VwGH Ra 2017/17/0160

VwGHRa 2017/17/016014.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Brandl sowie Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der M s.r.o. in T, S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 10. August 2016, LVwG 20.32-1236/2016-8, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art132 Abs1 Z1;
B-VG Art132 Abs2;
GSpG 1989 §53 Abs2;
GSpG 1989 §53;
VStG §39 Abs2;
VStG §39;
VwGVG 2014 §35;
VwGVG 2014 §7;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170160.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 28. April 2016 erhob die revisionswerbende Partei eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm Art. 132 Abs. 2 B-VG gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Verletzung bestimmter näher bezeichneter Rechte. Begründend führte sie aus, am 6. April 2016 habe in ihrem näher bezeichneten Lokal eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) stattgefunden, anlässlich derer sieben in ihrem Eigentum stehende Geräte samt 45 Karten beschlagnahmt worden seien. Noch vor Ort habe die belangte Behörde gegenüber W R und der R G GmbH in deren mutmaßlicher Eigenschaft als Inhaber einen Beschlagnahmebescheid erlassen, ohne den tatsächlichen Eigentümer der beschlagnahmten Geräte zu erheben. Da der Bescheidadressat unklar sei, liege kein Bescheid vor, weshalb die Beschlagnahme und der Abtransport der Geräte einen Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt darstelle.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.), verpflichtete die revisionswerbende Partei zum Aufwandersatz in der Höhe von insgesamt EUR 426,20 (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3 Das LVwG stellte fest, die revisionswerbende Partei sei Eigentümerin der sieben beschlagnahmten Geräte und 45 Karten. Diese hätten sich während der Kontrolle am 6. April 2016 im näher genannten Lokal befunden. Das Lokal stehe im Eigentum der R G GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer W R sei. Die Beschlagnahme dieser Gegenstände sei im Zuge dieser Kontrolle von der belangten Behörde mittels Bescheid gegenüber dem Inhaber R W bzw. der R G GmbH verfügt worden. Gegenüber der revisionswerbenden Partei als Eigentümerin der Geräte und Karten habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 6. Mai 2016 die Beschlagnahme verfügt.

4 Rechtlich führte das LVwG zusammengefasst aus, dass der revisionswerbenden Partei mit Bescheid vom 6. Mai 2016 der Rechtsweg mittels Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG eröffnet worden sei. Sie sei daher nicht auf die Maßnahmenbeschwerde als einziges rechtliches Mittel zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes angewiesen. Die Maßnahmenbeschwerde erweise sich daher als unzulässig. Den Kostenzuspruch stützte das LVwG auf § 35 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 der VwG-Aufwandersatzverordnung.

5 Ausschließlich gegen die Verpflichtung zum Aufwandersatz im angefochtenen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision ist im Hinblick auf den dargelegten Widerspruch der auf den Beschlagnahmebescheid vom 6. Mai 2016 gestützten Verpflichtung zum Aufwandersatz gegenüber der belangten Behörde zur näher dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.3.2009, 2008/02/0273), wonach es für den Fall, dass eine Maßnahmenbeschwerde durch nachträgliche Bescheiderlassung hinfällig werde, keinen Kostenersatz gebe, zulässig. Sie ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt bei einer vorläufigen Beschlagnahme, solange die Behörde die Beschlagnahme weder durch Bescheid bestätigt, noch die beschlagnahmten Gegenstände tatsächlich zurückgestellt hat, eine die gesamte Dauer der Beschlagnahme umfassende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (vgl. VwGH 22.11.2017, Ro 2016/17/0003). Die Bekämpfung einer Beschlagnahme ist nur solange mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar, bis die Behörde einen Beschlagnahmebescheid erlässt (VwGH 20.9.2017, Ra 2017/17/0035).

9 Wie die revisionswerbende Partei richtig aufzeigt, gibt es keinen Kostenersatz nach § 35 VwGVG und somit auch keinen Anspruch auf Aufwandersatz der belangten Behörde, wenn nach Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde die vorläufige Beschlagnahme durch einen Beschlagnahmebescheid nachträglich bestätigt wird, dadurch Gegenstandslosigkeit der Maßnahmenbeschwerde eintritt und eine formlose Einstellung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht gerechtfertigt ist, so dass es nach einer solchen Einstellung keine obsiegende Partei iSd § 35 VwGVG gibt (vgl. VwGH 20.3.2009, 2008/02/0273, ergangen noch zu § 79a AVG, an dessen Stelle mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, die seit 1.1.2014 geltende, im Wesentlichen idente Bestimmung des § 35 VwGVG trat). Soweit das LVwG unter anderem die nunmehr angefochtene Kostenentscheidung auf den nachträglich gegenüber der revisionswerbenden Partei ergangenen Beschlagnahmebescheid vom 6. Mai 2016 gründet, steht diese Rechtsansicht tatsächlich im Widerspruch zur dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

10 Aus den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Beschluss ergibt sich jedoch, dass bereits vor Einbringung der Maßnahmenbeschwerde vom 28. April 2016 und zwar im Zuge der glücksspielrechtlichen Kontrolle am 6. April 2016 ein Beschlagnahmebescheid zwar nicht gegenüber der revisionswerbenden Partei, jedoch gegenüber der R G GmbH und deren handelsrechtlichem Geschäftsführer W R als Inhaber der beschlagnahmten Gegenstände erging. Dies wurde von der revisionswerbenden Partei bereits in ihrer Maßnahmenbeschwerde zugestanden. Damit wurde der Beschlagnahmebescheid vom 6. April 2016 erlassen und gegenüber der revisionswerbenden Partei rechtswirksam.

11 Entgegen ihrem Vorbringen in der Maßnahmenbeschwerde ist der Adressat des Beschlagnahmebescheides vom 6. April 2016, der als solchen die R G GmbH und W R ausreichend bezeichnet, nicht unklar. Dass nach dem Vorbringen in der Maßnahmenbeschwerde W R und die R G GmbH weder Inhaber noch Veranstalter bzw. Eigentümer der beschlagnahmten Geräte seien und keine Erhebungen zur tatsächlichen Inhaber-, Eigentümer- und Veranstaltereigenschaft betreffend diese Geräte getroffen worden seien, vermag eine die Bescheidqualität ausschließende unzureichende Bezeichnung des Bescheidadressaten nicht zu begründen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung zur Beschlagnahme nach § 53 GSpG davon aus, dass die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer formal als Adressat des Bescheides bezeichnet wurde oder nicht - davon abhängig ist, ob nach der anzuwendenden gesetzlichen Grundlage der Beschlagnahmebescheid (allenfalls: auch) an ihn zu richten gewesen wäre. Das Beschwerderecht kommt daher dem Eigentümer der beschlagnahmten Sache auch dann zu, wenn der Bescheid nicht an ihn adressiert war und ihm nicht zugestellt wurde. Für das Beschwerderecht ist nicht maßgeblich, an wen der erstinstanzliche Beschlagnahmebescheid ausdrücklich gerichtet war. Dass der konkrete Beschlagnahmebescheid vom 6. April 2016 nicht an die revisionswerbende Partei als Eigentümerin der beschlagnahmten Glücksspielgeräte gerichtet war und an sie nicht zugestellt wurde, steht ihrem Beschwerderecht nicht entgegen (vgl. VwGH 23.1.2017, Ra 2016/17/0281, mwN).

13 Der somit bereits vor der Einbringung der Maßnahmenbeschwerde am 6. April 2016 ergangene Beschlagnahmebescheid hindert daher deren Zulässigkeit. Das LVwG hat daher im Ergebnis zu Recht die revisionswerbende Partei gemäß § 35 Abs. 1, 3 und 4 VwGVG zum Aufwandersatz verpflichtet.

14 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. 15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 14. März 2018

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