VwGH Ra 2017/02/0217

VwGHRa 2017/02/021713.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des W in W, vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Albertgasse 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 18. Juli 2017, Zl. VGW-031/017/7376/2017-8, betreffend Übertretungen der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
StVO 1960 §9 Abs2;
VStG §44a impl;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §38;
VwRallg impl;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien wurde der Revisionswerber dreier Übertretungen der StVO schuldig erkannt. Er habe zu 1. gegen § 4 Abs. 2 2. Satz StVO, zu 2. gegen § 9 Abs. 2 StVO sowie zu 3. gegen § 4 Abs. 1 lit. c StVO verstoßen. Über ihn wurden Geldstrafen von jeweils EUR 150,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je ein Tag und 12 Stunden) verhängt. Das Verwaltungsgericht gab der dagegen erhobenen Beschwerde zu den Spruchpunkten 1. und 3. Folge und stellte das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Zu Spruchpunkt 2. wurde die Beschwerde abgewiesen und das Straferkenntnis in diesem Punkt bestätigt. Die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

5 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber vor, die bekämpfte Entscheidung stehe in unlösbarem Widerspruch mit den in ihr enthaltenen Feststellungen, welche wiederum in sich widersprüchlich seien. Der Revisionswerber erachte sich in seinem Recht, nicht für einen nicht erfüllten Tatbestand verurteilt zu werden, verletzt, wobei diese Rechtsverletzung einerseits aus einer fehlerhaften Auslegung der Zeugenaussagen und andererseits durch Verletzung von Verfahrensvorschriften begründet sei, insoweit der Beweisantrag des Revisionswerbers auf Beiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen zum Beweis der technischen Unmöglichkeit des vom Zeugen R. geschilderten Ablaufs des Vorfalles unberücksichtigt geblieben sei. Insbesondere aber sei die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mit sich selbst in Widerspruch, wenn sie einmal das Straferkenntnis der belangten Behörde darin bestätige, dass der Revisionswerber mit seinem PKW den Fußgänger R. erfasst habe, wobei dieser auf die Motorhaube seines Fahrzeuges geschleudert und dabei verletzt worden sei, während andererseits die beiden anderen Punkte des Straferkenntnisses aufgehoben worden seien, weil eben keine Verletzung des Fußgängers objektiviert worden sei. Es bestehe wohl kein Zweifel, dass ein solcher Widerspruch in einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts "nicht gemäß der Judikatur der VwGH steht", sodass die Revision jedenfalls zuzulassen sei.

6 Das vom Revisionswerber in der (für die Zulässigkeit der Revision alleine maßgeblichen, vgl. u.a. VwGH 2.9.2015, Ra 2015/02/0127) Zulässigkeitsbegründung erstattete Vorbringen der "fehlerhaften Auslegung von Zeugenaussagen" ist bereits mangels näherer Substantiierung nicht geeignet, eine den Erfordernissen des Art. 133 Abs. 4 B-VG entsprechende Rechtsfrage darzustellen. Darüber hinaus richtet sich diese Rüge gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Fragen der Beweiswürdigung kommt jedoch regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. Art. 133 Abs. 4 B-VG zu. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind (siehe VwGH 28.6.2017, Ra 2017/02/0038 m.w.H.). Die Ausführungen in der Revision lassen eine derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung nicht erkennen.

7 Der Revisionswerber rügt weiters die unterlassene Beiziehung eines Sachverständigen. Dem ist entgegenzuhalten, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 28.6.2017, Ra 2017/02/0038). Eine derart grob fehlerhafte Beurteilung zeigt der Revisionswerber nicht auf und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar. Der Revisionswerber hat es im Übrigen auch unterlassen, in der Zulässigkeitsbegründung konkret aufzuzeigen, zu welchen anderen Feststellungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens geführt hätte und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten. Er hat somit auch die Relevanz des Mangels nicht ausreichend dargelegt (vgl. hierzu VwGH 30.12.2016, Ra 2016/17/0267).

8 Auch der vom Revisionswerber angesprochene angebliche Widerspruch des angefochtenen Erkenntnisses führt nicht zur Zulässigkeit der Revision. Dem Revisionswerber wurde mit dem vom Verwaltungsgericht bestätigten Spruchpunkt 2. eine Übertretung nach § 9 Abs. 2 StVO vorgeworfen. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Lenker eines Fahrzeuges einem Fußgänger das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen hat. Eine Verletzung des Fußgängers ist hingegen kein Tatbestandselement des § 9 Abs. 2 StVO und somit für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich. Durch die Anführung dieses (überflüssigen) Elementes im Spruch des Straferkenntnisses konnte der Revisionswerber in keinem Recht verletzt werden. Im Übrigen zeigt der Revisionswerber auch nicht konkret - unter Bezeichnung von Geschäftszahl und Datum einer hg. Entscheidung - auf, inwiefern das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sein soll (siehe erneut Ra 2017/02/0038), weshalb das Vorbringen auch aus diesem Grund ins Leere geht.

9 Da in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.

Wien, am 13. November 2017

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