Normen
B-VG Art133 Abs4
DSG 2000 §26 idF 2013/I/083
DSG 2000 §4 Z4
DSG 2000 §70 Abs9 idF 2019/I/014
RAO 1868 §9 Abs2
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017040134.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Der Revisionswerber ist Rechtsanwalt und vertrat eine Mandantin in einem Rechtsstreit gegen den Mitbeteiligten (Auskunftswerber). Der Mitbeteiligte richtete am 13. Oktober 2015 ein Auskunftsbegehren gemäß § 26 Datenschutzgesetz 2000 (DSG) an den Revisionswerber und forderte diesen auf, ihm - zusammengefasst - Auskunft über die Verarbeitung und Verwendung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten und den Zweck der Datenverwendung zu geben.
2 Diese Anfrage blieb seitens des Revisionswerbers unbeantwortet.
3 Am 10. Februar 2106 brachte der Mitbeteiligte bei der belangten Behörde eine Beschwerde gemäß § 31 Abs. 1 DSG ein und begehrte die Feststellung, dass der Revisionswerber ihn in seinem Recht auf Auskunftserteilung gemäß § 26 Abs. 1 DSG verletzt habe, sowie dass diesem aufgetragen werde, binnen einer angemessenen Frist die begehrte Auskunft zu erteilen.
4 2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 2016 stellte diese fest, dass der Revisionswerber den Mitbeteiligten in seinem Recht auf Auskunft über eigene Daten verletzt habe, da der Revisionswerber auf das Auskunftsbegehren des Mitbeteiligten vom 13. Oktober 2015 nicht reagiert habe. Unter einem wurde dem Revisionswerber aufgetragen, dem Auskunftsbegehren nachzukommen oder schriftlich zu begründen, warum die Auskunft nicht oder nicht vollständig erteilt werden könne. Die belangte Behörde begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass sich die Rechtsverletzung schon aus der Tatsache ergebe, dass das Auskunftsbegehren gänzlich unbeantwortet geblieben sei.
5 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
6 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. 7 Ausgehend von den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen, unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen führte das Bundesverwaltungsgericht in seiner rechtlichen Begründung - teilweise disloziert im Rahmen der Beweiswürdigung - aus, gemäß § 26 DSG habe ein Auftraggeber jeder Person über deren schriftliches Verlangen Auskunft über die zur Person des Auskunftswerbers verarbeiteten Daten zu geben, wobei dieser Anspruch auch eine Negativauskunft umfasse. Aufgrund des schriftlichen Ersuchens des Mitbeteiligten sei der Revisionswerber verpflichtet gewesen, die gewünschte Auskunft binnen acht Wochen zu erteilen oder schriftlich zu begründen, warum die Auskunft nicht oder nur teilweise erteilt werde. Der Revisionswerber habe sich lediglich gegenüber der belangten Behörde im Rahmen des dort geführten Verfahrens pauschal auf seine Verschwiegenheitsverpflicht ung berufen. Die belangte Behörde sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Revisionswerber gegenüber dem Mitbeteiligten nicht reagiert habe, weil der Auskunftsverpflichtung durch eine an die belangte Behörde gerichtete Stellungnahme nicht entsprochen werde. Da ein Auftraggeber gemäß § 26 Abs. 1 fünfter Satz DSG einem Auskunftswerber gegebenenfalls auch eine Negativauskunft zu erteilen habe, sei die Feststellung der Rechtsverletzung durch den Revisionswerber von der belangten Behörde zu Recht getroffen worden.
8 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die - nach der mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2017, E 2698/2017, erfolgten Abtretung der Beschwerde des Revisionswerbers - erhobene außerordentliche Revision mit dem Antrag, in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
9 Die belangte Behörde beantragte in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung die Revision zurück-, in eventu abzuweisen. 10 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 13 5.1. Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, es liege keine Rechtsprechung zu den hier relevanten Rechtsfragen der Auftraggebereigenschaft im Sinne des Datenschutzgesetzes eines im Auftrag seines Mandanten handelnden Rechtsanwalts im Verhältnis zur gegnerischen Partei bzw. des Verhältnisses der anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung gemäß § 9 RAO zur Auskunftspflicht gemäß § 26 DSG vor. 14 5.2. Vorweg ist festzuhalten, dass die hier relevanten Bestimmungen des Datenschutzgesetzes mit der Durchführung der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr, und Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) durch das Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 120/2017, eine maßgebliche Änderung erfahren haben.
15 5.3. Zu den Ausführungen betreffend die Zulässigkeit der Revision wegen des Fehlens von Rechtsprechung zum Verhältnis der Verschwiegenheitsverpflichtung gemäß § 9 Abs. 2 RAO und der Auskunftspflicht gemäß § 26 DSG ist festzuhalten, dass die Entscheidung in der vorliegenden Revisionssache nicht von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Bereits die belangte Behörde hat ihre Entscheidung damit begründet, dass dem Auskunftswerber das Recht auf eine Negativauskunft zukommt. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat auch das Bundesverwaltungsgericht ausgehend von der unbestritten gebliebenen Feststellung, dass der Revisionswerber dem Mitbeteiligten keine direkt an ihn gerichtete Antwort auf das Auskunftsbegehren erteilt habe, eine Rechtsverletzung des Mitbeteiligten angenommen. Auf diese tragende Begründung hat die Frage, ob sich ein Rechtsanwalt im Rahmen der Beantwortung eines Auskunftsbegehrens auf seine Verschwiegenheitsverpflichtung berufen dürfe, keinen Einfluss. Die vorgebrachte Rechtsfrage kann daher die Zulässigkeit der Revision nicht begründen.
16 5.4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt zudem keine erhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0115, mit Verweis auf OGH 20.12.2000, 9 ObA 44/12d).
17 Ein solcher Fall liegt hier vor: Die fallbezogen relevanten Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 in der zum Zeitpunkt der hier angefochtenen Entscheidung am 27. Juni 2017 geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 83/2013) sind mit Ablauf des 24. Mai 2018 außer Kraft getreten (vgl. § 70 Abs. 9 DSG idF BGBl. I Nr 14/2019). Die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage der Auftraggebereigenschaft im Sinne des § 4 Z 4 DSG in der Fassung vor Inkrafttreten des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 eines Rechtsanwalts im Verhältnis zu den Gegnern der von ihm vertretenen Mandanten vermag daher im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen. 18 5.5. Letztlich liegt auch der von der Revision zur Zulässigkeit ins Treffen geführte Begründungsmangel nicht vor. Dem angefochtenen Erkenntnis ist einwandfrei zu entnehmen, von welchen Tatsachen ausgehend das Bundesverwaltungsgericht von der Verpflichtung zur Auskunft des Revisionswerbers als Auftraggeber ausgeht.
19 5.6. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 30. April 2019
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