VwGH Ra 2021/02/0077

VwGHRa 2021/02/00777.4.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Ing. H in I, vertreten durch Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwalt in 6284 Ramsau im Zillertal, Raiffeisenplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 28. Jänner 2021, LVwG‑2020/29/2713‑16, betreffend Übertretungen der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020077.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 1. Oktober 2020 wurden dem Revisionswerber drei Geschwindigkeitsübertretungen zu näher genannten Tatzeiten an konkret bezeichneten Tatorten angelastet. Er habe dadurch jeweils § 52 lit. a Z 10a StVO verletzt. Über ihn wurden zu den Spruchpunkten 1. Und 2. gemäß § 99 Abs. 2d StVO Geldstrafen von € 140,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage und 8 Stunden) und € 260,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage und 16 Stunden) sowie zu Spruchpunkt 3. gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von € 60,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag und 3 Stunden) verhängt. Er wurde zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Begründend führte die Behörde unter anderem aus, keine Zweifel an den Geschwindigkeitsangaben auf den Lichtbildern zu hegen, die aus einer Videoaufzeichnung mit einem geeichten Messgerät („Videospeed 250“) aus einem dem Polizeikennzeichen nach näher genannten dienstlichen Kfz stammten.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde zweifelte der Revisionswerber die genauen Tatorte und exakten Tatzeitpunkte sowie die ordnungsgemäße Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkungen an. Er machte noch geltend, dass es sich lediglich um eine einheitliche Geschwindigkeitsübertretung handeln könne. In der vom Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der Revisionswerber ergänzend vor, die Voraussetzungen für eine Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren seien nicht erfüllt, weil sich aus den Lichtbildern nicht ergebe, in welchem Abstand und wie lange die Beobachtung erfolgt sei, und weil die während eines Beschleunigungsvorganges vorgenommene Messung nicht korrekt erfolgt sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Konkretisierung von Tatort und Tatzeit zu Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses sowie unter Präzisierung der Übertretungs‑ und der Strafnormen zu allen drei Spruchpunkten als unbegründet ab, verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

4 Begründend hielt es unter anderem fest, dass die Geschwindigkeitsübertretungen durch Messungen mittels Videoaufzeichnung (Messart Provida mit Videoaufzeichnung, BP‑[...] Audi A6 „Videospeed 250“) festgestellt worden seien. Die Geschwindigkeit sei nicht durch Nachfahren und Ablesen der Geschwindigkeit vom Tacho des Zivilstreifenfahrzeuges ermittelt worden, sondern sie sei mittels des in diesem Fahrzeug installierten und gültig geeichten Videomessgerätes im Zuge von Videoaufnahmen gemessen worden. Die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Judikatur zum Nachfahren in einem gleichbleibenden Abstand über eine längere Wegstrecke hinweg sei daher für die gegenständlich durchgeführten Geschwindigkeitsmessungen nicht anwendbar.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

6 Die Revision erweist sich als unzulässig:

7 Das vom Revisionswerber bekämpfte Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, drei verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin drei voneinander unabhängige Spruchpunkte. Auch das Verwaltungsgericht hat mithin hinsichtlich der drei angelasteten Verwaltungsübertretungen getrennte Absprüche getroffen (vgl. VwGH 5.1.2021, Ra 2020/02/0279).

8 Liegen ‑ wie hier ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 23.10.2020, Ra 2020/02/0206).

9 Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses richtet, ist auszuführen:

10 Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 750,‑ ‑ und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu € 400,‑ ‑ verhängt wurde.

11 Diese Voraussetzungen treffen für den Abspruch des Verwaltungsgerichtes zu Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses zu, weil über den Revisionswerber eine Geldstrafe von € 60,‑ ‑ verhängt wurde, wobei der Strafrahmen des § 99 Abs. 3 lit. a StVO € 726,‑ ‑ beträgt.

12 Bei der im Sinne des § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen „Freiheitsstrafe“ muss es sich um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. etwa VwGH 9.9.2020, Ra 2020/02/0177). Eine solche ist hinsichtlich der zu Spruchpunkt 3. des bekämpften Straferkenntnisses angelasteten Übertretung der StVO jedoch nicht vorgesehen.

13 Die Revision erweist sich daher, soweit das Verwaltungsgericht über Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses entschied, gemäß § 25a Abs. 4 VwGG als absolut unzulässig.

14 Soweit sich die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis betreffend die Spruchpunkte 1. Und 2. des Straferkenntnisses richtet, ist auszuführen:

15 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, dem Revisionswerber sei es verwehrt, die Fahrgestellnummer und die Reifendimension des von der Zivilstreife (mit einem Deckkennzeichen) verwendeten Fahrzeuges zu kontrollieren, sodass ihm eine Überprüfungsmöglichkeit fehle, ob das Geschwindigkeitsmessgerät in dem gemäß Eichschein bestimmten Fahrzeug mit der dort genannten Reifendimension verwendet worden sei.

19 Sowohl im Straferkenntnis als auch im hier angefochtenen Erkenntnis wurde davon ausgegangen, dass das Geschwindigkeitsmessgerät in dem laut Eichung vorgesehenen Fahrzeug verwendet wurde. Der Revisionswerber zeigt nicht auf, dass er die dahingehenden Sachverhaltsannahmen des Straferkenntnisses bekämpft, dass er ein davon abweichendes Tatsachenvorbingen erstattet hätte oder dass einem von ihm in diesem Zusammenhang gestellten Antrag nicht entsprochen worden wäre. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird nicht aufgezeigt.

20 Weiters macht die Revision zu ihrer Zulässigkeit geltend, die „Judikatur zum Nachfahren in einem gleichbleibenden Abstand über eine längere Wegstrecke hinweg“ sei hier anzuwenden.

21 Ein bloß allgemein gehaltener Verweis auf eine anzuwendende Rechtsprechung ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung nach Ansicht des Revisionswerbers das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll, entspricht nicht den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen (vgl. VwGH 29.10.2018, Ra 2018/02/0048, mwN).

22 Zu dem in diesem Zusammenhang behaupteten Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von dem eines anderen Verwaltungsgerichtes genügt es darauf hinzuweisen, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B‑VG erfüllt, wenn es zu der betreffenden Frage eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. VwGH 10.7.2020, Ra 2020/01/0203, mwN, sowie zur Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät „Videospeed 250“ etwa VwGH 26.2.2019, Ra 2018/02/0307).

23 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. April 2021

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