Normen
KStG 1988 §9 Abs10;
KStG 1988 §9 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden KG, eine inländische AG, war zusammen mit mehreren anderen Körperschaften Mitglied einer Unternehmensgruppe, ohne zur Gruppenträgerin zuvor in einem Organschaftsverhältnis gestanden zu sein. Ihre Gruppenzugehörigkeit ab der Veranlagung 2005 wurde mit Bescheid vom 6. Februar 2006 festgestellt. Mit Vertrag vom 28. September 2006 wurde die AG unter Anwendung des Art. II Umgründungssteuergesetz zum Stichtag 31. Dezember 2005 im Rahmen einer errichtenden Umwandlung in eine KG mit einem reinen (neu hinzutretenden) Arbeitsgesellschafter als Komplementär umgewandelt. Alleinige Kommanditistin, der das gesamte Vermögen zustand, wurde die Gruppenträgerin (die bisherige Alleingesellschafterin der AG).
2 Das Finanzamt vertrat in einem geänderten Gruppenfeststellungsbescheid vom 7. Juli 2008 die Auffassung, im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Mindestdauer der Gruppenzugehörigkeit der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin sei die Gruppenzugehörigkeit auf Grund der Umwandlung in eine Personengesellschaft gemäß § 9 Abs. 9 und Abs. 10 dritter Teilstrich KStG 1988 auch für das Jahr 2005 (und nicht erst mit Wirkung ab der Veranlagung 2006) zu verneinen. Es wurde festgestellt, die Zugehörigkeit dieses Gruppenmitgliedes zur Gruppe gelte ab der Veranlagung 2005 rückwirkend als aufgehoben.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die von ihm als Beschwerde zu behandelnde Berufung der Revisionswerberin gegen den Bescheid vom 7. Juli 2008 als unbegründet ab. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass keine Vermögensübertragung innerhalb der Gruppe im Sinne des § 9 Abs. 5 vierter Satz KStG 1988 vorliege. Das Vermögen sei auf eine Personengesellschaft (KG) übertragen worden, die nicht Gruppenmitglied sein könne. Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil zu der zu lösenden Rechtsfrage noch keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
4 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision, zu der das Finanzamt keine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:
5 § 9 KStG 1988 lautet in der für das Streitjahr maßgeblichen (im Wesentlichen auch derzeit geltenden) Fassung auszugsweise:
"Unternehmensgruppen
§ 9. (1) Abweichend von § 7 können finanziell verbundene Körperschaften (Abs. 2 bis 5) nach Maßgabe des Abs. 8 eine Unternehmensgruppe bilden. Dabei wird das steuerlich maßgebende Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitglieds (Abs. 6 und Abs. 7) dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitglieds bzw. Gruppenträgers jenes Wirtschaftsjahres zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres des Gruppenmitgliedes fällt.
(...)
(5) Die finanzielle Verbindung im Sinne des Abs. 4 muss während des gesamten Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitgliedes vorliegen. Erfüllen im Falle einer Beteiligungsgemeinschaft die Mitbeteiligten die Voraussetzungen des Abs. 4 zu Beginn des Wirtschaftsjahres des jeweiligen Gruppenmitglieds, kann die Beteiligungsgemeinschaft bis zum Gruppenantrag gebildet werden. Steuerlich wirksame rückwirkende Anteilserwerbe und Anteilsübertragungen im Sinne der Abgabenvorschriften sind auch für die Frage der finanziellen Verbindung maßgebend. Vermögensübertragungen innerhalb der Unternehmensgruppe gelten nicht als Änderung der Voraussetzungen für Gruppenverhältnisse, sofern die Unternehmensgruppe weiterhin finanziell verbunden bleibt.
(...)
(10) Die Unternehmensgruppe muss für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren bestehen. Dabei gilt Folgendes:
- Die Mindestdauer ist nur erfüllt, wenn das steuerlich
maßgebende Ergebnis von drei jeweils zwölf Monate umfassenden
Wirtschaftsjahren in Sinne des Abs. 6 zugerechnet wird.
- Die Regelung über die Mindestdauer gilt im Falle des
nachträglichen Eintritts einer weiteren Körperschaft (Abs. 2) in eine bestehende Unternehmensgruppe für die eintretende Körperschaft.
- Scheidet eine Körperschaft innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt aus der Unternehmensgruppe aus, sind insoweit (...) jene steuerlich maßgebenden Verhältnisse herzustellen, die sich ohne Gruppenzugehörigkeit ergeben hätten."
6 Für den Fall der Beendigung einer Gruppe durch Verschmelzung mit dem Gruppenträger vor Ablauf der in § 9 Abs. 10 KStG 1988 normierten Frist wurde im Schrifttum die Ansicht vertreten, ein solcher Vorgang "verdichte (verstärke)" die Konsolidierung der Gruppenergebnisse und führe sie "zur Vollendung", weshalb die "Mindestbestandsdauer (...) nach ihrem Sinn und Zweck nicht anzuwenden" sei "(teleologische Reduktion)" (Beiser, SWK 2008, S 594 und S 785). Dieser Ansicht ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, 2009/15/0214, VwSlg 8759/F, nicht gefolgt, worauf das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis mit Recht hinwies.
7 Im vorliegenden Fall besteht die Gruppe mit anderen Gruppenmitgliedern aber auch nach der strittigen Umgründung jedenfalls fort, was die vom Bundesfinanzgericht auch behandelte Frage aufwirft, ob die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 vierter Satz KStG 1988 erfüllt sind. Dass die rückwirkenden Rechtsfolgen eines Ausscheidens im Sinne des § 9 Abs. 10 dritter Teilstrich KStG 1988 in diesem Fall einer gruppeninternen Vermögensübertragung nicht eintreten, entspricht vor dem Hintergrund der Erläuterung des (im Minsterialentwurf noch nicht enthalten gewesenen) § 9 Abs. 5 vierter Satz KStG 1988 in der Regierungsvorlage (451 BlgNR 22. GP 22) der herrschenden Ansicht im Fachschrifttum (vgl. in diesem Sinn in Auseinandersetzung mit dem hier angefochtenen Erkenntnis etwa Hirschler/Sulz/Oberkleiner, BFGjournal 2015, 465; Mechtler/Pinetz, RdW 2016, 291, und ecolex 2016, 261, jeweils m.w.N.) und ist auch vom Verwaltungsgerichtshof schon zum Ausdruck gebracht worden (vgl. das Erkenntnis vom 28. Juni 2016, 2013/13/0066, mit dem einer so argumentierenden Amtsbeschwerde stattgegeben wurde; dazu etwa Pinetz, GES 2016, 374).
8 Das Bundesfinanzgericht hat das Vorliegen einer Vermögensübertragung innerhalb der Gruppe verneint, weil das Vermögen "auf eine Kommanditgesellschaft" übertragen worden sei. Es hat dabei aber nicht berücksichtigt, dass das Vermögen der AG ertragsteuerlich nicht auf die Personengesellschaft, sondern im vorliegenden Fall zur Gänze auf die als Gruppenträgerin der Gruppe angehörende alleinige Kommanditistin übertragen wurde (vgl. zu dieser besonderen Fallgestaltung etwa Hirschler/Sulz/Oberkleiner, a.a.O., 470;
Mechtler/Pinetz, RdW 2016, 296, und ecolex 2016, 263;
Jann/Rittsteuer/Schneider in Kofler, UmgrStG6, § 9 KStG Rz 114).
9 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
10 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 31. Mai 2017
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