VwGH Ra 2019/05/0117

VwGHRa 2019/05/011725.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. H S und 93 weiteren revisionswerbenden Parteien, alle in W, alle vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Juni 2019, W109 2147457‑1/56E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Wohnbau, gemeinnützige W reg. Gen. m. b. H., vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
UVPG 2000 Anh1 Z18 litb
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050117.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5 In den Revisionszulässigkeitsgründen bedarf es einer Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem vom Revisionswerber dieser konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzen würde zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0198, mwN).

6 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis des ersten Rechtsganges (VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0061) dargelegt habe, dass im Ergebnis von einem einheitlichen Vorhaben auszugehen sei, in dessen Beurteilung auch jene Teile einzubeziehen seien, die allenfalls für sich betrachtet nicht UVP‑pflichtig wären bzw. keiner Einzelfallprüfung unterlägen. Darüber habe sich das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren hinweggesetzt, obwohl die Revisionswerber in ihren Schriftsätzen und der Verhandlung in aller Deutlichkeit auf die Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen hätten.

7 Dieses Vorbringen wird schon deshalb den oben angeführten Voraussetzungen für die Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht gerecht, weil nicht angeführt wird, welche konkreten Teile des gegenständlichen Vorhabens aufgrund dessen Einheitlichkeit nach Ansicht der Revisionswerber in die Beurteilung einzubeziehen gewesen wären, vom Verwaltungsgericht jedoch nicht einbezogen worden seien.

8 Wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen des weiteren ausgeführt wird, es gäbe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Tatbestandes des Städtebauvorhabens nach Anhang 1 Z 18 lit. b UVP‑G 2000, ist festzuhalten, dass der bloße Umstand, dass zu einer bestimmten Rechtsnorm Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, für sich allein noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründet (vgl. VwGH 24.2.2015, Ro 2014/05/0097, mwN).

9 Ob ein bestimmtes Vorhaben ein Städtebauvorhaben im Sinne der genannten Norm ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Die Zulässigkeit der Revision könnte sich daher nur ergeben, wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen substantiiert aufgezeigt wird, dass die diesbezügliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl. VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0286, sowie VwGH 26.2.2019, Ra 2019/06/0012, jeweils mwN).

10 Derartiges wird aber in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht dargelegt: Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Frage, ob ein Städtebauvorhaben vorliegt, in seiner Begründung einlässlich auseinandergesetzt (vgl. S 27 ff sowie S 38 f des angefochtenen Erkenntnisses). Dass der gesetzliche Tatbestand dabei „gesetzes‑ und richtlinienwidrig“ eingeschränkt worden sei, wird in den Revisionszulässigkeitsgründen zwar behauptet, jedoch in keiner Weise näher ausgeführt. Bemerkt wird, dass es nicht ausreicht, wenn in den Revisionszulässigkeitsgründen auf die Revisionsgründe verwiesen wird (vgl. VwGH 27.4.2016, Ra 2016/05/0017, mwN).

11 Wenn schließlich in den Revisionszulässigkeitsgründen ausgeführt wird, dass die Auslegung des Tatbestandes „Städtebauvorhaben“ über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe, potenziell auch in jedem einzelnen zukünftigen UVP‑Feststellungsverfahren, in dem dieser Tatbestand zu beurteilen sei, rechtswidrige Ergebnisse erzielt würden und so offenkundig ein großer Teil der ansässigen oder zuziehenden Bevölkerung Wiens in seinen Rechten betroffen wäre, dass ferner nicht angenommen werden könne, dass die gegenständliche Rechtsfrage betreffend die Auslegung schlichtweg einer allgemeingültigen und verallgemeinerten Beantwortung als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zugänglich wäre, sondern es vielmehr gerade um die generelle, rechtskonforme Auslegung des Begriffes und erst in zweiter Linie (hier im Anlassfall) um dessen konkrete Interpretation durch das Verwaltungsgericht gehe, und sich die Auslegung außerdem dahingehend auswirke, dass eine grundsätzliche Bedeutung für die Rechte von sämtlichen Nachbarn und der Öffentlichkeit (insbesondere betreffend die Durchführung einer UVP) nicht von der Hand zu weisen sei, so läuft dieses Vorbringen darauf hinaus, dass die bereits oben erwähnte konkrete Bezugnahme auf den Einzelfall nicht erfolgt, sondern vielmehr vom Verwaltungsgerichtshof die Lösung einer abstrakten, nicht mehr auf den konkreten Fall bezogenen Rechtsfrage begehrt wird. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG aber nicht zuständig (vgl. VwGH 12.8.2014, Ra 2014/06/0015).

12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014. Der mitbeteiligten Partei waren für die Revisionsbeantwortung keine Kosten zuzusprechen, da ein Vorverfahren mit einer Aufforderung zur Revisionsbeantwortung nicht stattgefunden hat (vgl. VwGH 23.5.2017, Ra 2017/06/0031, mwN).

Wien, am 25. September 2019

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