Normen
FSG 1997 §26 Abs2 Z2
FSG 1997 §7 Abs3 Z1
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020110128.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. März 2020 wurde (in Bestätigung eines Straferkenntnisses der belangten Behörde) der Revisionswerber einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO 1960 schuldig erkannt, weil er sich am 16. September 2019 um 22:31 Uhr auf einer näher bezeichneten Liegenschaft nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er am selben Tag gegen 21:00 Uhr ein näher genanntes Kfz auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.
2 Die dagegen erhobene Revision wurde mit hg. Beschluss vom 16. Februar 2021, Ra 2020/02/0145, zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 bereits der Verdacht ausreiche, der Beschuldigte habe das Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt. Der Verdacht müsse sich einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen. Ob der Betreffende tatsächlich ein Fahrzeug gelenkt hat, sei hingegen (für die Bestrafung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960) unerheblich.
Mit dem Einwand, die Tat sei auf einer Straße ohne öffentlichen Verkehr begangen worden (die Verweigerung des Alkotests sei auf privatem Grund erfolgt), sei für den Revisionswerber nichts zu gewinnen. Maßgeblich sei lediglich, dass das den Anlass für die Atemluftuntersuchung bietende Verhalten (z.B. Lenken eines Fahrzeuges bzw. hier: Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung beim Lenken eines Fahrzeuges) auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gesetzt wurde. Die Qualifikation des Ortes der Aufforderung zur Atemluftprobe sei dagegen nicht entscheidend. Dass der Revisionswerber im gegenständlichen Fall verdächtig gewesen sei, das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, ergebe sich unstrittig aus den schlüssig begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts.
3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 17. April 2020 wies das Verwaltungsgericht nach durchgeführter Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 28. November 2019 ab, mit welchem (soweit hier relevant) dessen Lenkberechtigung für alle Klassen für die Dauer von 24 Monaten (gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines am 16. September 2019, sohin bis einschließlich 16. September 2021) mit der Begründung der erwähnten Verweigerung des Alkotests am 16. September 2019 entzogen (und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt) worden war.
Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig sei.
4 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gab das Verwaltungsgericht zunächst die Rechtfertigung des Revisionswerbers wieder, nach welcher er mit dem Kraftfahrzeug nüchtern zu jener Liegenschaft gefahren sei, auf welcher er sich mit einem Freund getroffen habe, um dort einen Vertragsabschluss mit mitgebrachtem Alkohol zu feiern, und auf welcher es in der Folge (aufgrund näher geschilderter Umstände) zur Verweigerung der Atemluftkontrolle auf Alkohol durch den Revisionswerber gekommen sei.
5 Abweichend von diesem Vorbringen stellte das Verwaltungsgericht (mit entsprechender Beweiswürdigung) fest, der Revisionswerber habe das Kfz entgegen seinem Vorbringen bereits in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zur in Rede stehenden privaten Liegenschaft gelenkt, auf welcher er die Kontrolle der Atemluft auf Alkohol verweigert habe.
6 Rechtlich ging das Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Bestrafung des Revisionswerbers wegen Alkotestverweigerung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 aus und nahm unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellung, der Revisionswerber habe diese Übertretung „beim Lenken eines Kraftfahrzeuges“ begangen, die Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG an.
7 Da der Revisionswerber innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen habe, sei dessen Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z 2 FSG für mindestens 12 Monate zu entziehen. Beim Revisionswerber seien aber nicht bloß eine, sondern insgesamt vier Vorentziehungen seiner Lenkberechtigung aufgrund von Alkoholdelikten zu berücksichtigen (Entziehungen im Jahr 2005 für 20 Monate, im Jahr 2014 für fünf Monate und zuletzt aufgrund zweier Alkoholdelikte im Jahr 2015 für insgesamt zehn Monate). Er sei daher als „beharrlicher Wiederholungstäter“ in Bezug auf jene Verstöße anzusehen, die zu den schwersten Delikten gegen die Verkehrsvorschriften zählten. Daher sei (wie auch vergleichbare, näher zitierte Fälle aus der hg. Judikatur bestätigten) bis zur Wiedererlangung seiner Verkehrszuverlässigkeit die Entziehung seiner Lenkberechtigung für einen Zeitraum von 24 Monaten erforderlich.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN). Dem Erfordernis einer gesonderten Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
12 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).
13 Soweit die Revision zunächst im Rahmen der Begründung ihrer Zulässigkeit die Begehung einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO 1960 seitens des Revisionswerbers bestreitet, ist sie auf die ständige hg. Rechtsprechung über die Bindungswirkung des im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Straferkenntnisses (hier: des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes vom 23. März 2020) im Führerscheinverfahren zu verweisen, die durch den Umstand, dass der Revisionswerber auch gegen dieses Erkenntnis Revision erhoben hat, nicht beeinträchtigt wurde (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2018/11/0028, mwN).
14 Im weiteren Zulässigkeitsvorbringen wird ‑ soweit dieses die obgenannten Kriterien erfüllt ‑ ins Treffen geführt, das Verwaltungsgericht sei von der hg. Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 16.10.2012, 2012/11/0171, und auf VwGH 27.11.2001, 2001/11/0271) abgewichen, weil es verkannt habe, dass im Rahmen der verwaltungsstrafrechtlichen Beurteilung der Verweigerung der Atemluftuntersuchung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO 1960 ein bloßer „Verdacht“ ausreiche, ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, während es im Entziehungsverfahren gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG entscheidend auf das ‑ tatsächliche ‑ Lenken (oder Inbetriebnehmen) eines Kraftfahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ankomme.
15 Im Revisionsfall sei zwar (so die Revision dezidiert auf S. 3 und 4) außer Streit gestellt, dass der Revisionswerber „nüchtern mit seinem Auto von zu Hause weg[fuhr] und .... gegen 21:00 Uhr nüchtern die Liegenschaft“ erreicht habe, wo er in weiterer Folge die mitgebrachten Alkoholika getrunken habe und dann zum Alkotest aufgefordert worden sei und diesen verweigert habe. Im Führerscheinverfahren habe dem Revisionswerber aber das „alkoholisierte Lenken auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr“ gerade nicht nachgewiesen werden können, wie dies aber (nach Ansicht des Revisionswerbers) aufgrund der von ihm zuvor zitierten Judikatur für eine Tatsache iSd. § 7 Abs. 3 Z 1 FSG vorausgesetzt sei, weil die diesbezügliche Feststellung des Verwaltungsgerichts auf einer denkunmöglichen Beweiswürdigung beruhe.
16 Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, der Revisionswerber habe sich bereits beim Lenken des Kfz auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr (und nicht erst, wie von ihm behauptet, auf der privaten Liegenschaft) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, auf einer unvertretbaren Beweiswürdigung beruht (nur dann läge nach der hg. Rechtsprechung eine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B‑VG vor; vgl. aus vielen VwGH 11.6.2018, Ra 2018/11/0103), weil es nach der Rechtslage darauf nicht ankommt:
17 Gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG hat als bestimmte Tatsache insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und „hiebei“ eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.
Gemäß § 26 Abs. 2 Z 2 FSG ist, wenn „beim Lenken oder Inbetriebnehmen“ eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde, die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen.
18 Im Unterschied zur Tatbestandsvoraussetzung der Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 (Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf den Alkoholgehalt), für die nach dem Wortlaut der letztgenannten Bestimmung der Verdacht ausreicht, der Beschuldigte habe das Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt (vgl. den eingangs zitierten Beschluss Ra 2020/02/0145), ist für die an dieses Delikt anknüpfende Rechtsfolge der Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 FSG bzw. § 26 Abs. 2 Z 2 FSG zusätzlich Voraussetzung, dass der Betreffende ‑ tatsächlich ‑ ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt oder in Betrieb genommen hat, wozu im Führerscheinverfahren entsprechende Feststellungen zu treffen sind (vgl. die bereits erwähnten, in der Revision zitierten hg. Erkenntnisse 2001/11/0271 und 2012/11/0171, jeweils mwN).
19 Anders als die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung ausführt, ist nach dieser Rechtsprechung aber nicht ‑ zusätzlich ‑ Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 3 Z 1 bzw. § 26 Abs. 2 Z 2 FSG, dass der Betreffende das Kraftfahrzeug tatsächlich „in alkoholisiertem Zustand gelenkt hat“. Eine solche Auslegung wäre auch weder mit dem Wortlaut noch mit dem Zweck der Untersuchung der Atemluft auf den Alkoholgehalt vereinbar, soll diese Untersuchung doch gerade der Feststellung dienen, ob das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde (sodass die Alkoholisierung nicht gleichzeitig Voraussetzung einer solchen Untersuchung sein kann).
20 Dass der Revisionswerber „mit seinem Auto von zu Hause wegfuhr“ und gegen 21:00 Uhr jene private Liegenschaft erreichte, auf der er nach dem rechtskräftigen Straferkenntnis um 22:31 Uhr den Alkotest verweigerte, wird, wie erwähnt, in der Revision außer Streit gestellt.
21 Vor dem zeitlichen Hintergrund dieses Geschehens und der ständigen hg. Judikatur, nach der eine Aufforderung zur Atemluftprobe dann berechtigt ist, wenn die seit dem Lenkzeitpunkt bis zur allfälligen Messung der Atemluft verstrichene Zeit noch verwertbare Ergebnisse erwarten lässt (vgl. VwGH 30.10.2006, 2005/02/0332, mit zahlreichen Nachweisen sowie VwGH 25.11.2003, 2003/11/0200), trifft schließlich auch das Zulässigkeitsvorbringen nicht zu, es fehle Rechtsprechung zum erforderlichen „zeitlichen oder funktionalen“ Zusammenhang zwischen der Verweigerung der Atemluftuntersuchung und dem Lenken.
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 5. Juli 2021
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