VwGH Ra 2018/01/0409

VwGHRa 2018/01/040928.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision des G O in W, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2018, Zl. I407 1407823- 3/21E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §10;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
MRK Art8;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018010409.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Sache den Folgeantrag des Revisionswerbers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei und keine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe.

2 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2018, Ra 2018/01/0409-2, wurde der Antrag des Revisionswerbers, ihm für die außerordentliche Revision gegen das angefochtene Erkenntnis die Verfahrenshilfe zu bewilligen, abgewiesen.

3 Gegen das Erkenntnis des BVwG erhob der Revisionswerber auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH), der mit Beschluss vom 27. November 2018, E 3693/2018-17, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese in weiterer Folge mit Beschluss vom 27. Dezember 2018, E 3693/2018-19, an den VwGH zur Entscheidung abtrat.

4 Begründend führte der VfGH aus, dass dem BVwG nicht entgegen getreten werden könne, wenn es unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auf Grund der Umstände des vorliegenden Falles davon ausgehe, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art. 8 EMRK überwiege.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zunächst vor, das angefochtene Erkenntnis weiche im Hinblick auf den mehr als zehn Jahre dauernden Aufenthalt des Revisionswerbers von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK ab.

9 Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel. (vgl. VwGH 21.12.2018, Ra 2018/01/0324, mwN).

10 Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN).

11 Fallbezogen gelangte das BVwG unter Bedachtnahme auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles unter gewichtender Abwägung des öffentlichen Interesses mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Revisionswerbers in Form einer Gesamtbetrachtung auf jedenfalls nicht unvertretbare Weise zum Überwiegen des öffentlichen Interesses und damit zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Dabei berücksichtigte das BVwG insbesondere die drei strafrechtlichen Verurteilungen des Revisionswerbers. Diese Beurteilung erscheint nicht unvertretbar.

12 Hinsichtlich der behaupteten Verfahrensmängel kann auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach es für die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 10.4.2017, Ra 2017/01/0088, mwN). Eine solche Relevanz wird fallbezogen nicht dargelegt.

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2019

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