rahmen oder zum Zweck der Land- und Forstwirtschaft. Der Revisionswerber betreibe weder eine Landwirtschaft noch würden die Katzen zu den Tierarten gehören, die unter dem Titel Landwirtschaft inseriert werden dürften. Er habe hierdurch § 38 Abs. 3 iVm § 8a Abs. 2 TSchG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe iHv € 440,-- (Ersatzfreiheitstrafe 19 Stunden) verhängt wurde.
2 Der Revisionswerber erhob Einspruch.
3 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung vom 20. Dezember 2019 wurde von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Revisionswerber gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG abgesehen und die Einstellung verfügt.
4 Dagegen erhoben die Tierschutzombudsfrau der Steiermark sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz jeweils Beschwerden.
5 Mit gegenständlich angefochtenem Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) den Beschwerden Folge und behob den bekämpften Bescheid. Die ordentliche Revision erklärte es für unzulässig.
6 Das Verwaltungsgericht führte ‑ nach Wiedergabe des oben dargestellten Verfahrensgangs und der Beschwerdevorbringen ‑ als Begründung nur in der rechtlichen Beurteilung aus, dass der Revisionswerber unbestritten die zwei Katzen auf „willhaben“ feilgeboten habe, wenn dies auch unter dem Anbieter „Landwirtschaft“ erfolgt sei und der Revisionswerber Betreiber einer Landwirtschaft sei. Das Verbot des § 8a Abs. 2 TSchG treffe jede Person oder Organisation, die Tiere öffentlich vermitteln wolle. Nicht betroffen seien zum einen Tierheime, weil sie bereits der Bewilligungspflicht unterliegen würden, zum anderen Personen und Organisationen, die über eine Bewilligung zur Tierhaltung nach § 31 Abs. 1 TSchG verfügen würden oder Züchter, die ihre Tätigkeit gemäß § 31 Abs. 4 TSchG gemeldet hätten. Gänzlich ausgenommen vom Geltungsbereich sei die Vermittlung landwirtschaftlicher Nutztiere im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 TSchG. Wie der Bundesminister in seiner Beschwerde richtig ausführe, seien Katzen keine Tiere, die in der genannten Bestimmung enthalten seien. Wenn der Revisionswerber argumentiere, dass die Katzen im Rahmen oder zum Zweck der von ihm betriebenen Land- und Forstwirtschaft inseriert worden seien, so lasse seine Argumentation eine nähere Erklärung und Nachvollziehbarkeit des Rahmens bzw. Zweckes, zu dem die Katzen in seiner Landwirtschaft gehalten werden, vermissen. Auch sonstige Ausnahmetatbestände des § 8a Abs. 2 TSchG seien für das Verwaltungsgericht nicht zu erkennen gewesen, sodass die Begründung der beschwerdeführenden Parteien, die feilgebotenen Katzen seien keine solchen Tiere die zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken oder in deren Rahmen gehalten werden würden, nicht unplausibel sei.
7 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Eine Revisionsbeantwortung erstatten die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und die Tierschutzombudsfrau der Steiermark als Mitbeteiligte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Die Revision erweist sich als zulässig und berechtigt.
10 Der Revisionswerber macht zunächst die Verletzung der Begründungspflicht geltend, weil Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt fehlen würden. Unter anderem wird auch gerügt, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Verjährungseinwand des Revisionswerbers nicht auseinandergesetzt habe.
11 Nach der hg. Rechtsprechung führt ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Wird das Verwaltungsgericht den Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstellt (vgl. etwa VwGH 4.3.2020, Ra 2019/02/0227, mwN).
12 Diesen Anforderungen an die Begründung wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht:
13 Wie die Revision zutreffend aufzeigt, enthält das angefochtene Erkenntnis keine Feststellungen zum Sachverhalt, wodurch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung für den Verwaltungsgerichthof nicht überprüfbar ist. Vor allem ist das Verwaltungsgericht nicht auf das vom Revisionswerber in seiner Replik auf die Beschwerde der Mitbeteiligten dargelegte Vorbringen zur behaupteten Verjährung eingegangen.
14 Da im angefochtenen Erkenntnis somit keine ausreichende Begründung für die Aufhebung des bekämpften Bescheides enthalten ist, liegt ein Feststellungs- und Begründungsmangel vor, der einen revisiblen Verfahrensmangel begründet.
15 Das angefochtene Erkenntnis entzieht sich insoweit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit; es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (vgl. VwGH 22.3.2021, Ra 2020/17/0025).
16 Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verwaltungsstrafsache nicht abschließend erledigt wird, wenn das Verwaltungsgericht das angefochtene Straferkenntnis nur (ersatzlos) behebt, und damit nicht in der Sache selbst ‑ sei es durch Einstellung des Strafverfahrens oder im Sinne eines Schuldspruches ‑ entschieden hat (vgl. VwGH 17.9.2021, Ra 2021/02/0175).
17 Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.
18 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014. Da ein Ersatz für Schriftsatzaufwand nicht in Betracht kommt, wenn ‑ wie hier ‑ ein Rechtsanwalt in eigener Sache einschreitet, war das Mehrbegehren abzuweisen (vgl. VwGH 8.9.2020, Fr 2020/13/0003; VwGH 26.9.2008, 2008/02/0225).
Wien, am 18. Mai 2022
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