European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020040001.J00
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Mit dem - im vorliegenden Revisionsverfahren maßgeblichen - Spruchpunkt C/I. des dem Verfahren zugrunde liegenden Bescheides vom 30. Juni 2016 erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei gemäß (insbesondere) den §§ 81, 77 und 353 ff der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) unter Bezugnahme auf im Sachverhalt näher dargestellte Plan- und Beschreibungsunterlagen die beantragte gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung für ein näher umschriebenes Änderungsvorhaben unter Auflagen. In den Spruchpunkten C/II. und C/III. erfolgten Festsetzungen im Zusammenhang mit der Bauvollendung bestimmter Anlagenteile.
Spruchpunkt A dieses Bescheides betraf die Erteilung näher bestimmter naturschutzrechtlicher Bewilligungen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. April 2018 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg den dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid (mit einer für das vorliegende Revisionsverfahren nicht relevanten Maßgabe). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt.
Zum gewerberechtlichen Spruchpunkt C hielt das Verwaltungsgericht fest, nur die fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien hätten Einwendungen gegen die Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung erhoben. Das Verwaltungsgericht bejahte - mit jeweils näherer Begründung - sowohl die Legitimation der mitbeteiligten Partei, den zugrunde liegenden Antrag auf Änderung der Betriebsanlage zu stellen, als auch das Vorliegen einer (dem Grunde nach) bereits genehmigten Betriebsanlage. Weiters ging es unter Bezugnahme auf das eingeholte Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen davon aus, dass es betreffend die Liegenschaft der fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien zu keiner Erhöhung von Immissionen komme. Das - nicht näher konkretisierte - Vorbringen betreffend die behauptete mangelnde Bestimmtheit (bzw. Geeignetheit) von Auflagen erachtete das Verwaltungsgericht als nicht nachvollziehbar. Schließlich legte es dar, weshalb den von den revisionswerbenden Parteien diesbezüglich gestellten Feststellungsanträgen sowie den Anträgen auf Einholung bestimmter Unterlagen und auf Erhebung von Beweisen nicht stattzugeben gewesen sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die erst- bis viertrevisionswerbenden Parteien (protokolliert zu hg. Ro 2020/04/0001 bis 0004) sowie die fünft- und sechstrevisionswerbenden Parteien (protokolliert zu hg. Ro 2020/04/0005 bis 0006) jeweils außerordentliche Revision. 4 Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revisionen beantragen. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
6 Das Verwaltungsgericht begründete die Zulassung der ordentlichen Revision wie folgt:
"Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im konkreten Fall fehlt. Es fehlt an einer Rechtsprechung dazu, wer außer den anerkannten Naturschutzorganisationen der betroffenen Öffentlichkeit zuzurechnen ist und in welchem Umfang der betroffenen Öffentlichkeit Parteistellung im Bewilligungsverfahren nach Verfahren nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung zukommt. Zudem fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob im Rahmen einer Verträglichkeitsabschätzung nach § 15 Abs 2 Naturschutzverordnung schadensbegrenzende Maßnahmen zu berücksichtigen sind oder nicht."
7 Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfragen beziehen sich somit auf die Parteistellung der betroffenen Öffentlichkeit im Bewilligungsverfahren nach dem (Vorarlberger) Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung sowie die Verträglichkeitsabschätzung nach § 15 Abs. 2 der (Vorarlberger) Naturschutzverordnung. Diese, die naturschutzrechtliche Bewilligung (somit Spruchpunkt A des Bescheides der belangten Behörde vom 30. Juni 2016) betreffenden Fragen waren Gegenstand des hg. Beschlusses vom 21. November 2019, Ro 2018/10/0022 bis 0027, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird. Ein Konnex der vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsfragen zur erteilten gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung ist nicht ersichtlich.
8 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 24.10.2018, Ro 2016/04/0047, mwN).
9 Die vorliegenden Revisionen führen zur Zulässigkeit - inhaltlich jeweils gleichlautend - wie folgt aus:
"Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Dies trifft zu, da im Verfahren Rechtsfragen zu lösen sind, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur ,betroffenen Öffentlichkeit', zu den Rechten der betroffenen Öffentlichkeit sowie zur Verträglichkeitsabschätzung (nach § 15 Abs 2 Vlbg Naturschutzverordnung im Hinblick auf schadensbegrenzende Maßnahmen) fehlt."
10 Die Zulässigkeitsausführungen der revisionswerbenden Parteien enthalten zwar hinsichtlich (der Rechte) der betroffenen Öffentlichkeit keine ausdrückliche Bezugnahme auf das Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung bzw. naturschutzrechtliche Bewilligungen. Selbst wenn man aber ausgehend davon dieses Vorbringen auch als auf die gewerberechtliche Bewilligung bezogen ansehen würde, wäre für die revisionswerbenden Parteien nichts gewonnen.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision nämlich voraus, dass das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. erneut VwGH Ro 2018/10/0022 bis 0027, mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. auch dazu VwGH Ro 2018/10/0022 bis 0027 sowie VwGH 20.12.2017, Ro 2016/03/0005, jeweils mwN). Ein pauschales bzw. nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht jedenfalls nicht aus (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2015/22/0147, mwN). 12 Eine derartige Verknüpfung mit der im vorliegenden Revisionsverfahren gegenständlichen gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung findet sich im Zulässigkeitsvorbringen, in dem nur in genereller Form von fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu (den Rechten) der betroffenen Öffentlichkeit gesprochen wird, nicht.
13 Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass sich auch den zum Bereich "Gewerberecht/Betriebsanlage" erstatteten Revisionsgründen nicht entnehmen lässt, inwieweit hinsichtlich der Erteilung der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung (welche) Fragen im Zusammenhang mit den Rechten der betroffenen Öffentlichkeit erstmals zu beantworten gewesen oder vom Verwaltungsgericht unrichtig beantwortet worden wären. 14 In den Revisionen wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
15 Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
16 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden. 17 Ein Zuspruch von Aufwandersatz konnte im vorliegenden Fall unterbleiben, weil die Entscheidung über die diesbezüglich in den Revisionsbeantwortungen gestellten Anträge bereits im zitierten hg. Beschluss Ro 2018/10/0022 bis 0027 erfolgt ist.
Wien, am 27. Jänner 2020
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