VwGH Ro 2019/10/0013

VwGHRo 2019/10/001330.4.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision 1. des P S, 2. der J D, 3. der N E, 4. des G E, 5. des P V und 6. der E B, alle in Wien, alle vertreten durch die Pfletschinger.Renzl Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Weihburggasse 26/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. März 2018, Zl. W170 2115136-1/112E, betreffend Erwerb der Rechtspersönlichkeit für eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien, nunmehr: Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §28 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019100013.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Mit Schreiben vom 23. April 2014 stellten die Revisionswerber den Antrag auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit für die religiöse Bekenntnisgemeinschaft "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters (FSM)".

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juni 2014 wurde dieser Antrag abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerber wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 8. September 2014 ab. 3 Mit Beschluss vom 12. Jänner 2015 hob das daraufhin mittels Vorlageantrag angerufene Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde "vom 11.6.2014 (...) in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 8.9.2014" gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurück.

4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass dem Antrag der Revisionswerber keine hinreichenden ergänzenden Unterlagen beilägen, aus denen sich Inhalt und Praxis des Religionsbekenntnisses ergäben (§ 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften - BekGG), und weiters kein Nachweis darüber erbracht worden sei, dass der religiösen Bekenntnisgemeinschaft mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich angehörten, welche weder einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit nach dem BekGG noch einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehörten (§ 3 Abs. 3 BekGG). 5 Das Gesetz verlange in diesem Zusammenhang nicht nur die Nennung der Mitglieder, sondern es sei ein Nachweis diesbezüglich zu erbringen. Da der religiösen Bekenntnisgemeinschaft aber noch keine Rechtspersönlichkeit zukomme und es daher nicht auf die formale Mitgliedschaft ankommen könne, sei - jedenfalls, wenn entsprechende Zweifel vorlägen - glaubhaft zu machen, dass die geforderte Anzahl von Personen am religiösen Leben der Bekenntnisgemeinschaft teilhätte, d.h. zumindest an den gemeinsamen Gottesdiensten teilnähme und sich der Vermittlung der religiösen Pflichten der Mitglieder unterzöge oder unterzogen hätte. Hinsichtlich der Frage, ob Zweifel an der Beteiligung der Mitglieder am geistigen Leben der religiösen Bekenntnisgemeinschaft vorlägen, sei einerseits auf die gemeinsam mit dem Antrag vorgelegte Kopie des Internetauszugs der Vereinigten Kirche des FSM - Austria und andererseits im Lichte des Umstands, dass die Mitglieder laut der Mitgliederliste im gesamten Bundesgebiet wohnhaft seien, darauf hinzuweisen, dass mangels Angaben zu den Örtlichkeiten, an denen der Gottesdienst stattfinde, ein gelebtes religiöses Leben (noch) nicht nachvollziehbar sei.

6 Vor dem Hintergrund des vorliegenden mangelhaften Antrags - so das Bundesverwaltungsgericht weiter - habe es die belangte Behörde unterlassen, durch Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens zu ermitteln, ob ihr die durch eine inhaltliche Entscheidung in Anspruch genommene Zuständigkeit überhaupt zukomme. Es lägen daher besonders gravierende Ermittlungslücken vor, die der Sache nach eine Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit rechtfertigten.

7 Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

8 1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das

wiederum mittels Vorlageantrag angerufene Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerber gegen die - im zweiten Rechtsgang - mit Bescheid vom 5. Juni 2015 erfolgte Abweisung ihres Antrags durch die belangte Behörde ab und änderte den Spruch der darüber ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom 8. September 2015 dahin ab, dass der Antrag der Revisionswerber mangels Antragslegitimation als unzulässig zurückgewiesen werde. 9 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht (soweit für das Revisionsverfahren von Interesse) aus, es bedürfe - damit die Revisionswerber denkmöglich antragslegitimiert seien - des Vorliegens einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, der mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich angehörten; dabei sei unter Religion ein historisch gewachsenes Gefüge von inhaltlich darstellbaren Überzeugungen, die Mensch und Welt in ihrem Transzendenzbezug deuteten sowie mit spezifischen Riten, Symbolen und den Grundlehren entsprechenden Handlungsorientierungen begleiteten, zu verstehen (Hinweis auf die Materialien zur Stammfassung des BekGG, BGBl. I Nr. 19/1998, 938 BlgNR XX.GP , S. 8).

10 Liege eine solche Bekenntnisgemeinschaft vor, seien deren Vertreter, soweit sie eine Vertretungsbefugnis glaubhaft machen könnten, antragslegitimiert. Liege eine solche religiöse Bekenntnisgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit nicht vor, sei keine Antragslegitimation im Sinne des BekGG vorhanden und der Antrag daher als unzulässig zurückzuweisen.

11 In der Folge kam das Bundesverwaltungsgericht - näher begründet - zu dem Ergebnis, dass es sich mangels des Vorhandenseins spezifischer Riten bei der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" nicht um eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft im Sinne des BeKGG handle; insbesondere stellten der im Wesentlichen im alltäglichen Rahmen stattfindende Verzehr von Teigwaren und das "Transzendieren" von Bier - mangels spezieller religiöser Bezugspunkte - keinen Ritus dar.

12 Darüber hinaus mangle es der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" an einer hinreichend organisierten Gemeinschaft, der mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich angehörten. Das Bundesverwaltungsgericht habe zwar keinen Zweifel, dass mehr als 300 Personen den "Antrag auf Aufnahme in die religiöse Bekenntnisgemeinschaft ‚Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters'" gezeichnet oder auf andere Art ihren "Beitritt" erklärt hätten; das Gesetz verlange aber nicht nur die Nennung der Mitglieder, sondern einen diesbezüglichen Nachweis. Bezugnehmend auf seinen Beschluss vom 12. Jänner 2015 (und die entsprechenden Passagen zitierend; vgl. oben Rz 4 und 5) stellte das Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang neuerlich darauf ab, dass es darauf ankäme, dass die geforderte Anzahl von Personen am religiösen Leben der Bekenntnisgemeinschaft teilhätte.

13 Das Ermittlungsverfahren habe aber ergeben - so das Bundesverwaltungsgericht weiter -, dass außerhalb von Wien praktisch keine Organisation der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" vorhanden sei, es finde hier eine allfällige Glaubensausübung höchstens im Familienkreis statt. Innerhalb von Wien nähmen aber maximal etwa 50 Personen in verschiedenen Zusammensetzungen an den Treffen der "Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters" - unabhängig davon, ob diese Gottesdienste darstellten oder nicht - teil; es könne daher nicht festgestellt werden, dass sich 300 Mitglieder am geistigen Leben einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft beteiligten, sodass "auch diese Voraussetzung für das Bestehen der Antragslegitimation" nicht vorliege.

14 Die Revision gegen diese Entscheidung ließ das Bundesverwaltungsgericht mit der Begründung zu, dass es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zur Frage der Definition einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft" fehle. 15 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die - nach Abtretung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, deren Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26. November 2018, E 1705/2018-10, abgelehnt wurde, erhobene - ordentliche Revision, die das Bundesverwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat.

16 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher Kostenersatz nicht beantragt wurde. 17 3.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

18 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 19 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

20 3.2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt (vgl. etwa VwGH 22.2.2017, Ro 2016/10/0009, mwN). Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 16.12.2015, Ro 2014/10/0125, mwN).

21 4.1. Die vorliegende Revision verweist in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf die Zulassungsausführungen des angefochtenen Erkenntnisses. Darüber hinausgehende Zulässigkeitsgründe werden in der Revision nicht aufgezeigt. 22 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt die Auffassung zugrunde, dass die Legitimation zur Stellung eines Antrags auf Erwerb der Rechtspersönlichkeit das Vorliegen einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft voraussetze, der mindestens 300 Personen mit Wohnsitz in Österreich angehörten.

23 Die Zurückweisung des Antrags der Revisionswerber mangels Antragslegitimation wurde nicht nur auf die Rechtsansicht gestützt, dass im Revisionsfall keine religiöse Bekenntnisgemeinschaft vorliege (auf deren Definition es nach dem angefochtenen Erkenntnis und dessen Zulassungsbegründung sowie der vorliegenden Revision entscheidungswesentlich ankomme), sondern darüber hinaus - alternativ und ebenso tragend - auch darauf, dass nicht festgestellt werden habe können, dass sich 300 Mitglieder am geistigen Leben der religiösen Bekenntnisgemeinschaft beteiligten. 24 Beruht ein Erkenntnis aber auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so erweist sich die Revision als unzulässig (vgl. etwa VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0084, und VwGH 16.11.2017, Ro 2017/07/0027, jeweils mwN).

25 Weder die Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses noch die Zulässigkeitsdarstellung der vorliegenden Revision zeigt eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht alternativ vertretenen Rechtsansicht auf. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt daher nicht von der von den Revisionswerbern und der Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses angesprochenen Rechtsfrage ab und ist daher schon deshalb unzulässig.

26 4.2. In diesem Zusammenhang sei noch angemerkt, dass die Alternativbegründung des angefochtenen Erkenntnisses vor dem Hintergrund der auch den Verwaltungsgerichtshof bindenden Rechtsausführungen des aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Jänner 2015 erfolgt ist, weshalb sich eine diesbezügliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im vorliegenden Verfahren ohnehin nicht stellen könnte (vgl. etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2016/04/0118, sowie VwGH 13.9.2016, Ko 2016/03/0008, jeweils mwN).

27 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. April 2019

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