VwGH Ra 2017/15/0050

VwGHRa 2017/15/005013.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der S GmbH in S, vertreten durch die Kaufmann & Lausegger Rechtsanwalts OG in 8020 Graz, Mariahilferstraße 20/II, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. April 2017, Zl. RV/2101546/2015, betreffend Vorsteuererstattung 2012 und 2013, zu Recht erkannt:

Normen

61996CJ0308 Madgett and Baldwin VORAB;
62004CJ0041 Levob Verzekeringen und OV Bank VORAB;
62011CJ0044 Deutsche Bank VORAB;
62011CJ0189 Kommission / Spanien;
62011CJ0224 BGZ Leasing VORAB;
62016CJ0463 Stadion Amsterdam VORAB;
BAO §21 Abs1;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §23;
UStG 1994 §3a;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150050.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 27. Juni 2013 teilte die Revisionswerberin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der Schweiz, dem Finanzamt mit, ihr Unternehmensgegenstand umfasse die Vorbereitung, Zusammenstellung, Organisation und Bündelung der zur Durchführung von Reisen erforderlichen Einzelleistungen und den Verkauf der zusammengestellten Reisepakete an Reiseveranstaltungsunternehmen. Sie trete nicht als Reiseveranstalter gegenüber Reisenden auf. Sie beantragte unter Vorlage von Rechnungen die Erstattung von Vorsteuern für das Jahr 2012 (ca. 17.000 EUR).

2 Mit Bescheid vom 7. November 2013 sprach das Finanzamt aus, die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern für den Zeitraum 1- 12/2012 erfolge mit 0 EUR. Begründend führte das Finanzamt aus, aus den von der Revisionswerberin vorgelegten Ausgangsrechnungen gehe hervor, dass sie für die G GmbH in der Schweiz Reiseleistungen besorgt habe. Grundsätzlich seien Besorgungsleistungen an Unternehmer dort steuerbar, wo diese besorgt würden. Die Steuerschuld gehe jedoch auf den Leistungsempfänger (Reverse Charge) über. Die übergegangene Steuerschuld sei vom Leistungsempfänger (der G GmbH) beim Finanzamt Graz-Stadt zu erklären. Da bis dato die übergegangene Steuerschuld von der G GmbH in der Schweiz beim Finanzamt nicht erklärt worden sei und die Revisionswerberin für die übergegangene Steuerschuld hafte, habe eine Erstattung der beantragten Vorsteuer nicht erfolgen können.

3 Mit Eingabe vom 23. Juni 2014 beantragte die Revisionswerberin Vorsteuererstattung für das Jahr 2013.

4 Mit Bescheid vom 30. September 2014 sprach das Finanzamt aus, die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern für den Zeitraum 1- 12/2013 erfolge mit 0 EUR.

5 Die Revisionswerberin erhob gegen beide Bescheide Beschwerden. 6 Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 22. Jänner 2015 gab das Finanzamt den Beschwerden vollinhaltlich statt.

7 Mit Bescheiden vom 19. August 2015 hob das Finanzamt die Beschwerdevorentscheidungen vom 22. Jänner 2015 gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es habe sich herausgestellt, dass die Revisionswerberin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Umsätze in Österreich gehabt habe, weswegen das Vorsteuererstattungsverfahren nicht zur Anwendung gelangen könne.

8 Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 19. August 2015 wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Bescheide vom 7. November 2013 und vom 30. September 2014 als unbegründet ab. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Revisionswerberin habe gegenüber einem anderen Unternehmer Reiseleistungen besorgt. Jede einzelne Leistung unterliege der Umsatzsteuer. Da die besorgten Leistungen Veranstaltungen in Österreich beträfen (Eintrittskarten; Reisen innerhalb Österreichs), habe die Revisionswerberin in Österreich steuerbare Umsätze getätigt. Damit sei das Erstattungsverfahren nicht anwendbar.

9 Die Revisionswerberin beantragte, die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Sie machte insbesondere geltend, sie beziehe die Vorleistungen (Busbeförderungsleistungen, Beherbergungsleistungen in Hotels, Eintrittskarten, Leistungen von externen Reiseführern) zum Teil aus Österreich. Die einheitlichen All-Inclusive-Reisepakete verkaufe sie sodann ausschließlich an andere Unternehmer (insbesondere die Schweizer G GmbH). Es handle sich hiebei um einheitliche, sonstige Leistungen eigener Art, deren Leistungsort sich nach der B2B-Generalklausel bestimme. Die Veräußerung der Reisepakete sei damit in Österreich nicht steuerbar. Die Revisionswerberin erbringe demnach keine steuerpflichtigen Leistungen in Österreich, weshalb die in Österreich angefallenen Vorsteuern im Erstattungsverfahren rückgefordert werden könnten.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

11 Das Bundesfinanzgericht führte im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin fakturiere die Leistungen an die am selben Ort situierte schweizerische G GmbH weiter, die diese unmittelbar an die Reisenden erbringe. Beide Gesellschaften gehörten zu 100% einer deutschen GmbH.

12 Die Revisionswerberin habe Reisevorleistungen von inländischen Unternehmern (Beherbergungsbetrieben, Beförderungsunternehmen, Theaterkartenbüros) "eingekauft" und diese an eine unternehmerisch tätige Kundin "weiterverkauft", die ihrerseits diese Reiseleistung gegenüber den nicht unternehmerischen Kunden erbracht habe.

13 Steuerobjekt der Umsatzsteuer sei die einzelne Leistung. Es werde nicht die Gesamtheit der vom Unternehmer an einen Abnehmer erbrachten Leistungen besteuert, auch wenn mehrere Leistungen auf einem einzigen Vertrag beruhten. Umfasse daher ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang mehrere selbständige Leistungen, so seien diese umsatzsteuerlich gesondert zu besteuern. Der Umfang der Leistung sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen.

14 Die Ausführungen der Revisionswerberin, die von ihr gebündelte Zusammenstellung von einheitlichen Reisepaketen sei eine sonstige Leistung eigener Art, seien wenig plausibel. Es handle sich vielmehr um den Verkauf von Einzelleistungen an eine unternehmerische Kundin.

15 Es sei von einzelnen Inlandsleistungen für die Leistungsempfängerin der Revisionswerberin (insbesondere auch aus Eintrittsberechtigungen) auszugehen, was die Anwendung der Vorsteuererstattungsverordnung ausschließe.

16 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 17 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

 

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

19 Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht begründet. 20 Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Revisionswerberin Vorsteuern betreffend Vorleistungen, die sie in Österreich bezogen hat, im Vorsteuererstattungsverfahren geltend machen kann oder ob ein Veranlagungsverfahren durchzuführen ist.

21 Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen bei nicht im Inland ansässigen Unternehmern, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend von § 21 Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 UStG 1994 regeln.

22 Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 (in der hier anwendbaren Fassung vor BGBl. II Nr. 158/2014), ist die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Verordnung durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 (Z 1) oder (u.a.) nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994), ausgeführt hat (Z 3).

23 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

24 Nach Art. 1 Abs. 1 UStG 1994 unterliegt der Umsatzsteuer auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

25 Gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 (idF BGBl. I Nr. 76/2011; vgl. § 28 Abs. 37 UStG 1994) wird bei sonstigen Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen und die in § 3a Abs. 11a genannten Leistungen) und bei Werklieferungen die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der leistende Unternehmer im Inland weder einen Wohnsitz (Sitz) noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat und der Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994 ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Nichtunternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 ist. Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.

26 Nach § 3a Abs. 11a UStG 1994 werden sonstige Leistungen betreffend die Eintrittsberechtigung sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen für kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, dort ausgeführt, wo diese Veranstaltungen tatsächlich stattfinden, soweit diese Leistungen an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994 erbracht werden.

27 Nach § 3a Abs. 6 UStG 1994 wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a UStG 1994 an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

28 Die Revisionswerberin hat unbestritten im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte. Sie erbrachte sonstige Leistungen an einen (schweizerischen) Unternehmer, sodass - zumindest in großem Umfang - gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet wird; ausgenommen hievon sind die von der Revisionswerberin erbrachten Leistungen betreffend Eintrittsberechtigungen (§ 3a Abs. 11a UStG 1994).

29 Gemäß § 23 Abs. 2 UStG 1994 (in der hier anwendbaren Fassung vor BGBl. I Nr. 163/2015; vgl. § 28 Abs. 43 Z 2 UStG 1994) sind Reiseleistungen als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung. Nach § 23 Abs. 3 UStG 1994 bestimmt sich der Ort der sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 7 UStG 1994, also nach dem Ort, von dem aus er sein Unternehmen betreibt.

30 Die Sonderbestimmungen des § 23 UStG 1994 in dieser Fassung sind allerdings nur dann anzuwenden, wenn die Reiseleistungen nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind (§ 23 Abs. 1 UStG 1994). Diese Einschränkung steht zwar im Widerspruch zum Unionsrecht (vgl. VwGH 27.2.2014, 2012/15/0044; vgl. EuGH 8.2.2018, C-380/16 , Kommission/Deutschland; Ruppe/Achatz, UStG5, § 23 Tz 3). Auf den Vorrang günstigeren Unionsrechts beruft sich die Revisionswerberin allerdings nicht.

31 Ist § 23 UStG 1994 wie hier - wegen Erbringung der Leistung an einen anderen Unternehmer - nicht anwendbar, so sind die einzelnen Reiseleistungen nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes zu versteuern (vgl. VwGH 1.3.2007, 2004/15/0120, VwSlg. 8212/F).

32 Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist die einzelne Leistung. Der Umfang der einzelnen Leistung ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen. Ist eine Leistungseinheit anzunehmen, so ist umsatzsteuerlich nur eine (einzige) Leistung gegeben. Die steuerlichen Folgen richten sich einheitlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung bzw. der Hauptleistung (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2016/15/0075).

33 Bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Leistungen vorliegen oder eine einheitliche Leistung (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/13/0059).

34 Zum einen ist eine jede Dienstleistung in der Regel als eigene selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden (vgl. VwGH 24.3.2009, 2006/13/0150, VwSlg. 8426/F, mwN; EuGH 27.10.2005, C-41/04 , Levob Verzekeringen, Rn. 20).

35 Eine einheitliche Leistung liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige für den Verbraucher - wobei auf einen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist - zwei oder mehr Elemente liefert oder Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. VwGH 27.2.2014, 2012/15/0044, mwN; vgl. auch EuGH 19.7.2012, C-44/11 , Deutsche Bank AG, Rn. 21; EuGH 18.1.2018, C- 463/16 , Stadion Amsterdam, Rn. 22).

36 Eine einheitliche Leistung liegt auch dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile aber als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. neuerlich VwGH 24.3.2009, 2006/13/0150; sowie EuGH 21.6.2007, C-453/05 , Ludwig, Rn. 18; vgl. weiters EuGH Stadion Amsterdam, Rn. 23).

37 Organisiert ein Wirtschaftsteilnehmer eine Pauschalreise und verkauft diese an ein Reisebüro, so übernimmt dieser Wirtschaftsteilnehmer die Aufgabe, mehrere Dienstleistungen zu verbinden, die bei verschiedenen mehrwertsteuerpflichtigen Dritten gekauft worden sind (vgl. EuGH 26.9.2013, C-189/11 , Kommission/Spanien, Rn. 62). Zum Ziel der Sonderregelung für Reiseleistungen hat der Europäische Gerichtshof wiederholt ausgeführt, die Dienstleistungen der Reisebüros und Reiseveranstalter zeichneten sich dadurch aus, dass sie im Allgemeinen aus mehreren Leistungen, insbesondere Transport- und Beherbergungsleistungen, bestehen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gebiets des Mitgliedstaats erbracht werden, in dem das Unternehmen seinen Sitz oder eine Niederlassung hat. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Besteuerungsgrundlage und den Vorsteuerabzug würde aufgrund der Vielzahl und der Lokalisierung der erbrachten Leistungen bei diesen Unternehmen zu praktischen Schwierigkeiten führen, die die Ausübung ihrer Tätigkeit behindern würden. Die Sonderregelung dient damit (u.a.) der Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros (vgl. neuerlich EuGH Kommission/Spanien, Rn. 58 f; EuGH 22.10.1998, C- 308/96 und C-94/97 , Madgett und Baldwin, Rn. 18).

38 Damit ist zunächst davon auszugehen, dass derart verbundene Reiseleistungen im Allgemeinen als mehrere gesonderte Leistungen (und nicht als eine einheitliche komplexe Leistung) zu beurteilen sind; andernfalls würde sich die Sonderregelung, die eine einheitliche Leistung fingiert, als überflüssig erweisen.

39 Die Revisionswerberin bezog (insbesondere) von österreichischen Unternehmern verschiedene Reise(vor)leistungen, wie Hotelaufenthalte oder Eintrittsberechtigungen (etwa für Theater oder Musical). In den Rechnungen an ihren Kunden (die G GmbH) bezeichnete sie die von ihr erbrachten Leistungen pauschal (etwa "Wien 2 Tage, 48 Personen a EUR (...)").

40 Hiezu ist zunächst anzumerken, dass die Rechnungsstellungs- und Preisbildungsmodalitäten Hinweise auf die Einheitlichkeit einer Leistung liefern können, entscheidende Bedeutung kommt diesen Faktoren aber nicht zu (vgl. EuGH 17.1.2013, C-224/11 , BGZ Leasing, Rn. 44).

41 Es ist nicht erkennbar (und wird auch von der Revisionswerberin nicht behauptet), dass die Eintrittsberechtigungen zu Theater- oder Musicalveranstaltungen für einen durchschnittlichen Kunden der Revisionswerberin keinen eigenen Zweck, sondern nur ein Mittel dafür darstellten, eine Hauptleistung des Leistungserbringers (Beförderungsleistung, Hotelunterbringung) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Auch dass die Eintrittsberechtigungen ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis blieben (vgl. zu diesem Kriterium EuGH 13.10.2005, C-200/04 , iSt, Rn. 28), wird nicht geltend gemacht. Die Eintrittsberechtigungen können damit nicht als bloße Nebenleistungen beurteilt werden.

42 Es ist auch nicht erkennbar, dass die Eintrittsberechtigungen mit anderen Leistungen der Revisionswerberin (für einen Durchschnittsverbraucher) objektiv untrennbar verbunden wären und eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dass es einem durchschnittlichen Kunden gerade um die Verbindung dieser Elemente ginge (vgl. EuGH Deutsche Bank, Rn. 25), ist nicht ersichtlich, ist es doch zweifellos auch üblich, dass Reisen veranstaltet werden, bei denen dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt wird, Zusatzleistungen frei zu wählen (vgl. z.B. den Sachverhalt zu VwGH 27.6.2018, Ra 2016/15/0075; vgl. auch deutscher Bundesfinanzhof, 21.11.2013, V R 33/10, Rn 21:

Leistung betreffend Theater nicht untrennbarer Teil der Reiseleistung).

43 Demnach sind aber (zumindest) die Leistungen betreffend Eintrittsberechtigungen gesondert zu beurteilen. Diese Leistungen wurden von der Revisionswerberin an die G GmbH nach § 3a Abs. 11a UStG 1994 in Österreich erbracht. Damit scheidet aber eine Erstattung von Vorsteuern im Verfahren nach der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 aus.

44 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

45 Von der von der revisionswerbenden Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

46 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. September 2018

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