VwGH Ro 2018/03/0011

VwGHRo 2018/03/001119.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch die Tschurtschenthaler Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Jänner 2018, W219 2123858-1/13E, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kommunikationsbehörde Austria), den Beschluss gefasst:

Normen

ORF-G 2001 §1a Z5 lita;
ORF-G 2001 §1a Z5 litb;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018030011.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Mit Bescheid vom 4. Februar 2016 stellte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (KommAustria) fest, dass die revisionswerbende Partei (ORF) am 1. Dezember 2015 im bundesweiten Hörfunkprogramm Radio Tirol durch die Ausstrahlung von Sponsorhinweisen zu näher definierten Zeiten zugunsten des S und der I während der von ca. 10:04:01 bis ca. 11:00 und von ca. 11:04:13 bis ca. 12:00 ausgestrahlten Sendungen "Radio Tirol am Vormittag" und während der von ca. 15:04:08 bis ca. 16:00 und von ca. 16:04:05 bis ca. 17:00 ausgestrahlten Sendungen "Radio Tirol am Nachmittag" an ihrem Beginn und Ende jeweils die Bestimmung des § 17 Abs.1 Z 2 ORF-G verletzt habe, wonach gesponserte Sendungen durch Sponsorhinweise während der Sendung unzulässig seien (Spruchpunkt 1.B.).

2 Weiters stellte die KommAustria im genannten Bescheid fest, dass der ORF am 1. Dezember 2015 im bundesweiten Hörfunkprogramm Radio Tirol durch die Unterlassung der Kennzeichnung der zu näher bestimmten Zeiten ausgestrahlten Sendungen "Radio Tirol am Vormittag" und "Radio Tirol am Nachmittag" hinsichtlich der Sponsoren S und I an ihrem Beginn und an ihrem Ende die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Z 2 Satz 1 ORF-G verletzt habe, wonach gesponserte Sendungen zu kennzeichnen seien (Spruchpunkt 1.C.) und erkannte gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G auf Veröffentlichung dieser Entscheidung unter näher beschriebenen Vorgaben (Spruchpunkt 2.).

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (VwG) die Beschwerde des ORF hinsichtlich der Spruchpunkte 1.B. und 1.C. des erstinstanzlichen Bescheides als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

4 Nach der Begründung dieser Entscheidung wird jeweils von ca. 9 Uhr bis ca. 12 Uhr das moderierte Vormittagsprogramm "Radio Tirol am Vormittag" und von ca. 15 Uhr bis ca. 18 Uhr das moderierte Nachmittagsprogramm "Radio Tirol am Nachmittag" ausgestrahlt. Jeweils zur vollen Stunde werden in diesen Programmschienen Nachrichten, Wetter- und Verkehrsinformationen gesendet, die jeweils 4 Minuten dauern. Bezüglich Spruchpunkt 1.B. des angefochtenen Bescheides wurde begründend zusammengefasst ausgeführt, eine einheitliche Sendung sei dadurch charakterisiert, dass ihre Teile - ausgehend vom Blickwinkel des durchschnittlich aufmerksamen und informierten Zusehers - in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang stünden. Der Verwaltungsgerichthof habe die Sendung "Kärnten Heute" als Einheit mit dem anschließenden Wetterbericht beurteilt. Bei dieser Beurteilung sei insbesondere der einleitende Überblick über die Sendungsthemen, zu denen auch der Wetterbericht gehöre, hervorgehoben worden. Zwar habe diese Entscheidung eine Sendung im Fernsehprogramm betroffen, allerdings enthalte auch die hier maßgebliche Definition einer Sendung im Hörfunkprogramm das im Wesentlichen gleiche Tatbestandsmerkmal des "einzelnen, in sich geschlossenen und zeitlich begrenzten Bestandteils" des Programms, sodass die angesprochene Entscheidung auf den Hörfunkbereich übertragbar sei. Im vorliegenden Fall seien die jeweiligen (auch thematisch zusammenhängenden) Beiträge unter dem Titel "G'sund bleiben" schon am Beginn der jeweiligen Sendung von "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag" von der Moderatorin vorangekündigt worden und zwar etwa durch die Formulierung "...darüber sprechen wir mit Fr. Dr. K M in der nächsten Stunde um kurz nach 11:00", wodurch die Einordnung der einzelnen Beiträge "G'sund bleibn" als integrale und damit unselbständige Bestandteile der Sendung deutlich hervorkomme. Auch einer der Beiträge "Mut, Fleiß, Ideen - Tirols Firmen aus der Nähe" sei derart mit Worten "Wie P das meistert, das hören Sie heut in Radio Tirol am Nachmittag um kurz nach vier" angekündigt worden. Weiters melde sich die Moderatorin aus dem jeweiligen Musikprogramm mit der Einleitung des Beitragsthemas "zurück", sodass aus Sicht des durchschnittlichen Zuhörers keinerlei formale Abgrenzung zum sonstigen moderierten Programm von "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag" erkennbar sei. Es sei auch keine gesonderte Begrüßung bzw. Verabschiedung in den einzelnen Beiträgen von "G'sund bleibn" und "Mut, Fleiß, Ideen - Tirols Firmen aus der Nähe" erfolgt, die einen Hinweis darauf gegeben hätte, dass nun das moderierte Musikprogramm durch eine eigene Sendung unterbrochen bzw. beendet würde. Diese Umstände sprächen deutlich dafür, dass die jeweiligen Beiträge unter dem Titel "G'sund bleibn" und "Mut, Fleiß, Ideen - Tirols Firmen aus der Nähe" keine eigenen Sendungen darstellten, sondern bloß Sendungsteile der jeweiligen Sendestunden von "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag" seien. Ausgehend von dieser Sichtweise, dass Sendestunden von "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag" eine Sendung und die einzelnen Beiträge "G'sund bleibn" und "Mut, Fleiß, Ideen - Tirols Firmen aus der Nähe" bloße Sendungsteile innerhalb dieser Sendung darstellten, habe der ORF Sponsorhinweise während einer Sendung ausgestrahlt und es unterlassen, die Sendungen an ihrem Beginn oder an ihrem Ende hinsichtlich der genannten Sponsoren in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise zu kennzeichnen. Die Revision wurde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die in Spruchpunkt 1.D. des Erkenntnisses zu lösen war.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Revision des ORF, insoweit als damit die Spruchpunkte 1.B. und 1.C. sowie der darauf Bezug nehmende Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides der KommAustria bestätigt wurden. In der Zulässigkeitsbegründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass Rechtsprechung fehle, unter welchen Voraussetzungen innerhalb eines Flächenprogrammes im Hörfunk ausgestrahlte Sendungen als eigenständige Sendungen anzusehen seien, da sich der Verwaltungsgerichtshof bislang nur mit Sendungen im Fernsehbereich beschäftigt habe. Selbst wenn man von einer Übertragbarkeit der Rechtsprechung ausgehe, sei das VwG von den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Grundsätzen abgewichen. Entscheidend sei, ob die Sendungen "G'sund bleibn" und "Mut, Fleiß, Ideen - Tirols Firmen aus der Nähe" in sich geschlossen und zeitlich begrenzt seien. Dies sei hier zu bejahen, weil diese Sendungen jeweils eigenständige Themen zum Inhalt hätten, sowie eine Anfangs- und Schlusssignation aufweisen würden und dadurch zeitlich vom Flächenprogramm abgegrenzt seien. Vorliegend habe es auch keinen einleitenden Überblick über die Sendungsthemen gegeben, sondern lediglich eine Vorankündigung der beiden Sendungen. Auch eine fehlende Begrüßung bzw. Verabschiedung sei nach der Rechtsprechung kein entscheidendes Kriterium.

6 B.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Eine gesonderte Darlegung der vom Revisionswerber geltend gemachten Zulässigkeitsgründe ist auch dann erforderlich, wenn - wie im vorliegenden Fall - andere Gründe für die Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführt werden als jene, deretwegen das Verwaltungsgericht die Revision zugelassen hat (vgl. z.B. VwGH 28.11.2014, Ro 2014/06/0077; 31.1.2017, Ra 2017/03/0001).

7 § 1a Z 5 ORF-G, BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 50/2010,

lautet;

"Begriffsbestimmungen

§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes bezeichnet

...

5. ¿Sendung'

a) in Fernsehprogrammen und Abrufdiensten eine einzelne, in

sich geschlossene und zeitlich begrenzte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die im Fall von Fernsehprogrammen Bestandteil eines Sendeplans oder im Fall von Abrufdiensten eines Katalogs ist;

b) in Hörfunkprogrammen einen einzelnen, in sich

geschlossenen und zeitlich begrenzten Bestandteil des Programms;"

8 B.2. Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich die Revision entgegen der Zulassungsbegründung der Revision als nicht zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Vorliegens einer einheitlichen Sendung iSd ORF-G vorliegt, aus welcher sich Leitlinien ergeben, von welchen das Verwaltungsgericht nicht abgewichen ist.

9 In Bezug auf Fernsehprogramme hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass § 1a Z 5 lit. a ORF-G die "Sendung" als eine in sich geschlossene und zeitlich begrenzte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton umschreibt, woraus sich das Erfordernis ergibt, die gesendete Bildfolge daraufhin zu prüfen, inwieweit sie in einem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang steht und daher insgesamt als in sich geschlossene Sendung anzusehen ist (vgl. VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0047, und VwGH vom 19.11.2008, 2005/04/0172). Auch betreffend Hörfunkprogramme stellt § 1a Z 5 lit. b ORF-G darauf ab, ob ein in sich geschlossener und zeitlich begrenzter Bestandteil eines Programmes vorliegt, daher ist auch im Bereich des Hörfunks das wesentliche Beurteilungskriterium des zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs heranzuziehen. Demzufolge ist auch im Bereich des Hörfunks die für Fernsehprogrammen bzw. Abrufdienste (§ 1a Z 5 lit a. leg. cit.) vorhandene Rechtsprechung grundsätzlich maßgeblich.

10 Ausgehend davon kann dem VwG nicht entgegengetreten werden, wenn es im vorliegenden Fall Sendungsstunden des Programms "Radio Tirol am Vormittag" bzw. "Radio Tirol am Nachmittag" wegen ihres zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs, derart unter Heranziehung der nach der zitierten Rechtsprechung maßgebenden Kriterien, nachvollziehbar als einheitliche Sendung auffasste und den darin vorkommenden jeweiligen Beitrag "G'sund bleibn" bzw. "Mut, Fleiß, Ideen - Tirols Firmen aus der Nähe" als unselbständigen Bestandteil der jeweiligen Sendungen beurteilte (vgl. idS etwa die Vorankündigung der Sendungsstunde und nicht des jeweiligen Beitrags durch die Moderatorin sowie die "Zurückmeldung" der Moderatorin nach dem Musikbeitrag zur Einleitung der gegenständlichen Beiträge). Dem vermag der revisionswerbende ORF nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Auf Basis des unstrittigen Sachverhaltes ist entgegen der Revision nicht erkennbar, inwiefern die genannten Beiträge durch eine Anfangs- und Schlusssignation ohnehin abgegrenzt wären, zumal eine solche Abgrenzung durch die gegenständlich ausgestrahlten Sponsorhinweise gerade nicht erreicht werden kann. Nach dem Gesagten ist auch die Abweisung durch das VwG hinsichtlich des vom ORF angefochtenen Spruchpunktes 2. des erstinstanzlichen Bescheides der KommAustria, mit welchem auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung gem. § 37 Abs. 4 ORF-G erkannt wurde, nicht zu beanstanden (vgl. etwa VwGH 5.5.2014, 2013/03/0122, und VwGH 24.7.2012, 2010/03/0073).

11 Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass das VwG mit seiner Entscheidung von dem durch die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgesteckten Rahmen betreffend das Verbot von Sponsorhinweisen während einer Sendung gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 ORF-G abgewichen wäre und damit mit einem Verstoß dagegen belastet hätte, der eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zuließe.

12 C. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Die Revision war daher von einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2018

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