VwGH Ra 2017/03/0008

VwGHRa 2017/03/00081.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 2. Dezember 2016, Zl LVwG-AV-1110/001-2016, betreffend Waffenverbot (mitbeteiligte Partei: F S in L, vertreten durch die Lederer Rechtsanwalt GmbH in 1030 Wien, Strohgasse 14c/4. Stock), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 21. September 2016 war über den Revisionswerber gemäß § 12 Abs 1 WaffG ein Waffenverbot verhängt worden. Dem legte die belangte Behörde im Wesentlichen zu Grunde, dass der Revisionswerber mit einer Faustfeuerwaffe Schüsse auf die Außensirene seiner Alarmanlage abgegeben habe, wobei unkontrolliert Projektilteile abgeprallt seien, die eine Gefahr für Leib und Leben anderer Personen dargestellt hätten.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde machte der Revisionswerber zusammengefasst (wie schon im behördlichen Verfahren) Folgendes geltend: Die Sirene der Alarmanlage habe sich nach einem Stromausfall nicht ausschalten lassen, weshalb sich der Revisionswerber - nachdem er sich durch einen Anruf bei der Polizeiinspektion über die Zulässigkeit seiner Vorgangsweise informieren hätte wollen, wobei ihm nicht klar gesagt worden sei, dass sein Vorhaben unzulässig sei - dazu entschlossen habe, die Außensirene durch Schüsse außer Betrieb zu setzen. Er habe daraufhin, unter Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsregeln, mehrere Schüsse auf die Außensirene abgegeben, zuerst aus einem Kleinkalibergewehr und dann aus einer Faustfeuerwaffe. Bei der Annahme der belangten Behörde, es seien unkontrolliert Projektilteile abgeprallt, wodurch Dritte gefährdet hätten werden können, handle es sich um eine bloße Spekulation. Die konkrete örtliche Situation (Anbringung der Außensirene an der holzverkleideten Fassade unterhalb des mit einem Vorsprung versehenen Daches) hätte unter Berücksichtigung der Position des Revisionswerbers bei Schussabgabe und des Schusswinkels eine Gefährdung von Menschen oder fremden Eigentums ausgeschlossen; allfällige Geller wären nämlich durch den Dachvorsprung abgefangen worden.

3 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - der Beschwerde Folge und behob den angefochtenen Bescheid; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

4 Dem legte es (wenngleich teilweise disloziert im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung) Folgendes zu Grunde:

5 Der Revisionswerber habe zwecks Deaktivierung der Alarmanlage, die nach einem Stromausfall ein sirenenartiges Dauergeräusch abgegeben habe, keinen Servicetechniker erreicht und - weil er seinen Nachbarn den Sirenenton nicht mehr zumuten wollte - bei der Polizeiinspektion angerufen und den Sachverhalt und seine Absicht erklärt, die Sirene mit einem Flobertgewehr beschießen zu wollen. Dort sei ihm gesagt worden, dass er dies nicht tun solle, wenn er aber doch auf die Alarmanlage schießen sollte, "dann wisse er (der Beamte) von nichts." Davon ausgehend, es sei ihm nicht verboten, habe der Revisionswerber seitlich in flachem Winkel - zuerst mit einem Kleinkalibergewehr und dann zwecks größerer Durchschlagskraft mit einer großkalibrigen Faustfeuerwaffe - die Verkleidung der Alarmanlage beschossen, die von den Projektilen auch durchschlagen worden sei. Eine tatsächliche Gefährdung Dritter sei nicht gegeben gewesen. Von der Außenverkleidung der Alarmanlage abprallende Geschoße seien aufgrund des Beschusswinkels in der Verkleidung des Dachvorsprungs verblieben, die Annahme der belangten Behörde, Projektilteile seien in unbekannte Richtung abgeprallt, nicht haltbar. Dem Revisionswerber sei zudem zugute zu halten, dass er sich bei der Polizeiinspektion über die Rechtmäßigkeit seiner Vorgehensweise erkundigt habe und ihm dort die Schussabgabe nicht dezidiert verboten worden sei.

6 Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs 1 WaffG seien daher nicht gegeben.

7 Dagegen richtet sich die gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegte Amtsrevision. In ihrer Zulässigkeitsbegründung wird geltend gemacht, die angefochtene Entscheidung weiche von den durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gezogenen Leitlinien zu den Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbots ab.

8 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

9 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

11 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 25a Abs 1 VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs 1 VwGG zurückzuweisen.

12 Hinsichtlich der für die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs 1 WaffG maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs vom 13. September 2016, Ra 2016/03/0085, vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0054, vom 2. März 2016, Ra 2016/03/0011, und vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, verwiesen. Danach ist - zusammengefasst - für die Verhängung eines Waffenverbots entscheidend, ob der angenommene Sachverhalt "bestimmte Tatsachen" iSd § 12 Abs 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.

13 Die Rechtsrüge der Revision geht insofern, als sie der rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt, es seien Projektilteile bzw Geschoße in unbekannte Richtung abgeprallt, was zu einer Gefährdung geführt habe, nicht von dem für die Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses maßgeblichen, nämlich dem vom Verwaltungsgericht angenommenen (vgl § 41 VwGG) Sachverhalt aus und ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt; schon deshalb wird mit ihr keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.

14 Die Revision zeigt aber auch keinen relevanten Verfahrensmangel und keine Unschlüssigkeit der verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung auf: Zwar ist das angefochtene Erkenntnis insofern mangelhaft, als es den gebotenen Aufbau (vgl dazu nur etwa VwGH vom 27. Jänner 2017, Ra 2015/03/0059, mwN) nicht aufweist. Dieser Mangel verhindert im vorliegenden Fall aber nicht die Rechtsverfolgung durch die Parteien, zumal klar erkennbar ist, welchen Sachverhalt das Verwaltungsgericht aufgrund welcher Überlegungen seiner Beurteilung zu Grunde gelegt hat (im Wesentlichen: keine Gefährdung aufgrund der Schussabgabe wegen der konkreten örtlichen Situation).

15 Mit ihrem Hinweis auf die "Feststellung" des behördlichen Bescheids, es seien Geschoßteile in unbekannte Richtung abgeprallt, ist die Revision auf die Aktenlage zu verweisen:

Danach wurde die Anfrage der belangten Behörde vom 8. August 2016, wie festgestellt worden sei, "dass Projektile nicht in das Metallgehäuse der Alarmanlage eingedrungen sind, sondern in unbekannte Richtung abgeprallt wären", von der Polizeiinspektion L in ihrer Stellungnahme vom 15. August 2016 damit beantwortet, dass die Außeneinheit der Alarmanlage an den Seitenteilen einige - vom Beschuss stammende - dellenförmige Beschädigungen aufgewiesen habe. Es seien nicht in allen Dellen Löcher zu sehen gewesen, durch die ein Projektil in die Außeneinheit eindringen hätte können. Die Stellungnahme schließt mit dem Satz: "In welche Richtung die Projektile abgeprallt waren konnte nicht festgestellt werden."

16 Mit der auf diese Stellungnahme gestützten "Feststellung" des behördlichen Bescheids können daher die auf der konkreten örtlichen Situation basierenden beweiswürdigenden Überlegungen des Verwaltungsgerichts nicht widerlegt werden.

17 Auch der Hinweis auf die Nichteinholung eines vom Mitbeteiligten beantragten ballistischen Sachverständigengutachtens zeigt keinen relevanten Verfahrensmangel auf: Das Verwaltungsgericht hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der auch die belangte Behörde geladen worden war, aber nicht erschienen ist; von ihr wurden demgemäß auch keine Beweisanträge gestellt, deren Nichtdurchführung gegebenenfalls einen relevanten Verfahrensmangel begründen könnte.

18 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. März 2017

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