VwGH Ra 2015/02/0189

VwGHRa 2015/02/01897.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Gruber, über die Revision des T M in K, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg am Wagram, Georg Ruck Straße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 8. April 2014, Zl. LVwG-TU-13-0105, betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:

Normen

ArbeitsmittelV 2000 §36 Abs8;
ASchG 1994 §130 Abs5 Z1;
BArbSchV §87 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
ArbeitsmittelV 2000 §36 Abs8;
ASchG 1994 §130 Abs5 Z1;
BArbSchV §87 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 22. August 2013 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der M(...) GmbH zu verantworten, dass am 8. Mai 2013 vier näher genannte Arbeitnehmer auf einer näher bezeichneten Baustelle mit Dacheinlattungsarbeiten auf dem Dach mit einer Neigung von "ca. 38 Grad " beschäftigt gewesen seien, dabei Absturzgefahr über eine Höhe von "ca. 7 m" bestanden habe und 1. entgegen § 87 Abs. 3 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) keine Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen seien, die den Absturz von Menschen und Materialien in sicherer Weise verhindert hätten, und die Arbeitnehmer auch nicht mit einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz angeseilt gewesen seien, sowie

2. entgegen § 36 Abs. 8 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) als Verkehrsweg zum Erreichen des Dacharbeitsplatzes eine Anlegeleiter verwendet worden sei, bei der keine Sicherung durch Seitenwehren oder eine Rücksicherung oder eine andere geeignete Einrichtung, die einen Absturz verhindere, angebracht gewesen sei. Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG) iVm §§ 87 Abs. 3 und 161 BauV wurden über den Revisionswerber zu Spruchpunkt 1. Geldstrafen in der Höhe von EUR 550,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von 66 Stunden je Arbeitnehmer, gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 36 Abs. 8 AM-VO zu Spruchpunkt 2. Geldstrafen in der Höhe von EUR 275,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von 33 Stunden je Arbeitnehmer verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der gegen dieses Straferkenntnis gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers betreffend Spruchpunkt 1. keine Folge gegeben, und der Beschwerde betreffend Spruchpunkt 2. insofern stattgegeben, als die zu diesem Spruchpunkt verhängten Geldstrafen auf EUR 200,-- je Arbeitnehmer, und die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen auf 24 Stunden je Arbeitnehmer herabgesetzt wurden.

3 Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die gegenständliche außerordentliche Revision bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG im hierfür alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (vgl. etwa VwGH vom 19. Dezember 2016, Ra 2015/02/0098, mwN) vor, dem Revisionswerber würden durch das angefochtene Erkenntnis jeweils vier Verwaltungsübertretungen gemäß § 87 Abs. 3 BauV sowie gemäß § 36 Abs. 8 AM-VO vorgeworfen, obwohl jeweils nur eine Übertretung der genannten Bestimmungen vorgelegen sei. Das Verwaltungsgericht sei rechtswidrigerweise davon ausgegangen, dass hinsichtlich jedes auf der Baustelle anwesenden Dienstnehmers eine Verwaltungsübertretung vorliege. Im Erkenntnis vom 24. September 1990, 90/19/0235, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es bei Fehlen von Schutzeinrichtungen dahingestellt bleiben könne, ob zur Tatzeit ein bestimmter Arbeitnehmer auf der Baustelle anwesend gewesen sei oder nicht. Da auf einer Baustelle eine bestimmte Sicherheitseinrichtung nur einmal angebracht werden bzw. nur einmal fehlen könne, liege denknotwendigerweise nur ein Tatbestand vor, der nur einmal verwirklicht werden könne. Es sei darauf abzustellen, ob ein Tatbestand spezielle Schutzeinrichtungen an Baustellen unabhängig von der Anzahl der Arbeiter vorschreibe, oder ob es sich um persönliche Schutzeinrichtungen für jeden Dienstnehmer handle.

8 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für den Revisionsfall nicht aufgezeigt:

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe, wie im Revisionsfall, gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten (vgl. VwGH vom 26. Juli 2002, 2002/02/0037, vom 16. Dezember 2005, 2005/02/0238, vom 31. März 2006, 2006/02/0021, vom 31. März 2006, 2004/02/0366, vom 25. Mai 2007, 2006/02/0322, oder vom 29. April 2009, 2009/02/0090). Die den genannten Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte sind dabei dem vorliegenden insofern vergleichbar, als es sich auch dort, entgegen der im Zulässigkeitsvorbringen zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht, jeweils nicht um persönliche Schutzmaßnahmen für den einzelnen Dienstnehmer, sondern um den generellen Schutz aller auf einer Arbeitsstelle Beschäftigten durch das Anbringen von allgemeinen Schutzeinrichtungen handelte.

10 Wenn der Revisionswerber in den Gründen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG weiters auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 1990, 90/19/0235, verweist, und damit offenbar ein Abweichen des bekämpften Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung dartun möchte, ist dazu zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber, der eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret darzulegen hat, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hätte und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre (vgl. VwGH vom 24. Juni 2016, Ra 2016/02/0114, mwN). Diesem Erfordernis wird das Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht gerecht. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die vom Revisionswerber angeführte Entscheidung vorliegend nicht einschlägig ist, weil gegenständlich keine Verstöße gemäß § 7 BauV angelastet wurden (vgl. hierzu nochmals das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2005, 2005/02/0238).

11 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 7. April 2017

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