European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180332.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans und Angehöriger der sunnitischen Glaubensrichtung, stellte am 27. August 2012 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den er im Wesentlichen mit Verfolgungshandlungen durch Schiiten begründete. Dieser Antrag wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25. April 2013 mangels Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens rechtskräftig abgewiesen.
2 Am 9. August 2014 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte er im Wesentlichen vor, nach der negativen Entscheidung seines Erstverfahrens zurück in seinen Herkunftsstaat gereist zu seien, wo er erneut von seinen schiitischen Feinden bedroht worden sei. Während eines Spitalsaufenthalts in Pakistan hätten seine Feinde ihn aufgesucht und angegriffen, weshalb er erneut geflüchtet sei. Nach seinem Versuch, sich in einem anderen Gebiet Pakistans als seiner Heimatstadt Sheikhupura - nämlich bei einem Freund in Chakwal - niederzulassen, seien seine Verfolger auch dort aufgetaucht.
3 Mit Bescheid vom 25. August 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei (Spruchpunkt III.), sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).
4 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers erkannte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Beschluss vom 10. Oktober 2016 die aufschiebende Wirkung zu. Unter einem wurden die Spruchpunkte IV. und V. des Bescheids des BFA ersatzlos behoben.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. des Bescheides als unbegründet ab und sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Erkenntnisses betrage. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. 6 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, das Vorbringen des Revisionswerbers werde aufgrund von näher dargestellten Gründen als nicht glaubhaft erachtet. Selbst bei Wahrunterstellung sei dem Revisionswerber Asyl nicht zu gewähren, weil ihm als gesunden, jungen Mann mit familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat, Schulbildung und Berufserfahrung eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in den pakistanischen Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karatschi, Peshawar oder Multan offen stehe. Insbesondere aufgrund der fehlenden Exponiertheit des Revisionswerbers, des Nichtbestehens eines zentralen Einwohnermeldesystems und der hohen Bevölkerungsdichte Pakistans könne nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Verfolger den Revisionswerber überall in Pakistan auffinden könnten. Dem Revisionswerber drohe bei einer Rückkehr nach Pakistan keine Art. 2 oder 3 EMRK widersprechende Behandlung. Eine extreme Gefahrenlage oder eine allgemein existente Notlage seien nicht dargelegt worden, und es würden auch keine diesbezüglichen Hinweise vorliegen. Betreffend die Rückkehrentscheidung ging das BVwG aus näher dargestellten Gründen vom Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet aus. 7 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 1855/2019-5, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. 8 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, das BVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es Beweisanträge des Revisionswerbers nicht berücksichtigt und die von ihm im Verfahren vorgelegten Urkunden nicht zu seinen Gunsten gewürdigt habe.
9 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 13 Insoweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen moniert, das BVwG habe Beweisanträge des Revisionswerbers nicht berücksichtigt, bezieht sie sich offenkundig auf den in der Beschwerde gestellten Antrag, einen in Pakistan lebenden Freundes des Revisionswerbers zu kontaktieren und zum Umstand der Verfolgung des Revisionswerbers zu befragen.
14 Diesem Revisionsvorbringen ist entgegenzuhalten, dass das BVwG den Beweisantrag des Revisionswerbers u.a. mit der Begründung abwies, dass er einen unzulässigen Erkundungsbeweis darstelle. 15 Ein bloß allgemeines Vorbringen, das aus Mutmaßungen besteht, läuft nach der hg. Rechtsprechung in der Regel auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet ist (vgl. VwGH 9.9.2016, Ra 2014/02/0059, mwN).
16 Vor dem Hintergrund, dass sich der Beweisantrag des Revisionswerbers darauf beschränkte, einen Freund "zum Umstand der Verfolgung" - ohne weitere diesbezügliche Konkretisierung - zu befragen, ist der Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Beweisantrag sei in Anbetracht des nicht näher konkretisierten Vorbringens des Revisionswerbers auf einen Erkundungsbeweis gerichtet und somit unzulässig, nicht entgegenzutreten. 17 Sofern in der Revision weiters vorgebracht wird, das BVwG habe vom Revisionswerber vorgelegte Urkunden nur unzureichend berücksichtigt und nicht zugunsten des Revisionswerbers gewertet, richtet sie sich gegen die Beweiswürdigung des BVwG. So f��hrte das BVwG hinsichtlich einer vom Revisionswerber vorgelegten Krankenhausbestätigung aus, dass die Bestätigung eines Krankenhausaufenthalts für sich keine Rückschlüsse auf allfällige Verfolgungshandlungen zulasse. Ferner hielt es fest, dass der Inhalt der vorgelegte Kopie einer in Pakistan erhobenen Anzeige nicht mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers in Einklang zu bringen sei.
18 Dass diese Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde (vgl. VwGH 1.3.2019, Ra 2018/18/0552), zeigt die Revision, welche den beweiswürdigenden Ausführungen des BVwG im Einzelnen nicht substantiiert entgegentritt, nicht auf.
19 Schließlich ist anzumerken, dass das BVwG im vorliegenden Fall - bereits für sich tragend - eine innerstaatliche Fluchtalternative angenommen hat. Dass das BVwG mit dieser Einschätzung von der hg. Rechtsprechung abgewichen wäre, vermochte die Revision gleichfalls nicht darzutun (vgl. auch VwGH 7.5.2018, Ra 2018/18/0088, mwN). Vor diesem Hintergrund war daher auch schon eine Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht zu erkennen. 20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 17. September 2019
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