Normen
AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs1;
B-VG Art133;
B-VG Art144 Abs3;
B-VG Art144;
VerfGG 1953 §85;
VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §30;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs1;
B-VG Art133;
B-VG Art144 Abs3;
B-VG Art144;
VerfGG 1953 §85;
VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §30;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs4;
VwGG §46;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 A. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG). Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen (§ 28 Abs 3 VwGG).
2 B. Unstrittig ist, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 19. Oktober 2015 eine Beschwerde des Revisionswerbers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 18. Februar 2015 als unbegründet abgewiesen hat. Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 19. Februar 2016 ab und trat diese nach Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Zustellung des Abtretungsbeschlusses an den Rechtsvertreter des Revisionswerbers erfolgte am 15. März 2016.
3 C. Am 3. Oktober 2016 brachte der Revisionswerber beim Verwaltungsgericht unter einem einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 46 VwGG betreffend die Versäumung der Revisionsfrist, eine außerordentliche Revision gegen die landesverwaltungsgerichtliche Entscheidung sowie einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision nach § 30 Abs 2 VwGG ein.
4 Mit dem bekämpften Beschluss vom 11. Oktober 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Tirol den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach § 46 VwGG ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass auch ein Rechtsirrtum in Form einer Unkenntnis von Rechtsvorschriften einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen könne, wenn die weiteren Voraussetzungen, insbesondere mangelndes oder nur leichtes Verschulden, vorlägen. Im Hinblick darauf, dass seit dem Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nicht mehr die vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde - nach allfälliger Durchführung eines Ergänzungsverfahrens - in Behandlung genommen werde, sondern dass durch die Zustellung des Abtretungsbeschlusses der erneute Lauf der Frist zur Einbringung einer Revision gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ausgelöst würde, sei auf einzulangende Abtretungsbeschlüsse des Verfassungsgerichtshofs in einer Rechtsanwaltskanzlei besonderes Augenmerk zu legen. Angesichts dieser für den Rechtsschutzsuchenden in prozessualer Hinsicht erfolgten Änderung im Gefüge des Rechtsschutzsystems übersteige das Versehen des Vertreters des Revisionswerbers einen minderen Grad, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 46 Abs 1 VwGG abzuweisen gewesen sei.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 D.1. Nach Art 133 Abs 1 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts (Z 1), über Anträge auf Fristsetzung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch ein Verwaltungsgericht (Z 2) und über Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten oder zwischen einem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof (Z 3). Art 144 Abs 3 B-VG bestimmt, dass der Verfassungsgerichtshof, wenn er findet, dass durch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht verletzt wurde, auf Antrag des Beschwerdeführers die Beschwerde zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten hat. § 26 Abs 4 VwGG sieht vor, dass, wenn der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde nach Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, die Revisionsfrist mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofs, oder wenn der Antrag auf Abtretung der Beschwerde erst nach dessen Zustellung gestellt wurde, mit der Zustellung des Beschlusses gemäß § 87 Abs 3 VfGG beginnt.
7 D.2. Vorauszuschicken ist zunächst, dass das Verwaltungsgericht zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag zuständig war, weil es nach § 46 Abs 4 VwGG bis zur Vorlage der außerordentlichen Revision über den Antrag zu entscheiden hatte, wobei § 46 leg cit schon seinem Wortlaut nach gleichermaßen für außerordentliche und ordentliche Revisionen zum Tragen kommt.
8 D.3. Mit der Einführung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 hat der Verfassungsgesetzgeber das durch den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof gebildete Rechtsschutzgefüge geändert. Dies hat notwendig zur Konsequenz, dass die Abtretung einer Beschwerde seitens des Verfassungsgerichtshofs die Möglichkeit der Einbringung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof eröffnet, wie dies § 26 Abs 4 VwGG normiert. Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet angesichts der in Art 133 B-VG getroffenen Regelungen insofern über die abgetretene Beschwerde, als er die nach der Abtretung erhobene Revision seiner Prüfung unterzieht, wobei allerdings für den Fall der nur teilweisen Bekämpfung einer Entscheidung mit zwei oder mehreren trennbaren Absprüchen mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof auch der Umfang des allfälligen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festgelegt ist (vgl VwGH vom 15. Oktober 2015, Ro 2015/21/0029, mwH).
9 D.4. Mit dieser auf dem Boden der Art 133 und Art 144 Abs 3 B-VG im Zusammenhalt mit § 26 Abs 4 VwGG gegebenen neuen Rechtslage musste sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter rechtzeitig vertraut machen. Sie ist mit 1. Jänner 2014 und sohin mehr als zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Abtretung der Beschwerde seitens des Verfassungsgerichtshofs im vorliegenden Fall in Kraft getreten. Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verlassen, wenn es in der Unterlassung eines berufsmäßigen Parteienvertreters, sich mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen rechtzeitig vertraut zu machen, ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden erblickte und deshalb den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abwies (vgl etwa VwGH vom 24. Februar 2016, Ra 2015/09/0145; VwGH vom 30. Juni 2015, Ra 2015/03/0037; VwGH vom 9. September 2015, Ra 2015/03/0049).
10 D.5. Da sich die im Antrag angesprochenen Bemerkungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, wonach die Neufassung des Art 144 B-VG keine Änderung im Verhältnis zwischen dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof bewirken soll (ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP , 20), auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bezieht und § 26 Abs 4 VwGG auch zu keiner Änderung im Verhältnis zwischen den beiden Gerichtshöfen geführt hat, ist mit dem darauf gerichteten Hinweis des Revisionswerbers nichts zu gewinnen. Auch bei einer (ordentlichen oder außerordentlichen) Revision an den Verwaltungsgerichtshof handelt es sich um ein nach Rechtskraft der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (vgl dazu § 30 VwGG und § 85 VfGG sowie auch VwGH vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0050) erhobenes Rechtsmittel, das dem zum Verfassungsgerichtshof offenstehenden Rechtsmittel verfassungsrechtlich gleichgelagert ist, zumal der Verfassungsgerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden "Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit" einen Teil der neuen zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit darstellt (vgl dazu nochmals ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP , 20, sowie VwGH vom 19. Mai 2015, Ko 2014/03/0001).
11 D.6. Bei diesem Ergebnis erweisen sich schließlich die vom Revisionswerber als unrichtig beanstandeten Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts (dass die Revisionsfrist am 27. April 2015 (statt am 27. April 2016) geendet hätte und dass der Revisionswerber den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die damit verbundene Revision am 16. Dezember 2015 eingebracht hätte) als unerheblich, zumal das Verwaltungsgericht auch bei richtiger Formulierung seiner Feststellungen zu keinem anderen Beschluss hätte kommen können (vgl § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG).
12 E. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Jänner 2017
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