VwGH 2009/02/0090

VwGH2009/02/009029.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des FL in L, vertreten durch Dr. Gerhard Krammer und Dr. Michael Frank, Rechtsanwälte in 3580 Horn, Pfarrgasse 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Zwettl, vom 29. Jänner 2009, Zl. Senat-MI-07-3004, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a impl;
VStG §44a Z1;
VStG §9;
AuslBG §28 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a impl;
VStG §44a Z1;
VStG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Jänner 2009 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz mit folgender Tatumschreibung bestätigt:

"Sie haben als Geschäftsführer der (F GmbH), die Komplementär der (F GmbH & Co. KG) ist, als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, dass am 14.11.2006 auf der Baustelle in 2162 Falkenstein, Forstgut Dürnberg.

1. die Arbeitnehmer (KA), (MC) und (RD) mit Arbeiten auf einer ungesicherten Dachfläche (Dachneigung ca. 30 Grad ) beschäftigt waren und trotz Absturzgefahr (Absturzhöhe Traufe ca. 5 m bzw. Absturzhöhe Ortgang ca. 7 m) waren keine geeigneten Schutzeinrichtungen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, angebracht;

2. der Arbeitnehmer (CN) (Jugendlicher im Sinne des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes) mit Dacharbeiten auf einer ungesicherten Dachfläche (Dachneigung ca. 30 Grad ) beschäftigt war und trotz Absturzgefahr (Absturzhöhe Traufe ca. 5 m bzw. Absturzhöhe Ortgang ca. 7 m) waren keine geeigneten Schutzeinrichtungen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, angebracht."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer nach § 87 Abs. 3 der Bauarbeiterschutzverordnung und § 130 Abs. 5 Z. 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes Geldstrafen in Höhe von ad 1.) je Arbeitnehmer EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils ein Tag) und ad 2.) von EUR 2.000,-

- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei im Verfahren vor der Behörde erster Instanz "als Inhaber des Betriebes im Standort L" verfolgt worden, was nicht dem "Konkretisierungsgebot nach § 44a VStG" entspreche. Erst im angefochtenen Bescheid werde ihm vorgeworfen, als Geschäftsführer der F GmbH, die Komplementär der F GmbH & Co KG und Arbeitgeberin der genannten Arbeitnehmer sei, für die gegenständlichen Übertretungen verantwortlich zu sein. Es sei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist niemals eine Verfolgungshandlung gesetzt worden, die sich auf die F GmbH & Co KG als Arbeitgeberin bezogen habe. Die belangte Behörde habe daher den Tatvorwurf außerhalb der Verjährungsfrist abgeändert.

Zunächst verkennt der Beschwerdeführer, dass die Bestimmungen des § 44a VStG nicht für Verfolgungshandlungen, sondern für den Spruch des Bescheides gelten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Vorbringen wie dem gegenständlichen in ständiger Rechtsprechung, wie etwa im Erkenntnis vom 24. April 2003, Zl. 2000/09/0083, Folgendes entgegengehalten:

Es ist zu erwidern, dass Beschuldigter des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens immer der Beschwerdeführer als physische Person und nicht eine der involvierten Kapitalgesellschaften war. Demnach war dem Beschwerdeführer keinen Augenblick unklar, dass er als Geschäftsführer der K GmbH, die Komplementärin (persönlich haftende Gesellschafterin) der K GmbH & Co KG war, zur Verantwortung gezogen wurde. Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass die K GmbH & Co KG, zu deren Vertretung nach außen er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft berufen war, die Arbeitgeberin der unerlaubt beschäftigten Ausländerinnen gewesen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist es nicht rechtswidrig, wenn die Berufungsbehörde das Verhalten des Beschuldigten einem anderen Tatbestand (Tatbild) unterstellt als die erste Instanz, sofern es sich um ein und dasselbe Verhalten des Täters handelt, also Identität der Tat vorliegt. Es findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Dasselbe gilt für den Fall, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH, sondern als Inhaber einer Einzelfirma zugerechnet werden können. Der § 9 VStG legt zwar fest, wer unter bestimmten Voraussetzungen als strafrechtlich Verantwortlicher anzusehen ist, er normiert jedoch nicht etwa ein zusätzliches, zum Tatbild der jeweiligen Strafnorm hinzutretendes Tatbestandselement, das mit der Änderung des Rechtsgrundes der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung gleichfalls eine Änderung erführe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. November 2002, Zl. 2000/09/0174, und vom 30. Juni 1994, Zl. 94/09/0035, und die darin angegebene weitere hg. Judikatur).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die belangte Behörde - ohne dass dadurch eine Auswechslung der Tat bzw. eine Überschreitung der "Sache" erfolgte - berechtigt war, das dem Beschwerdeführer innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfene Verhalten in Abänderung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides bzw. der rechtlichen Beurteilung der Erstbehörde dahingehend zu beurteilen, dass dem Beschwerdeführer diese Straftaten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft mbH, der die Geschäftsführung und Vertretung der als Kommanditgesellschaft (Gesellschaft mbH & Co KG) errichteten Arbeitgeberin oblag, zuzurechnen seien. Es war nicht rechtswidrig, wenn erstmals im Berufungsbescheid (und nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG in Verbindung mit § 28 Abs. 2 AuslBG) dem Beschwerdeführer angelastet wurde, er habe die Verwaltungsübertretungen als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht der K GmbH als Arbeitgeberin sondern dieser Gesellschaft als zur Vertretung befugten Komplementärgesellschaft der als Gesellschaft mbH & Co KG (K GmbH & Co KG) errichteten Arbeitgeberin zu verantworten (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1998, Zl. 95/09/0247, und vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0328). Daran vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/03/003, nichts zu ändern, weil die belangte Behörde damit vorliegend kein Tatbestandselement sondern den Rechtsgrund der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung änderte (berichtigte).

Als weiteres Argument bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe mit Hinweis auf einen Firmenbuchauszug festgestellt, der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der F GmbH und vertrete diese seit 20. Mai 2000. Die F GmbH sei seit 14. Oktober 2000 unbeschränkt haftende Gesellschafterin der F GmbH & Co. KG. Die belangte Behörde habe somit Feststellungen der Behörde erster Instanz ergänzt, ohne dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben sich zu den entsprechenden Beweisergebnissen zu äußern.

Da der Beschwerdeführer jedoch in der Beschwerde gar nicht bestreitet, dass die Feststellungen der belangten Behörde unrichtig sind, hat er schon deswegen die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. April 2009

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