VwGH Ra 2017/12/0092

VwGHRa 2017/12/00929.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die außerordentliche Revision des Personalamts Wien der Telekom Austria Aktiengesellschaft, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017, W213 2140984-1/4E, betreffend Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (mitbeteiligte Partei: P R in G, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §14 Abs2;
BDG 1979 §22;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017120092.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der 1967 geborene Mitbeteiligte, der aufgrund eines Verkehrsunfalls im Jahr 1984 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 80 % aufweist, steht als Beamter der Verwendungsgruppe PT 3 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Telekom Austria Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen. Zuletzt war ihm bei der Telekom Austria Personalmanagement GmbH im Bereich "Operation", Abteilung "Network Operation", Organisationseinheit "IP Network Center, IP Access", ein Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 2, zugewiesen.

2 Mit Bescheid vom 12. September 2016 wurde der Mitbeteiligte gemäß § 14 Abs. 1 bis 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2015, wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. September 2016 in den Ruhestand versetzt. Begründend führte die Dienstbehörde aus, der Mitbeteiligte sei mit 1. Oktober 1993 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur "Republik Österreich" ernannt worden und werde seit 1. November 2000 bei der Telekom Austria Personalmanagement GmbH verwendet. Da er seit 17. September 2015 durchgehend krankheitsbedingt vom Dienst abwesend sei und aufgrund zahlreicher langdauernder Krankenstände in den letzten zehn Jahren habe die Vermutung einer dauernden Dienstunfähigkeit bestanden.

3 Laut der chefärztlichen Stellungnahme der Pensionsversicherungsanstalt vom 1. Juni 2016 bestehe die Hauptursache der Minderung der Dienstfähigkeit in der Lähmung der rechten oberen Extremität bei Plexusparese infolge eines Unfalls von 1984 mit kontrakter Krallenstellung der Finger II bis IV, rezidivierender Lumbalgie bei

Lendenwirbelsäulenabnützungserscheinungen, Ganglionrezidiv ("Überbein") linkes Handgelenk bei Zustand nach operativer Ganglionentfernung 2005 und Persönlichkeitsakzentuierung. Danach sei folgendes Restleistungskalkül gegeben: Es könnten Tätigkeiten ständig im Sitzen, Stehen und Gehen mit ständig leichter und fallweise mittelschwerer körperlicher Belastung, in geschlossenen Räumen sowie im Freien und unter starker Lärmeinwirkung verrichtet werden. Darüber hinaus seien leichte Hebe- und Trageleistungen und das fallweise Einnehmen von Zwangshaltungen (über Kopf, vorgebeugt, gebückt, hockend) sowie das überwiegende Einnehmen einer knienden Haltung und die Exposition von Kälte, Nässe, Hitze und Staub möglich. Nachtarbeit, Schichtarbeit und Kundenkontakt seien möglich. Des Weiteren seien bildschirmunterstützte Arbeiten unter fallweise besonderem Zeitdruck, mit durchschnittlicher psychischer Belastbarkeit und mäßig schwierigen Anforderungen an das geistige Leistungsvermögen möglich. Eine leistungskalkülrelevante Besserung der festgestellten Minderung der Dienstfähigkeit sei nicht möglich.

4 Der chefärztliche Dienst halte in den Anmerkungen weiters fest, dass aus fachärztlicher Sicht die häufigen Krankenstände (zuletzt sieben Monate wegen Beschwerden in den Beinen und im linken Handgelenk) durch die passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung erklärbar seien. Obwohl aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit von vermehrten Krankenständen ableitbar sei, könne von einer Änderung des Krankenstandsverhaltens nicht ausgegangen werden. Diese aus den unterschiedlichsten Ursachen resultierenden, gehäuften und langandauernden krankheitsbedingten Dienstabwesenheiten hätten sich seit dem Jahr 2005 bis 8. September 2016 auf insgesamt 44 Krankenstände mit einer Gesamtabwesenheitsdauer von 2006 Arbeitstagen summiert, wobei sich im Beobachtungszeitraum der letzten zehn Jahre bei Umrechnung auf Kalendertage eine krankheitsbedingte Dienstabwesenheit von mehr als acht Kalenderjahren errechne. So sei es ab Jänner 2005 nicht mehr vorgekommen, dass der Mitbeteiligte ein ganzes Jahr lang kontinuierlich durchgearbeitet bzw. in einem Jahr nur vergleichbar "ortsübliche" Krankenstandstage aufzuweisen gehabt habe.

5 Dem Einwand des Mitbeteiligten, er sei seit 16. Februar 2016 bis laufend nicht im Krankenstand, sondern vom Dienst freigestellt, weil er für den 1. März 2016 "bereits abgeschrieben" gewesen sei, hielt die Dienstbehörde in ihrer rechtlichen Beurteilung entgegen, dass die Frage, ob eine Erkrankung eine Dienstunfähigkeit des Beamten bedinge, immer nach der Lage des konkreten Falles zu beurteilen sei. Sie sei jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Beamte wegen der Folgen von Erkrankungen, den an seinem augenblicklichen Arbeitsplatz an ihn konkret gestellten dienstlichen Anforderungen nicht entsprechen könne. Die Frage der vorübergehenden und/oder dauernden Dienstunfähigkeit sei aber eine von der Behörde alleine zu beurteilende Rechtsfrage. Wie der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes zu entnehmen sei, seien die häufigen Krankenstände (zuletzt sieben Monate wegen Beschwerden in den Beinen und im linken Handgelenk) aus fachärztlicher Sicht durch seine passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung erklärbar. Obwohl aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit von vermehrten Krankenständen vorliege, könne auch "pro futuro" nicht von einer Änderung des Krankenstandsverhaltens ausgegangen werden. Ebenso sei eine leistungskalkülrelevante Besserung der Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit nicht möglich. Das fachärztlich beschriebene und prognostizierte Krankenstandsverhalten finde auch in der Aktenlage von rund 2000 Krankenstandstagen seit dem Jahr 2005 seine Deckung, sodass der Mitbeteiligte auch laufend den Anforderungen seines Arbeitsplatzes nicht gewachsen und daher dauernd dienstunfähig sei. Es sei auch nicht rechtswidrig, wenn die Dienstbehörde - gestützt auf ein Sachverständigengutachten, das von einer Krankheit des Beamten ausgehe, die dessen Pflicht zur Dienstleistung aufhebe - deshalb den "Krankenstand" des Beamten vor der Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens, wie im vorliegenden Fall, anordne.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei die Frage der zu erwartenden Krankenstände für die Beurteilung der dauernden Dienstunfähigkeit eines Beamten nicht unbedeutend. Von einer Wiedererlangung der Dienstfähigkeit könne dann nicht gesprochen werden, wenn diese bloß für einen sehr kurzen Zeitraum eintrete, der sodann wieder durch lange Krankenstände unterbrochen werde. Abwesenheiten eines Beamten in vergangenen Zeiträumen infolge häufiger gerechtfertigter Krankenstände seien dann geeignet, für zukünftige Zeiträume das Vertrauen der Allgemeinheit in die rechtmäßige Aufgabenerfüllung und die sachliche Amtsführung zu gefährden bzw. Störungen des inneren Dienstbetriebs zu verursachen, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass solche Krankenstände auch in zukünftigen Zeiträumen auftreten würden. Da laut Ansicht der Pensionsversicherungsanstalt davon auszugehen sei, dass der Mitbeteiligte auch in Zukunft in erheblichem Ausmaß berechtigte Krankenstände aufweisen werde, sei von einer dauernden Dienstunfähigkeit auszugehen.

7 Wenn der Mitbeteiligte bestreite, dass sich aufgrund seines Persönlichkeitsbilds ein erhöhtes Ausmaß an Krankenständen ergebe, eine diesbezüglich vom chefärztlichen Dienst geäußerte Befürchtung unbegründet sei und bei begünstigten Behinderten grundsätzlich mit vermehrten Krankenständen zu rechnen sei, übersehe er, dass er nach der Aktenlage im erhobenen Zeitraum der Jahre 2000 bis 2004 durchaus im üblichen Umfang von durchschnittlich rund 15 Arbeitstagen krankheitsbedingt dienstabwesend gewesen sei. Die Krankenstände hätten sich danach exorbitant bis zum eingangs erwähnten Maß gesteigert. Das, obwohl der Mitbeteiligte selbst vorbringe, dass sich an seiner Behinderung seit seinem Unfall nichts geändert habe und auch die dienstliche Aufgabenstellung seit dem Jahr 2002 annähernd gleichgeblieben sei. Der Mitbeteiligte sei aufgrund der in den letzten Jahren extrem gehäuften und zum Teil langdauernden Krankenstände und aufgrund der erstellten Prognose, dass auch in Zukunft mit keiner Änderung seines Krankenstandsverhaltens zu rechnen sei, nicht mehr imstande, die Aufgaben seines oder eines anderen Arbeitsplatzes ordnungsgemäß zu erfüllen. Er sei daher als dauernd dienstunfähig einzustufen. Seine seit 1984 bestehende Behinderteneigenschaft (Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 80 %) könne schon aus dem Zeitverlauf heraus nicht in einem kausalen Zusammenhang mit seinen erst ab dem Jahr 2005 massiv gehäuften Krankenständen stehen. Sein Vorbringen, dass die beabsichtigte Ruhestandsversetzung eine Diskriminierung wegen der Behinderung darstelle und als Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG zu werten sei, sei aber auch deshalb unberechtigt, weil gemäß Behinderteneinstellungsgesetz nur dann eine Diskriminierung vorliege, wenn eine Person auf Grund einer Behinderung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfahre, als eine andere Person erfahre, erfahren habe oder erfahren würde (unmittelbare Diskriminierung) oder wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche Menschen mit Behinderungen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen könnten, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche seien durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels seien angemessen und erforderlich (mittelbare Diskriminierung). In diesem Sinn könne in der Bejahung einer dauernden Dienstunfähigkeit in Ansehung der gesundheitlichen Verfassung des Mitbeteiligten auch keine unmittelbare oder mittelbare, verpönte Diskriminierung im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes gesehen werden, weil nach § 7c Abs. 3 leg. cit. dann keine Diskriminierung vorliege, wenn das betreffende Merkmal, das im Zusammenhang mit einer Behinderung stehe, aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen der Ausübung eine wesentliche oder entscheidende berufliche Voraussetzung darstelle, und es sich hierbei um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung an den Betroffenen handle (Hinweis auf VwGH 17.12.2007, 2007/12/0058).

8 Im konkreten Fall sei dem Mitbeteiligten aber unstrittig aufgrund der seit dem Jahr 2005 über alle Maßen gehäuften Krankenstände, die nach dem Anscheinsbeweis in keinem kausalem Zusammenhang mit seiner, wegen orthopädischer Leidenszustände anerkannten Behinderung stünden, die gesundheitliche Eignung für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben abzusprechen. Es könne auch kein Anhaltspunkt dafür erkannt werden, dass die Erfordernisse der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Erfüllung seiner dienstlichen - frei von jeglicher verpönter Diskriminierung zugewiesenen - Aufgaben, keinen rechtmäßigen Zweck erfüllten und keine angemessene Anforderung an ihn darstellten. Darüber hinaus gehe weder die Verpflichtung des Dienstgebers zur Schaffung angemessener Vorkehrungen für Menschen mit Behinderungen so weit, dass ihm die Weiterbeschäftigung eines behinderten Beamten vorgeschrieben wäre, wenn dieser Beamte für die Erfüllung der wesentlichen Funktionen des Arbeitsplatzes oder zur Absolvierung einer bestimmten Ausbildung nicht kompetent, fähig oder verfügbar sei, noch, dass der Dienstgeber einen Arbeitsplatz konfigurieren bzw. neu schaffen müsse, dessen Aufgaben dieser Beamte im Rahmen seines eingeschränkten Leistungskalküls erfüllen könne. Er sei auch nicht verpflichtet allfällig vorhandene Verweisungsarbeitsplätze "freizumachen", weil die Beendigung eines anderen aktiven Dienstverhältnisses zu Gunsten jenes des Behinderten eine Diskriminierung des anderen Dienstnehmers darstellen würde. Eine Einstufung als begünstigter Behinderter im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes sei für die Frage der Zulässigkeit der Ruhestandsversetzung daher nicht von Relevanz, sondern nur die Frage der Einschränkung des gesundheitlichen Zustands aufgrund einer Behinderung, bzw. die Beachtung des Diskriminierungsverbots im Sinne des Gesetzes. Gleich verhalte es sich mit der Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/78/EG , wobei nicht einmal der Mitbeteiligte substanziell angeben könne, inwieweit die Ruhestandsversetzung eines begünstigt behinderten Beamten infolge einer dauernden Dienstunfähigkeit aufgrund gehäufter Krankenstände im Sinn dieser Richtlinie rechtswidrig sein solle. Abschließend verneinte die Behörde das Vorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen, deren Aufgaben der Mitbeteiligte aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande wäre.

9 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht mit dem wesentlichen Vorbringen, dass zwar zutreffend die Möglichkeit einer Besserung der Unfallfolgen verneint worden sei, er aber mit dieser Problematik seit fast 29 Dienstjahren seinen Dienst ordnungsgemäß verrichte. Sowohl der Mopedunfall als auch die danach folgenden Operationen im Bereich des rechten Armes hätten vor seiner Aufnahme bei der Telekom Austria AG stattgefunden. Man habe ihn in Ansehung seiner Behinderung eingestellt und gewusst, dass eine entsprechende Behinderung mit dem damals schon feststehenden Grad von 80 % gegeben sei. Die belangte Behörde habe die ärztlichen Gutachten der PVA dermaßen einschränkend ausgelegt, dass daraus seine angebliche Dienstunfähigkeit habe konstruiert werden können. Tatsächlich sei das von der PVA angeführte Leistungskalkül auch schon die letzten 29 Jahre seines Berufslebens gegeben gewesen und habe sich de facto aus seiner Sicht nicht verändert.

10 Zu den langen Krankenständen führte der Mitbeteiligte aus, dass etliche dieser Krankenstände auf vorhersehbare Operationen im Bereich seiner linken Hand zurückzuführen gewesen seien, wie etwa die Operation des Ganglions im Bereich des Handgelenks oder auch des Ellenbogens. Das Handgelenk habe mittlerweile dreimal operiert werden müssen, wobei die Operationen jeweils erfolgreich verlaufen seien und er danach im Wesentlichen ohne Beschwerden habe weiterarbeiten können. Aus den eingeholten fachärztlichen Gutachten ergebe sich keine dauernde Dienstunfähigkeit. Eine Ruhestandsversetzung wegen seiner Behinderung stelle eine Diskriminierung aufgrund dieser dar. Zum letzten Krankenstand sei auszuführen, dass der ihn behandelnde Arzt aufgrund seiner Erfahrung der Ansicht gewesen sei, dass er ab 16. Februar 2016 seinen Dienst wieder versehen könne. Er sei aber nicht zum Dienst zugelassen, sondern es sei ein Verfahren nach § 14 BDG 1979 eingeleitet und er sei dienstfrei gestellt worden. Wenn die Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes darauf hinweise, dass seine häufigen Krankenstände durch eine passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung erklärbar wären, sei dies für ihn absolut unschlüssig, weil es sich lediglich um eine Vermutung handle und diese sogenannte Persönlichkeitsakzentuierung nicht einmal näher ausgeführt werde. Richtigerweise sei er aufgrund seiner Beschwerden in den Beinen sowie im linken Handgelenk zuletzt im Krankenstand gewesen und nicht aufgrund psychischer Probleme. Derartige Befunde existierten nicht. Darüber habe die Behörde naturgemäß Bescheid gewusst.

11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesverwaltungsgericht - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - den bekämpften Bescheid gemäß § 14 Abs. 2 BDG 1979 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos auf und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

12 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs traf das Verwaltungsgericht folgende Feststellungen:

"1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der am 01.08.1967 geborene Beschwerdeführer steht als Beamter der Verwendungsgruppe PT 3 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 1a PTSG der Telekom Austria AG zur Dienstleistung zugewiesen. Dort wurde er seit 01.11.2011 bei der Telekom Austria Personalmanagement GmbH verwendet, wobei ihm im Bereich ‚Operation', Abteilung ‚Network Operation', Organisationseinheit ‚IP Network Center, IP Access', ein Arbeitsplatz Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 2, zugewiesen wurde. Der Beschwerdeführer weist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 80 % auf.

Mit diesem Arbeitsplatz ist nachstehend angeführtes

Anforderungsprofil verbunden:

 

Körperliche Beanspruchung

Leicht

Sitzen

Ständig

Stehen

fallweise

Gehen

fallweise

Geistiges Leistungsvermögen

Mäßig schwierig

Auffassungsgabe

Sehr gut

Konzentrationsfähigkeit

Sehr gut

Psychische Belastbarkeit

Durchschnittlich

Hebe‑ und Tragleistungen

Ständig leicht, fallweise mittelschwer und schwer

Zeitdruck

Fallweise besonderer Zeitdruck

Aufenthalt

Nur in geschlossenen Räumen (Büro)

Erschwernisse

Keine

Diensteinteilung

Nur Tagdienst

Dienstabschnitte

Zum Teil über 9 Stunden (außer Bereitschaft)

Lenken von KFZ

gelegentlich

Computerarbeit

überwiegend

Erforderl. Arm‑ und Handbeweglichkeit

in normalem Ausmaß

Feinmotorik der Finger

in normalem Ausmaß

Zwangshaltungen

Nur fallweise knieend oder hockend

Treppensteigen

Nicht erforderlich

Besteigen von Leitern und Masten

gelegentlich

Sehleistung

Normale Sehleistung

Gehörleistung

Normale Gehörleistung

Erforderliche Sprechkontakte

Häufig

Soziale Anforderungen

Tätigkeit in Arbeitsgruppe

  

 

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 17.09.2015 durchgehend im Krankenstand. In den letzten 10 Jahren wies der Beschwerdeführer nachstehend angeführte Krankenstandszeiten auf:

 

2002

13 Arbeitstage

 

2003

26 Arbeitstage

 

2004

12 Arbeitstage

 

2005

75 Arbeitstage

 

2006

128 Arbeitstage

 

2007

48 Arbeitstage

 

2008

126 Arbeitstage

 

2009

202 Arbeitstage

Davon 19 Tage Kuraufenthalt

2010

225 Arbeitstage

 

2011

250 Arbeitstage

Entspricht dem ganzen Arbeitsjahr

2012

245 Arbeitstage

 

2013

249 Arbeitstage

Entspricht dem ganzen Arbeitsjahr

2014

121 Arbeitstage

 

2015

164 Arbeitstage

Davon 7 Tage unentschuldigt abwesend

2016

173 Arbeitstage

(Stand 08.09.2016)

Gesamt

2006 Arbeitstage

 

   

 

Der Beschwerdeführer weist nachstehend angeführte gesundheitliche Beeinträchtigungen auf:

Hauptursache der Minderung der Dienstfähigkeit ist eine Lähmung der rechten oberen Extremität bei Plexusparese (Folge eines Unfalles von 1984) mit kontrakter Krallenstellung der Finger II bis IV (ICD-10: G54.0). Ferner leidet der Beschwerdeführer an einer rezidivierenden Lumbalgie bei Lendenwirbelsäulenabnützungserscheinungen, einem Ganglionrezidiv (‚Überbein') im linken Handgelenk bei Zustand nach operativer Ganglionentfernung im Jahre 2005 sowie einer Persönlichkeitsakzentuierung.

Eine leistungskalkülrelevante Besserung der Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit ist nicht möglich.

Die häufigen Krankenstände (zuletzt 7 Monate wegen Beschwerden in den Beinen und im linken Handgelenk) sind auf die passiv - aggressive Persönlichkeitsakzentuierung zurückzuführen.

Trotz dem aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit von vermehrten Krankenständen ableitbar ist, kann von einer Änderung des Krankenstandsverhaltens nicht ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer weist nachstehend angeführtes Gesamtrestleistungskalkül auf bzw. sind ihm folgende Anforderungen zumutbar:

 

Sitzen

Ständig

Gehen

Ständig

Stehen

Ständig

Körperliche Belastbarkeit

Ständig leicht, fallweise mittel

Aufenthalt in geschlossenen Räumen

Ständig

Aufenthalt im Freien

Ständig

Arbeit unter starker Lärmeinwirkung

Ständig

Hebe- und Tragleistung

Überwiegend leicht

Zwangshaltungen über Kopf

fallweise

‑ vorgebeugt

fallweise

‑ gebückt

fallweise

‑ kniend

überwiegend

‑ hockend

überwiegend

Allgemein exponiert (z. B. offenlaufende Maschine)

fallweise

Exposition von Kälte

überwiegend

‑ Nässe

überwiegend

‑ Hitze

überwiegend

‑ Staub

überwiegend

Feinarbeiten

Links überwiegend

Grobarbeiten

Links überwiegend

Fingerfertigkeit

Links überwiegend

Gebrauchshand

Links überwiegend

Bildschirmunterstützter Arbeitsplatz

Zumutbar

Nachtarbeit, Schichtarbeit, Kundenkontakt

Zumutbar

Arbeitstempo

Fallweise besonderer Zeitdruck

Psychische Belastbarkeit

durchschnittlich

Geistiges Leistungsvermögen

Mäßig schwierig

Anmarschweg von mindestens 500m ohne Pause

Möglich

Übliche Arbeitspausen

Ausreichend"

  

 

13 Diese Feststellungen, so führte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend aus, hätten unmittelbar aufgrund der Aktenlage getroffen werden können. Die Feststellungen über den Gesundheitszustand ergäben sich aus den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten, die - soweit sie den gesundheitlichen Status des Mitbeteiligten beträfen - von diesem nicht bestritten worden seien. Dass die bei ihm diagnostizierte passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung nicht mit der entsprechenden Bezeichnung im ICD-10-System versehen worden sei, betreffe eine bloße Bezeichnungsfrage, die am festgestellten gesundheitlichen Phänomen nichts ändere.

14 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe Abstand genommen werden können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht habe erwarten lassen. Dem Entfall der Verhandlung stehe weder Art. 6 Abs. 1 MRK noch Art. 47 GRC entgegen.

15 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht fallbezogen aus, dass der Vergleich des Anforderungsprofils des Arbeitsplatzes des Mitbeteiligten mit dem sich aus dem ärztlichen Gutachten ergebenden Restleistungskalkül ergebe, dass der Mitbeteiligte in der Lage sei, dieses Anforderungsprofil "nahezu vollständig" zu erfüllen. Nicht zumutbar seien ihm lediglich schwere Hebe- und Tragleistungen, wobei aber das Vorbringen des Mitbeteiligten, dass er auf diesem Arbeitsplatz nur mit Dateneingabe und -pflege beschäftigt sei, von der belangten Behörde nicht bestritten worden sei. Dies gelte auch für das im Anforderungsprofil enthaltene Erfordernis des gelegentlichen Besteigens von Leitern und Masten. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass die Auffassung der belangten Behörde, dass der Mitbeteiligte dauerhaft nicht in der Lage sei, die mit seinem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben zu erfüllen, aus den eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten nicht abgeleitet werden könne. Darüber hinaus sei zu bemerken, dass im psychiatrisch-neurologischen Gutachten vom 10. Mai 2016 beim Mitbeteiligten zwar eine passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert worden sei, die die häufigen Krankenstände erklärbar mache, dennoch sei die psychiatrisch-neurologische Sachverständige zum Ergebnis gekommen, dass das beim Mitbeteiligten bestehende Restleistungskalkül die Erfüllung des Anforderungsprofils des Arbeitsplatzes nicht ausschließe. Soweit die belangte Behörde die extrem ausgedehnten Krankenstände des Mitbeteiligten anführe, sei anzumerken, dass diesen laut Sachverständigengutachten vom 1. Juni 2016 keine medizinische Notwendigkeit zugrunde liege und sie mit der beim Mitbeteiligten bestehenden passiv-aggressiven Persönlichkeitsakzentuierung erklärt werden könnten. Diese sei aber in die Feststellung des beim Mitbeteiligten bestehenden Restleistungskalküls eingeflossen, das aber keine dauernde Dienstunfähigkeit des Mitbeteiligten erkennen lasse. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass bei Auftreten von außergewöhnlich lange andauernden Krankenständen das Dienst- und Besoldungsrecht den Dienstbehörden eine Reihe von Instrumenten biete, um derartigen Situationen sachgerecht zu begegnen. So bestehe jederzeit die Möglichkeit gemäß § 52 BDG 1979 eine ärztliche Untersuchung anzuordnen. Im Falle eines ungerechtfertigten Fernbleibens sei - abgesehen von einer disziplinären Verfolgung - vor allem mit der Einstellung der Bezüge nach § 12c Gehaltsgesetz 1956 vorzugehen.

16 Zur "Zulässigkeit der Revision" führte das Bundesverwaltungsgericht entgegen seinem Ausspruch, dass die Revision nicht zulässig sei, aus, dass die "ordentliche" Revision "insofern zulässig" sei, als in der Beschwerde gerügt werde, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, "der Beschwerdeführerin" einen Alternativarbeitsplatz im Sinn des § 14 Abs. 5 BDG 1979 anzubieten. Diese mit BGBl. I Nr. 140/2011 eingefügte Bestimmung sei am 1. Jänner 2012 in Kraft getreten. Es gäbe diesbezüglich noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

17 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde. In dieser wird zur Zulässigkeit der Revision ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Vorliegen der dauernden Dienstunfähigkeit geltend gemacht. Fallbezogen wird dazu zusammengefasst vorgebracht, dass das gutachterliche Gesamtrestleistungskalkül keine Angabe zur prognostizierten Häufigkeit von Abwesenheiten infolge Krankenständen treffe. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen zum künftigen Krankenstandsverhalten sei das im psychiatrisch-neurologischen Gutachten ermittelte Restleistungskalkül unerheblich. Außerdem sei das Verhalten auf eine habituelle Charaktereigenschaft, nämlich die passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung zurückzuführen, sodass es für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit nicht - ausschließlich - auf die ärztlichen Feststellungen ankomme. Eine Ruhestandsversetzung aufgrund habitueller Charaktereigenschaften sei zulässig, wenn die daraus resultierenden Mängel vom Willen des Beamten nicht beherrschbar seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Krankenstandsverhalten vom Willen des Mitbeteiligten beherrschbar sei oder nicht.

18 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

19 Die Revision ist aus den aufgezeigten Gründen zulässig; sie ist auch berechtigt.

20 § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2015 lautet (auszugsweise):

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.

(5) Die Ruhestandsversetzung tritt nicht ein, wenn der

Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer

Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von

längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz

zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen

imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind

zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht

überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall

wirksam, wenn

1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden

Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes

nicht zustimmt oder

2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen

Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder

3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung

eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.

Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesen Fällen mit dem Monatsletzten nach Ablauf der jeweiligen vorübergehenden Verwendung wirksam.

(6) ...

(7) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Beamte als beurlaubt. Die Beurlaubung endet mit dem Antritt einer neuen Verwendung gemäß Abs. 5.

(8) ..."

21 Zunächst ist zur widersprüchlichen Begründung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision zu bemerken, dass eine Entscheidung über die Revision im Hinblick auf das Verneinen des Vorliegens einer dauernden Dienstunfähigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht von der aufgeworfenen Rechtsfrage jedenfalls nicht abhinge. Diese Rechtsfrage wurde vom Verwaltungsgerichtshof zudem bereits behandelt (VwGH 21.3.2017, Ra 2016/12/0060).

22 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, ist die Frage der Dienstfähigkeit zunächst unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben in Ansehung des aktuellen - dem Beamten zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen - Arbeitsplatzes zu prüfen (VwGH 4.9.2012, 2012/12/0031).

23 In diesem Zusammenhang ist vorweg festzuhalten, dass auch die revisionswerbende Partei zuletzt noch in ihrer Stellungnahme anlässlich der Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht davon ausging, dass "der BF laut Leistungskalkül (enthalten in den von der PVA erstellten Gutachten) die Aufgaben seines Arbeitsplatzes grundsätzlich erfüllen könnte, wenn er nicht an den festgestellten geistigen bzw. charakterlichen Mängeln leiden würde". Es ist daher - entgegen den dahingehenden Ausführungen in der Revision - nicht zu beanstanden, wenn das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis gelangte, dass der Mitbeteiligte - ausgenommen die Problematik der Krankenstände, also bei Anwesenheit im Dienst -die Aufgaben seines Arbeitsplatzes physisch und psychisch zu erfüllen im Stande ist. Strittig ist im Revisionsverfahren somit nur mehr, ob die auch in Zukunft zu erwartenden Krankenstände des Mitbeteiligten eine dauernde Dienstunfähigkeit begründen können.

24 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs können nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und leichtere geistige Störungen dazu führen, die Eignung des Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, dauernd aufzuheben. Diesen Mängeln ist gemeinsam, dass ihr Auftreten bzw. ihre Beseitigung nicht vom Willen des Beamten abhängt, sie also nicht beherrschbar sind (vgl. VwGH 4.9.2012, 2012/12/0008, mwN). Eine amtswegige Ruhestandsversetzung kommt jedoch - wie das Verwaltungsgericht rechtlich richtig erkannte - nicht generell als Reaktion auf ein durch habituelle Charaktereigenschaften bedingtes fortgesetztes Fehlverhalten bzw. auf dadurch bedingte fortgesetzte unterdurchschnittliche Dienstleistungen in bestimmten Aspekten in Betracht. Eine Ruhestandsversetzung aufgrund habitueller Charaktereigenschaften ist vielmehr nur dann zulässig, wenn die daraus resultierenden Mängel vom Willen des Beamten nicht beherrschbar sind. Andernfalls, also bei einer bloßen Neigung des Beamten zu Fehlverhalten bzw. Minderleistung aufgrund einer habituellen Charaktereigenschaft, welche jedoch an sich vom Willen beherrschbar ist, stehen der Dienstbehörde ausschließlich die Instrumentarien des Disziplinarrechts bzw. der Leistungsfeststellung mit der allfälligen Konsequenz des § 22 BDG 1979 zur Verfügung (siehe etwa VwGH 13.11.2014, Ro 2014/12/0021).

25 Für die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit eines Beamten ist auch eine Prognose über die Zahl, das Ausmaß und die Entwicklung der Krankenstände, die infolge einer psychischen Erkrankung zu erwarten sind, maßgeblich. Auch dabei handelt es sich um eine Fachfrage, die von einem Sachverständigen zu klären ist (VwGH 23.11.2011, 2011/12/0018). Dies gilt auch für Krankenstände infolge einer vom Willen nicht beherrschbaren habituellen Charaktereigenschaft.

26 In diesem Zusammenhang ist das Verwaltungsgericht - wie die Dienstbehörde - verpflichtet, sich mit den unterschiedlichen Ergebnissen der Gutachten der beteiligten Ärzte beweiswürdigend auseinanderzusetzen und darzulegen, aufgrund welcher Erwägungen es als Ergebnis seiner Beweiswürdigung dem einen oder dem anderen Gutachten folgt. Dabei ist die Schlüssigkeit eines Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH 30.5.2011, 2010/12/0136; 28.4.1993, 92/12/0055).

27 Im vorliegenden Fall stützte die Dienstbehörde die festgestellte dauernde Dienstunfähigkeit auf die langen Krankenstände des Mitbeteiligten. Dies wurde damit begründet, dass einerseits aus medizinischer Sicht keine Notwendigkeit für vermehrte Krankenstände ableitbar sei, andererseits diese auf eine passiv-aggressive Persönlichkeitsakzentuierung zurückzuführen seien.

28 Dass den Krankenständen keine medizinische Notwendigkeit zugrunde gelegen wäre, wurde vom Mitbeteiligten mit konkretem Vorbringen zu den Ursachen für die Krankenstände in der Vergangenheit (etwa Operationen im Zusammenhang mit einem Ganglion), bestritten. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher konkrete Feststellungen zu den Ursachen der einzelnen Krankenstände in der Vergangenheit zu treffen gehabt. Erst an Hand solcher Feststellungen hätte sich ermitteln lassen, welche Krankenstände in welcher Dauer nicht auf körperliche Gründe zurückgeführt werden könnten. In einem zweiten Schritt hätte das Verwaltungsgericht sodann festzustellen gehabt, inwiefern es sich bei der im Gutachten angesprochenen passiv-aggressiven Persönlichkeitsakzentuierung um eine psychische Erkrankung oder bloß einen (habituellen) Charakterzug des Mitbeteiligten handelt. Im zuletzt genannten Fall wären auch Feststellungen dazu erforderlich gewesen, ob dieser vom Mitbeteiligten willentlich beherrscht werden kann oder ob ihm dies nicht möglich ist. Nur im ersten Fall kommt eine Verweisung des Dienstgebers auf das Disziplinarrecht und Leistungsfeststellungen in Frage.

29 Das vorliegende Gutachten bietet für die erforderlichen Feststellungen noch keine ausreichende Grundlage, ist es in dieser Hinsicht doch insoweit unklar, als es einerseits die langen Krankenstände auf eine Charaktereigenschaft des Mitbeteiligten zurückführte, andererseits jedoch festhielt, dass der Mitbeteiligte zuletzt sieben Monate wegen Beschwerden in den Beinen und im linken Handgelenk im Krankenstand gewesen sei. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher und auch im Hinblick auf das Vorbringen des Mitbeteiligten, dass Krankenstände aus medizinisch erforderlichen Operationen resultiert hätten, konkrete Feststellungen zu den Ursachen der einzelnen Krankenstände und davon ausgehend allenfalls eine konkrete Prognose zu treffen gehabt (siehe zur Prognose über die Zahl, das Ausmaß und die Entwicklung der Krankenstände VwGH 23.11.2011, 2011/12/0018).

30 Indem das Bundesverwaltungsgericht die Erforderlichkeit der aufgezeigten Feststellungen zur Beurteilung der Rechtsfrage verkannte und diese daher nicht traf, belastete es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes infolge sekundärer Feststellungsmängel.

31 Da vorliegendenfalls die Akten nicht erkennen lassen, dass eine mündliche Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, war eine Abstandnahme von der Durchführung der gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hier gebotenen Verhandlung nicht zulässig.

32 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen - prävalierender - inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

33 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden. Eine solche mündliche Verhandlung wird das Verwaltungsgericht im fortzusetzenden Verfahren durchzuführen haben. Wien, am 9. Mai 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte