VwGH Ra 2018/19/0029

VwGHRa 2018/19/002931.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache der 1. S L,

2. A L, 3. R L, 4. R L, alle in V, alle vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 2017, zu

1. I417 2171508-1/6E, zu 2. I417 2171502-1/5E, zu 3. I417 2171505- 1/5E und zu 4. I417 2171507-1/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
VwGVG 2014 §24;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerber sind alle Staatsangehörige Nigerias. Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbis Viertrevisionswerber und stellte für alle Revisionswerber am 29. Oktober 2014 Anträge auf internationalen Schutz.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diese Anträge mit Bescheiden vom 4. September 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (jeweils Spruchpunkt I) und des Status der subsidiär Schutzberechtigten (jeweils Spruchpunkt II) ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber nach Nigeria zulässig sei (jeweils Spruchpunkt III). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (jeweils Spruchpunkt IV).

3 Die dagegen erhobenen Beschwerden, welche sich gegen die Spruchpunkte II bis IV richteten, wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23. November 2017 ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revisionswerber bringen zur Begründung der Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, die Grundsätze der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit verletzt und eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen, welche dem menschlichen Erfahrungsgut widerspreche.

8 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9 Soweit die Revision eine Verletzung der Verhandlungspflicht rügt, ist ihr zu entgegnen, dass § 21 Abs. 7 BFA-VG das Unterbleiben einer Verhandlung erlaubt, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422, sowie zu den Voraussetzungen, wann dies als gegeben anzusehen ist, VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).

Wenn in der Revision unter diesem Gesichtspunkt vorgebracht wird, es liege kein geklärter Sachverhalt vor, weil in der Beschwerde neues Tatsachenvorbringen dahingehend erstattet worden sei, dass in Nigeria entgegen der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte mehr bestünden, ist darauf zu verweisen, dass die Revisionswerber dieses Vorbringen bereits im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erstattet haben und dieses somit bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war. Die bloße Wiederholung dieses Vorbringens in der Beschwerde stellt weder ein substantiiertes Bestreiten der erstinstanzlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung dar (vgl. VwGH 27.5.2015, Ra 2015/18/0021). Dass die angeführten Voraussetzungen für die Abstandnahme von der Verhandlung nicht gegeben gewesen wären, vermag die Revision daher nicht aufzuzeigen.

10 Mit dem Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe die Grundsätze der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit verletzt, weil tatsachenwidrig angenommen worden sei, die Revisionswerber würden über familiäre bzw. verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Nigeria verfügen, wird schon deshalb kein relevanter Verfahrensmangel geltend gemacht, weil die Zulassungsbegründung nicht ausführt, welche konkreten Ermittlungsschritte in Verletzung des Amtswegigkeitsgrundsatzes unterblieben sind.

11 Wenn in der Revision überdies ausgeführt wird, dass die Beweiswürdigung unschlüssig sei und dem menschlichen Erfahrungsgut widerspreche, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 10.11.2016, Ra 2016/20/0159; 4.12.2017, Ra 2017/19/0316, jeweils mwN). Im vorliegenden Fall rügt die Revision zwar eine infolge Unschlüssigkeit "rechtswidrige" Beweiswürdigung, sie vermag aber nicht darzutun, worin eine Unvertretbarkeit im Sinne der zitierten Vorjudikatur bestehen soll.

12 Der Revision gelingt es somit nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 aufzuwerfen. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte