VwGH Ro 2014/07/0072

VwGHRo 2014/07/007224.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der e Gesellschaft für Biotechnologie und biologischen Pflanzenschutz m.b.H. in S, vertreten durch Mag. Gerald David, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Enzersdorfer Straße 4, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. April 2014, Zl. W155 2003769-1/5E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde i. A. der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels gemäß Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Ernährungssicherheit; mitbeteiligte Partei: S in M), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art144 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg impl;
AVG §8;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs5;
B-VG Art144 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg impl;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Mit Bescheid vom 3. April 2013 ließ die belangte Behörde auf Antrag der revisionswerbenden Partei das Pflanzenschutzmittel "Dianem" gemäß § 12 Pflanzenschutzmittelverordnung 2011 zur Bekämpfung der Larven des Maiswurzelbohrers (diabrotica virgifera virgifera) bis 31. August 2019 zu.

2 Mit Bescheid vom 28. Jänner 2014 ließ die belangte Behörde auf Antrag der mitbeteiligten Partei gemäß Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln das Pflanzenschutzmittel "Belem 0,8 MG" unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen zu.

3 2. Mit dem mit der vorliegenden Revision angefochtenen Beschluss vom 15. April 2014 wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den genannten Bescheid vom 28. Jänner 2014 erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei zurück.

4 Dazu führte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen aus, die Zulässigkeitsvoraussetzung der Beschwerdelegitimation erfordere insbesondere die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei nach § 8 AVG. Die nach dieser Bestimmung zu beurteilende Parteistellung bestimme sich nach den in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften, wobei maßgebend sei, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreife und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck komme. In Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung der Parteistellung sei entscheidend, ob die maßgebenden Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch einen subjektiven Anspruch und damit die Parteistellung begründeten (Hinweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 2012, Zl. 2011/03/0226).

5 Im Folgenden prüfte das Verwaltungsgericht die dem gegenständlichen Zulassungsverfahren zugrunde liegenden Bestimmungen (insbesondere Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) sowie von der revisionswerbenden Partei im Beschwerdeverfahren ins Treffen geführte Rechtsquellen des Europarechts (so die Richtlinie 2009/128/EG vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden sowie eine "Empfehlung" der Europäischen Kommission vom 6. Februar 2014 (2014/63/EU) über "Maßnahmen zur Bekämpfung von Diabrotica virgifera virgifera Le Conte in Gebieten der Union, in denen er nachgewiesen wurde") und gelangte zu dem Schluss, dass aus all diesen Bestimmungen bzw. Empfehlungen ein subjektives Recht der revisionswerbenden Partei - ebenso wie aus der Durchführungsrichtlinie (2014/19/EU) vom 6. Februar 2014 - nicht ableitbar sei. Im Übrigen könne aus einer Empfehlung der Europäischen Kommission, welche keine direkte Wirkung habe und keine Sanktionen enthalte, grundsätzlich kein subjektives Recht abgeleitet werden.

6 Soweit die revisionswerbende Partei vorbringe, durch die ihrer Auffassung nach rechtswidrige Zulassung von "Belem 0,8 MG" durch den Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 2014 entstehe ihr ein nicht wiedergutzumachender wirtschaftlicher Schaden, sei dem mit der hg. Rechtsprechung zu entgegnen, dass bloß wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben würden, keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren begründeten (Hinweis u.a. auf das Erkenntnis vom 30. Juni 2011, Zl. 2008/03/0107). Da der revisionswerbenden Partei somit "kein subjektives Unionsrecht" zustehe, sei deren Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen.

7 Die Revision gegen diesen Beschluss ließ das Verwaltungsgericht zu, weil es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zur Parteistellung eines Dritten (mitbewerbenden Zulassungsinhabers eines zweckgleichen Pflanzenschutzmittels) im Notfallzulassungsverfahren nach Art 53 VO (EG) Nr. 1107/2009" gebe.

8 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Gemäß § 25a Abs. 1 erster Satz VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

11 4. Zur Parteistellung nach § 8 AVG besteht bereits eingehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. neben den Hinweisen im angefochtenen Beschluss etwa jene bei Hengstschläger/Leeb, AVG2 Rz 4 ff zu § 8). Der vorliegend angefochtene Beschluss nimmt auf der Grundlage dieser Rechtsprechung eine Prüfung anhand der von der belangten Behörde angewendeten Normen (und auch anhand der von der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführten Vorschriften bzw. bloßen Empfehlungen) vor. Vor diesem Hintergrund zeigt die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes, dass nämlich hg. Rechtsprechung "zur Parteistellung eines Dritten im Notfallzulassungsverfahren" nach Art. 53 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 fehle, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf.

12 5. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/10/0125 (Punkt 2.1.), mwN).

13 In einem solchen Fall ist vom Revisionswerber auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihm als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 31. März 2016, Zl. Ro 2015/07/0038, mwN).

14 6. Die revisionswerbende Partei verweist "zur Zulässigkeit der Revision" bloß auf die Zulassungsentscheidung des Verwaltungsgerichtes, welche zu Recht ergangen sei. Der Lösung der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Frage komme "insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH, der den vom Verwaltungshandeln Betroffenen - weiter als es bisher über § 8 AVG möglich war - Parteistellung" einräume, erhebliche Bedeutung zu.

15 Damit gelingt es der revisionswerbenden Partei allerdings nicht, die Zulässigkeit der Revision darzulegen, beschränkt sich dieses Zulässigkeitsvorbringen doch auf einen bloßen Verweis auf die nach Auffassung der revisionswerbenden Partei zutreffende Zulassungsentscheidung des Verwaltungsgerichtes und einen im Übrigen völlig unbestimmten Hinweis auf eine die Parteistellung Betroffener erweiternde "Rechtsprechung des EuGH".

16 7. Selbst bei Berücksichtigung der Revisionsgründe ergibt sich keine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG:

17 Soweit die revisionswerbende Partei darin darzulegen versucht, weshalb die durch die belangte Behörde ausgesprochene Zulassung nach Art. 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht rechtmäßig sei, verlassen diese meritorischen Ausführungen den Gegenstand der vorliegend zu beurteilenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, welche auf die Frage der Parteistellung und somit Beschwerdelegitimation der revisionswerbenden Partei beschränkt ist.

18 Soweit - wie schon im Beschwerdeverfahren - auf einen wirtschaftlichen Schaden der revisionswerbenden Partei infolge der mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 2014 erfolgten "Notfallzulassung" des Pflanzenschutzmittels der mitbeteiligten Partei hingewiesen wird, hat schon das Verwaltungsgericht deutlich gemacht, dass die Verletzung bloß von wirtschaftlichen Interessen, ohne dass diese in den anzuwendenden Vorschriften zu rechtlichen Interessen erhoben werden, nicht geeignet ist, Parteistellung im Sinn des § 8 AVG zu vermitteln (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG2 Rz 7 zu § 8).

19 Die vorliegend anzuwendenden Gemeinschaftsnormen sind im Übrigen mit jenen dem Urteil des EuGH vom 30. Mai 1991, Rechtssache C-361/88 , zugrunde liegenden Normen (der Richtlinie 80/779/EWG vom 15. Juli 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwefelstaub) keineswegs vergleichbar. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass für das in der Revision angeregte Vorabentscheidungsersuchen.

20 Soweit in den Revisionsgründen die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht wird, weist die belangte Behörde in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung solcher Rechte nicht berufen ist, weil diese in die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs gehören (vgl. Art. 144 Abs. 1 B-VG sowie den hg. Beschluss vom 16. März 2016, Zl. Ra 2016/04/0028, mwN).

21 8. Die vorliegende Revision war somit wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen; schon aus diesem Grund konnte von der beantragten Verhandlung abgesehen werden (§ 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG).

22 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. November 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte