VwGH Ra 2017/04/0039

VwGHRa 2017/04/003929.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision des Univ.Prof. Dr. J H in W, vertreten durch die Brandstetter, Baurecht, Pritz & Partner Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. Juni 2016, Zl. VGW- 101/020/1191/2016-2, betreffend Pensionssicherungsbeitrag nach dem Wirtschaftskammergesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident der Wirtschaftskammer Österreich), zu Recht erkannt:

Normen

12010E267 AEUV Art267;
62016CJ0003 Lucio Aquino VORAB;
AVG §56;
BVG Begrenzung von Bezügen 1997 Art10 Abs4;
BVG Begrenzung von Bezügen 1997 Art10 Abs5;
BVG Begrenzung von Bezügen 1997 Art10 Abs7;
SpBegrG 2015;
VwRallg;
WKG 1998 §32;
WKG 1998 §34;
WKG 1998 §55 Abs3;
WKG 1998 §57 Abs4;
WKG 1998 §57 Abs5;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Feststellungsantrag

1 Mit Schreiben vom 6. August 2015 stellte der Revisionswerber an die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) den Antrag, diese möge in Vollziehung des § 57 Abs. 5 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG) mit Bescheid die Höhe des seit 1. Jänner 2015 in den Abrechnungsbelegen für die Pensionsansprüche des Revisionswerbers an die WKÖ als "Betrag gemäß SpBegrG" bezeichneten Betrages sowie die Berechnung dieses Betrages für Monate mit einfacher Pensionsleistung und für Monate, in denen Sonderzahlungen fällig werden, feststellen.

2 Mit Schreiben vom 30. September 2015 ergänzte der Revisionswerber diesen Antrag dahin, die WKÖ möge mit Bescheid feststellen, dass sie jene auszahlende Stelle sei, die gemäß § 57 Abs. 5 WKG den Pensionssicherbeitrag des Revisionswerbers einbehalte. Bescheid des Präsidenten der WKÖ

3 Mit Bescheid des Präsidenten der WKÖ vom 15. Dezember 2015 wurde der Feststellungsantrag des Revisionswerbers gemäß § 6 Abs. 1 AVG wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen.

4 Begründend führte der Präsident der WKÖ aus, der Revisionswerber sei ein ehemaliger Angestellter der WKÖ und beziehe eine Betriebspension. Der Revisionswerber begehre die Erlassung eines Feststellungsbescheides "in Vollziehung des § 57 Abs. 5 WKG".

5 Für die Erlassung eines Feststellungsbescheides fehle es aber am Vorliegen einer Materie der Hoheitsverwaltung und einer für deren Vollziehung zuständigen Behörde.

6 Träger der beruflichen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung hätten keine Kompetenz, Dienstverhältnisse mit ihren Arbeitnehmern durch einseitigen hoheitlichen Akt, d.h. durch Satzungen (Verordnungen) oder Bescheide zu regeln. Bei Dienst- und Bezugsordnungen handle es sich nur um Vertragsschablonen, die erst durch vertragliche Unterwerfung zwischen den Parteien des Dienstverhältnisses Geltung erlangten (Verweis auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH)).

7 Dienstverhältnisse zur WKÖ und im Rahmen derselben gewährte Pensionszusagen wurzelten im privaten Recht. Streitigkeiten über Ansprüche aus einem solchen Rechtsverhältnis seien daher vor den ordentlichen Gerichten auszutragen.

8 Keine Vorschrift des Wirtschaftskammerorganisationsrechts weise einem Organ der WKÖ eine Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Erledigung von Angelegenheiten in Ansehung von Dienst- und Pensionsverhältnissen aktiver und/oder pensionierter Dienstnehmer zu. Insbesondere den das Personal betreffenden Vorschriften der §§ 55 und 57 WKG sei eine solche Kompetenz nicht zu entnehmen.

9 Es obliege dem Präsidenten der WKÖ als zur Erlassung von Bescheiden (unter bestimmten Voraussetzungen) verpflichtetes Organ der WKÖ formell über den Antrag des Revisionswerbers abzusprechen. Da dem Präsidenten der WKÖ keine Zuständigkeit zur Fällung der begehrten Entscheidung zukomme und es auch sonst keine für die Vornahme der begehrten Feststellung zuständige Behörde gebe, sei der Antrag gemäß § 6 Abs. 1 AVG zurückzuweisen.

Angefochtenes Erkenntnis

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien wurde die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers abgewiesen und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch das Zitat des § 6 Abs. 1 AVG und die Worte "wegen Unzuständigkeit" entfallen (I.). Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (II.)

11 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, die Entscheidung über den Feststellungsantrag des Revisionswerbers sei zu Recht durch den Präsidenten der WKÖ erfolgt, weil zur Erlassung eines Feststellungsbescheides jene Behörde als zuständig anzusehen sei, zu deren Wirkungsbereich der engste sachliche Zusammenhang bestehe.

12 Mit dem vorliegenden Antrag werde kein Feststellungsbegehren gestellt, das nach der (im Erkenntnis näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig wäre. Mit dem Antrag werde die Feststellung von Tatsachen (ausgezahlte Beträge, die dem Revisionswerber bekannt seien sowie die Bezeichnung einer "auszahlenden Stelle") sowie die Durchführung bzw. Darstellung einer "Berechnung" beantragt. Der Revisionswerber weise ausdrücklich darauf hin, dass es ihm um die Berechnungsmethode und nicht um die "Gebührlichkeit" selbst gehe, weil er die Berechnungsmethode als notwendig und erforderlich für "die weiteren Schritte" erachte. Bei der Feststellung bzw. Bezeichnung der auszahlenden Stelle handle es sich um die Frage nach einer Auskunft. Im Lichte der zitierten Rechtsprechung stelle sich der Feststellungsantrag als unzulässig dar.

13 Im Hinblick darauf und unter Beachtung des Umstandes, dass keine rechtliche Grundlage für die Annahme vorliege, dass "hier" seitens der WKÖ hoheitlich gehandelt worden sei, sei der Beschwerde nicht stattzugeben gewesen.

14 Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil es nicht um die Vollziehung des § 57 Abs. 5 WKG und des Sonderpensionenbegrenzungsgesetzes, BGBl. I Nr. 46/2014 (SpBegrG), gehe, sondern allein um die Zulässigkeit des Feststellungsantrages. Dazu liege Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, die auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen sei.

Verfahren vor dem VfGH

15 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 1. Dezember 2016, E 1695/2016-10, ab. Begründend führte der VfGH aus, die vom Revisionswerber als verfassungswidrig erachteten Normen (unter anderem § 57 Abs. 5 WKG) seien in einem Verfahren, in dem es nur um die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung eines Feststellungsantrages gehe, nicht präjudiziell, und verwies zudem auf das Erkenntnis des VfGH vom 12. Oktober 2016, G 478-479/2015. Mit Beschluss vom 20. Jänner 2017, E 1695/2016-12, trat der VfGH die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

16 Der Revisionswerber erhob sodann eine außerordentliche Revision.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

17 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die kurze Begründung der Entscheidung, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei, widerspreche dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses. Bereits aus diesem Grund sei die Entscheidung, die ordentliche Revision nicht zuzulassen, rechtswidrig.

18 Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass selbst das Fehlen einer näheren Begründung des Ausspruches nach § 25a Abs. 1 VwGG für sich betrachtet nicht dazu führt, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegeben wären (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2017, Ra 2016/19/0345, mwN).

19 Als weitere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bringt der Revisionswerber vor, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die gegenständlichen Feststellungsanträge seien unzulässig, sei rechtlich verfehlt.

20 Die vom Verwaltungsgericht angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffe Fälle, die mit dem vorliegend zu entscheidenden Sachverhalt nicht zu vergleichen seien. So gehe es bei den vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes immer um öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse. Dagegen sei der Revisionswerber in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur WKÖ gestanden, sein Pensionsvertrag habe ausschließlich privatrechtlichen Inhalt.

21 Der Präsident der WKÖ sei zuständig, § 57 Abs. 5 WKG zu vollziehen. Diese Zuständigkeit ergebe sich aus den §§ 32 und 34 WKG. Der Präsident der WKÖ müsste zur Prüfung seiner Zuständigkeit zuerst § 57 Abs. 5 WKG auslegen und sodann in Vollziehung dieser Bestimmung entscheiden.

22 Der Revisionswerber habe ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Bemessung, Einhebung und Einbehaltung des ihm von der WKÖ vorenthaltenen "Betrags gemäß SpBegrG". Weder § 57 Abs. 5 WKG noch andere Normen des SpBegrG sähen irgendein Verfahren zur Kontrolle der Vollziehung des § 57 Abs. 5 WKG vor. Der Revisionswerber müsse rechtlich bindend wissen, wer "auszahlende Stelle" nach § 57 Abs. 5 WKG sei. Kein Pensionist könne eindeutig feststellen, wer "auszahlende Stelle" nach dieser Bestimmung sei. Im Bereich der Wirtschaftskammern könnten verschiedene Rechtsträger verpflichtet sein, die Betriebspension "auszuzahlen" und damit den "Pensionssicherungsbeitrag" einzubehalten. Von der WKÖ sei als beklagte Partei in einem näher bezeichneten Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien (ASG) bereits die Auffassung vertreten worden, dass nicht die WKÖ, sondern der nach § 57 Abs. 1 WKG eingerichtete Pensionsfonds beauftragt sei, den Pensionssicherungsbeitrag einzubehalten.

23 Der Feststellungsantrag sei daher ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Die Entscheidung über den Feststellungsantrag zu § 57 Abs. 5 WKG sei von weitgehender Bedeutung. Mehr als 500 Pensionisten mit einer WKÖ-Betriebspension würden nach § 57 Abs. 5 WKG zur Leistung von Pensionssicherungsbeiträgen verpflichtet. Eine nicht bekannte Zahl von Pensionisten mit Betriebspension von anderen durch das SpBegrG erfassten Rechtsträgern sei in gleicher Weise betroffen. Die Lösung der hier aufgeworfenen Rechtsfragen sei daher von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG.

24 Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Rechtslage

25 Das Bundesgesetz über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG), BGBl. I Nr. 103/1998 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2016, lautet auszugsweise wie folgt:

"Wirtschaftskammerorganisation

§ 3. (1) Folgende Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sind Körperschaften öffentlichen Rechts:

...

2. die Bundeskammer,

...

Die nach diesem Bundesgesetz errichteten Körperschaften bilden in ihrer Gesamtheit die Wirtschaftskammerorganisation.

(2) Die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sind selbständige Wirtschaftskörper. Sie haben das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, Leistungen gegen Entgelt auszuführen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben und im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes ihren Haushalt selbständig zu führen und Umlagen vorzuschreiben.

...

Bundeskammer

Eigener Wirkungsbereich

§ 31. ...

(3) Der Bundeskammer obliegt weiters insbesondere:

8. die Dienstverhältnisse der Mitarbeiter einschließlich der diesbezüglichen haushaltsmäßigen Erfordernisse der nach diesem Bundesgesetz gebildeten Körperschaften nach einheitlichen Grundsätzen zu regeln,

...

Übertragener Wirkungsbereich

§ 32. Der Bundeskammer obliegt im übertragenen Wirkungsbereich, an der staatlichen Verwaltung in den durch besondere Rechtsvorschriften vorgesehenen Fällen mitzuwirken und im Auftrag internationaler Organisationen tätig zu werden.

...

Präsident

§ 34. Der Präsident ist der gesetzliche Vertreter der Bundeskammer. Ihm obliegen folgende Aufgaben:

1. die Leitung der Bundeskammer,

2. die Überwachung der Geschäftsführung,

3. die Beurkundung und Vollziehung der Beschlüsse der

Organe der Bundeskammer und die Fertigung der von der Bundeskammer ausgehenden Schriftstücke grundsätzlichen Inhalts gemeinsam mit dem Generalsekretär oder dessen Stellvertreter.

...

7. Abschnitt

Personal

Allgemeine Bestimmungen

§ 55. (1) Das gesamte Personal der nach diesem Bundesgesetz errichteten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft bildet einen einheitlichen Körper. Fachorganisationen und Arbeitsgemeinschaften gemäß § 16 ist es untersagt, eigenständig und direkt Personal einzustellen oder Arbeitskräfteüberlasser in Anspruch zu nehmen.

(2) Soweit sich aus Abs. 3 nichts anderes ergibt, unterstehen die Mitarbeiter in dienstrechtlicher und fachlicher Hinsicht dem Präsidenten der jeweiligen Wirtschaftskammer. Mitarbeiter, welche im Bereich von Sparten oder Fachverbänden (Fachgruppen) beschäftigt sind, unterstehen in fachlicher Hinsicht jedoch dem jeweiligen Einzelorgan.

(3) Die näheren dienstrechtlichen Bestimmungen einschließlich der Anstellungserfordernisse sowie der gehalts- und pensionsrechtlichen Bestimmungen werden in der Dienstordnung geregelt. Die Dienstordnung ist vom Erweiterten Präsidium der Bundeskammer zu beschließen.

(4) Bei Entscheidungen des Präsidenten der Bundeskammer, welche einzelne Mitarbeiter betreffen, die bei Fachverbänden oder Sparten der Bundeskammer verwendet werden, ist das Einvernehmen mit dem leitenden Organ dieser Körperschaft oder Dienststelle anzustreben.

Betriebsrat

§ 56. (1) Die Gesamtheit der nach diesem Bundesgesetz errichteten Körperschaften bildet eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 40 Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz 1974, BGBl. Nr. 22/1974.

(2) Die Bundeskammer gilt hinsichtlich des gesamten in ihrem Bereich, einschließlich der Fachverbände, beschäftigten Personals als Betrieb im Sinne des § 34 Arbeitsverfassungsgesetz. Dasselbe gilt für jede Landeskammer hinsichtlich des gesamten in ihrem Bereich, einschließlich der Fachgruppen, beschäftigten Personals.

...

Pensionsfonds

§ 57. (1) Bei der Bundeskammer ist für das pensionsberechtigte Personal der nach diesem Bundesgesetz errichteten Körperschaften ein mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteter Pensionsfonds zu bilden.

(2) Nähere Bestimmungen werden durch die vom Erweiterten Präsidium zu beschließende Pensionsfondsordnung erlassen. In dieser ist insbesondere vorzusehen, dass das Vermögen des Fonds in jeweils eigenen Rechnungskreisen für jede Kammer einschließlich ihrer Fachorganisationen getrennt darzustellen ist und dass die in einem Rechnungskreis zusammengefassten Mittel ausschließlich zur Befriedigung der Ansprüche des pensionsberechtigten Personals der betreffenden Kammer einschließlich ihrer Fachorganisationen verwendet werden dürfen.

(3) Die durch die Erträgnisse (Ertragsanteile) des Pensionsfonds nicht gedeckten Pensionsansprüche der bei den einzelnen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft beschäftigt gewesenen Arbeitnehmer sind aus den laufenden Haushalten dieser Körperschaften zu bedecken.

(4) Nach Maßgabe eines Beschlusses des Erweiterten Präsidiums der betreffenden Kammer kann jede der nach diesem Bundesgesetz errichteten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft zur Erfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 3 nach vom Erweiterten Präsidium festzulegenden einheitlichen Grundsätzen, insbesondere durch den Abschluss einer Versicherung, den Beitritt zu einer Pensionskasse oder auf andere geeignete Weise, für die Erbringung von Leistungen an das pensionsberechtigte Personal vorsorgen. Hiefür können die Landeskammern sowie die Bundeskammer und ihre Fachorganisationen auch Mittel des Pensionsfonds heranziehen. Unter welchen Voraussetzungen das Kapital in Anspruch genommen werden kann, regelt die Pensionsfondsordnung. Jede Vorsorge im Sinne dieses Absatzes bedarf der Zustimmung des Erweiterten Präsidiums der Bundeskammer.

(5) Bezieher von Ruhe- und Versorgungsgenüssen nach

Abschnitt D der Pensionsordnung der Dienstvorschriften 1946 und

nach Abschnitt D - Pensionsrecht § 19 der Dienstordnung 1992

haben, soweit ihre Ruhe- und Versorgungsgenüsse die Höhe der

jeweils geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108

Abs. 1 und 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG,

BGBl. Nr. 189/1955, überschreiten, für jene Anteile, welche den

aus dem ASVG stammenden Teil übersteigen, einen

Pensionssicherungsbeitrag zu leisten, der von den auszahlenden

Stellen einzubehalten ist. Dies gilt auch für Sonderzahlungen. Der

Pensionssicherungsbeitrag beträgt

1. 5% für jenen Teil des Ruhe- und Versorgungsgenusses, der

über 100% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liegt, aber

nicht mehr als 150% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage beträgt,

2. 10% für jenen Teil des Ruhe- und Versorgungsgenusses,

der über 150% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liegt, aber

nicht mehr als 200% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage beträgt,

3. 20% für jenen Teil des Ruhe- und Versorgungsgenusses,

der über 200% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liegt, aber

nicht mehr als 300% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage

beträgt und

4. 25% für jenen Teil des Ruhe- und Versorgungsgenusses,

der über 300% der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liegt."

26 § 57 Abs. 5 WKG wurde mit Art. 10 des Sonderpensionenbegrenzungsgesetzes (SpBegrG), BGBl. I Nr. 46/2014, in das WKG eingefügt. Mit Art. 1 des SpBegrG wurde das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (BezBegrBVG), BGBl. I Nr. 64/1997, dahin geändert, dass (unter anderem) folgender § 10 Abs. 4 eingefügt wurde (Wiedergabe soweit vorliegend maßgeblich):

"(4) Die Bundesgesetzgebung ist befugt, für

...

2. ehemalige Funktionäre und Bedienstete von Rechtsträgern,

die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, ihre Angehörigen und Hinterbliebenen einen angemessenen Sicherungsbeitrag von den Leistungen gemäß Abs. 3 festzulegen, der an jenen Rechtsträger zu leisten ist, von dem sie die Bezüge oder Leistungen beziehen."

Privatrechtlicher Pensionsbezug

27 Nach den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde (Präsident der WKÖ) war der Revisionswerber Angestellter der WKÖ und bezieht eine Betriebspension, die nach Ansicht der WKÖ privatrechtlicher Natur ist.

28 Das deckt sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers und der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Aktenlage. Nach dieser wurde das Dienstverhältnis mit dem Revisionswerber mit Dienstvertrag abgeschlossen und finden die Bestimmungen des "Pensionsrechts" nach Teil D der Dienstordnung aufgrund des abgeschlossenen Dienstvertrages Anwendung.

29 Im WKG, insbesondere in dessen 7. Abschnitt über das Personal der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, finden sich keinerlei Regelungen, die auf ein öffentlich-rechtliches Dienst- bzw. Versorgungsverhältnis hinweisen würden. Die näheren dienstrechtlichen Bestimmungen einschließlich der gehalts- und pensionsrechtlichen Bestimmungen werden gemäß § 55 Abs. 3 WKG in der vom Erweiterten Präsidium zu beschließenden Dienstordnung geregelt.

30 Nach der Rechtsprechung des OGH haben Träger der beruflichen und wirtschaftlichen Selbstverwaltung keine Kompetenz, die Dienstverhältnisse mit ihren Dienstnehmern durch einseitigen hoheitlichen Akt, d.h. durch Satzungen (Verordnungen) oder Bescheide, zu regeln. Das Verhältnis zwischen Selbstverwaltungskörpern und ihrem Personal ist nicht Gegenstand der Selbstverwaltung. Eine verfassungskonforme Interpretation der gesetzlichen Bestimmungen, die die Aufstellung von Dienst- und Bezugsordnungen etc. anordnen, muss deshalb notwendigerweise zum Ergebnis kommen, dass diese "Ordnungen" als solche gegenüber den Dienstnehmern keinen normativen Charakter haben. Für die Beziehungen zwischen den Parteien steht ausschließlich die privatrechtliche Ebene, also der Dienstvertrag, zur Verfügung. Eine rechtliche Bindung besteht nur aufgrund und nach dem Inhalt dieses Vertrags. Dienst- und Bezugsordnungen etc. sind daher mangels einer materiellen "Gesetzgebungskompetenz" nur Vertragsschablonen, die erst durch vertragliche Unterwerfung Geltung zwischen den Parteien des Dienstverhältnisses erlangen (vgl. das Urteil des OGH vom 5. Juni 2008, 9ObA164/07v, mwN auf RIS-Justiz RS0114722).

31 Diese Auffassung ist auch für die oben dargestellte Rechtslage des 7. Abschnitts des WKG maßgeblich.

32 Das SpBegrG und damit § 57 Abs. 4 WKG erfasst derartige privatrechtliche Pensionsbezüge. Der VfGH beurteilte die einfachgesetzlichen Eingriffe in bestehende Leistungen von Bediensteten und Pensionisten, zu denen Art. 10 Abs. 4, 5 und 7 BezBegrBVG verfassungsrechtlich ermächtigt, als gesetzliche Regelungen in dienst- und pensionsrechtlichen Angelegenheiten, die bisher nur Gegenstand privatrechtlicher Verträge gewesen sind (vgl. das zitierte Erkenntnis G 478-479/2015, Rz. 62). An anderer Stelle spricht der VfGH davon, dass die durch das SpBegrG verursachte Kürzung in die privatrechtliche Pensionszusage eingreift (vgl. das zitierte Erkenntnis G 478-479/2015, Rz. 121). Letztlich sprechen auch die Materialien zum SpBegrG davon, dass Zusatzpensionsleistungen abseits der üblichen Pensionsregelungen erfasst werden sollen (vgl. AB 151 BlgNR 25. GP , 2).

33 Daher ist in der vorliegenden Rechtssache davon auszugehen, dass der Pensionsbezug des Revisionswerbers privatrechtlicher Natur ist.

Keine Vollziehung des § 57 Abs. 5 WKG

34 In § 57 Abs. 5 WKG findet sich kein Anhaltspunkt, dass die Einhebung des dort geregelten Pensionssicherungsbeitrages hoheitlich (mit Bescheid) zu erfolgen habe. Es kann daher nicht von einer Vollziehung dieser Bestimmung gesprochen werden (vgl. zum Begriff der Vollziehung Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 94, und das hg. Erkenntnis vom 13. September 2016, Ro 2014/03/0062, mwN, welches darauf verweist, dass Verwaltungsbehörden, die im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig werden, nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in Vollziehung der Gesetze handeln).

35 Vielmehr spricht der Wortlaut dieser Bestimmung lediglich davon, dass der Pensionssicherungsbeitrag von den auszahlenden Stellen einzubehalten ist, was der VfGH der Sache nach als Pensionskürzung ansieht (vgl. das Erkenntnis des VfGH vom 12. Oktober 2016, G 478-479/2015, 2.4.3.6. = Rz. 120f).

36 Auch aus den §§ 32 und 34 WKG ergibt sich nicht, dass die Einbehaltung des in § 57 Abs. 5 WKG geregelten Pensionssicherungsbeitrages hoheitlich zu erfolgen hätte. So spricht § 32 WKG davon, dass es der Bundeskammer im übertragenen Wirkungsbereich obliegt, an der staatlichen Verwaltung in den durch besondere Rechtsvorschriften vorgesehenen Fällen mitzuwirken. Mit anderen Worten muss diese Mitwirkung ihre Grundlage in einer besonderen Rechtsvorschrift haben. § 57 Abs. 5 WKG stellt nach dem Obgesagten keine solche Grundlage dar.

37 Wenn der Revisionswerber vorbringt, der Präsident müsste zur Prüfung seiner Zuständigkeit zuerst § 57 Abs. 5 WKG auslegen und sodann in Vollziehung dieser Bestimmung entscheiden, so ist ihm zu entgegnen, dass die Auslegung von § 57 WKG durch die belangte Behörde eben - zu Recht - zum Ergebnis geführt hat, dass diese Bestimmung nicht von ihr zu vollziehen ist.

Unzulässigkeit eines Feststellungsbescheides

38 Ist der Pensionsbezug des Revisionswerbers privatrechtlicher Natur und ist eine (hoheitliche) Einbehaltung des Pensionssicherungsbeitrages nach § 57 Abs. 5 WKG gesetzlich nicht vorgesehen, so ist der vom Revisionswerber begehrte Feststellungsbescheid aus folgenden Erwägungen unzulässig:

39 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass das behauptete Bestehen privatrechtlicher Ansprüche gegen die Republik Österreich ein öffentliches Interesse an der Feststellung der rechtlichen Grundlagen solcher Ansprüche nicht begründen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1987, 86/12/0109).

40 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch festgehalten, dass Ansprüche aus einem privatrechtlichen Dienstverhältnis ausschließlich im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen sind. Aus diesem Grund kommt auch kein Feststellungsbescheid in Betracht (vgl. den hg. Beschluss vom 24. November 2003, 2001/10/0196, mwN).

41 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass auch Ansprüche aus einem privatrechtlichen Pensionsverhältnis ausschließlich im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen sind und ein Feststellungsbescheid nicht in Betracht kommt.

42 Der Feststellungsantrag wurde daher im Ergebnis zu Recht

zurückgewiesen.

Ergebnis

43 Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

44 Von der beantragten mündlichen Verhandlung wird gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2016, Ro 2014/03/0035, mit Hinweisen auf die einschlägige Rechtsprechung des EGMR).

45 Der in der Revision gestellten Anregung, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) näher bezeichnete Fragen betreffend die mögliche Unionsrechtswidrigkeit des § 57 Abs. 5 WKG bzw. weiterer Bestimmungen des SpBegrG zur Vorabentscheidung vorzulegen, war nicht näher zu treten. Die vom Revisionswerber genannten Fragen sind hypothetisch, weil die von ihm als unionsrechtswidrig erachteten Bestimmungen in einem Verfahren, in dem es nur um die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung eines Feststellungsantrages geht, nicht präjudiziell sind (vgl. bereits den zitierten Beschluss des VfGH E 1695/2016-10; vgl. zu hypothetischen Vorlagefragen das Urteil des EuGH vom 15. März 2017 in der Rechtssache C-3/16 , Lucio Cesare Aquino gegen Belgische Staat, ECLI:EU:C:2017:209, Rn. 45, mwN).

Wien, am 29. Juni 2017

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