VwGH Ra 2018/03/0104

VwGHRa 2018/03/01048.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Köller, Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen der revisionswerbenden Partei 1. Mag. H L, 2. Mag. J W, 3. D GmbH, alle in E und vertreten durch DAX Wutzlhofer & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7000 Eisenstadt, Rusterstraße 62/1/4. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 9. Juli 2018, Zl. E238/08/2018.002/010, betreffend eine Angelegenheit nach der Rechtsanwaltsordnung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland; weitere Partei: Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz),

Normen

RAO 1868 §34a Abs2
RAO 1868 §34a Abs5
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018030104.L00

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:Die Revision des Erstrevisionswerbers wird zurückgewiesen.

Der Erstrevisionswerber hat der Rechtsanwaltskammer Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 184,40, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt I. (Abweisung der Beschwerde der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 29. November 2017 bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland Rechtsanwalt Dr. G. zum Kammerkommissär gemäß § 34a Abs. 2 RAO für den mit Ablauf des 12. November 2017 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtenden Erstrevisionswerber. Gleichzeitig erkannte es einem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab.

2 Begründend wurde festgehalten, dass der Erstrevisionswerber mit einem am 10. November 2017 bei der Rechtsanwaltskammer Burgenland eingelangten Schreiben auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft mit Ablauf des 12. November 2017 verzichtet habe. Gleichzeitig sei der Zweitrevisionswerber als Rechtsanwalt benannt worden, der bereit sei, anstelle eines Kammerkommissärs dessen Aufgaben wahrzunehmen. Es lägen jedoch Gründe vor, die gegen die Besorgung der Aufgaben des Kammerkommissärs durch den Zweitrevisionswerber sprächen: Bis zum Verzicht auf die Rechtsanwaltschaft seien sowohl der Erst- als auch der Zweitrevisionswerber selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer und Gesellschafter derselben Rechtsanwalts-Gesellschaft (drittrevisionswerbende Partei) gewesen. In der Zeit zwischen Juni und September 2016 sei die Rechtsanwaltskammer Burgenland davon verständigt worden, dass mindestens 23 Personen gegen die drittrevisionswerbende Partei außergerichtlich Schadenersatzansprüche herangetragen hätten, die zum damaligen Zeitpunkt etwa EUR 1,150.000,-- betragen hätten. Diese Ansprüche würden aus einer behaupteten rechts- und treuwidrigen Abwicklung von Treuhandschaften durch die drittrevisionswerbende Partei im Zusammenhang mit näher bezeichneten Bauprojekten abgeleitet. Innerhalb der Rechtsanwalts-Gesellschaft seien die Treuhandschaften vom Erstrevisionswerber abgewickelt worden. Gegen ihn werde deshalb von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein Strafverfahren wegen des Verdachtes nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 153 Abs. 1 und Abs. 3 StGB geführt und es sei gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Zur Zeit seien vor dem Landesgericht Eisenstadt und dem Handelsgericht Wien mindestens acht Klagen gegen die drittrevisionswerbende Partei anhängig, die im direkten Zusammenhang mit den im Strafverfahren gegenständlichen Treuhandschaften stünden und in denen eine Gesamtsumme von mindestens EUR 546.000,-- gegen die Rechtsanwalts-Gesellschaft geltend gemacht würde. Nach dem zur Zeit bekannten Sachverhalt sei nicht auszuschließen, dass die Anspruchsteller mit ihren Schadenersatzforderungen gegen die drittrevisionswerbende Partei zivilrechtlich durchdringen könnten. Ob zu leistende Schadenersatzzahlungen von einer Versicherung gedeckt seien, sei offen. Obiges gelte umso mehr, wenn es tatsächlich zu einer Verurteilung des Erstrevisionswerbers oder zu strafrechtlichen Konsequenzen für die drittrevisionswerbende Partei nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz kommen sollte. Vor diesem Hintergrund sei die Besorgung der Aufgaben des Kammerkommissärs durch den Zweitrevisionswerber, der Gesellschafter und Geschäftsführer eben dieser Rechtsanwalts-Gesellschaft sei, nicht zweckentsprechend und widerspräche der Bestimmung des § 34a Abs. 5 RAO.

3 Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG), die mit der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf den Zweitrevisionswerber und die drittrevisionswerbende Partei als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.), in Bezug auf den Erstrevisionswerber jedoch mangels Parteistellung zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) wurde. Die Revision erklärte das LVwG für nicht zulässig.

4 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, die drittrevisionswerbende Partei sei bei der Errichtung und dem Verkauf von näher genannten Einfamilienhäusern als Treuhänderin eingesetzt worden. Im Zusammenhang mit Baumängeln würden einige Bauführer Ansprüche gegen die drittrevisionswerbende Partei geltend machen, die sie auf eine Verletzung von deren Pflichten als Treuhänderin stützten. Der Erstrevisionswerber habe als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der drittrevisionswerbenden Partei fungiert und einen Geschäftsanteil an dieser Rechtsanwalts-Gesellschaft gehalten. Gegen ihn werde von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt im Zusammenhang mit den genannten Treuhandschaften ein Strafverfahren gemäß § 153 Abs. 1 und Abs. 3 StGB geführt. Ihm werde zur Last gelegt, als Vertreter der drittrevisionswerbenden Partei Auszahlungen von Treuhandgeldern ohne Vorlage entsprechender Gutachten und vereinbarter Abnahmen getätigt zu haben. Die drittrevisionswerbende Partei habe sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen und die Treuhandverträge in sämtlichen Bausachen mit Schreiben an die Bauherren vom 4. Oktober 2016, unterfertigt vom Zweitrevisionswerber, mit sofortiger Wirkung gekündigt. Vor der Beschlussfassung über eine vom Kammeranwalt der Rechtsanwaltskammer Burgenland in einem Disziplinarverfahren gegen den Erstrevisionswerber beantragte einstweilige Maßnahme der Überwachung der Kanzleiführung habe der Erstrevisionswerber den Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft bekannt gegeben. Auf der Homepage der Rechtsanwalts-Gesellschaft scheine der Erstrevisionswerber aber weiterhin als Angestellter der drittrevisionswerbenden Partei auf. Der Zweitrevisionswerber sei nach wie vor selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und Gesellschafter der drittrevisionswerbenden Partei.

5 Rechtlich folgerte das LVwG, dem Erstrevisionswerber komme aus näher dargestellten Gründen keine Parteistellung im Verfahren zur Bestellung eines Kammerkommissärs zu. Seine Beschwerde sei daher zurückzuweisen. In Bezug auf die übrigen beschwerdeführenden Parteien habe der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer zu Recht Gründe im Sinne des § 34a Abs. 5 RAO gesehen, die gegen die Besorgung der ansonsten einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben durch den namhaft gemachten Zweitrevisionswerber sprächen. Dieser sei nach wie vor selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und Gesellschafter der drittrevisionswerbenden Partei. Der Erstrevisionswerber habe die Rechtsanwaltschaft zwar zurückgelegt, arbeite aber noch immer als Angestellter bei der drittrevisionswerbenden Partei. Er unterliege somit einem Weisungsverhältnis des Zweitrevisionswerbers. Gleichzeitig werde gegen den Erstrevisionswerber ein Strafverfahren im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der drittrevisionswerbenden Partei geführt. Alleine diese Konstellation sei geeignet, den Anschein der Voreingenommenheit des Zweitrevisionswerbers entstehen zu lassen. Dies werde durch die zivilrechtlichen Schadenersatzklagen noch verstärkt. Es würde das Vertrauen der Mandanten und der rechtssuchenden Bevölkerung am geordneten Rechtsverkehr und am Ansehen der Rechtsanwaltschaft insgesamt erheblich gestört, wenn der Zweitrevisionswerber zum Kammerkommissär bestellt werden würde, bei dem nicht von der Hand zu weisen sei, dass er als Gesellschafter der drittrevisionswerbenden Partei auch ein wirtschaftliches Interesse verfolge. Soweit die beschwerdeführenden Parteien die Befangenheit der Ausschussmitglieder und des bestellten Kammerkommissärs (aufgrund des Konkurrenzverhältnisses zur drittrevisionswerbenden Partei) geltend machten, sei an der unvoreingenommenen Erledigung der gesetzlich übertragenen Aufgaben durch die betroffenen Personen nicht zu zweifeln.

6 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das LVwG damit, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliege. Weder weiche die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an einer solchen. Die vorliegende Rechtsprechung sei auch einheitlich.

7 Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, die in der Zulassungsbegründung geltend macht, dass die maßgebliche Norm des § 34a RAO erst mit 1. Jänner 2017 in Kraft getreten sei und zu deren Auslegung noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Insbesondere zur Frage, unter welchen Umständen der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien einen sich anbietenden Rechtsanwalt nach § 34a Abs. 5 RAO ablehnen könne, fehlten höchstgerichtliche Leitlinien.

8 In der Sache bringt die Revision vor, dass sowohl die Mitglieder des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Burgenland als auch der bestellte Kammerkommissär befangen wären, weil sie in einem Konkurrenzverhältnis zur drittrevisionswerbenden Partei stünden. Im Übrigen bedeute die Einsetzung eines Kammerkommissärs einen erheblichen Eingriff in die vorhandene Kanzleistruktur, der nicht sachgerecht sei. Dementsprechend bestünden erhebliche Zweifel daran, dass das LVwG die Gründe im Sinne des § 34a Abs. 5 RAO, welche die Ablehnung des vorgeschlagenen Rechtsanwalts durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer rechtfertigen können, rechtlich richtig gelöst habe.

9 Zu dieser Revision erstattete der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland eine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Zur Zulässigkeit:

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

12 Mit Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung wurde die Beschwerde des Erstrevisionswerbers mangels Parteistellung zurückgewiesen. Die Revision geht darauf in der Zulassungsbegründung nicht ein und legt dementsprechend auch keine Gründe dar, aus denen die Revision insoweit für zulässig erachtet werden sollte. Die Revision des Erstrevisionswerbers erweist sich deshalb als unzulässig.

13 In Bezug auf den Zweitrevisionswerber und die drittrevisionswerbende Partei ist die Revision hingegen - entgegen dem Ausspruch des LVwG, an den der Verwaltungsgerichtshof nicht gebunden ist - zulässig. Zu der mit dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2016 (BRÄG 2016), BGBl. I Nr. 10/2017, neu geschaffenen Norm des § 34a RAO, die auch für den vorliegenden Fall präjudiziell ist, liegt noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage ist auch nicht so eindeutig und klar, dass zur Auslegung der Vorschrift keine höchstgerichtlichen Leitlinien erforderlich wären. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen daher vor.

II. In der Sache:

14 Die Revision des Zweitrevisionswerbers und der

drittrevisionswerbenden Partei ist auch begründet.

15 Die maßgebliche Bestimmung des § 34a Rechtsanwaltsordnung

(RAO) in der Fassung des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2016, BGBl. I Nr. 19/2017 (BRÄG 2016), lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 34a. (1) Ist der Rechtsanwalt aufgrund einer Erkrankung oder einer Abwesenheit vorübergehend an der Berufsausübung gehindert, so ist für die Dauer der Verhinderung ein mittlerweiliger Substitut durch den Ausschuss zu bestellen, wenn der Rechtsanwalt nicht selbst einen solchen namhaft gemacht hat. Dem mittlerweiligen Substituten kommt dabei die Stellung eines Substituten nach § 14 zu.

(2) Erlischt oder ruht die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (§ 34 Abs. 1 und 2), so ist durch den Ausschuss ein Kammerkommissär zu bestellen, der als Organ der Rechtsanwaltskammer tätig wird. Dieser hat die Mandanten des Rechtsanwalts über seine Bestellung und deren Rechtsfolgen zu belehren und gegebenenfalls bei der Überleitung von Aufträgen an andere Rechtsanwälte zu beraten, Treuhandschaften des Rechtsanwalts festzustellen und die daran beteiligten Personen über die mögliche Besorgung der Treuhandschaft durch einen anderen Treuhänder zu informieren, Fremdgelder des Rechtsanwalts festzustellen und zu verwalten sowie die ordnungsgemäße Verwahrung der Akten des Rechtsanwalts und der bei diesem hinterlegten Urkunden zu besorgen.

(3) ...

(4) ...

(5) Die Bestellung eines Kammerkommissärs hat zu unterbleiben, wenn ein anderer Rechtsanwalt innerhalb einer Woche nach dem Eintritt des Erlöschens oder Ruhens bei der Rechtsanwaltskammer anzeigt, dass er die ansonsten einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben (Abs. 2) wahrnehmen wird, und dem Ausschuss keine Gründe bekannt sind, die gegen die Besorgung der Aufgaben durch diesen anderen Rechtsanwalt sprechen würden. Wurde bereits ein Kammerkommissär bestellt, so ist dieser zu entheben. ..."

16 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des BRÄG 2016 (1346 BlgNR XXV. GP , S. 1ff) heißt es dazu wörtlich:

"Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Im Bereich der RAO soll das bisherige Institut der mittlerweiligen Stellvertretung insgesamt neu geregelt werden. Die Bestellung eines mittlerweiligen Stellvertreters für einen Rechtsanwalt ist bislang dann vorgesehen, wenn die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erlischt oder ruht oder der Rechtsanwalt erkrankt oder abwesend ist und nicht selbst einen Substituten nach § 14 RAO namhaft gemacht hat. Regelungen dazu enthält insbesondere § 34 Abs. 4 RAO, wobei sich der genauere Inhalt und Umfang der konkreten Rechte und Pflichten des mittlerweiligen Stellvertreters erst in der Praxis herauskristallisiert haben. Ungeachtet der dazu zwischenzeitig bereits existierenden Judikatur stellen sich bei der Tätigkeit des mittlerweiligen Stellvertreters immer wieder Zweifelsfragen, die zu Unsicherheiten sowohl auf Seiten des mittlerweiligen Stellvertreters bzw. des von diesem Vertretenen (und dessen Personal) als auch auf Seiten der Parteien führen. Für den mittlerweiligen Stellvertreter stellen sich im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gerade in den Fällen, in denen er im Bereich einer in ‚Schieflage' geratenen Kanzlei einschreiten muss, zudem auch immer wieder weitreichende Haftungsfragen, die eine genauere gesetzliche Determinierung dieses Rechtsbereichs angezeigt erscheinen lassen.

Zurückgehend auf einen Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags soll künftig in den Fällen des Erlöschens oder des Ruhens der Rechtsanwaltschaft ein Kammerkommissär bestellt werden, der als Organ der Rechtsanwaltskammer tätig wird (sodass die Kammer für vom Kammerkommissär rechtswidrig und schuldhaft verursachte Schäden im Rahmen der Amtshaftung einzustehen hat). Anders als bisher soll ein solche Bestellung aber nicht in jedem Fall erfolgen, sondern dann unterbleiben, wenn ein anderer Rechtsanwalt innerhalb von einer Woche der Rechtsanwaltskammer gegenüber erklärt, die sonst einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben wahrzunehmen. ...

Besonderer Teil

Zu Z 34, 39, 45 und 47 (§§ 27 Abs. 1 lit. g, 28 Abs. 1 lit. h, 34a, 34b, 37 Abs. 1 RAO)

Zur vorgeschlagenen Neuregelung des Instituts der mittlerweiligen Stellvertretung darf zunächst auf die Ausführungen dazu im Allgemeinen Teil der Erläuterungen verwiesen werden.

Augenfälligster Punkt ist hier zunächst der Wegfall des Begriffs des ‚mittlerweiligen Stellvertreters' unter gleichzeitiger Neueinführung des ‚mittlerweiligen Substituten' und des ‚Kammerkommissärs'.

Der mittlerweilige Substitut soll für den Fall, dass der zu vertretende Rechtsanwalt aus Krankheitsgründen oder wegen einer Abwesenheit vorübergehend an der Berufsausübung gehindert ist und nicht selbst einen anderen Rechtsanwalt substitutiert hat, für den vertretenen Rechtsanwalt tätig werden. Ebenso wie dem in diesen Fällen bisher nach § 34 Abs. 4 letzter Satz RAO zu bestellenden mittlerweiligen Stellvertreter (vgl. dazu auch ausdrücklich § 54 RL-BA 2015) soll auch dem vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer zu bestellenden mittlerweiligen Substituten die Stellung eines Substituten nach § 14 RAO zukommen. (Auch) der mittlerweilige Substitut tritt insofern aber nicht in die Vollmachtsverhältnisse zu den Mandanten ein (so schon zur bisherigen Rechtslage OGH 14 Os 186/96); anders als der Kammerkommissär ist er auch kein Organ der Rechtsanwaltskammer.

Diese Organstellung des Kammerkommissärs (vgl. den vorgeschlagenen § 34a Abs. 2 RAO) ist eine der wesentlichen Neuerungen bei der Neustrukturierung der Regeln der Vertretung eines Rechtsanwalts wegen Erlöschens oder Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Dieser hat als Organ der Rechtsanwaltskammer im Interesse der Mandanten des Rechtsanwalts wie auch überhaupt der rechtssuchenden Bevölkerung den geordneten Rechtsverkehr sicherzustellen. Für ein allfälliges rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten des Kammerkommissärs hat die Rechtsanwaltskammer im Rahmen der Amtshaftung einzustehen. Diese Konstruktion erklärt sich auch aus der besonderen Bedeutung des Rechtsinstituts sowohl für die Funktionsfähigkeit der Rechtsanwaltschaft als Ganzes als auch die (potenzielle) Förderung der Interessen jedes einzelnen Rechtsanwalts, kann sich die Notwendigkeit der Bestellung eines Kammerkommissärs letztlich doch bei allen Kammerangehörigen ergeben. Da zudem dem zum Kammerkommissär bestellten Rechtsanwalt auch nicht die unmittelbare Erbringung anwaltlicher Leistungen gegenüber Dritten auferlegt ist, handelt es sich im Ergebnis um eine im überwiegenden Interesse der Kammerangehörigen liegende Aufgabe, die dem eigenen Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammer zuzurechnen ist.

Anders als bisher soll bei Vorliegen der gesetzlichen, in § 34 Abs. 1 und 2 RAO geregelten Erlöschens- und Ruhetatbestände aber nicht mehr in jedem Fall ein Kammerkommissär durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer bestellt werden. Dies soll dann unterbleiben, wenn innerhalb einer Woche nach dem Eintritt des Erlöschens oder Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft ein anderer Rechtsanwalt die Erklärung gegenüber der Rechtsanwaltskammer abgibt, dass die ansonsten von einem Kammerkommissär zu besorgenden Aufgaben von ihm wahrgenommen werden. Grundlage für einen solchen ‚Eintritt' wird dabei etwa eine entsprechende zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtenden Rechtsanwalt und dem ‚eintretenden' Rechtsanwalt oder eine dahingehende vorkehrende Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Rechtsanwalts-Gesellschaft sein. Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer muss eine entsprechende Erklärung eines anderen Rechtsanwalts aber nicht vorbehaltlos akzeptieren; liegen vielmehr Gründe vor, die gegen die Besorgung der Aufgaben durch diesen sprechen, so hat der Ausschuss ungeachtet der erklärten Bereitschaft mit der Bestellung eines Kammerkommissärs vorzugehen....

Die vom Kammerkommissär zu besorgenden Aufgaben sind im vorgeschlagenen § 34a Abs. 2 geregelt. Zu betonen ist, dass auch der Kammerkommissär nicht in die bestehenden Vollmachtsverhältnisse des Rechtsanwalts eintritt. Daraus folgt gleichzeitig die Verpflichtung, die Mandanten des Rechtsanwalts nicht nur über seine Bestellung, die Gründe dafür und die daran geknüpften (Rechts‑)Folgen (insbesondere auch in Bezug auf anhängige Gerichtsverfahren einschließlich der Aufklärung über den allfälligen Verjährungseinritt bei nicht ordnungsgemäßer Fortsetzung eines ruhenden oder unterbrochenen Verfahrens; siehe dazu OGH 6 Ob 345/97x) zu belehren, sondern diese - gegebenenfalls und soweit erforderlich - auch bei der Überleitung von Aufträgen an andere Rechtsanwälte zu beraten (wobei insofern auch eine Übernahme des Mandats durch den Kammerkommissär möglich ist, der dann aber nicht mehr als Kammerkommissär, sondern als frei gewählter Rechtsanwalt tätig wird).

Ein ganz wesentlicher Punkt ist dabei die weitere Besorgung von durch den Rechtsanwalt übernommenen Treuhandschaften. Auch hier soll der Kammerkommissär nicht ex lege in die Funktion des Rechtsanwalts eintreten. Vielmehr sollen - soweit dafür nicht ohnedies bereits vertraglich Vorsorge getroffen wurde - die Parteien des Treuhandverhältnisses erforderlichenfalls einen "Ersatz-Treuhänder" bestellen. Auch in diesem Kontext soll der Kammerkommissär - nach Feststellung der Treuhandschaften des Rechtsanwalts - die daran beteiligten Personen über die Folgen des Erlöschens/Ruhens der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft und über die mögliche weitere Vorgehensweise informieren. Allfällige Unsicherheiten bis zur Bestellung eines neuen Treuhänders durch die Parteien sollten im Bereich der anwaltlichen Treuhandschaft dadurch beseitigt bzw. jedenfalls entschärft sein, dass die Treuhandgelder ohnedies in aller Regel im Rahmen der Treuhand-Schutzeinrichtung der betreffenden Rechtsanwaltskammern gesichert sind und damit auch die Gefahr allfälliger missbräuchlicher Verfügungen während der ‚Schwebephase' gebannt ist. Im Anwendungsbereich des Bauträgervertragsgesetzes (wo den zwingend zu bestellenden Treuhänder noch besondere, in § 12 Abs. 3 BTVG geregelte Pflichten treffen) bietet dessen § 12 Abs. 6 noch insofern eine zusätzliche Absicherung, als danach - so dafür nicht bereits im Bauträgervertrag vorgesorgt wurde oder sich die Beteiligten nicht in angemessener Frist einigen - die Bestellung eines "Ersatz-Treuhänders" durch das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Liegenschaft liegt, zu erfolgen hat.

Schon bisher umfasst die gesetzliche Vollmacht des mittlerweiligen Stellvertreters alles, was die Fortführung des Unternehmens ‚Rechtsanwaltskanzlei' selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist; dazu zählt etwa auch die Einziehung unternehmensbezogener Forderungen (OGH 2 Ob 13/02d; 8 Ob 75/15k), sodass mit schuldbefreiender Wirkung an den mittlerweiligen Stellvertreter bezahlt werden kann. Der mittlerweilige Stellvertreter verwaltet das Unternehmen des Rechtsanwalts als Sondervermögen (OGH 1 Ob 218/58), wozu auch Forderungen aus Anderkonten des Rechtsanwalts zählen.

Diese grundlegende Konzeption soll auch im Rahmen der Neugestaltung dieses Bereichs beibehalten werden. Demgemäß muss der Kammerkommissär nach dem vorgeschlagenen § 34a Abs. 2 RAO Fremdgelder des Rechtsanwalts nicht nur feststellen, sondern diese auch verwalten; § 34b Abs. 2 stellt in diesem Kontext klar, dass der Kammerkommissär für die Dauer seiner Bestellung über Anderkonten sowie Konten des Rechtsanwalts, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen (wie insbesondere das oder die Kanzleikonten), allein verfügungsberechtigt ist, dies mit Ausnahme der Fälle des § 34 Abs. 1 Z 2 und 4 erster Fall RAO (in denen ein Sachwalter (in Hinkunft: ein gesetzlicher Vertreter im Sinn des § 1034 ABGB) bzw. ein Insolvenzverwalter bestellt ist). Die Kreditinstitute sollen verpflichtet sein, dem Kammerkommissär Auskünfte über alle bei ihnen geführte Konten des Rechtsanwalts zu geben und Zugang zu Anderkonten sowie Konten des Rechtsanwalts, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen, zu gewähren. ..."

17 Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 RAO erlischt die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bei Verzicht, ohne dass es dazu einer gesonderten Entscheidung bedarf. Einen solchen Verzicht hat der Erstrevisionswerber mit Wirksamkeit am 12. November 2017 - unstrittig - abgegeben, womit seine Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erloschen ist.

18 § 34a Abs. 2 RAO sieht für diesen Fall grundsätzlich die Bestellung eines Kammerkommissärs vor, der als Organ der Rechtsanwaltskammer tätig wird und die in dieser Vorschrift genannten Aufgaben zu erfüllen hat. Die Bestellung eines Kammerkommissärs hat aber nach § 34a Abs. 5 RAO zu unterbleiben, wenn ein anderer Rechtsanwalt - fristgerecht - anzeigt, dass er die ansonsten einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben wahrnehmen wird, und dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer keine Gründe bekannt sind, die gegen die Besorgung der Aufgaben durch diesen anderen Rechtsanwalt sprechen würden.

19 Im vorliegenden Verfahren waren der Erst- und der Zweitrevisionswerber alleinvertretungsbefugte Geschäftsführer bzw. Mitgesellschafter einer Rechtsanwalts-GmbH, nämlich der drittrevisionswerbenden Partei. Der Zweitrevisionswerber, der diese Stellung auch nach wie vor inne hat, erklärte sich fristgerecht bereit, die ansonsten einem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben in Bezug auf den scheidenden Erstrevisionswerber wahrzunehmen. Dies wurde jedoch vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland unter Hinweis auf § 34a Abs. 5 RAO nicht akzeptiert; eine rechtliche Sichtweise, die auch vom LVwG geteilt wurde.

20 Ihre Ablehnung der Anzeige des Zweitrevisionswerbers begründen der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland und ihm folgend das LVwG im Wesentlichen damit, dass der Zweitrevisionswerber aufgrund seiner wirtschaftlichen Beteiligung an der drittrevisionswerbenden Partei, die sich die dem Erstrevisionswerber vorgeworfenen Fehlverhalten im Zusammenhang mit übernommenen Treuhandschaften zurechnen lassen müsste, "befangen" bzw. in einem Interessenskonflikt verfangen sei.

21 Dem hält die Revision zusammengefasst entgegen, dass die Einsetzung eines Kammerkommissärs ihrer Rechtsmeinung nach auf kleine Kanzleistrukturen zugeschnitten sei, bei denen im Falle des Ausscheidens eines Rechtsanwalts die Funktion der Kanzlei und die Abwicklung der Mandate gesichert werden müsse, weil die Mandanten des ehemaligen Rechtsanwalts sonst "in der Luft" hingen. Zweck der Regelung sei aber nicht die Überwachung der Kanzleiführung durch außenstehende Personen, wenn die Kanzleiführung und die Betreuung der Mandanten - wie im vorliegenden Fall - nicht gefährdet sei.

22 Der Verwaltungsgerichtshof hält dazu fest, dass die Regelungen des § 34a Abs. 2 und 5 RAO auf die Größe der Kanzlei, die Zahl der Kanzleipartner bzw. auf die (gesellschaftsrechtliche) Organisation der Kanzlei nicht abstellt. Demzufolge hat die Bestellung eines Kammerkommissärs grundsätzlich auch dann zu erfolgen, wenn die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bei einem Kanzleipartner bzw. dem Geschäftsführer und Gesellschafter einer Rechtsanwalts-Gesellschaft erlischt und sich kein geeigneter anderer Rechtsanwalt zur Übernahme der Aufgaben des Kammerkommissärs bereit erklärt.

23 Als Eignungskriterium legt § 34a Abs. 5 RAO lediglich fest, dass in Bezug auf den betreffenden Rechtsanwalt keine Gründe bekannt sind, die gegen die Besorgung der Aufgaben durch ihn sprechen würden.

24 Gegen einen geschäftsführenden Mitgesellschafter der Rechtsanwalts-Gesellschaft, der bereit ist, die ansonsten dem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben zu übernehmen, wird grundsätzlich nicht ins Treffen geführt werden können, dass er aufgrund seiner Gesellschaftereigenschaft für sich betrachtet die Eignung zur Übernahme der Aufgaben des Kammerkommissärs nicht aufweist. Im Gegenteil: Wie die Gesetzesmaterialien erkennen lassen, dient die Bestellung des Kammerkommissärs dem Zweck, im Interesse der Mandanten des scheidenden Rechtsanwalts sowie der rechtssuchenden Bevölkerung insgesamt einen geordneten Rechtsverkehr sicherzustellen. Dieser Zielsetzung wird in vielen Fällen (wenn auch nicht immer) durch die Übernahme der Betreuung von Mandanten innerhalb der Rechtsanwalts-Gesellschaft entsprochen werden können, kann dabei doch auf das bereits vorhandene Wissen und entsprechende Vorarbeiten zurückgegriffen werden. Auch der Hinweis der Gesetzesmaterialien auf den Gesellschaftsvertrag als Grundlage für einen "Eintritt" eines Mitgesellschafters einer Rechtsanwalts-Gesellschaft anstelle des scheidenden Rechtsanwalts zeigt, dass der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit ausdrücklich ausgegangen ist.

25 Allerdings kann es auch Gründe geben, die gegen eine Übernahme der ansonsten dem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben durch einen Kanzleipartner bzw. Mitgesellschafter der Rechtsanwalts-Gesellschaft sprechen, und zwar insbesondere dann, wenn die verlässliche Erfüllung der Aufgaben durch die betreffende Person nicht erwartet werden kann oder zumindest ein Interessenkonflikt vorliegt, der Zweifel an der verlässlichen Erfüllung der Aufgaben begründet.

26 Zu diesen Aufgaben zählt § 34a Abs. 2 RAO die Beratung von

Mandanten bei der Überleitung von Aufträgen auf andere

Rechtsanwälte, die Feststellung der Treuhandschaften sowie die

Information der daran beteiligten Personen über die mögliche

Besorgung der Treuhandschaft durch einen anderen Treuhänder, die

Feststellung der Fremdgelder des Rechtsanwalts und deren

Verwaltung sowie die ordnungsgemäße Verwahrung der Akten des

Rechtsanwalts und der bei diesem hinterlegten Urkunden. Nach den

Gesetzesmaterialien ist dabei "ein ganz wesentlicher Punkt ... die

weitere Besorgung von durch den Rechtsanwalt übernommenen

Treuhandschaften ... Auch in diesem Kontext soll der

Kammerkommissär ... die daran beteiligten Personen über die Folgen

des Erlöschens der Berechtigung zur Ausübung der

Rechtsanwaltschaft und über die mögliche weitere Vorgehensweise

informieren".

27 Im Lichte dieser Aufgabenstellung ist auch im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der Zweitrevisionswerber als geeigneter Rechtsanwalt zur Übernahme der ansonsten dem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben im Sinne des § 34a Abs. 5 RAO anzusehen war.

28 Dabei darf nicht unbeachtet bleiben, dass dem Zweitrevisionswerber - soweit aktenkundig - von keiner Seite eine Involvierung in das behauptete Fehlverhalten des Erstrevisionswerbers vorgeworfen wird. Zu berücksichtigen ist auch, dass nach den Feststellungen des LVwG die drittrevisionswerbende Partei, vertreten durch den Zweitrevisionswerber, bereits mit Schreiben an die Bauherren vom 4. Oktober 2016 die Bestellung zum Treuhänder in sämtlichen Bausachen mit sofortiger Wirkung gekündigt hat. Die Notwendigkeit für weitere Veranlassungen zur Überleitung dieser Treuhandschaften auf andere Rechtsanwälte ist somit nicht zu erkennen.

29 Den Feststellungen des LVwG kann auch nicht entnommen werden, ob und welche dem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben sonst noch zu erbringen wären, hinsichtlich derer eine Befassung des Zweitrevisionswerbers im Sinne des bisher Gesagten bedenklich sein könnte.

30 Das Argument des LVwG, der Erstrevisionswerber sei als Angestellter noch immer in der Rechtsanwalts-Gesellschaft tätig und unterliege den Weisungen des Zweitrevisionswerbers erweist sich demgegenüber als ungeeignet, um als Grund für die Ablehnung des Zweitrevisionswerbers im Sinne des § 34a Abs. 5 RAO herangezogen zu werden, zumal nur eine Weisungsunterworfenheit des Zweitrevisionswerbers gegenüber dem Erstrevisionswerber Zweifel an der verlässlichen Ausübung der Aufgaben durch den Letztgenannten begründen könnte.

31 Somit verbleibt lediglich der unbestreitbare und vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland bzw. dem LVwG angesprochene Umstand, dass der Zweitrevisionswerber als Gesellschafter der drittrevisionswerbenden Partei an deren Obsiegen in den anhängigen Zivilstreitigkeiten wirtschaftlich interessiert sein könnte. Dass dieses wirtschaftliche Interesse den Zweitrevisionswerber an der gewissenhaften Erfüllung von Aufgaben, die dem Kammerkommissär zukommen würden, konkret in irgendeiner Weise hindern könnte, legt das LVwG nicht dar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dieses Interesse des Zweitrevisionswerbers - im Zeitpunkt des Verzichts des Erstrevisionswerbers auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft und der gleichzeitigen Anzeige des Zweitrevisionswerbers - Auswirkungen in Bezug auf die noch bestehenden Mandantschaftsverhältnisse des Erstrevisionswerbers oder auf von diesem übernommene Treuhandschaften hätte haben können.

32 Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts war es daher nicht rechtens, die Anzeige des Zweitrevisionswerbers, mit der er seine Bereitschaft zur Übernahme der ansonsten dem Kammerkommissär zukommenden Aufgaben erklärte, abzulehnen und einen Kammerkommissär zu bestellen. Das angefochtene Erkenntnis erweist sich insofern als inhaltlich rechtswidrig.

33 Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die von der Revision gerügte Befangenheit der Mitglieder des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Burgenland bzw. des bestellten Kammerkommissärs nicht vorliegt. Eine solche leitet die Revision nämlich bloß - abstrakt - aus dem Konkurrenzverhältnis von Rechtsanwälten untereinander ab. Dies hat das Gesetz (RAO) im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Vorschriften, die Ausfluss der Selbstverwaltung der Rechtsanwälte sind, notwendig in Kauf genommen, weshalb allein daraus keine Befangenheit resultieren kann.

34 Im Ergebnis war daher die Revision des Erstrevisionswerbers gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.

35 Im Übrigen war das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt I. (Abweisung der Beschwerden der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

36 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte in Bezug auf den Erstrevisionswerber gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG, in Bezug auf die übrigen revisionswerbenden Parteien gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

37 Die Kostenentscheidung in Bezug auf den Erstrevisionswerber gründet auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf die §§ 51 und 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG, in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung 2014. Danach hat der Erstrevisionswerber den Aufwandersatz der belangten Behörde anteilig mit einem Drittel zu tragen. Hinsichtlich der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien hatte eine Kostenentscheidung mangels eines Antrags auf Zuerkennung von Aufwandersatz zu entfallen.

Wien, am 8. April 2019

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