Normen
B-VG Art133 Abs4
FlVfGG §10
FlVfGG §11
FlVfGG §4
FlVfLG NÖ 1975 §13
FlVfLG NÖ 1975 §14
FlVfLG NÖ 1975 §17
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020070059.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte des vorliegenden Revisionsfalles ist auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2017, Ro 2015/07/0005‑4, zu verweisen.
2 Mit Schreiben des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Juli 2011 wurde die belangte Behörde im Zusammenlegungsverfahren S beauftragt, die Problematik der Neuerlassung des Zusammenlegungsplanes der revisionswerbenden Partei wie folgt zu lösen:
„‑ Erlassung eines ergänzenden Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen in der Form, dass durch Anschüttung auf Neugrundstück 1941 die Bonität soweit verbessert wird, dass durch eine Vergrößerung der rübenfähigen Anbaufläche ein gesetzmäßiger Zusammenlegungsplan erlassen werden kann.
‑ Nachbewertung der betreffenden Fläche
‑ Erlassung des Zusammenlegungsplans durch den LAS.“
3 Dem ersten Teil dieses Auftrags kam die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. Jänner 2012 durch Erlassung des 7. Teilplans des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungsverfahren S nach.
4 Gegen diesen Bescheid erhob die revisionswerbende Partei rechtzeitig Berufung.
5 Das inzwischen zur Behandlung dieser als Beschwerde anzusehenden Berufung zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht ergänzte das Ermittlungsverfahren.
6 Mit dem Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom 20. Mai 2014 wurde in Spruchpunkt 1. der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Im Spruchpunkt 2. wurde eine ordentliche Revision gegen diesen Beschluss für zulässig erklärt.
7 Gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichtes erhob die mitbeteiligte Partei Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
8 Dieser hob mit Erkenntnis vom 30. Mai 2017, Ro 2015/07/0005‑4, den Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 20. Mai 2014 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In seinen Entscheidungsgründen hielt der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst fest, dass die vorliegende Verfahrenskonstellation die Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG durch das Verwaltungsgericht nicht rechtfertige.
9 Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entschied das Verwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 28. November 2019 neuerlich über die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23. Jänner 2012 betreffend den 7. Teilplan des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen in Spruchpunkt I. wie folgt:
„Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Flächen der Klassen 6 und 7 des Abfindungsgrundstückes 1941 im Ausmaß von 2.578 m2 gemäß dem beiliegenden, einen wesentlichen Bestandteil dieser Entscheidung bildenden Lageplan nach Maßgabe der im ebenfalls beiliegenden Gutachten der landwirtschaftlichen Sachverständigen vom 20.04.2018 enthaltenen Erläuterungen, durch eine Humusaufbringung im Ausmaß von 390 m3, dies entspricht einer Humusauflage von etwa 15 cm, und anschließender Einarbeitung in die betroffene Fläche durch einmaliges Aufbringen und mehrmaligem Wenden als für den Rübenbau geeignet verbessert werden (Zu erwartende Gesamtkosten: € 13.152,‑ ‑).“
10 In Spruchpunkt II. dieses Erkenntnisses wies das Verwaltungsgericht den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuerkennung einer Entschädigung im Ausmaß von € 44.489,60 zuzüglich Zinsen als Abgeltung für Rohertragsverluste in Folge Gesetzwidrigkeit der Abfindung in den Jahren 1978 bis 2011 zurück.
11 In Spruchpunkt III. erklärte das Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision gegen diese Entscheidung für nicht zulässig.
12 Begründend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die allgemeinen Ziele des § 1 Niederösterreichisches Flurverfassungs‑Landesgesetz (im Folgenden: FLG) auch bei der Schaffung der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen zu beachten seien. In § 1 Abs. 1 und 2 Z 1 FLG würden unter den Zielen eines Zusammenlegungsverfahrens auch ausdrücklich die Neueinteilung und Erschließung des land‑ und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land‑ und forstwirtschaftlichen Betriebe nach zeitgemäßen volks‑ und betriebswirtschaftlichen sowie ökologischen Gesichtspunkten und unter den zu beseitigenden Mängeln der Agrarstruktur die unzulängliche Verkehrserschließung sowie unzureichende naturräumliche Ausstattung genannt. Dieser Aspekt sei auch in § 13 Abs. 1 FLG angesprochen, wenn er als gemeinsame Maßnahmen und Anlagen auch solche nenne, die die Abfindungsgrundstücke zweckmäßig erschließen und die natürlichen Ertragsbedingungen langfristig sichern sollten. Dabei seien die in der zitierten gesetzlichen Bestimmung genannten Zielvorgaben grundsätzlich als gleichrangig zu beurteilen. Über‑ oder Unterordnungen bestünden hier keine.
13 Die belangte Behörde habe im bekämpften Bescheid (7. Teilplan des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen) eine Bodenverbesserung durch Humusaufbringung und Einarbeitung auf Abfindungsgrundstück 1941 vorgesehen, wodurch das erforderliche Ausmaß an rübenfähiger Fläche erreichbar gemacht werden sollte. Dadurch sollte die Gesetzmäßigkeit der Grundabfindung der revisionswerbenden Partei im nachfolgend zu erlassenden Zusammenlegungsplan unter gleichzeitiger Nachbewertung der Fläche ermöglicht werden. Allerdings habe die belangte Behörde eine Bewertung des derzeitigen Naturstandes vorgenommen, auf welchem aufbauend die Humusschüttung im bekämpften 7. Teilplan des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen angeordnet worden sei. Eine derartige Bewertung des Naturstandes sei aber im FLG nicht vorgesehen. Ausgangsbasis für die Aufbringung von Humus hätte vielmehr das Ergebnis des rechtskräftigen Bewertungsplanes sein müssen. Wenn auch eine Berücksichtigung der nunmehr in der Natur vorhandenen Bonitäten durchaus sinnvoll erscheine, finde sich hiefür keine gesetzliche Deckung. Dieses Problem werde insofern gelöst, als im Rahmen der nach Umsetzung des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen und sohin nach erfolgter Humusaufbringung vorzunehmenden Nachbewertung bei Erlassung des Zusammenlegungsplanes eine allfällige durch die langjährige Bewirtschaftung bedingte Bodenverbesserung ohnehin miteinfließe.
14 Im nunmehr vorliegenden Entwurf zum 7. Teilplan sei vorgesehen, der Notwendigkeit der Vergrößerung des Ausmaßes an rübenfähiger Fläche dadurch gerecht zu werden, dass die nach dem Mustergrundverzeichnis nicht für den Hackfruchtanbau geeigneten Ackerflächen der Klassen 6 und 7 des Abfindungsgrundstückes 1941 durch Anschüttung von Humus in einer Höhe von etwa 15 cm auf einer Fläche von insgesamt 2.578 m2 und anschließender Einarbeitung in den Unterboden als rübenfähig qualifiziert werden könnten. Dadurch kämen sämtliche auf dem Abfindungsgrundstück vorhandenen Ackerklassen in Bonitätsklassen zu liegen, die nach dem geltenden Mustergrundverzeichnis als rübenfähig/hackfruchtbaufähig zu qualifizieren seien.
15 Im Zusammenhang mit dem Einwand, vorhandene Neigungsverhältnisse sorgten bei einer Bewirtschaftung des Abfindungsgrundstückes für Probleme, sei auf das rechtskräftige Mustergrundverzeichnis zu verweisen. Demnach stellten Hangneigungen erst ab 10 % in Ackerrichtung und 7 % in Querrichtung einen Abwertungsgrund dar. Lößböden mit weniger Gefälle stellten hinsichtlich der Bewirtschaftung mit Hackfrüchten unter ortsüblichen Bedingungen kein Problem dar. Durch die vorgesehene Schüttung würden die Gefällsverhältnisse nicht verändert.
16 Der Entschädigungsantrag in der Höhe von € 44.489,60 zuzüglich Zinsen sowie alle anderen Entschädigungsanträge seien in der derzeitigen Verfahrensphase nicht statthaft. Vielmehr werde in diesem Zusammenhang auf die einschlägigen Bestimmungen des FLG verwiesen. Demnach sei ein derartiger Antrag innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Rechtskraft des Zusammenlegungsplans, mit welchem eine andere Grundabfindung zugewiesen worden sei, einzubringen. Ein davor eingebrachter Antrag sei zurückzuweisen.
17 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.
18 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück‑ bzw. Abweisung der Revision beantragte.
19 Auch die mitbeteiligte Partei gab eine Stellungnahme ab.
20 Dazu brachte die revisionswerbende Partei wiederum eine Replik ein.
21 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
22 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Rechte zu bezeichnen, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte).
23 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung kommt bei Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (VwGH 26.1.2021, Ra 2020/07/0113, mwN).
24 Unter der Überschrift „3. Revisionspunkt“ lautet es wie folgt:
„Der Revisionswerber erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis in seinem Recht gemäß § 17 Abs. 1 NÖ Flurverfassungs‑ Landesgesetz 1975 (NÖ‑FLG), bezüglich seiner dem Verfahren unterzogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden, verletzt. Weiters erachtet sich der Revisionswerber in seinem Recht auf rechtsrichtige Anwendung der §§ 13, 14 leg. cit. verletzt.“
25 Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist der ergänzende Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen in Form eines 7. Teilplanes. Dazu hält das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis am Ende seiner Begründungsausführungen fest, dass aus rechtlicher Sicht diese gemeinsame Maßnahme erst anlässlich einer Nachbewertung Berücksichtigung fände, die in den noch zu erlassenden Zusammenlegungsplan einzuarbeiten sein werde. Erst zu diesem Zeitpunkt werde sich herausstellen, ob die Umsetzung dieses 7. Teilplanes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen tatsächlich ausreiche, um eine Gesetzmäßigkeit der Abfindung des Revisionswerbers herzustellen.
26 Wenn sich der Revisionswerber nun durch das angefochtene Erkenntnis in seinem „Recht mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden“, verletzt erachtet, ist er darauf zu verweisen, dass mit dem vorliegenden Erkenntnis lediglich der 7. Teilplan des Plans der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen erlassen wurde. Die Erlassung des Zusammenlegungsplanes steht noch aus. In Folge des stufenförmigen Aufbaus des Kommassierungverfahrens sind Fragen der Gesetzmäßigkeit der Abfindung (VwGH 18.3.2010, 2009/07/0008 bis 0009) jedoch in einem vorgelagerten Verfahrensstadium nicht zu beurteilen (vgl. VwGH 20.11.2014, Ra 2014/07/0041, mwN). Voraussetzung für die Beurteilung, ob das von der revisionswerbenden Partei geltend gemachte Recht verletzt wurde, ist die Erlassung des Zusammenlegungsplanes.
27 Der Revisionswerber erachtet sich weiters in seinem Recht „auf rechtsrichtige Anwendung“ der §§ 13, 14 FLG als verletzt. Damit spricht er zwar die hier maßgeblichen Bestimmungen betreffend die gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen an. Er macht jedoch kein subjektiv‑öffentliches Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geltend. Bei der behaupteten Verletzung des Rechts auf „rechtsrichtige Anwendung“ handelt es sich nämlich nicht um einen Revisionspunkt, sondern um einen Revisionsgrund, der nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiellrechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden kann (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/07/0383, mwN).
28 Im Übrigen nimmt der Revisionspunkt auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Zuerkennung einer Entschädigung zurückgewiesen wurde, keinen Bezug.
29 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
30 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. März 2021
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