VwGH Ra 2018/03/0076

VwGHRa 2018/03/007630.7.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des H P in S, vertreten durch Mag. Rupert Wagner, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Graben 32, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 9. April 2018, Zl. LVwG-500366/5/KLe, betreffend Übertretung des Oö. Jagdgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis), den Beschluss gefasst:

Normen

AbschussplanV OÖ 2005 §2 Abs6;
JagdG Bgld 2004 §3 Abs6;
JagdG Krnt 2000 §61c;
JagdG NÖ 1974 §87 Abs1;
JagdG OÖ 1964 §95 Abs1 litr;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030076.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 30. November 2017 wurde der Revisionswerber einer Übertretung des § 95 Abs. 1 lit. r Oö. Jagdgesetz in Verbindung mit § 2 Abs. 6 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste (im Folgenden: Oö. AbschussplanV) schuldig erkannt. Er habe am 6. Juli 2017 eine - näher beschriebene - Schwarzwildkirrung betrieben, ohne die Kirrstelle vor ihrer Anlage der Behörde zu melden. Über den Revisionswerber wurde wegen dieser Übertretung eine Geldstrafe von EUR 400,--(Ersatzfreiheitsstrafe 61 Stunden) verhängt.

2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision unzulässig ist.

Das Verwaltungsgericht stellte (hier zusammengefasst) fest, dass sich auf einem näher bezeichneten Grundstück im Wald unter einer ca. 0,7 m hoch auf Pflöcken fixierten Welleternitplatte mehrere Kilo Mais offen am Boden befunden hätten. In wenigen Metern Entfernung sei auf einem Baum Buchenholzteer bis ca. 1 m Höhe angebracht gewesen; weiters sei eine Wildkamera so montiert gewesen, dass Buchenholzteer und Mais im Fokus gewesen seien. In der Nähe habe sich eine geschlossene Kanzel befunden. Buchenholzteer sei aufgrund seiner antiparasitären Wirkung attraktiv für alle Schalenwildarten, besonders für das Schwarzwild, aber auch für das Rotwild und Rehwild. Schwarzwild nutze einen mit Buchenholzteer bestrichenen Baum als Malbaum, um sich daran zu reiben.

In der gegenständlichen Eigenjagd seien in den letzten beiden Jahren keine Wildschweine erlegt worden, in den vier Jahren davor jeweils zwischen ein und drei Stück. 2017/2018 seien im Nahebereich der Eigenjagd 21 Wildschweine erlegt worden. Dies zeige, dass im Nahebereich der Eigenjagd Schwarzwild vorkomme.

Die Schütte sei grundsätzlich geeignet für die Fütterung der Fasane, es seien jedoch keinerlei Vorkehrungen getroffen worden, um anderes Schalenwild, insbesondere Schwarzwild, von der Futteraufnahme abzuhalten.

In der Folge setzt sich das Verwaltungsgericht beweiswürdigend mit den Aussagen des Revisionswerbers und des Amtssachverständigen auseinander und kommt schließlich zum Ergebnis, dass - unter anderem auf Grund der Art der Futtervorlage, weil die Schütte direkt neben dem Malbaum errichtet worden sei, im Nahegebiet Schwarzwild vorkomme, zur Tatzeit jedenfalls Einstand für Schwarzwild im Nahebereich vorhanden gewesen sei und die Stelle von einer Wildkamera überwacht werde - der Revisionswerber eine Kirrstelle für Schwarzwild eingerichtet habe.

3 In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht - soweit hier wesentlich - fest, dass gemäß § 2 Abs. 6 Oö. AbschussplanV Kirrstellen unter Angabe der Grundstücksnummern, der Katastralgemeinde und unter Anschluss eines entsprechenden Lageplans sowie der erforderlichen Zustimmungserklärungen der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden seien. Unter Kirrung verstehe man das punktuelle Anlocken von Wild durch Vorlage geringer Mengen von attraktiven Futtermitteln (beispielsweise Mais), um (insbesondere) Wild zu erlegen. Es komme nicht darauf an, dass tatsächlich ein bestimmtes Tier angelockt werde (Hinweis auf VwGH 1.3.2017, Ra 2017/03/0012). Der objektive Tatbestand des § 2 Abs. 6 leg. cit. sei erfüllt, weil die Kirrstelle vor ihrer Anlage nicht der Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet worden sei.

4 Gegen diese Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Der Revisionswerber nennt in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision als Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, die Frage, ob ein abstraktes Vorhandensein eines schwarzwildgeeigneten Futters bereits zu einer Schwarzwildkirrung führe bzw. "ob in concreto eine Fasanenschütte eine Schwarzwildkirrung darstellen" könne. Weiters bringt er zur Zulässigkeit vor, dass § 2 Oö. AbschussplanV eine relativ junge Norm sei (eingefügt mit LGBl Nr. 91/2012), zu der es keine Erläuterungen gebe; es finde sich auch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie genau eine Schwarzwildkirrung auszusehen habe bzw. "ob andere zulässige Fütterungen gegebenenfalls unter eine Schwarzwildkirrung zu subsumieren" seien. Schließlich verweist der Revisionswerber auch auf einen Beitrag auf der Website des Dachverbands "Jagd Österreich", in dem auf ungenügende gesetzliche Rahmenbedingungen für Fasanenschütten verwiesen werde.

7 Damit wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

8 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht aufgrund der konkret festgestellten Umstände der Fütterung - nicht nur aufgrund der Vorlage von Mais, sondern unter anderem auch wegen der Art der Futtervorlage (offen am Boden) und des in unmittelbarer Nähe befindlichen Malbaums - zum Ergebnis gekommen ist, dass der Revisionswerber eine Kirrstelle für Schwarzwild eingerichtet hat; es hat dabei das Vorbringen des Revisionswerbers, es sollten nur Fasane gefüttert werden, als unglaubwürdig beurteilt, sodass für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof feststeht, dass die im konkreten Fall vorgenommene Kirrung nicht nur auf Fasane, sondern (jedenfalls auch) auf Schwarzwild ausgerichtet war. Dass das Verwaltungsgericht dabei die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, wird in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

9 Davon ausgehend ist nicht zu erkennen, dass die Entscheidung über die Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auch wenn der Begriff der Kirrung oder Kirrfütterung weder in der Oö. AbschussplanV noch im Oö. Jagdgesetz definiert wird, so ist damit nach dem allgemeinen jagdlichen Sprachgebrauch, wie er auch den Jagdgesetzen anderer Bundesländer zugrundeliegt, eine Lockfütterung (vgl. § 61c Kärntner Jagdgesetz) zu verstehen; sie dient dem punktuellen Anlocken von Wild außerhalb von Fütterungen durch Vorlage geringer Mengen artgerechter Futtermittel, um das Wild zu beobachten oder zu erlegen (vgl. § 87 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz und § 3 Abs. 6 Bgld. Jagdgesetz). Von diesem Begriffsverständnis geht auch die Rechtsprechung zu jenen Landesjagdgesetzen aus, die keine Definition der Kirrfütterung vorgenommen haben (vgl. etwa VwGH 23.10.2013, 2011/03/0068, zum Tiroler Jagdgesetz). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt eine Kirrfütterung (hier: für Schwarzwild) voraus, dass dieses Wild angelockt werden soll (vgl. VwGH 29.1.2009, 2007/03/0139; dort für Rotwild); es kommt jedoch nicht darauf an, dass tatsächlich ein bestimmtes Tier angelockt wird (VwGH 1.3.2017, Ra 2017/03/0012).

10 Eine Kirrstelle für Schwarzwild, deren Anlage nach § 2 Abs. 6 Oö. AbschussplanV der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden ist, liegt daher vor, wenn (gegebenenfalls: neben anderem Wild auch) Schwarzwild angelockt werden soll. Dieses Verständnis, das sich aus dem klaren Wortlaut der Norm und der zitierten - zu anderen Jagdgesetzen ergangenen, aber auf § 2 Abs. 6 Oö. AbschussplanV übertragbaren - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, liegt auch dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde, da das Verwaltungsgericht darin - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - nicht davon ausgegangen ist, dass allein das Vorhandensein eines "schwarzwildgeeigneten Futters" in einer Fasanenschütte bereits zum Vorliegen einer Kirrstelle für Schwarzwild führe.

11 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juli 2018

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