VwGH Ra 2017/16/0033

VwGHRa 2017/16/003330.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des F M in S, vertreten durch Dr. Markus Orgler und Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adolf Pichler-Platz 4/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. Jänner 2017, Zl. W183 2143740- 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

GGG 1984 §15 Abs3a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass der rechtsfreundlich vertretene Revisionswerber am 15. November 2012 beim Landesgericht Salzburg eine Klage gegen seine Schwester "wegen: Rechtsgestaltung, i.e. Feststellung Stw. EUR 100.000" mit folgendem Urteilsbegehren einbrachte:

"1. Der zwischen (dem Revisionwerber) und (dessen Schwester) durch Unterfertigung am 25.10.2012 in Salzburg abgeschlossene, in italienischer Sprache abgefasste ‚Vorvertrag über die Abtretung von Geschäftsanteilen' (Originaltitel: ‚atto preliminare di cessione di quote sociali'), worin (der Revisionwerber) die gesamten Geschäftsanteile an der H. & Co S.n.c. (...), mit einem Nennwert von EUR 34.430,46, entsprechend 33,33 % des Gesellschaftskapitals, an (dessen Schwester) abzutreten verspricht und diese sich im Gegenzug zur Zahlung eines Preises für die Geschäftsanteile und alle damit verbundenen Rechte von insgesamt EUR 1.250.000,00 verpflichtet, wird für nichtig erklärt.

2. In eventu für den Fall der Abweisung des zu 1. gestellten Begehrens: Der bP gegenüber wird festgestellt, dass der zu

1. bezeichnete Vertrag rechtsunwirksam ist.

3. Die bP ist schuldig, der kP binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die Prozesskosten zu Handen der Klagsvertreter zu ersetzen."

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Vorschreibung restlicher Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 14.888,-- (samt einer Einhebungsgebühr) nach TP 1 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 1.250.000,-- gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 15 Abs. 3a GGG ab und ein Kostenersatzbegehren zurück. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der Rechtsgrundlagen sowie von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 15 Abs. 3a GGG führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus:

"3.2. ...

...

Im vorliegenden Fall ist ein Geldbetrag insofern Gegenstand der Klage geworden, als im Urteilsbegehren die Nichtigerklärung des Vorvertrages begehrt wurde. In eben diesem, einen Gegenstand der Klage bildenden Vorvertrag, ist der Geldbetrag von EUR 1. 250. 000.- als Kaufpreis angeführt. Dieser Geldbetrag ist somit Gegenstand der Klage geworden und als Bemessungsgrundlage heranzuziehen gewesen.

Das Argument in der Beschwerde, nicht das Leistenmüssen sei Gegenstand der Klage, sondern die Aufhebung des Austauschverhältnisses, geht insofern ins Leere, als § 15 Abs. 3a GGG ebene gerade nicht ein Leistungsbegehren zum Inhalt hat, sondern andere Begehren, die aber dennoch einen Geldbetrag beinhalten. Ein eben solcher Fall ist gegenständlich durch das Urteilsbegehren vom 15.11.2012 verwirklicht worden."

3 Nach weiterer Begründung des Entfalls einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Zurückweisung des Kostenersatzanspruches führte das Gericht zu seinem Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision aus,

"(u)nter Punkt 3. 2. wurde die Entscheidung des Spruchpunktes

A) unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes

begründet, woraus sich ergibt, dass gegenständlich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die wesentlichen Judikate des Verwaltungsgerichtshofs, welche unter Punkt 3. 2. bereits angeführt wurden, sind in diesem Zusammenhang VwGH 26. 06. 2014, Ro 2014/16/0033, VwGH 29. 04. 2014, 2012/16/0087. Die Entscheidungen entsprechen der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Verfahren relevanten Rechtsfragen. Eine Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 BVG folglich nicht zulässig."

4 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legt ihre Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) wie folgt dar:

"Entgegen dem Ausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Revision aus den soeben zur Begründung angegebenen Gründen zulässig:

Wie gerade die Fehlinterpretation des Bundesverwaltungsgerichtes und ihre keineswegs nur sophistische Hinterfragung in dieser Revision eindrücklich belegen, bedarf es offenbar konkretisierender verwaltungsgerichtlichen Judikatur, um gerade Fälle wie den gegenständlichen, wo die Nennung einer (später als zu Zug um Zug zur Gegenleistung zu bedingendes Entgelt den Gegenstand eines entgeltlichen Hauptvertrages bilden sollenden) Geldsumme nur im Kontext der Beschreibung eines (noch dazu vorvertraglichen) Vertragsinhaltes vorliegt, nicht aber direkt oder indirekt den Streitgegenstand bildet, klärend beizutragen.

Im Übrigen wiederstreitet das angefochtene Erkenntnis grundlegenden rechtlichen Bedingungen und führt zu unnachvollziehbarem Auslegungsergebnis."

5 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

7 Gemäß § 15 Abs. 3a GGG, eingefügt durch die Zivilverfahrens-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 128, bildet, wenn ein Geldbetrag in anderer Weise als einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage ist, ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 der JN dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.

8 Die ErläutRV zur Zivilverfahrens-Novelle 2004, 613 BlgNR 22. GP 26, führen hiezu aus:

"Der eingefügte Abs. 3a enthält eine Klarstellung über die Bemessungsgrundlage für Klagen, die in anderer Weise als durch ein unmittelbar auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtetes Leistungsbegehren (für das ja eine Bewertung nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm von vornherein nicht in Betracht kommt) einen ziffernmäßig bestimmten oder bestimmbaren Geldbetrag zum Gegenstand haben, etwa indem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Geldforderung oder die Unterlassung des Abrufs einer Bankgarantie (mit einem zumindest in der Klagserzählung ziffernmäßig genannten Garantiebetrag) begehrt wird. Die Klarstellung geht dahin, dass Grundlage für die Bemessung der Gerichtsgebühren in einem solchen zivilgerichtlichen Verfahren nicht etwa die Bewertung des Klägers nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm ist, sondern jener Geldbetrag, der Gegenstand der Klage ist.

Angesichts der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Frage wäre diese gesetzliche Klarstellung gar nicht erforderlich gewesen, weil der Verwaltungsgerichtshof ohnehin in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass etwa auf Klagen betreffend die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßigen Geldforderung nicht die Bewertungsvorschrift des § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm anzuwenden, sondern die Höhe der Geldforderung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist (vgl. die Judikaturnachweise bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7 E 13 ff zu § 14 GGG; weiters VwGH 28.2.2002, 2001/16/0521, ÖStZB 2002/811, 1021;

VwGH 24.4.2002, 99/16/0437, ÖStZB 2002/809, 1020; VwGH 18.6.2002, 2002/16/0129, ÖStZB 2002/810, 1021; VwGH 19.12.2002, 2002/16/0032;

VwGH 23.1.2003, 2001/16/0267, ÖStZB 2003/733, 681). Diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war und ist auch Leitlinie für die mit der Einhebung der Gerichtsgebühren befassten Justizverwaltungsbehörden und -organe. Mit dieser Judikatur stimmt im Wesentlichen auch die jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu so genannten "geldgleichen Ansprüchen" überein (8 Ob 288/99g, JBl 2001, 62; 1 Ob 214/00b, EvBl 2001/42; 1 Ob 197/01d, JBl 2002, 304; 7 Ob 225/02t; ua)."

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft die Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/16/0033, mwN).

Für die Beurteilung des Inhaltes eines Klagebegehrens ist der Wortlaut des Schriftsatzes bei objektiver Betrachtungsweise maßgebend, sodass es auf subjektive Momente, wie der Kläger sein Begehren verstanden wissen wollte, nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis vom 29. April 2014, 2012/16/0199).

Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3a GGG bildet ein Geldbetrag, der in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren Gegenstand einer Klage ist, ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger die Bemessungsgrundlage. Soweit im ersten Halbsatz dieser Bestimmung demonstrativ auf Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren verwiesen wird ("etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren"), bedeutet dies keine Einschränkung des Tatbestandsmerkmales "ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren", in dem Sinn, dass § 15 Abs. 3a GGG ausschließlich auf Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren anwendbar wäre (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 26. Juni 2014). Im zitierten Erkenntnis vom 26. Juni 2014 billigte der Verwaltungsgerichtshof schließlich die Gebührenvorschreibung für ein Begehren auf Feststellung der Beschlussfassung einer Kapitalerhöhung, in eventu auf Zustimmung zu einer solchen Kapitalerhöhung auf der Grundlage des im Klagebegehren genannten Kapitalbetrages.

10 § 15 Abs. 3a GGG findet nach dem Gesagten grundsätzlich auch auf Rechtsgestaltungsbegehren Anwendung, wie dies im Klagsschriftsatz vom 15. November 2012 erhoben wurde. In dem eingangs wiedergegebenen Urteilsantrag begehrte der Revisionswerber die Nichtigerklärung eines von ihm unterfertigten Vorvertrages. Die vor dem Hintergrund bestehender anderer Abtretungsverpflichtungen im Hinblick auf die Bindungswirkung des begehrten Urteils notwendige Konkretisierung des Rechtsgestaltungsbegehrens, welches Rechtsverhältnis zwischen ihm und seiner Schwester für nichtig erklärt werden sollte, nahm er dadurch vor, dass er es anhand der wechselseitigen Leistungspflichten aus dem Vorvertrag spezifizierte.

§ 15 Abs. 3a GGG stellt - wie auch aus den zitierten ErläutRV und der dort referierten Judikatur erhellt - nicht darauf ab, ob ein Geldbetrag im Klagebegehren in deskriptiver oder normativer Weise genannt wird. Dadurch, dass der Revisionswerber u.a. die Leistungsverpflichtung der Beklagten im Gesamtbetrag von EUR 1.250.000,-- in das Klagebegehren selbst aufnahm, lag nicht

bloß - wie die Revision sagt - die "Nennung einer ... Geldsumme

nur im Kontext der Beschreibung eines ... Vertragsinhaltes" wie

etwa im Rahmen einer Klagserzählung vor, sondern erhob er diesen Geldbetrag - wenn auch nicht als Leistungsbegehren - zum Gegenstand seiner Klage.

11 Ausgehend vom klaren Wortlaut des § 15 Abs. 3a GGG wirft - vor dem Hintergrund der vom Bundesverwaltungsgericht zitierten und unbedenklich angewandten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die Revision in der Darlegung ihrer Zulässigkeit keine über den Revisionsfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

12 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 30. März 2017

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