Normen
AuslBG §12b Z1;
AuslBG §4;
AuslBG §4b;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41 Abs2 Z2;
VwGG §28 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016090103.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Arbeitsmarktservice hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem am 21. April 2015 beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eingebrachten Schreiben stellte der Mitbeteiligte den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 41 Abs. 2 Z. 2 NAG (Sonstige Schlüsselkraft). Diesem Antrag legte er neben einer Arbeitgebererklärung der K GmbH weitere Unterlagen bei.
2 Mit Schreiben vom 29. April 2015 wurde dieser Antrag seitens des Amtes der der Niederösterreichischen Landesregierung an die für den Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice T (Revisionswerberin) weitergeleitet.
3 Mit Bescheid vom 19. August 2015 wies die Revisionswerberin den Antrag des Mitbeteiligten ab. Der Mitbeteiligte sei zugleich Geschäftsführer der K GmbH, bei dem sich die BewerberInnen persönlich vorstellen sollen. Ein Ersatzkraftstellungsverfahren sei auf Grund des auf ihn zugeschnittenen Anforderungsprofils nicht durchführbar.
4 Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde erließ das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Beschluss, mit dem es den Bescheid vom 19. August 2015 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behob und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurückverwies. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
5 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte sei koreanischer Staatsbürger. Alleingesellschafterin der Arbeitgeberin, der K GmbH, sei die Mutter des Mitbeteiligten. Dieser sei zum handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellt worden und solle auch gewerberechtlicher Geschäftsführer werden. Geschäftsbereiche der GmbH seien Fremdenführung und Handel. Da bis dato noch keine Gewerbeberechtigung vorliege, dürfe der Mitbeteiligte bzw. die GmbH das Gewerbe Fremdenführer nicht ausüben. Die in Aussicht genommene Tätigkeit des Mitbeteiligten sei die Führung von koreanischen Reisegruppen und die Organisation des entsprechenden Kulturprogramms.
In diesem Zusammenhang ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass nicht für die Tätigkeit als Geschäftsführer eine Beschäftigungsbewilligung beantragt worden sei, sondern für die als Fremdenführer.
In rechtlicher Hinsicht erwog das Bundesverwaltungsgericht, dass der Mitbeteiligte als Geschäftsführer der Arbeitgeberin auch die Funktion als Organ der juristischen Person wahrnehme und dies zur Folge habe, dass sich allfällige Bewerberinnen und Bewerber im Rahmen des Ersatzkräfteverfahrens beim Mitbeteiligten vorstellen müssten. Es sei grundsätzlich unbestritten, dass ein Geschäftsführer, der nicht wesentlich an der GmbH beteiligt sei, nach den arbeits- und sozial- sowie lohnsteuerrechtlichen Vorschriften aufgrund einer Dienstleistung zur Gesellschaft in einem Dienstverhältnis stehen könne, wenn ein entsprechender Dienstvertrag, der Weisungsgebundenheit beinhaltet und der keinen beherrschenden Einfluss in rechtlicher Hinsicht vorsieht, abgeschlossen werde. Dieses sei hier der Fall und es werde die Tätigkeit als die eines Unselbständigen klassifiziert.
6 Unter Zugrundelegung der im Erkenntnis zitierten gesetzlichen Bestimmungen folgerte das Bundesverwaltungsgericht weiter, dass zwar der Vermittlungsauftrag der Arbeitgeberin, der K GmbH, für wenige Personen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zutreffen werde. Diese Tatsache schließe aber die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht aus. Daher sei auf Grund des von der K GmbH erteilten Vermittlungsauftrages ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen. Das Bundesverwaltungsgericht könne ein solches nicht durchführen, sodass die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen werde.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit vor, der Dienstvertrag zwischen der Arbeitgeberin und dem Mitbeteiligen sei von dessen Rechtsvertreter mit Schreiben vom 17. Mai 2016 vorgelegt worden. Der Dienstvertrag sei jedoch der Behörde nie zur Kenntnis gebracht worden, was als massive Verletzung des Rechts auf Parteiengehör zu werten sei. Weiters sei bei der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2016 eine "Mantelniederschrift" angefertigt worden, die Dokumentation der Einvernahme des Beschwerdeführers und der Fragen und Ausführungen der Behörde seien mittels Diktaphon erfolgt. Der zweiseitige Übertrag der Diktaphon-Aufnahme der einstündigen mündlichen Verhandlung, der die Ausführungen der Behörde nur rudimentär wiedergebe, sei dem AMS T übermittelt worden, nicht aber den ausgewiesenen Vertretern dieser Behörde, welche sich an der Adresse des AMS NÖ in Wien befänden. Den Vertretern sei die Niederschrift nicht zugegangen, das Recht gemäß § 14 Abs. 3 AVG binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift zu erheben, habe deshalb nicht wahrgenommen werden können.
10 Soweit die Revisionswerberin die Zulässigkeit der Revision mit dem Vorliegen von Verfahrensmängeln begründet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit einer Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann in Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des behaupteten Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substanziierte Behauptung von Verfahrensmängeln reicht nicht aus, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. dazu den Beschluss vom 19. Jänner 2016, Ra 2015/19/0226, mwN).
Die Revisionswerberin unterlässt es jedoch darzustellen, welches konkrete Vorbringen sie bei Einräumung von Parteiengehör, welches ihr nach ihren Ausführungen nicht ausreichend gewährt worden sei, erstattet hätte. Darüber hinaus zeigt die Revisionswerberin auch nicht auf, welche Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten des Protokolls gerügt worden wären und welche Bedeutung sich daraus für das weitere Verfahren ergeben hätte. Insoweit ist die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht erkennbar.
11 Weiters bringt die Revisionswerberin - zusammengefasst - vor, Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sei eine undatierte Arbeitgebererklärung der K GmbH für eine Beschäftigung und berufliche Tätigkeit als "Geschäftsführer" gewesen. In der Folge seien ein Vermittlungsauftrag des Arbeitgebers mit der Berufsbezeichnung "Fremdenführer" und ein Begleitschreiben des Mitbeteiligten, wonach er als handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig werden solle, übermittelt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2016 habe der Mitbeteiligte die Arbeitgebererklärung auf das Anforderungsprofil "Fremdenführer" abgeändert. Es liege keine gültige Arbeitgebererklärung vor und es komme dem Mitbeteiligten in seiner Funktion als Arbeitnehmer nicht zu, die ihn betreffende Tätigkeitsbeschreibung abzuändern.
Im Zuge der mündlichen Verhandlung sei eindeutig festgestellt worden, dass der Mitbeteiligte sowohl die ihn betreffende Arbeitgebererklärung als auch den seine Tätigkeit betreffenden Vermittlungsauftrag als Geschäftsführer der K GmbH selbst unterfertigt habe. Daher sei von einer ungültigen Arbeitgebererklärung auszugehen. Da für die Beschäftigung des handelsrechtlichen Geschäftsführers (Mitbeteiligter) keine Bewilligung nach dem AuslBG vorliege, sei die Geschäftsführerbestellung schwebend unwirksam und die GmbH in operativer Hinsicht handlungsunfähig; die alleinige Arbeitgeberfunktion komme derzeit nur der Alleingesellschafterin zu. Zur Frage der Gültigkeit derartigen Handelns eines Geschäftsführers und des Umganges mit "ungültigen" Erklärungen einer GmbH existiere keine Rechtsprechung.
12 Mit diesem - erstmals im Revisionsverfahren erstatteten - Vorbringen verstößt die Revisionswerberin gegen das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot. Dieses bezieht sich auf neues tatsächliches Sachverhaltsvorbringen und auf solche Rechtsausführungen, zu deren Beurteilung weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, 2013/17/0033). Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2016 war die Unterfertigung der Arbeitgebererklärung und des Vermittlungsauftrages durch den Mitbeteiligten (als Geschäftsführer der GmbH) thematisiert worden. Es hätte bereits zu diesem Zeitpunkt das erstmals in der Revision erstattete Vorbringen zur mangelnden Vertretungsbefugnis des Mitbeteiligten bzw. daraus folgend der ungültigen Arbeitgebererklärung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstattet werden müssen.
13 Im Übrigen ist nicht zu sehen, weshalb der Mitbeteiligte als antragstellende Arbeitskraft von vornherein von der Vertretung des Arbeitgebers ausgeschlossen und ein Ersatzkraftstellungsverfahren unmöglich gewesen sein sollte. Im Fall einer mangelhaften Arbeitgebererklärung ist deren Ergänzung zu beauftragen. Die Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens durfte daher nicht von vornherein abgelehnt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2014, 2013/09/0070).
Soweit die Revisionswerberin die Revision deswegen für zulässig hält, weil das Verwaltungsgericht entgegen den im hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, dargelegten Leitlinien nicht in der Sache selbst entschieden sondern die Angelegenheit zur Entscheidung durch die Revisionswerberin zurückverwiesen hat, ist auf das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/09/0088, zu verweisen. Auch im vorliegenden Fall erscheint die Beurteilung des Verwaltungsgerichts unbedenklich, dass die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt - durch Unterlassung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens - nur sehr unzureichend festgestellt, und damit keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden "brauchbaren Ermittlungsergebnisse" geliefert hat. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der angefochtene Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abwiche.
14 Mit den in der Revision weiters enthaltenen Ausführungen zur Proformabereitschaft zur Teilnahme an einem Ersatzkraftstellungsverfahren und der Beachtung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes des vorliegenden Sachverhalts entfernt sich die Revisionswerberin von den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis und legt vielmehr Mutmaßungen ihren Erwägungen zugrunde. Damit erweist sich die Revision nicht als gesetzmäßig ausgeführt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2014, Ro 2014/12/0019).
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. Februar 2017
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