VwGH Ra 2018/11/0028

VwGHRa 2018/11/00283.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des M M in T, vertreten durch Mag. Manfred Kantner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 28. November 2017, Zl. LVwG- 2017/33/2385-1, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und begleitende Maßnahmen nach dem Führerscheingesetz - FSG (belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §69 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §26 Abs3;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
IG-L 1997 §30 Abs1 Z4;
VwGVG 2014 §32 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018110028.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der belangten Behörde - dem Revisionswerber gemäß §§ 7 Abs. 3 Z 4, 24 Abs. 1 Z 1, 26 Abs. 3, 30 Abs. 1 FSG für einen Zeitraum von sechs Wochen die Lenkberechtigung entzogen und das Recht, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

2 Dem legte das Verwaltungsgericht Folgendes zu Grunde:

3 Der Revisionswerber habe am 10. Juni 2017 an einem näher genannten Ort auf der Inntalautobahn ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebiets um 53 km/h überschritten. Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei er bestraft worden; er habe eine derartige Übertretung innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren schon wiederholt begangen: Er sei nämlich schon mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 7. Juni 2016 einer gleichartigen Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt worden, weil er am 30. April 2016 die außerhalb des Ortsgebiets erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 52 km/h überschritten habe.

4 Der Revisionswerber habe zwar gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 1. September 2017, mit dem ihm wegen des genannten Vorfalls eine Übertretung des § 30 Abs. 1 Z 4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) angelastet worden war, Beschwerde erhoben, diese sei jedoch abgewiesen worden. Es sei daher davon auszugehen, dass der Revisionswerber eine Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs. 1 Z 4 IG-L begangen habe, weil er am 10. Juni 2017 an einer näher genannten Stelle der Inntalautobahn A 12 die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 53 km/h überschritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden sei.

5 Es bestehe "mit Verweis auf die im (Verwaltungsstrafverfahren) ausgeführten Erwägungen" kein Zweifel daran, dass der Revisionswerber die ihm mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 1. September 2017 vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen habe, weshalb von einer fehlenden Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 FSG auszugehen sei. Die belangte Behörde habe ohnehin lediglich die Mindestentzugsdauer ausgesprochen, weil gemäß § 26 Abs. 3 FSG bei wiederholter Begehung einer Übertretung nach § 7 Abs. 3 Z 4 FSG innerhalb von zwei Jahren die Entziehungsdauer mit sechs Wochen festzusetzen sei.

6 Die ordentliche Revision sei mangels Vorliegens von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegte - außerordentliche - Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 29.1.2018, Ra 2017/11/0285, mwN).

11 Die - nach dem oben Gesagten für die Beurteilung der Zulässigkeit allein maßgebende - Zulässigkeitsbegründung der Revision bringt vor, es liege entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts doch eine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weil das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweiche:

12 Die Revision macht dazu zunächst geltend, im Zeitpunkt der Erlassung des nun in Revision gezogenen Erkenntnisses (betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung) sei die Entscheidung über die Beschwerde im zu Grunde liegenden Verwaltungsstrafverfahren noch nicht erlassen gewesen, weshalb schon deshalb keine Bindungswirkung zum Tragen kommen könne. Dem ist bloß zu entgegnen, dass - ausgehend vom Revisionsvorbringen im Einklang mit der Aktenlage - die Erlassung (Zustellung) des nun in Revision gezogenen Erkenntnisses am 6. Dezember 2017 und damit nach Erlassung (Zustellung) des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts im Verwaltungsstrafverfahren (29. November 2017) erfolgte.

13 Soweit die Revision weiter geltend macht, (auch) das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2017 (betreffend die Verwaltungsübertretung) sei mit außerordentlicher Revision bekämpft worden, ist dem zu erwidern, dass die Einbringung einer außerordentlichen Revision durch den Revisionswerber nichts daran ändert, dass mit der Abweisung der gegen das behördliche Straferkenntnis gerichteten Beschwerde durch das Verwaltungsgericht das Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen ist und bindende Wirkung entfaltet (vgl. VwGH 25.10.2017, Ra 2017/11/0258, mwN).

14 Unberechtigt ist auch das Revisionsvorbringen, dem angefochtenen Erkenntnis lasse sich nicht entnehmen, worin die Verkehrsunzuverlässigkeit des Revisionswerbers liegen solle: Auch wenn das angefochtene Erkenntnis insofern mangelhaft ist, als seine Feststellungen den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. zu den Anforderungen an die Begründungspflicht etwa VwGH 27.1.2017, Ra 2015/03/0059, mwN), ist doch ausreichend erkennbar, welchen Sachverhalt das Verwaltungsgericht aufgrund welcher Erwägungen seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt hat (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/11/0164); es kann daher nicht gesehen werden, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wäre.

15 Auch mit dem Vorbringen, der Revisionswerber habe in der Beschwerde die Geschwindigkeitsüberschreitung "an sich" bestritten, es bestehe im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung keine Bindungswirkung, weshalb das Verwaltungsgericht die vom Revisionswerber eingehaltene Geschwindigkeit selbständig hätte ermitteln müssen, was es aber unterlassen habe, gelingt es nicht, die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen:

16 Zwar ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass das in der Begründung des Straferkenntnisses vom 1. September 2017 genannte Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung Bindungswirkung für die Entscheidung über die Entziehung der Lenkberechtigung entfaltet, weil die - für § 26 Abs. 3 FSG iVm § 7 Abs. 3 Z 4 FSG erforderliche - qualifizierte Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um mehr als 50 km/h nicht Teil des Tatbilds der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nach § 30 Abs. 1 Z 4 IG-L ist (vgl. VwGH 1.6.2016, Ra 2016/11/0082). Jedoch kommt dem vom Revisionswerber damit behaupteten Verfahrensmangel schon deshalb keine Relevanz zu, weil die Revision kein substanziiertes Vorbringen dahin enthält, dass der Revisionswerber zum Tatzeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von weniger als 151 km/h gefahren wäre (nur diesfalls läge fallbezogen keine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z 4 FSG vor). Die Behandlung der Revision hängt daher nicht von der Beantwortung der Rechtsfrage ab, ob Bindung an das Straferkenntnis auch hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung besteht.

17 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

18 Die Revision war daher zurückzuweisen.

19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG

iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 3. Mai 2018

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