Normen
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ZPO §500;
ZPO §502 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Revisionswerberin hatte am 4. März 2010 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit der auf Feststellung und Unterlassung gerichteten Klage unter Einem einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingebracht; das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies diesen Antrag mit Beschluss vom 16. März 2010 ab, wogegen die Revisionswerberin am
18. d.M. Rekurs erhob und hiefür eine Pauschalgebühr nach TP 2 GGG in der Höhe von EUR 2.136,70 entrichtete. Nachdem das Oberlandesgericht Wien diesem Rekurs keine Folge gegeben hatte, erhob die Revisionswerberin einen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof, wofür sie Pauschalgebühr nach TP 3 GGG in der Höhe von EUR 2.846,20 entrichtete.
Gegen das über ihr Klagebegehren absprechende Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24. August 2011 erhob sie Berufung und gegen das hierüber ergangene Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. September 2012 am 5. November 2012 außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Vorschreibung von Pauschalgebühren für die Berufung nach TP 2 GGG in der Höhe von EUR 2.236,80 und für die außerordentliche Revision nach TP 3 GGG in der Höhe von EUR 2.982,-- sowie einer Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,--.
Weiters sprach das Gericht aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Gericht in seinen Entscheidungsgründen zum Schluss, es sei die Vorschreibung von Pauschalgebühren im Haupt- und nicht im Provisorialverfahren gegenständlich, sodass die Neufassung der Anmerkungen 1a zu TP 2 und TP 3 GGG durch die Novelle BGBl. I Nr. 190/2013 den Rechtsstandpunkt der Revisionswerberin nicht berühre. Überdies seien die betreffenden Rechtsmittel am 12. September 2011 und am 5. November 2012 eingebracht worden, weshalb auf die Gebührenbemessung die Rechtslage vor der genannten Novelle anzuwenden sei. Im Revisionsfall liege kein Verfahren im Sinne der Anmerkungen 1a zu TP 2 und TP 3 GGG in der Fassung vor der genannten Novelle vor, hinsichtlich derer die vom Rechtsmittelwerber entrichtete Gebühr für die Verfahren zweiter und dritter Instanz über die Erlassung der einstweiligen Verfügung auf sein Verlangen zu Hälfte in die von ihm zu entrichtende Pauschalgebühr für das Berufungsverfahren einzurechnen seien. Im Revisionsfall lägen keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vor, weil der Wortlaut des Gesetzes eindeutig sei.
In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihren subjektiven Rechten "insbesondere dadurch verletzt
- da das Bundesverwaltungsgericht die vorgeschriebenen Beträge unrichtig unter die geänderten Bestimmungen laut Novelle BGBl. I Nr. 190/2013 und nicht unter die zum Zeitpunkt der Einbringung des Rekurses vom 16.3.2010 sowie ao Revisionsrekurses vom 1.6.2010 geltenden Bestimmungen laut Novelle BGBl. 29/2010 subsumiert hat;
- die vorgeschriebenen bzw bezahlten Beträge hätten vielmehr nach den zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenpflicht (§ 2 GGG) bestehenden Rechtslage geprüft werden müssen.
- unrichtig geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, daß sich die Anmerkungen 4 zu TP 2 und TP 3 GGG, wonach die Pauschalgebühren von jedem Rechtsmittelwerber nur einmal zu entrichten ist, nicht auf Verfahren über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen beziehen würde.
Das ist aus den Anmerkungen 1a zu TP 2 und TP 3 nicht zu entnehmen. Diese Anmerkungen sehen eine Gebührenpflicht für einstweilige Verfügungen vor, wo der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gesondert und nicht zusammen mit einer Klage beantragt wird.
- in eventu hätte im vorliegenden Fall die Hälfte der für den Rekurs vom 16.3.2010 sowie ao Revisionsrekurs vom 1.6.2010 bezahlten Gebühren auf die Gebühren für die Rechtsmittel vom 12.09.2011 sowie vom 5.11.2012 angerechnet werden müssen.
Der VfGH hat die Anmerkung 1a zu Tarifpost 2 und 3 des Gerichtsgebührengesetzes mit Beschluß vom 04.09.2012 aufgehoben (siehe BGBl. I Nr. 88/2012).
Nach den nunmehr geänderten Anmerkungen la zu TP 2 und TP 3 GGG ermäßigt sich für Verfahren zweiter und dritter Instanz über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen die Pauschalgebühr nach TP 2 und TP 3 auf die Hälfte.
Bei gleichheitskonformer Gesetzesauslegung ist die Anrechnung der Hälfte der bezahlten Pauschalgebühr im Provisorialverfahren auch für die Rechtsmittel vom 12.09.2011 sowie vom 5.11.2012 vorzunehmen.
Der maßgebliche Sachverhalt wurde nicht ausreichend aufgeklärt. Die angefochtene Entscheidung verstößt daher gegen § 37 AVG idgF. Damit wurde das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt. Die beantragte mündliche Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhaltes wurde nicht durchgeführt. Dadurch wurde der Revisionswerberin der verfassungsmäßig gewährleistete Anspruch auf ein 'faires Verfahren' nach Art 6 EMRK verwehrt."
Die Zulässigkeit der Revision erblickt sie im Kern darin, das Gericht habe die vorgeschriebenen Beträge zu Unrecht unter die geänderten Bestimmungen laut der Novelle BGBl. I Nr. 190/2013 subsumiert. Vielmehr hätten diese nach der zum Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenpflicht bestehenden Rechtslage geprüft werden müssen. Unrichtig sei die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, dass sich die Anmerkungen 4 zu TP 2 und 3 GGG nicht auf die Verfahren über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen beziehen würden. In eventu hätte im Revisionsfall bei "gleichheitskonformer Gesetzesauslegung" die Anrechnung der Hälfte der bezahlten Pauschalgebühr im Provisorialverfahren auf die Rechtsmittel vom 12. September 2011 sowie vom 5. November 2012 vorgenommen werden müssen.
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP 16). Daher kommt § 502 Abs. 1 ZPO und der dazu ergangenen Judikatur der ordentlichen Gerichte Bedeutung zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. November 2014, Ro 2014/09/0050).
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes liegt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO vor, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. etwa den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 20. Dezember 2000, 9 ObA 44/12d).
Auch die Revisionswerberin zieht nicht in Zweifel, dass die Vorschreibung der Pauschalgebühr nach TP 2 für ihre Berufung im September 2011 und nach TP 3 GGG für ihre Revision im November 2012 verfahrensgegenständlich ist.
Nach Art. VI Z. 54 erster Satz GGG, angefügt durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Justiz, BGBl. I Nr. 190/2013 - VAJu, treten die Anmerkung 2 zu Tarifpost 1, die Anmerkung 1a zu Tarifpost 2 und die Anmerkung 1a zu Tarifpost 3 in der Fassung dieser Novelle mit 1. Juli 2013 in Kraft und sind anzuwenden, wenn der die Gebühren auslösende Schriftsatz nach dem 30. Juni 2013 bei Gericht einlangt oder der Beginn der Niederschrift nach diesem Zeitpunkt liegt.
Aufgrund dieser Übergangsbestimmung kommt im Revisionsfall eine Anwendung der Anmerkungen 1a sowie anderer Anmerkungen zu Tarifpost 2 und 3 GGG in der Fassung des VAJu nicht in Betracht. Die Revisionswerberin übersieht in der Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision, dass das Bundesverwaltungsgericht ohnehin die Rechtslage vor der Änderung durch das VAJu angewendet hat.
Soweit die Revision schließlich den Anmerkungen 4 zu TP 2 und 3 GGG (offenbar gemeint in der Fassung vor dem In-Kraft-Treten des VAJu) die Bedeutung beimisst, dass sich diese nicht auf Verfahren über die Erlassung von einstweiligen Verfügungen bezögen, weil die Anmerkungen 1a zu Tarifpost 2 und TP 3 GGG (in der Fassung vor dem VAJu) eine Gebührenpflicht für einstweilige Verfügungen vorsähen, die gesondert von einer Klage beantragt würden, kommt dieser auf die Auslegung von bereits vor geraumer Zeit außer Kraft getretenen Anmerkungen zu TP 2 und 3 GGG abzielenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung mehr für die Zukunft und damit über den Revisionsfall hinaus zu.
Die Revision war daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 25. November 2015
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