European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2014170049.L00
Spruch:
Die als "Erkenntnis" bezeichnete angefochtene Entscheidung wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Altenfelden vom 8. April 2013 wurde die mitbeteiligte Partei aufgrund des § 198 Abs 1 und 2 BAO sowie § 1 Interessentenbeiträgegesetz 1958 und aufgrund von § 2 Abs 1 der vom Gemeinderat beschlossenen Kanalgebührenordnung (KGebO) in der Fassung des Beschlusses vom 16. November 2010 verpflichtet, eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe von EUR 17.582,02 (inkl EUR 1.598,37 USt) zu entrichten.
2 Mit weiterem Bescheid vom 8. April 2013 wurde die mitbeteiligte Partei gemäß § 198 Abs 1 und 2 BAO, sowie § 1 Interessentenbeiträgegesetz 1958 und aufgrund von § 2 Abs 1 der vom Gemeinderat beschlossenen Wassergebührenordnung (WGebO) in der Fassung des Beschlusses vom 16. November 2010 verpflichtet, eine Wasserleitungsanschlussgebühr in der Höhe von EUR 10.577,33 (darin enthalten EUR 961,58 USt.) zu entrichten.
3 Gegen diese Bescheide erhob die mitbeteiligte Partei jeweils Berufung.
4 Mit Bescheiden des Gemeinderates der Marktgemeinde Altenfelden jeweils vom 12. November 2013 wurden diese Berufungen als unbegründet abgewiesen.
5 Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei jeweils Vorstellung. 6 Mit Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichts
Oberösterreich jeweils vom 27. März 2014 wurde den als Beschwerden gewerteten Vorstellungen jeweils "gemäß § 279 Abs 1 BAO" stattgegeben, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Rechtssachen an die Abgabenbehörde zurückverwiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
7 In der Begründung wurde ausgeführt, die mitbeteiligte Partei habe in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2014 klargestellt, dass die Bescheide nur mehr insoweit bekämpft würden, als es die diesen zugrunde gelegte Ermittlung der Bemessungsgrundlage iSd § 2 Abs 1 bis 3 KGebO bzw WGebO betreffe. Die belangte Behörde habe am 7. November 2012 die maßgeblichen Flächen der baulichen Anlagen im Beisein des Geschäftsführers der mitbeteiligten Partei aufgrund des von ihm eingereichten Bauplanes ermittelt:
Gastro‑ und Shop‑Gebäude: | gerundet | 326 m2 |
Waschhalle: | gerundet | 71 m2 |
Tankfläche: | gerundet | 298 m2 |
Waschplatz: | gerundet | 132 m2 |
Gesamt: | gerundet | 827 m2 |
8 Hinsichtlich des als "Tankfläche" bezeichneten "Gebäudes" sei eingewendet worden, dass dieses nicht zur Gänze unter den Richtsatz nach § 2 Abs 1 lit a KGebO bzw WGebO (EUR 21,26 bzw EUR 12,79) falle, weil es sich dabei bloß um eine umfassende und im Grunde auch etwas überdimensionierte Überdachung von drei Zapfsäuleninseln handle; daher hätte nur der Flächenanteil der Zapfsäuleninseln selbst diesem erhöhten Gebührensatz unterstellt werden dürfen, während für den verbleibenden Rest von ca 250 m2 der ermäßigte Richtsatz des § 2 Abs 1 lit b KGebO bzw WGebO (EUR 3,36 bzw EUR 1,62) hätte herangezogen werden müssen.
9 Dagegen seien nach Ansicht der "Vertreter der Gemeinde" sowohl diese Tankfläche als auch der Waschplatz jeweils als "Gewerbefläche" iSd § 2 Abs 1 lit a KGebO bzw WGebO zu qualifizieren. Darüber hinaus entsprächen beide baulichen Anlagen auch der Definition der "bebauten Fläche" iSd § 2 Z 6 des Oö Bautechnikgesetzes (Oö BauTG), sodass insgesamt eine Heranziehung der ermäßigten Gebührensätze ausscheide.
10 Das Landesverwaltungsgericht führte aus, beim gesamten Gebäudekomplex handle es sich um einen Neubau, der nach den Angaben der Vertreter der mitbeteiligten Partei erst zu Beginn des Jahres 2012 an das öffentliche Netz angeschlossen worden sei. De facto seien gegenwärtig jedoch nicht alle Einzelgebäude an die Wasserleitung und an den Kanal angeschlossen, weil für die Tankfläche nur eine geringe Menge an Wasser - nämlich zum oberflächlichen Reinigen der Scheiben der Fahrzeuge von Tankkunden - benötigt werde.
11 Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlage sei von den Vertretern der Gemeinde darauf hingewiesen worden, dass im Aktenvermerk zur Berechnung der Bemessungsgrundlage vom 7. November 2012 die Wendung "Anschlussdatum 2011" enthalten sei. Demgegenüber sei jedoch von den Vertretern der mitbeteiligten Partei darauf beharrt worden, dass der Anschluss an das öffentliche Netz tatsächlich erst im Jahr 2012 erfolgt sei.
12 Die durchgeführte mündliche Verhandlung habe ergeben, dass außer Streit stehe, dass derzeit an der Grenze des Grundstückes der mitbeteiligten Partei sowohl ein von der Gemeinde Altenfelden errichteter Kanal als auch eine von dieser errichtete öffentliche Wasserleitung existiere. Damit sei aber die belangte Behörde dem Grunde nach auch dazu berechtigt gewesen, der mitbeteiligten Partei sowohl eine Kanal- als auch eine Wasserleitungsanschlussgebühr vorzuschreiben, weil es insoweit hinreiche, dass seitens der öffentlichen Hand faktisch sämtliche Voraussetzungen dafür geschaffen worden seien, um sich auch tatsächlich an das öffentliche Netz anschließen lassen zu können.
13 Allerdings habe weder anhand der von der belangten Behörde vorgelegten Akten noch im Zuge der mündlichen Verhandlung mit der erforderlichen Bestimmtheit festgestellt werden können, zu welchem Zeitpunkt der Kanal- und Wasserleitungsanschluss seitens der Marktgemeinde Altenfelden de facto in der Weise fertiggestellt worden seien, dass diese von der mitbeteiligten Partei auch tatsächlich hätten benutzt werden können. Dieser Umstand sei jedoch für die Frage, in welcher konkreten Fassung § 2 KGebO bzw WGebO jeweils heranzuziehen sei, deshalb von maßgeblicher Bedeutung, weil in diesen Gebührenordnungen die Höhe der Richtsätze jährlich jeweils neu festgelegt werde.
14 Da die Klärung dieser Frage sohin eine unabdingbare Voraussetzung für die Sachentscheidung, insbesondere für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Höhe der Gebührenvorschreibung bilde, sei daher den gegenständlichen Beschwerden schon aus diesem Grund insoweit stattzugeben gewesen, als die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Sachen an die Abgabenbehörde zurückzuverweisen gewesen seien. Dies insbesondere deshalb, weil die Vornahme der fehlenden Sachverhaltsermittlung vor Ort offensichtlich deshalb wesentlich rascher und kostengünstiger durchgeführt werden könne, weil sich - wenn überhaupt, dann vorrangig - im Verfügungsbereich der belangten Behörde entsprechende Nachweise über die Fertigstellung des Kanals und der Wasserleitung im Anschlussbereich des Grundstückes der mitbeteiligten Partei auffinden lassen müssten. Diese Entscheidung blieb unbekämpft.
15 Mit der angefochtenen als Erkenntnis bezeichneten Entscheidung wurde den Beschwerden der mitbeteiligten Partei gegen die Bescheide des Gemeinderates, jeweils vom 30. Juni 2014,
"gemäß § 279 Abs 1 BAO", mit denen neuerlich eine Wasserbzw Kanalanschlussgebühr vorgeschrieben wurden, dahin stattgegeben, dass die bekämpften Bescheide aufgehoben wurden und der Gemeinderat der Marktgemeinde Altenfelden dazu verpflichtet wurde, im Zuge der Neuerlassung der Gebührenbescheide einerseits jeweils von einem abgabenpflichtigen Zeitraum erst ab März 2012 auszugehen sowie andererseits im Zuge der Berechnung der Wasserleitungsanschlussgebühr hinsichtlich des als "Tankfläche" bezeichneten Gebäudes lediglich ein Flächenausmaß von 50 m2 zugrunde zu legen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei unzulässig.
16 In der Begründung führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus, es habe Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von der Gemeinde vorgelegten Akten. Da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt habe klären lassen und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt hätten, habe iSd § 274 Abs 1 Z 2 BAO von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden können.
17 Mit den nunmehr bekämpften (Ersatz‑)Bescheiden des Gemeinderates seien die seinerzeitigen Berufungen der mitbeteiligten Partei neuerlich abgewiesen worden. Über die bereits in den Bescheiden vom 12. November 2013 enthaltene Argumentation hinaus werde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus den Schaltdiagrammen eines näher bezeichneten Pumpwerkes zweifelsfrei ergebe, dass die mitbeteiligte Partei spätestens im Dezember 2011 faktische Einleitungen durchgeführt habe, sodass zumindest seit diesem Zeitpunkt ein tatsächlicher Anschluss an die Wasserleitung und an den Schmutzwasserkanal habe bestehen müssen. Hinsichtlich der Frage, ob die Tankfläche in vollem Ausmaß oder lediglich in Bezug auf die Zapfsäuleninsel dem erhöhten Gebührensatz für bebaute Flächen unterliege, sei auf die ständige Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes und der Oberösterreichischen Landesregierung als Aufsichtsbehörde zu verweisen, wonach Dachüberstände zum einen lediglich bei allseits umschlossenen Gebäuden, zum anderen bloß (orts-)übliche, nicht jedoch auch überdimensionierte Dachvorsprünge nicht in die bebaute Fläche einzurechnen seien.
18 Es sei weiterhin einerseits strittig, ob der Anschluss des Grundstückes der mitbeteiligten Partei an die gemeindeeigene Wasserleitung bzw an den Kanal bereits im November 2011 oder erst im März/April 2012 erfolgt sei, sowie andererseits, ob in Bezug auf die Tankfläche deren Überdachung zur Gänze - also in einem Ausmaß von 298 m2 - oder bloß hinsichtlich der Zapfsäuleninseln - also in einem Ausmaß von insgesamt 50 m2 - der Berechnung des Gebührenausmaßes zugrunde zu legen sei.
19 Davon ausgehend, dass Interessentenbeiträge iSd § 1 Abs 1 lit a und b Oö Interessentenbeiträgegesetz nach dessen § 1 Abs 4 erst mit dem Anschluss an die gemeindeeigene Anlage fällig würden, sei die belangte Behörde in Bindung (vgl § 278 Abs 3 BAO) an den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 27. März 2014 dazu angehalten festzustellen, zu welchem Zeitpunkt der Kanal- bzw Wasserleitungsanschluss seitens der Gemeinde de facto in der Weise fertiggestellt worden sei, dass dieser von der mitbeteiligten Partei auch tatsächlich habe benützt werden können.
20 Wenn die Behörde in diesem Zusammenhang lediglich das Schaltdiagramm eines Pumpwerkes vorzulegen vermöge und aus den daraus ersichtlichen wesentlichen Schaltzeitverkürzungen auf eine seitens der mitbeteiligten Partei erfolgte Einleitung sowie daraus in weiterer Folge schließe, dass der Kanal- und Wasserleitungsanschluss bereits im Dezember 2011 habe hergestellt gewesen sein müssen, so könne dies objektiv gesehen allerdings nicht als ein stichhaltiger Nachweis, auf den eine Abgabenvorschreibung gegründet werden könne, angesehen werden. Abgesehen davon könne auch den von der mitbeteiligten Partei vorgebrachten Einwänden dahin, dass vornehmlich erhöhter Niederschlag, geschmolzener Schnee, etc in den Kanal eingeflossen seien, nicht mit dem Argument, dass in den Schmutzwasserkanal der Gemeinde keine Oberflächenwässer eingeleitet werden dürften, entgegen getreten werden, weil das bloße Bestehen eines derartigen Verbotes per se noch nicht dazu geeignet sei, solcherart unerwünschte Effekte auch faktisch wirksam zu verhindern.
21 Könne sohin im Ergebnis aber nicht erwiesen werden, dass der Kanal- und Wasserleitungsanschluss seitens der Gemeinde bereits im Dezember 2011 de facto in der Weise fertiggestellt gewesen sei, dass dieser von der mitbeteiligten Partei auch tatsächlich habe benützt werden können, sei sohin zu deren Gunsten davon auszugehen, dass ein solcher Zustand vielmehr erst seit März 2012 bestanden habe.
22 Bezüglich der Frage, ob im Zuge der Berechnung der Gebühren die Überdachung der Tankfläche zur Gänze oder bloß hinsichtlich der Zapfsäuleninseln zugrunde zu legen sei, sei vorweg darauf hinzuweisen, dass Auskünfte der Oö Landesregierung in deren Funktion als Aufsichtsbehörde in rechtlicher Hinsicht ebenso keine Bindungswirkung zu erzeugen vermöchten wie Ö-Normen.
23 Im Übrigen sei der belangten Behörde zwar zuzugestehen, dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, dass für das Verständnis von in Gebührenordnungen verwendeten Begriffen - im Sinne der Einheit der Rechtsordnung und der Rechtssprache - gegebenenfalls davon auszugehen sei, dass sich der Verordnungsgeber ua an der Terminologie des Baurechts orientiert habe. Dies gelte jedoch - worauf die Behörde selbst verweise - nur dann und insoweit, als keine Anhaltspunkte für einen gegenteiligen gesetz- bzw verordnungsgeberischen Willen erkennbar seien. Davon ausgehend bleibe das Landesverwaltungsgericht bei der bereits in seinem Beschluss vom 27. März 2014 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht: Maßgebliche Richtschnur für die Auslegung allfälliger in § 2 Abs 1 lit a und b KGebO bzw WGebO verwendeter unbestimmter Rechtsbegriffe müsse danach primär jene Intention sein, die der finanzverfassungsrechtlichen Gebührenermächtigung (vgl Art 116 Abs 2 B-VG iVm § 8 Abs 5 F-VG und iVm § 15 Abs 3 Z 4 FAG 2008 und iVm § 1 Abs 1 lit a und b Oö. Interessentenbeiträgegesetz) und der auf dieser Basis erlassenen gemeindlichen Gebührenordnungen zugrunde liege.
24 Insoweit lasse sich sowohl aus § 2 KGebO als auch aus § 2 WGebO jedenfalls als tragender Grundsatz ableiten, dass das Ausmaß der Anschlussgebühr jeweils in einem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen bzw vorhersehbaren Beanspruchung des öffentlichen Versorgungsnetzes stehen müsse. Konkret komme dieses Verhältnismäßigkeits- bzw Äquivalenzprinzip nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass davon ausgehend jeweils gestaffelte Gebührensätze - nämlich differenzierend nach mit intensiv genutzten Räumlichkeiten bebauten Grundstücken (vgl § 2 Abs 1 lit a KGebO bzw WGebO), nach mit deutlich weniger intensiv genutzten Räumlichkeiten bebauten Grundstücken (vgl § 2 Abs 1 lit b KGebO bzw WGebO), nach mit landwirtschaftlichen Betrieben bebauten Grundstücken (vgl § 2 Abs 3 KGebO bzw WGebO), nach unbebauten Grundstücken (vgl § 2 Abs 4 KGebO bzw WGebO) und nach nachträglichen Änderungen am Baubestand (vgl § 2 Abs 5 KGebO bzw WGebO) - festgelegt seien.
25 Die tatsächliche bzw prognostische Beanspruchung der Gemeindeanlage bilde damit das vorrangige Kriterium, anhand dessen jene in einer Gebührenordnung allenfalls verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe auszulegen seien.
26 Davon ausgehend könnten Begriffsdefinitionen, die in solchen Gesetzen enthalten seien, die zur Gebührenhoheit der Gemeinden entweder in keinem, in einem sachfremden oder in einem nur mäßig sachlichen Konnex stünden, allenfalls nur hilfsweise, also gleichsam "bloß im zweiten oder dritten Grad" zur Interpretation herangezogen werden. Für den vorliegenden Fall gelte dies insbesondere für den in § 2 Abs 6 Oö BauTG normierten Begriff der "bebauten Fläche", der dort als jener Grundstücksteil definiert werde, welcher von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden baulichen Anlage bedeckt werde.
27 An dieser verfassungskonform gebotenen Sichtweise vermöge auch die von der Gemeindeaufsichtsbehörde in deren Schriftsatz der Direktion "Inneres und Kommunales" des Amtes der Oö Landesregierung vom 5. April 2013 geäußerte Rechtsansicht nichts zu ändern. Denn aus dem auch in diesem Auskunftsschreiben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2012, 2010/17/0110, gehe insoweit geradezu Gegenteiliges hervor, nämlich, dass "insbesondere systematische Überlegungen gegen eine unkritische Übernahme der baurechtlichen Bedeutung der in § 2 Abs 5 Kanalgebührenordnung verwendeten Begriffe (‚unbebautes Grundstück', ‚Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau')" sprächen. Vielmehr sei grundsätzlich eine "nicht streng baurechtliche, sondern unter dem Blickwinkel der hinter der Abgabenvorschrift stehenden Überlegungen ‚materielle' Betrachtungsweise" geboten.
28 Konkret bedeute dies für den vorliegenden Fall, dass zur Ermittlung der "Quadratmeterzahl der bebauten (Grund)Fläche" iSd § 2 Abs 2 KGebO bzw WGebO - jedenfalls soweit es sich um Gebäude handelt, die ihrer Art nach nicht zweifelsfrei unter einen der in § 2 Abs 1 lit a bzw lit b KGebO bzw WGebO verwendeten Gattungsbegriffe subsumiert werden könnten - nicht unbesehen (etwa in Anlehnung an § 2 Z 6 Oö BauTG) der Grundriss des vom Liegenschaftseigentümer eingereichten Bauplanes herangezogen werden dürfe, sondern die Fläche unter Bedachtnahme auf die tatsächliche bzw prognostizierbare Nutzungsintensität hinsichtlich der jeweiligen Gemeindeanlage festzulegen sei.
29 In Bezug auf die allein strittige "Tankfläche" komme es sohin nicht ausschließlich auf die von den Begrenzungslinien des Flugdaches gebildete Fläche, sondern auch darauf an, in welcher Intensität die unter dieser Dachkonstruktion befindlichen Einrichtungen tatsächlich bzw voraussichtlich eine Beanspruchung des gemeindeeigenen Kanals bzw der Wasserleitung nach sich zögen.
30 Eine vollständige Subsumtion der hier aus drei Zapfsäuleninseln, die bloß im Wege einer durchgängigen Dachfläche miteinander verbunden seien - was per se noch keinen, jedenfalls keinen offenkundigen Bezug zu einer Wasserverbzw Abwasserentsorgung aufweisen müsse -, bestehenden Tankfläche unter die Vorschrift des § 2 Abs 1 lit a KGebO bzw WGebO ließe sich angesichts der zuvor dargestellten Auslegungsmaxime daher nur dann rechtfertigen, wenn die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage sowohl bestimmungsgemäß als auch so, wie diese tatsächlich ausgeführt worden sei, jeweils in vollem Umfang eine Wasserzufuhr bzw Abwasserentsorgung wie die in diesen Normen explizit angeführten Gebäudetypen bedingen würde.
31 Hierfür bedürfe es jedoch entsprechender Sachnachweise, die von der belangten Behörde nicht erbracht worden seien.
32 Angesichts dessen erweise sich aber aufgrund der im vorliegenden Fall konkret gegebenen Faktenlage die Heranziehung der gesamten Dachfläche lediglich in Bezug auf die Berechnung der Kanalanschlussgebühr als sachlich gerechtfertigt, weil insoweit offenkundig sei, dass diese durch - in der Folge über den Kanal zu entsorgende - Niederschläge auch tatsächlich in vollem Ausmaß in Anspruch genommen werde.
33 Demgegenüber beziehe sich - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - die Wasserversorgung bloß auf Tätigkeiten, die mit den Zapfsäuleninseln im Zusammenhang stünden, bzw anders gewendet:
Unter dem Aspekt des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und der daraus resultierenden Wasserversorgung würde sich kein maßgeblicher Unterschied ergeben, wenn bloß die Zapfsäuleninseln überdacht wären.
34 Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass von der belangten Behörde im Vorfeld der Gebührenvorschreibung allenfalls abgegebene Zusagen keine im Abgabenverfahren zu beachtende rechtliche Bindungswirkung zu erzeugen vermöchten.
35 Aus all diesen Gründen sei daher den vorliegenden Beschwerden "gemäß § 279 Abs 1 BAO" dahin stattzugeben, dass die angefochtenen Bescheide aufzuheben gewesen seien und der Gemeinderat dazu zu verpflichten gewesen sei, im Zuge der Neuerlassung der Gebührenbescheide einerseits jeweils von einem "abgabepflichtigen Zeitraum erst ab März 2012" auszugehen sowie andererseits im Zuge der Berechnung der Wasserleitungsanschlussgebühr hinsichtlich des als "Tankfläche" bezeichneten Gebäudes lediglich ein Flächenausmaß von 50 m2 zugrunde zu legen.
36 Gegen diese angefochtene als "Erkenntnis" bezeichnete Entscheidung sei die Revision an den Verwaltungsgerichtshof deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Weder weiche nämlich die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle es an einer solchen Rechtsprechung; weiters sei die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich lägen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.
37 Dagegen richtet sich die Revision des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Altenfelden mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und das angefochtene "Erkenntnis" dahin abändern, die Beschwerden gegen die Bescheide des Gemeinderates vom 30. Juni 2014 jeweils als unbegründet abzuweisen. In eventu wird beantragt, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
38 Die mitbeteiligte Partei und die Oberösterreichische Landesregierung erstatteten jeweils Revisionsbeantwortungen, in denen sie beantragten, die außerordentliche Revision für nicht zulässig zu erachten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
39 § 278 Abs 1 BAO und § 279 Abs 1 BAO jeweils in der Fassung des Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzes 2012, BGBl I Nr 14/2013 - FVwGG 2012 lauten:
"§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht
zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen."
40 Zunächst wird festgehalten, dass der Gemeindevorstand gemäß § 56 Abs 2 Z 11 Oö Gemeindeordnung 1990 legitimiert ist, Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
41 Im Zulässigkeitsvorbringen der Revision wird unter anderem zutreffend darauf hingewiesen, dass das Landesverwaltungsgericht in der Sache selbst mit Erkenntnis hätte entscheiden müssen.
42 Das Landesverwaltungsgericht hat sich im Spruch seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Entscheidung ausdrücklich auf § 279 Abs 1 BAO bezogen und diese als "Erkenntnis" bezeichnet. Sollte darin nicht ein bloßes Vergreifen im Ausdruck zu erblicken und - im Hinblick auf den sonstigen Inhalt des Spruches (und der Begründung) - ein Beschluss im Sinne des § 278 Abs 1 BAO zu verstehen sein, hat es die Bestummung des § 279 Abs 1 BAO verkannt: Danach darf eine Aufhebung als meritorische Beschwerdeerledigung nur dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (vgl Ritz, Kommentar zur BAO5, Rz 5 zu § 279 BAO; Fischerlehner, Abgabenverfahren2, Rz 3 zu § 279 BAO, je mwN).
43 Aber auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung als Beschluss im Sinne des § 278 Abs 1 BAO zu werten wäre, erwiese sich dieser als rechtswidrig:
44 Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 278 Abs 1 BAO (abgesehen von den in lit a und b vorgesehenen Formalentscheidungen) den Grundsatz der Entscheidung in der Sache vor einer ausnahmsweisen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde normiere. Eine solche Aufhebung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Die Ausnahmebestimmung (der Ermächtigung zur Aufhebung und Zurückverweisung) ist an den Zielsetzungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 orientiert, restriktiv (im Sinne eines engen Anwendungsbereiches) zu verstehen (vgl sehr ausführlich VwGH vom 9. September 2015, Ra 2015/16/0037, weiters VwGH vom 1. September 2015, Ro 2014/15/0029, sowie VwGH vom 26. Jänner 2017, Ra 2015/15/0063).
45 Im hier vorliegenden Fall ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich davon ausgegangen, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt von ihm geklärt worden sei. In einem solchen Fall ist jedoch eine Aufhebung und Zurückverweisung schon nach dem eindeutigen Wortlaut des § 278 Abs 1 BAO unzulässig.
46 Das Verwaltungsgericht muss im Rahmen seiner Entscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte im Hinblick auf die genannten Zielsetzungen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bezeichnen und beurteilen, ob die Durchführung allfälliger Ermittlungsschritte sowie die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit des Verfahrens gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre (vgl das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 9. September 2015, Ra 2015/16/0037). Daraus ergibt sich auch, dass vom Verwaltungsgericht grundsätzlich - innerhalb der angeführten Grenzen - alle sachdienlichen Ermittlungsschritte zu setzen sind. Eine Beweislastentscheidung kommt erst in Frage, nachdem alle durchführbaren, sachdienlichen Ermittlungsschritte gesetzt worden sind.
47 Indem das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Verkennung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung der vor ihm in Beschwerde gezogenen Bescheide vorging, hat es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Diese war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
48 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 29. August 2017
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