VwGH Ra 2019/02/0239

VwGHRa 2019/02/02392.6.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer‑Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des Dr. P in W, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 29. März 2019, VGW‑031/075/4535/2018‑25, betreffend eine Übertretung des KFG und den ausgesprochenen Verfall des „Radar‑ bzw. Laserblockers“ (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §3 Z3
AVG §7 Abs1
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art78c
KFG 1967 §123 Abs1
KFG 1967 §98a Abs3
VStG §27 Abs1
VStG §44a
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019020239.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 20. Februar 2018 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort ein konkret genanntes Kraftfahrzeug, an welchem für ihn erkennbar ein sogenannter „Radar‑ oder Laserblocker“ der Marke „Antilaser“ angebracht gewesen sei, gelenkt und dadurch § 98a Abs. 1 KFG verletzt. Die belangte Behörde verhängte gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von € 900,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage und 13 Stunden). Mit Verfallsbescheid vom selben Tag erklärte die belangte Behörde den abgenommenen „Radar‑ bzw. Laserblocker“ der Marke „Antilaser“ (Sensor und Steuerbox) gemäß § 98a Abs. 3 KFG für verfallen.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3 Begründend stellte das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, das genannte Fahrzeug, welches der Revisionswerber zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, sei auf die Rechtsanwaltskanzlei P. GmbH, in welcher der Revisionswerber Rechtsanwalt, handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter sei, zugelassen. Das Fahrzeug sei hauptsächlich vom Revisionswerber verwendet worden. Der Revisionswerber habe den (auch als Parkassistent einsetzbaren) Laserblocker der Marke „Antilaser“ Type „AL G9“ beim Generalimporteur bestellt und an seine Privatadresse liefern lassen. Zum Tatzeitpunkt sei im vorderen Bereich des Fahrzeugs der genannte Laserblocker angebracht und eingebaut gewesen. Im hinteren Bereich des Wagens sei werksmäßig ein Parksensor eingebaut gewesen. Dem Revisionswerber sei die Weiterfahrt nach der Kontrolle am Tattag untersagt worden, nachdem die erhebenden Polizeibeamten den eingebauten Laserblocker im KFZ erkannt hätten und dieser nicht an Ort und Stelle habe ausgebaut werden können. Dem Revisionswerber seien die Kennzeichen bis zum Ausbau des Geräts abgenommen worden. Der „Laserblocker ‚Antilaser AL G9‘ Sensor und Steuerbox“ seien zu einem näher genannten Zeitpunkt bei der Polizeiinspektion abgegeben und abgenommen und die Kennzeichen wieder ausgefolgt worden.

4 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, es sei unstrittig, dass der Revisionswerber das genannte Gerät an seine Privatadresse habe schicken lassen und den Einbau des Geräts veranlasst habe. Wie der Meldungsleger nachvollziehbar und glaubwürdig ausgeführt habe, habe dieser wahrgenommen, dass im genannten Fahrzeug das festgestellte Gerät eingebaut gewesen sei. Dass es sich bei dem eingebauten Gerät um einen Laserblocker handle, ergebe sich aus der Patentbeschreibung in der Gebrauchsanweisung, aus der Gebrauchsanweisung sowie den Interneteintragungen und YouTube‑Videos. Diese Umstände habe der Revisionswerber nicht entkräften können. Dass das Gerät nebenbei als Parksensor verwendet werden könne, werde nicht in Frage gestellt. Es seien keine Belege vorgelegt worden, dass es sich bei dem Gerät ausschließlich um einen Parksensor handle, und es nicht als Laserblockergerät verwendet werden könnte. Im Internet sei das Gerät als Radar‑ und Laserblocker zum Verkauf angeboten und auch auf der Homepage des Generalimporteurs des Geräts in Österreich, von dem der Revisionswerber das Gerät gekauft habe, werde das Gerät als solches angepriesen. Es handle sich sohin um ein Gerät, mit dem Lasermessungen zur Überwachung der Verkehrsgeschwindigkeit gestört werden könnten. Ein Sachverständigengutachten sei nicht notwendig gewesen, ebenso wenig sei die Einvernahme des weiteren bei der Amtshandlung anwesenden Polizisten oder des Geschäftsführers des Generalimporteurs erforderlich gewesen. Hinweise dafür, dass die Messung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre, seien keine hervorgekommen.

5 In der rechtlichen Beurteilung wurde der objektive Tatbestand des § 98a Abs. 1 KFG als erfüllt angesehen, weil es sich um ein Gerät handle, mit dem technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden könnten. Mit näherer Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber die ihm angelastete Tat auch subjektiv zu verantworten habe. Schließlich begründete das Verwaltungsgericht die Höhe der verhängten Strafe.

6 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Die Revision erweist sich als unzulässig.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Nach ständiger hg. Rechtsprechung erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Zulässigkeitsgründe anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 9.12.2019, Ra 2019/02/0224, mwN).

12 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit zunächst vor, die erkennende Richterin des Verwaltungsgerichts sei als befangen anzusehen, weil diese trotz ihrer dezidierten Ablehnung durch den Rechtsvertreter selbst in der Sache entschieden und selbst über die Frage ihrer Unparteilichkeit befunden habe.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 6 VwGVG bereits ausgesprochen, dass sich nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung u.a. Mitglieder des Verwaltungsgerichts unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes „wegen Befangenheit“ ‑ und nicht bereits bei bloßer Behauptung des Vorliegens einer Befangenheit durch eine Partei (vgl. VwGH 31.3.2016, Ra 2016/02/0050, mwN) ‑ von Amts wegen zu enthalten haben, wenn ein Befangenheitsgrund nach § 7 Abs. 1 AVG vorliegt (vgl. VwGH 30.6.2015, Ro 2015/03/0021, mwN). Das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes hat das davon betroffene Organ autonom zu beurteilen und bejahendenfalls darüber Anzeige an den Präsidenten zu erstatten. Ein Ablehnungsrecht steht den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hingegen nicht zu (vgl. erneut VwGH 30.6.2015, Ro 2015/03/0021, mwN).

14 Im angefochtenen Erkenntnis wurde mit näherer Begründung ausgeführt, weshalb eine Befangenheit der zuständigen Richterin fallbezogen zu verneinen sei. Aus welchen Gründen diese Einschätzung unzutreffend wäre, wird in der Zulassungsbegründung der Revision nicht dargelegt. Dass die erkennende Richterin das Vorliegen von Befangenheitsgründen selbst beurteilt hat, begegnet ‑ wie bereits dargelegt ‑ keinen Bedenken. Weitere Befangenheitsgründe werden in der Zulassungsbegründung nicht vorgebracht.

15 Soweit der Revisionswerber die Nichtaufnahme von weiteren Beweisen, etwa ein Sachverständigengutachten bzw. zusätzliche Einvernahmen, moniert, ist darauf hinzuweisen, dass es der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 29.5.2019, Ra 2018/02/0238, mwN).

16 Eine derart grobe Fehlbeurteilung zeigt die Revision nicht auf. Das Verwaltungsgericht stützte seine Einschätzung, wonach es sich bei dem eingebauten Gerät um einen Laserblocker handle, welcher zur Beeinflussung oder Störung technischer Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zur Tatzeit geeignet war (vgl. zu diesen Anforderungen VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069, sowie VwGH 13.10.2020, Ra 2020/02/0063), maßgeblich auf die Gebrauchsanweisung des gegenständlichen Geräts, die dazugehörige Patentbeschreibung sowie die Bewerbung des Geräts im Internet. Der Einvernahme des Meldungslegers im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht lässt sich zudem entnehmen, dass fallbezogen eine Messung des Fahrzeugs des Revisionswerbers aufgrund eines Störfaktors nicht möglich gewesen sei, weshalb der Revisionswerber angehalten worden sei. Der Revisionswerber tritt diesen Beweisergebnissen in seinen Ausführungen zur Zulässigkeit nicht entgegen, weshalb es ihm nicht gelingt, die Relevanz der gerügten Verfahrensmängel, nämlich der Nichtaufnahme weiterer Beweise, konkret darzulegen. Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung im Allgemeinen nicht berufen (vgl. etwa VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0172, 0173, mwN).

17 Soweit der Revisionswerber einen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot gemäß § 44a VStG moniert, unterlässt er es, konkret aufzuzeigen, inwiefern die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 27.1.2020, Ra 2019/02/0255, mwN), hat sich der Revisionswerber doch im gesamten Verfahren gegen die ihm angelastete Tat detailliert und konkret zur Wehr gesetzt.

18 Ebenso liegt im Umstand der Nichtberücksichtigung der Verfahrensdauer als Milderungsgrund bei der Strafbemessung kein Widerspruch zur hg. Rechtsprechung, weil das gegenständliche Verfahren mit einer Dauer von etwa eineinhalb Jahren keine unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer aufweist (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/02/0190, mwN).

19 Schließlich wird auch im Zusammenhang mit dem Verfallsausspruch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Soweit sich der Revisionswerber gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde wendet und ausführt, über den Verfallsausspruch gemäß § 98a Abs. 3 KFG sei von der zuständigen Wohnsitzbehörde zu erkennen, übersieht der Revisionswerber, dass die Zuständigkeit der Landespolizeidirektion Wien zum Ausspruch des Verfalls jedenfalls gegeben war, zumal diese ‑ unabhängig von ihrer Zuständigkeit in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 27 Abs. 1 VStG ‑ auch gemäß § 3 Z 3 AVG als örtlich zuständige Behörde anzusehen ist, zumal sich der Hauptwohnsitz des Revisionswerbers ebenso in Wien befindet (die sachliche Zuständigkeit der Landespolizeidirektion ergibt sich aus § 123 Abs. 1 KFG iVm Art. 78c B‑VG). Die geltend gemachte Unzuständigkeit liegt demnach nicht vor.

20 Soweit der Revisionswerber schließlich vorbringt, der Ausspruch des Verfalls gemäß § 98a Abs. 3 KFG in einem Verwaltungsstrafverfahren sei unzulässig, übersieht er, dass der gegenständliche Verfall getrennt vom Straferkenntnis ‑ mit eigenständigem Verfallsbescheid ‑ erlassen wurde und somit gerade nicht im Verwaltungsstrafverfahren ausgesprochen wurde. Insbesondere wurde der Verfall nicht im Spruch des Straferkenntnisses als Strafe ausgesprochen, weshalb der gegenständliche Fall mit den in der Revision zitierten Verwaltungsgerichtsentscheidungen nicht vergleichbar ist. Dass der Revisionswerber durch die bloße Verbindung der verwaltungsbehördlichen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt worden wäre, ist nicht ersichtlich. Demnach ist die vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein Verfall gemäß § 98a Abs. 3 KFG in einem Verwaltungsstrafverfahren als Strafe ausgesprochen werden darf oder nicht, fallbezogen lediglich eine hypothetische Rechtsfrage, von deren Lösung die Entscheidung über die Revision nicht abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069, mwN).

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 2. Juni 2021

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