VwGH Ra 2018/16/0155

VwGHRa 2018/16/015530.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache des F K in K, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19. März 2018, Zl. VGW-002/079/2599/2017-2, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

VStG §44a Z1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160155.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 30. November 2016 erkannte die Landespolizeidirektion Wien den Revisionswerber Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 dritter Fall des Glücksspielgesetzes (GSpG) schuldig, weil er zur Teilnahme vom Inland aus hinsichtlich vier näher bezeichneter "Glücksspiel- und Eingriffsgegenstände" verbotene Ausspielungen im Zeitraum vom 24. Jänner 2016 bis 24. April 2016 um 10.10 Uhr an einem näher angeführten Ort unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Über ihn wurden vier Geldstrafen von jeweils 10.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafen für den Fall deren Uneinbringlichkeit von jeweils 48 Stunden) verhängt. Weiters wurde ihm ein Beitrag von 4.000 EUR zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 3. Jänner 2016 Beschwerde.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien dieser Beschwerde insoweit Folge, als es unter Neufassung des nunmehr zwei Übertretungen hinsichtlich zweier Glücksspielgegenstände und eines Tatzeitpunktes (24. April 2016 gegen 10.10 Uhr) enthaltenden Schuldspruches die dafür zwei verhängten Geldstrafen auf je 2.800 EUR (und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 45 Stunden) herabsetzte und den Beitrag zu den Kosten des Verfahrens auf 560 EUR reduzierte. Darüber hinaus wies es die Beschwerde ab. Weiters sprach es aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Mit Beschluss vom 12. Juni 2018, E 1781/2018-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vor ihm dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

5 Die danach erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; EuGH 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; EuGH 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C- 464/15 , Rn. 31, 35 ff, EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn 28, 62 ff, sowie EuGH 6.9.2018, Gmalieva s.r.o, C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

9 Mit dem Vorbringen im Zusammenhang mit fehlenden Feststellungen zur Kontrolle des illegalen online-Glücksspielangebot durch österreichische Behörden und einem behaupteten Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Behandlung von Beweisanträgen durch das Verwaltungsgericht, zeigt der Revisionsweber bezogen auf die vom EuGH als erforderlich angesehene Gesamtwürdigung die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nicht auf. Dazu wäre es erforderlich, dass eine Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt und im Zulassungsvorbringen auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird (vgl. VwGH 30.5.2018, Ra 2018/09/0035, mwN).

10 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht das in § 14 Abs. 3 GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland oder der davon normierten Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht im Widerspruch (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

11 Die Revision rügt in ihrer Zulässigkeitsbegründung überdies, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, ohne jedoch darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass der Revisionswerber seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können und er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre (vgl. etwa zur ständigen Rechtsprechung: VwGH 6.8.2018, Ra 2018/17/0094, mwN). Der Revisionswerber sieht im unternehmerischen Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen ein Dauerdelikt, vermisst Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu und moniert, das Verwaltungsgericht habe von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichend keinen Tatzeitraum, sondern lediglich einen Tatzeitpunkt des Dauerdelikts angeführt.

12 Bei einem Dauerdelikt sind im Spruch eines Straferkenntnisses der Beginn und das Ende des Tatzeitraums eines Dauerdelikts anzugeben, wobei der Beginn anhand der Beweisergebnisse im Zweifel zu Gunsten eines Beschuldigten spätestmöglich angenommen werden kann (vgl. etwa VwGH 22.3.2012, 2009/09/0282). Daher ist es nicht rechtswidrig, bei einem Dauerdelikt die Tatzeit allenfalls mit jenem Zeitpunkt festzulegen, zu dem die Tat entdeckt wurde (vgl. VwGH 2.9.2008, 2007/10/0038). Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich zu einer Übertretung des Glücksspielgesetzes betreffend die Zugänglichmachung von Spielapparaten ausgesprochen, dass die Angabe "gegen xxxx Uhr" eines bestimmten Tages als ausreichend genau anzusehen ist (VwGH 12.3.2010, 2010/17/0017). Das Verwaltungsgericht hat somit im Einklang mit der hg. Rechtsprechung den Zeitpunkt des Beginns der Amtshandlung der Finanzpolizei herangezogen und diese Änderung gegenüber dem Straferkenntnis der belangten Behörde begründet.

13 Soweit der Revisionswerber sein Verschulden unter Hinweis auf anwaltliche Beratung, auf die er habe vertrauen dürfen, bestreitet, zeigt er eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach betont, dass gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen ist. Erst im Falle einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft durch die zuständige Behörde und im Vertrauen auf diese Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße sind nicht als Verschulden anzurechnen (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2018/09/0030).

14 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 30. Oktober 2018

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