Normen
BAO §14;
BAO §20;
BAO §278 Abs1 idF 2013/I/014;
B-VG Art130 Abs4 Z2 idF 2012/I/051;
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Haftungsbescheid vom 23. Mai 2012 nahm das Finanzamt Salzburg Stadt die Mitbeteiligte als Haftungspflichtige gemäß § 14 BAO für aushaftende Abgabenschulden der Firma i GmbH, ansässig in der Bundesrepublik Deutschland, im Ausmaß von EUR 216.639,33 für "Abgabenschuldigkeiten" an Umsatzsteuer für den Zeitraum "10-12/2011" in Höhe von EUR 196.639,33 in Anspruch:
Die Abgabenbehörde erster Instanz begründete dies folgendermaßen:
"Mit Kaufvertrag vom 1.12.2011 erwarb die (Mitbeteiligte) von der i GmbH das Objekt ... . Dabei handelt es sich um ein vermietetes Objekt und somit um einen Betrieb (Teilbetrieb). Es wurden jedenfalls die wesentlichen Grundlagen des Betriebes übereignet. Durch die Veräußerung entstand eine Umsatzsteuerschuld bei der Primärschuldnerin in Höhe von 240.000 Euro, wobei mit heutigem Tage noch 196.639,33 Euro aushaften. Die aushaftende Umsatzsteuer ist daher ursächlich auf den Betrieb der Primärschuldnerin zurückzuführen und ist innerhalb des letzten Jahres vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres angefallen. Durch den Kaufvertrag und die Rechnungslegung samt Geltendmachung der Vorsteuer ist der Haftungspflichtigen die Abgabenschuld der i GmbH bekannt.
Laut Aktenlage wurden von der Primärschuldnerin erst 43.360,67 Euro entrichtet, obwohl von dieser die Umsatzsteuer zur Gänze vereinnahmt wurde. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass von der Primärschuldnerin die vereinnahmte Umsatzsteuer für den laufenden Geschäftsbetrieb verwendet wurde. Die Primärschuldnerin verfügt daher offensichtlich selbst nicht über ausreichendes Vermögen, sodass von einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung auszugehen ist. Auch der Umstand, dass monatliche Ratenzahlungen über die Abgabenschuld beantragt wurden, lässt auf nicht ausreichende liquide Mittel schließen. Weiters verfügt die Primärschuldnerin laut Aktenlage über kein nennenswertes Inlandsvermögen. Zudem ist die österreichische Tochtergesellschaft in Liquidation. Bei der Ermessensübung nach § 20 BAO wurde daher dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben gegenüber den Billigkeitsgründen der Vorrang gegeben."
Dagegen erhob die Mitbeteiligte Berufung.
Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Bundesfinanzgericht den Bescheid vom 23. Mai 2012 gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde auf und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 9 B-VG nicht zulässig sei; begründend führte das Gericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung des § 14 Abs. 1 sowie des § 278 Abs. 1 BAO aus:
"Wie vom Finanzamt ausgeführt wurde, setzt die Haftungsinanspruchnahme gem. § 14 (wie jede andere Haftungsinanspruchnahme) eine Ermessensentscheidung gem. § 20 BAO voraus. Demnach sind Haftungen Besicherungsinstitute wobei insbesondere der Grundsatz der Nachrangigkeit (Subsidiarität) der Haftung zu beachten ist (siehe dazu auch § 7 BAO).
Eine Haftungsinanspruchnahme kommt daher dann in Frage, wenn eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringlichkeit beim Hauptschuldner vorliegt. Dazu ist die Judikatur zu § 232 (Sicherstellungsauftrag) heranziehbar ...
Derartige Gefährdungen bzw. Erschwerungen werden bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht sowie bei Vermögensverschiebung ins Ausland usw. gegeben sein. Dazu bedarf es jedenfalls konkreter Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen, dh. zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Primärschuldners.
Derartige konkrete Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der GmbH sind dem angefochten Bescheid (bzw. den vorgelegten Akten) nicht zu entnehmen. Das Finanzamt geht davon aus, dass die vereinnahmte Umsatzsteuer - soweit nicht entrichtet -
für den laufenden Geschäftsbetrieb verwendet wurde. Die Primärschuldnerin verfüge daher offensichtlich nicht über ausreichendes Vermögen. Auch der Antrag auf Ratenzahlungen lasse auf nicht ausreichende Mittel schließen. Weiters verfüge die GmbH laut Aktenlage über kein nennenswertes Inlandsvermögen.
Derartige Ausführungen lassen daher nicht auf eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung im Sinne des § 232 BAO (siehe oben; zB. Konkursverfahren) schließen. Zudem fehlen Feststellungen über das Einkommen gänzlich.
Darauf, dass bezüglich der haftungsgegenständlichen Abgabe von der GmbH ein Ratenansuchen gestellt wurde, über welches noch nicht entschieden wurde, wurde auch seitens der (Mitbeteiligten) hingewiesen. Aus diesem Vorbringen geht hervor, dass seitens der GmbH offenbar drei Raten entrichtet wurden. Dazu wurde seitens des Finanzamtes anlässlich der Berufungsvorlage keine Stellung genommen, bzw. wurde auch nicht dargelegt, wie über das damals noch offene Ratenansuchen entschieden wurde.
Aufgrund eines Ratenansuchens kann daher nicht darauf geschlossen werden, dass die Abgaben, für die es beantragt wurde, nicht eingebracht werden können. Demnach kann somit - ohne weitere Ermittlungen - nicht auf eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung im Sinne des § 232 BAO geschlossen werden.
Zweck der Kassationsmöglichkeit des § 278 Abs. 1 ist die Entlastung der Rechtsmittelbehörde und die Beschleunigung des
Beschwerdeverfahrens ... Es ist nicht Sache des BFG praktisch
erstmals ein erstinstanzliches Verfahren durchzuführen, sodass auch Gründe der Kostenersparnis nicht gegen eine Aufhebung und Zurückverweisung sprechen.
Da somit Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können, war die Berufung (Beschwerde) durch Aufhebung und Zurückverweisung im Sinne des § 278 Abs. 1 BAO zu erledigen.
Dabei ist auch zu beachten, dass das Finanzamt zum konkreten Berufungsvorbringen keinerlei Stellung bezogen hat.
Hinzukommt, dass unklar bleibt in welchem Ausmaß die (Mitbeteiligte) zur Haftung herangezogen wird (es werden im Spruch zwei unterschiedliche Beträge angeführt), sodass auch aus diesem Grund (entsprechende Kontoauszüge liegen dem Haftungsakt nicht bei) eine Entscheidung durch das BFG nicht möglich wäre.
Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage (im Wesentlichen Sachverhaltsermittlungen) abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt."
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Amtsrevision der Abgabenbehörde erster Instanz mit dem Antrag, den Beschluss wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Abgabenbehörde erster Instanz sieht die Zulässigkeit ihrer Revision darin, der bekämpfte Beschluss weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen des § 278 Abs. 1 BAO (§ 289 BAO aF) für eine Bescheidaufhebung ebenso wie von der Rechtsprechung zu § 14 BAO ab.
Sie erblickt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darin, der Verwaltungsgerichtshof habe mehrfach betont, dass der Unabhängige Finanzsenat (nunmehr das Bundesfinanzgericht) grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden habe. Die bloß kassatorische Erledigung nach § 289 Abs. 1 BAO solle die Ausnahme darstellen. Die Befugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz (nun des Bundesfinanzgerichtes) ausnahmsweise nach § 289 Abs. 1 BAO vorzugehen, sei in deren Ermessen gestellt. Mache die Behörde von diesem Ermessen Gebrauch, habe sie die Ermessensübung zu begründen. Die Entscheidung des Gerichts erscheine nun im Lichte des § 278 Abs. 1 BAO und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig. Die vom Gericht vermisste Feststellung der wirtschaftlichen und Einkommens-Verhältnisse der Primärschuldnerin könne sich nur auf ihre deutschen Verhältnisse beziehen. Ein anderslautender Bescheid im Sinn des § 278 Abs. 1 BAO hätte auch bei eingehender Kenntnis der ausländischen Vermögensverhältnisse nicht erlassen werden können, die Unterlassung der Erhebung der ausländischen Vermögensverhältnisse stelle daher keinesfalls einen Aufhebungsgrund dar, da die vom Gericht vermissten Ermittlungen nach Ansicht der Revisionswerberin nicht entscheidungsrelevant seien. Zur Erhebung wirtschaftlicher Verhältnisse wäre dem Gericht auch das Instrument des § 269 Abs. 2 BAO jederzeit zur Verfügung gestanden. Warum es dieses nicht genutzt habe, begründe es in seiner Ermessensentscheidung (im Rahmen der Aufhebung des angefochtenen Bescheides) zulasten der Abgabenbehörde nicht. Insoweit nicht vorgelegte oder nicht ausgedruckte Aktenteile eine Aufhebung nach § 278 BAO rechtfertigen könnten, lasse das Gericht ebenso offen. Nach Ansicht der Revisionswerberin wäre das Gericht nach § 266 Abs. 4 BAO ebenso verhalten gewesen, erforderlichenfalls eine Aufforderung zur Aktenvorlage an die Abgabenbehörde zu stellen, nicht jedoch nach § 278 Abs. 1 BAO vorzugehen. Auch der Hinweis auf Unklarheiten im Spruch des Haftungsbescheides rechtfertigte eine auf § 278 Abs. 1 BAO gestützte Aufhebung des Haftungsbescheides keineswegs, weil das Gericht nach § 279 Abs. 1 BAO jederzeit berechtigt sei, im Spruch seine Anschauung anstelle jener der Abgabenbehörde zu setzen, also den Haftungsbetrag nach seiner Beurteilung festzusetzen. Andererseits ergebe sich aus der Begründung des aufgehobenen Bescheides eindeutig der von der Abgabenbehörde beabsichtigte Haftungsumfang in Zusammenschau mit dem Bescheidspruch. Mit der allgemein gehaltenen Aussage, es sei nicht Sache des Gerichts, erstmals ein erstinstanzliches Verfahren durchzuführen, und mit dem Hinweis auf Kostenersparnis stehe dieses im Widerspruch zur zuletzt ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 278 Abs. 1 BAO (idF vor dem FVwGG 2012 § 289 BAO) und beachte die doch strengen Voraussetzungen einer kassatorischen Entscheidung nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof leitete hierauf das Verfahren über die (außerordentliche) Revision ein; die Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Amtsrevision erweist sich aus den nachstehenden Gründen als zulässig und berechtigt:
Das Gericht sah die Aufhebung des Haftungsbescheides vom 23. Mai 2012 im Grund des § 278 Abs. 1 BAO in mangelnden Feststellungen begründet, die eine Ermessensentscheidung über eine Haftungsinanspruchnahme der Mitbeteiligten nach § 14 BAO tragen könnten. Die für die Ermessensübung relevante Zielrichtung des § 14 BAO liegt darin, die im Unternehmen (Betrieb als solchem) liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründenden Abgabenschulden durch den Übergang des Unternehmens (Betriebes) in andere Hände nicht verloren gehen zu lassen. Bei der Ermessensübung ist insbesondere der Grundsatz der Subsidiarität der Haftung zu beachten, d.h. wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner (Veräußerer des Unternehmens oder Betriebes) nicht ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnte (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zur BAO5, unter Rz. 23 ff wiedergegebene Judikatur).
Soweit das Gericht allein in Ansehung der von der Abgabenbehörde erster Instanz in ihrem Haftungsbescheid vom 23. Mai 2012 dargebotenen Begründung eine die fehlerfreie Ermessensübung im Grunde des § 14 BAO tragende Feststellung nicht zu erkennen vermochte, tritt der Verwaltungsgerichtshof dieser Beurteilung nicht entgegen; das Verfahren erwies sich als ergänzungsbedürftig.
Art. 130 Abs. 3 und 4 B-VG lauten in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51:
"(3) Außer in Verwaltungsstrafsachen und in den zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen gehörenden Rechtssachen liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat.
(4) Über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Über Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 1 in sonstigen Rechtssachen hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
- 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
- 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Die ErläutRV zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 1618 BlgNR XXII. GP 4, nennen als einen "Hauptgesichtspunkt des Entwurfes" den Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung und eines verstärkten Bürgerservice sowie die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes. Zu Art. 130 Abs. 4 führen sie im Besonderen aus (aaO 14), in diesem sei abschließend geregelt, in welchen Fällen das Verwaltungsgericht meritorisch zu entscheiden habe; in diesen Fällen dürfe es daher nicht kassatorisch entscheiden. Einfachgesetzliche Regelungen, wonach das Verwaltungsgericht in bestimmten anderen Fällen meritorisch entscheiden könne oder meritorisch zu entscheiden habe (dies solle der Vermeidung von "Kassationskaskaden" dienen), seien jedoch zulässig.
§ 278 Abs. 1 BAO lautet in der Fassung des Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 - FVwGG 2012, auszugsweise:
"§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen ... oder als gegenstandlos ... zu
erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Die ErläutRV zum FVwGG 2012, 2007 BlgNR XXIV. GP 19, führen hiezu aus,
"(ü)ber Beschwerden absprechende Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes bzw. der Landesverwaltungsgerichte sind einerseits formale Entscheidungen (z.B. Zurückweisung einer verspäteten Beschwerde), Aufhebungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde (entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 289 Abs. 1 BAO) sowie meritorische Beschwerdeerledigungen.
Entscheidungen in der Sache selbst haben nach § 279 Abs. 1 BAO zu erfolgen. Die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis entspricht jener im bisherigen § 289 Abs. 2 BAO (für Berufungsentscheidungen)."
Schon nach der ständigen Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes zu § 289 Abs. 1 BAO in der Fassung vor
dem FVwGG 2012 hatte der unabhängige Finanzsenat als
Abgabenbehörde zweiter Instanz grundsätzlich in der Sache zu
entscheiden, die bloß kassatorische Erledigung nach § 289
Abs. 1 BAO sollte nur die Ausnahme darstellen. Die Befugnis der
Abgabenbehörde zweiter Instanz, nach § 289 Abs. 1 BAO vorzugehen,
war in deren Ermessen gestellt. Machte die Behörde von diesem
Ermessen Gebrauch, hatte sie die Ermessensübung zu begründen
(vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2007,
Zl. 2006/16/0220, vom 22. April 2009, Zl. 2007/15/0074
= Slg. 8435/F, vom 23. September 2010, Zl. 2010/15/0108
= Slg. 8583/F, sowie vom 24. September 2014, Zl. 2010/13/0131, mwN).
Während § 279 Abs. 1 erster Satz BAO in der Fassung des
FVwGG 2012 - um mit den Worten der zitierten
ErläutRV 2007 BlgNR XXIV. GP zu sprechen - "im Wesentlichen" dem
bisherigen § 289 Abs. 1 erster Satz BAO in der Fassung vor dem
FVwGG 2012 "entspricht", nimmt § 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO
(wonach eine solche Aufhebung unzulässig ist, wenn die
Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das
Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder
mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist) in
Übereinstimmung mit Art. 130 Abs. 4 Z 2 B-VG in der Fassung der
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eine Einschränkung vor,
die in § 289 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem FVwGG 2012 nicht
enthalten war.
In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, führte der Verwaltungsgerichtshof (in Auslegung des § 28 VwGVG vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 4 B-VG) aus, der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte - auch zur Vermeidung von "Kassationskaskaden" - grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen sei. Mit einem restriktiven Verständnis der Ausnahmen von der den Verwaltungsgerichten grundsätzlich zukommenden Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst werde insbesondere der der Einrichtung der Verwaltungsgerichte zugrunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen, bedeute doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszuges gegen die dann abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt grundsätzlich nicht nur eine Verlängerung des Verfahrens, sondern führe dies im Ergebnis - infolge der neuerlichen Beschwerdemöglichkeit beim Verwaltungsgericht - zur Befassung einer "zusätzlichen" Rechtsmittelinstanz, was aber aus gesetzgeberischer Sicht prinzipiell abgelehnt worden sei, wie die grundsätzliche Beseitigung des administrativen Instanzenzuges durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zeige. Derart seien es gerade Rechtsschutzerwägungen, die der prinzipiellen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung in der Sache selbst zugrunde lägen.
Überträgt man diese (vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 4 B-VG angestellten) Erwägungen auf die Auslegung des § 278 Abs. 1 BAO (idF FVwGG 2012), normiert § 278 Abs. 1 BAO (abgesehen von den in lit. a und b vorgesehenen Formalentscheidungen) den Grundsatz der Entscheidung in der Sache vor einer ausnahmsweisen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde. Eine solche Aufhebung ist jedenfalls unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Die Ausnahmebestimmung (der Ermächtigung
zur Aufhebung und Zurückverweisung) ist, an den Zielsetzungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 orientiert, restriktiv (im Sinne eines engen Anwendungsbereiches) zu verstehen (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 26. Juni 2014).
Legt man ein solches Verständnis des § 278 Abs. 1 BAO zugrunde, so vermögen die vom Gericht für die Aufhebung und Zurückverweisung ins Treffen geführten Gründe ein solches Ergebnis nicht zu tragen: Mag es auch grundsätzlich "nicht Sache des BFG" sein "praktisch erstmals ein erstinstanzliches Verfahren durchzuführen", so hätte das Gericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung über die Aufhebung und Zurückverweisung die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte im Hinblick auf die genannten Zielsetzungen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bezeichnen und beurteilen müssen und insbesondere die Frage zu beantworten gehabt, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit des Verfahrens oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
Da das Gericht seine Beurteilung im Grunde des § 278 Abs. 1 BAO an sachfernen Gesichtspunkten orientierte, belastete es seinen Beschluss mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 9. September 2015
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