VwGH Ro 2015/05/0009

VwGHRo 2015/05/000921.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der U AG in W, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Rudolfsplatz 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 26. Februar 2015, Zl. VGW-111/077/32445/2014-4, betreffend Stellplatzverpflichtung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei:

Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §38;
B-VG Art133 Abs4;
GaragenG Wr 2008 §48 Abs1;
GaragenG Wr 2008 §50;
GaragenG Wr 2008 §52;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9. September 2014, mit welchem ihr die Baubewilligung für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben erteilt und unter anderem ausgesprochen worden war, dass die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 und § 50 Wiener Garagengesetz 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, um drei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe, abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

5 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses führte das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen im Wesentlichen aus, dass der seitens der Revisionswerberin vorgelegte Nachweis über die Sicherstellung eines Einstellplatzes vom 22. Februar 2011 nicht ausreichend sei. Dies zum einen deshalb, weil sich dieser Nachweis auf ein anderes, auf der gegenständlichen Liegenschaft bewilligtes Bauvorhaben beziehe. Zum anderen laute dieser Nachweis nicht auf die Revisionswerberin, sondern auf die vormalige Liegenschaftseigentümerin, welche deren Rechte auf Sicherstellung eines Einstellplatzes nicht wirksam mittels Kaufvertrages auf die Revisionswerberin habe übertragen können.

6 Den Zulässigkeitsausspruch begründete das Verwaltungsgericht dahingehend, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die vertragliche Sicherstellung eines Einstellplatzes durch eine Bestätigung nachgewiesen werden könne, die einem früheren Liegenschaftseigentümer für ein früheres und somit anderes Bauvorhaben ausgestellt worden sei, fehle. Zum einen fehle Rechtsprechung, ob bzw. inwieweit die Baubehörde bzw. das Verwaltungsgericht überhaupt im Vorfragenbereich etwaige zivilrechtliche Fragen der Übertragbarkeit des schuldrechtlichen Sicherstellungsvertrages auf den Käufer der Liegenschaft und für dessen Bauvorhaben zu prüfen habe. Bejahendenfalls fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung derartiger zivilrechtlicher Vorfragen.

7 Dazu ist festzuhalten, dass auch in der ordentlichen Revision die revisionswerbende Partei von sich aus die Gründe für die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen hat, sofern sie der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder sie andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 26.9.2017, Ro 2015/05/0003, mwN).

8 Die Frage, ob die Revisionswerberin als Käuferin der gegenständlichen Liegenschaft in die der Verkäuferin vertraglich eingeräumte Rechtsposition betreffend die Sicherstellung eines Einstellplatzes eingetreten ist, bildet eine zivilrechtliche Vorfrage.

9 Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem Verwaltungsgerichtshof keine Leitfunktion zu; er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange den Verwaltungsgerichten dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn die Verwaltungsgerichte eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der Obersten Gerichtshofes gelöst haben (vgl. VwGH 28.4.2016, Ra 2015/07/0176).

10 Eine derartige Unvertretbarkeit kann weder der Zulässigkeitsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses entnommen werden noch wird dies in jener der Revision aufgezeigt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt damit insoweit nicht vor.

11 Da das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht, nämlich dem Nichtvorliegen eines Nachweises über die Sicherstellung eines Einstellplatzes mangels Eintrittes der Revisionswerberin in die vertragliche Vereinbarung vom 22. Februar 2011, hinsichtlich der, wie oben ausgeführt, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, kommt der vom Verwaltungsgericht weiters aufgeworfenen Frage, ob sich ein solcher Nachweis auf ein anderes Bauvorhaben beziehen dürfe, keine Relevanz mehr zu (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0097 und 0098, mwN).

12 Im Übrigen ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Verwaltungsbehörde im Fall des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 38 AVG verpflichtet ist, etwaige zivilrechtliche Fragen, hinsichtlich derer noch keine bindende Entscheidung vorliegt, selbständig zu beurteilen (vgl. dazu die in Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 29 wiedergegebene hg. Judikatur) und zwar ungeachtet ihrer Komplexität. Diese Rechtsprechung ist auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in welchem zufolge § 17 VwGVG auch § 38 AVG anzuwenden ist, übertragbar. Demgemäß wird auch mit dem sich darauf beziehenden Vorbringen des Verwaltungsgerichtes, wie selbst die Revision einräumt, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan.

13 In der Revision werden darüber hinaus keine weiteren Gründe für deren Zulässigkeit gesondert dargelegt.

Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr. 8/2014.

Wien, am 21. November 2017

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