VwGH Ra 2017/21/0075

VwGHRa 2017/21/007529.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revision des P O in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Dezember 2016, I403 2125606-2/15E, betreffend (u.a.) Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt befristetem Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art144 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein nigerianischer Staatsangehöriger, kam im Dezember 1999 illegal nach Österreich und stellte einen Asylantrag, der letztlich im Oktober 2002 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde. Der Revisionswerber heiratete noch im selben Jahr eine österreichische Staatsbürgerin, von der er mittlerweile seit etwa zehn Jahren getrennt lebt. Im Hinblick auf diese Ehe wurden ihm fortlaufend Aufenthaltstitel als Familienangehöriger nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erteilt, zuletzt befristet bis 21. Oktober 2016; am 13. Oktober 2016 hatte er fristgerecht einen Verlängerungsantrag gestellt.

2 Der Revisionswerber wurde zwischen Dezember 2003 und März 2014 insgesamt sechsmal strafgerichtlich verurteilt, und zwar unter anderem mehrmals wegen Körperverletzung, aber auch wegen (teilweise versuchten) schweren gewerbsmäßigen Betrugs und zuletzt wegen räuberischen Diebstahls. Über ihn wurden zudem wiederholt Verwaltungsstrafen, insbesondere nach der StVO, dem FSG und dem KFG, verhängt.

3 Im Hinblick auf die erwähnten gerichtlichen Straftaten wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 1. April 2016 ausgesprochen, dem Revisionswerber werde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG 2005 (von Amts wegen) nicht erteilt und es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt I). Weiters wurde über ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 2 (gemeint: Z 1) FPG ein Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt (Spruchpunkt III). Unter einem stellte das BFA gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt II), und es setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV).

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Dezember 2016 als unbegründet ab, nahm aber in Bezug auf Spruchpunkt I insofern eine Maßgabebestätigung vor, als damit (nur) gemäß § 52 Abs. 4 Z 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen werde. Weiters sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2017, E 312/2017-8, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 In der Folge brachte der Revisionswerber beim BVwG fristgerecht die vorliegende (außerordentliche) Revision ein, über deren Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshof nach der gemäß § 30a Abs. 7 VwGG erfolgten Aktenvorlage erwogen hat:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 In der Zulassungsbegründung der Revision wird lediglich vorgebracht, nach einer Beschwerdeabtretung durch den Verfassungsgerichtshof sei "das Rechtsmittel der Revision an den Verwaltungsgerichtshof vorgesehen". Damit wird allerdings dem Begründungserfordernis des § 28 Abs. 3 VwGG in keiner Weise entsprochen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung wäre nämlich einerseits konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen gewesen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte, und andererseits wäre konkret darzulegen gewesen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. dazu etwa den Beschluss vom 23. Februar 2017, Ra 2017/21/0009, Rz 10, mwN) bzw. welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich beantwortet hat (vgl. den Beschluss vom 28. April 2016, Ra 2016/07/0025, Rz 6, und daran anschließend etwa zuletzt den Beschluss vom 15. März 2017, Ra 2016/08/0092, Rz 6) oder dass dazu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überhaupt fehlt. All das wird in der vorliegenden Revision unterlassen.

10 Außerdem wird in der Revision nur die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten (Recht auf Gleichbehandlung Fremder untereinander nach Art. I Abs. 1 des BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK, Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums insbesondere nach Art. 5 StGG und Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK) geltend gemacht, womit - vor dem Hintergrund des Art. 133 Abs. 5 B-VG iVm Art. 144 Abs. 1 B-VG - die Zulässigkeit einer Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht begründet werden kann (vgl. etwa die Beschlüsse vom 24. November 2016, Ro 2014/07/0072, Rz 20, und vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0047, Rz 6, jeweils mwN). Im Übrigen ist der Revisionswerber diesbezüglich auf den in dieser Sache ergangenen Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2017 zu verweisen, aus dem sich ergibt, dass der Revisionswerber durch das angefochtene Erkenntnis des BVwG in den genannten Rechten nicht verletzt wurde.

11 Soweit die Revision schließlich noch eine Kritik an der vom BVwG in Bezug auf die Erlassung der Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot auf Basis der einfachgesetzlichen Rechtslage vorgenommenen Gefährdungsprognose und Interessenabwägung enthält, lässt sich aber auch daraus nicht ihre Zulässigkeit nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ableiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel; das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose (vgl. unter vielen etwa die Beschlüsse vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/21/0328, Rz 11, und vom 25. Februar 2016, Ra 2016/21/0022, Rz 12, jeweils mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier aber vor, weil das zu den beiden genannten Gesichtspunkten vom BVwG - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit hinreichender, insbesondere auch die lange Aufenthaltsdauer und die in dieser Zeit erlangte Integration des Revisionswerbers berücksichtigender Begründung - fallbezogen erzielte Ergebnis vor allem angesichts der dem Revisionswerber zur Last liegenden wiederholten (gerichtlich und verwaltungsbehördlich geahndeten) Straftaten jedenfalls nicht als unvertretbar angesehen werden kann, wobei es entgegen der Meinung in der Revision keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gibt, dass es in Bezug auf die Frage einer (noch) aktuellen Gefährdung ergänzend der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurft hätte (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0037, mwN).

12 Da der Revision somit insgesamt das Vorliegen einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zu entnehmen ist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 dritte Alternative VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 29. Juni 2017

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