Normen
BauO OÖ 1994 §2 Abs1 idF 1998/070;
BauRallg;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1;
VwRallg;
BauO OÖ 1994 §2 Abs1 idF 1998/070;
BauRallg;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mitbeteiligte ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. X/Y, KG K, im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Gemeinde.
Für den Anschluss dieser Liegenschaft, auf der sich bis zum Jahr 2007 ein Wochenendhaus befand, an die Kanalanlage der beschwerdeführenden Gemeinde war eine Kanalanschlussgebühr in Höhe der Mindestanschlussgebühr (bis 150 m2) entrichtet worden.
Mit Bescheid vom 17. September 2007 wurde der Mitbeteiligten die Bewilligung für den Abbruch des bestehenden Gebäudes und den Neubau eines Einfamilienhauses erteilt.
Mit schriftlicher Anzeige der Mitbeteiligten vom 27. September 2007 teilte diese mit, die Abbrucharbeiten würden am 1. Oktober 2007 beendet sein und mit dem Neubau werde am 5. Oktober 2007 begonnen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 20. März 2008 wurde der Mitbeteiligten gemäß § 2 Abs. 5 lit. b der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde K, mit der eine Kanalgebührenordnung für die beschwerdeführende Gemeinde erlassen wird (in weiterer Folge: Kanalgebührenordnung), eine ergänzende Kanalanschlussgebühr in der Höhe von EUR 1.821,60 vorgeschrieben.
Begründet wurde dieser Bescheid damit, dass durch die Errichtung des Neubaus gegenüber dem bisherigen Bestand eine Vergrößerung der Bemessungsgrundlage um 92 m2 eingetreten sei.
Die Mitbeteiligte berief und führte aus, dass es sich beim gegenständlichen Objekt nicht um einen Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau im Sinne des § 2 Abs. 5 lit. b Kanalgebührenordnung, sondern um einen in dieser Bestimmung nicht berücksichtigten "Neubau nach Abbruch" handle.
Mit Bescheid vom 4. März 2010 änderte der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde den erstinstanzlichen Abgabenbescheid dahin gehend ab, dass die ergänzende Kanalanschlussgebühr für die in Rede stehende Liegenschaft in der Höhe von EUR 1.821,60 nunmehr gemäß § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung festgesetzt wurde.
Begründend wurde ausgeführt, dass sich in der Zeit von 1. bis 5. Oktober 2007 auf dem Grundstück der Mitbeteiligten kein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauwerk im Sinne des § 2 Oberösterreichische Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998 (in der Folge: OÖ BauO), befunden habe und das Grundstück auch nicht bebaut im Sinne des § 25 Abs. 3 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 115/2005 (in der Folge: OÖ ROG) gewesen sei. Somit sei von einem kurzzeitig unbebauten Grundstück auszugehen und daher die Bestimmung des § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung anzuwenden, der die Vorschreibung einer ergänzenden Kanalanschlussgebühr vorsehe, wenn auf einem unbebauten Grundstück ein Gebäude errichtet werde.
Gegen diesen Bescheid brachte die Mitbeteiligte eine Vorstellung ein.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Bescheid vom 4. März 2010 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zurückverwiesen.
Die belangte Behörde führte nach Zitierung der ihrer Ansicht nach maßgeblichen Bestimmungen aus, dass es sich beim Tatbestandsmerkmal des "unbebauten Grundstückes" im Sinne des § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung um einen verordnungs- und abgabenspezifischen Begriff handle, der einer entsprechenden Auslegung bedürfe.
Die Bestimmung des § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung knüpfe grundsätzlich seinem Wortlaut nach an die Errichtung eines Gebäudes auf einem unbebauten Grundstück an, welches bereits im unbebauten Zustand an die Abwasserentsorgungsanlage angeschlossen worden sei. Die "seinerzeit geleistete" Kanalanschlussgebühr sei von der anlässlich der Neuerrichtung eines Gebäudes auf dem unbebauten Grundstück ermittelten Kanalanschlussgebühr abzusetzen.
Im Gegensatz dazu sei im vorliegenden Fall die seinerzeit geleistete Kanalanschlussgebühr anlässlich des Anschlusses eines bereits bebauten Grundstückes und somit des darauf befindlichen Gebäudes an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage entrichtet worden, weshalb der hier vorliegende Sachverhalt keine Deckung im Tatbestand des § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung finden könne.
Ein entsprechendes Auslegungsergebnis werde auch durch den Tatbestand des § 2 Abs. 5 lit. b Kanalgebührenordnung gestützt, welcher sich um die "Änderung eines angeschlossenen Gebäudes" kümmere. Dieses sei im gegenständlichen Fall vorgelegen und habe dieses auch durch einen gänzlichen Abbruch keine Änderung erfahren. Ein Abbruch sei jedenfalls die ausgeprägteste Form einer solchen Änderung, weshalb - wenn überhaupt - der Tatbestand des § 2 Abs. 5 lit. b Kanalgebührenordnung zur Anwendung gelangen könne. Diese Anwendbarkeit werde jedoch gehindert durch die weitere tatbestandsmäßige Einschränkung auf Auf-, Zu-, Ein- und Umbauten der angeschlossenen Gebäude, welchen ein gänzlicher Abbruch und anschließender Neubau gerade nicht zugeordnet werden könne.
Abschließend könne noch darauf hingewiesen werden, dass die rechtskräftige Baubewilligung sowohl für den Abbruch als auch für den unmittelbar daran anschließenden Neubau erteilt worden sei. Es sei im gegenständlichen Fall durchaus maßgeblich, dass ein einheitlicher Bauwille zum Abbruch und anschließendem Neubau vorgelegen sei und dementsprechend der nur vier Tage andauernde unbebaute Zustand des Grundstückes nicht zu einem unbebauten Grundstück im Sinn des § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung führen könne, da der rechtskräftig konsentierte Bauwille der Mitbeteiligten bereits mit dem Abbruch und somit einer Änderung eines angeschlossenen Gebäudes begonnen habe.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz werde daher den bei ihr bekämpften Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz ersatzlos zu beheben haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958, LGBl. Nr. 28, in der Fassung LGBl. Nr. 55/1968 und LGBl. Nr. 57/1973, lauten:
"§ 1
(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung folgende Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) zu erheben:
a) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage - Kanal-Anschlussgebühr;
…
Als gemeindeeigen im Sinne dieses Gesetzes gilt eine Anlage (Einrichtung), deren sich die Gemeinde zur Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben bedient, auch dann, wenn die Anlage (Einrichtung) nicht oder nicht zur Gänze im Eigentum der Gemeinde steht.
(2) Die Interessentenbeiträge sind auf die einzelnen leistungspflichtigen Grundstückseigentümer oder Anrainer jeweils nach einem einheitlichen objektiven Teilungsschlüssel aufzuteilen.
Als Teilungsschlüssel kommen insbesondere in Betracht: der Einheitswert, die Grundstücksgröße, die Länge des anrainenden Grundstückes, der Anteil des Nutzens an der den Beitrag begründenden Gemeindeeinrichtung oder -anlage oder der Anteil des durch diese beseitigten Nachteils.
…
(4) Die Interessentenbeiträge werden mit dem Anschluss an die gemeindeeigene Anlage (Einrichtung) gemäß Abs. 1 lit. a, b oder c fällig.
…"
Die Kanalgebührenordnung hat folgenden auszugsweisen Wortlaut:
"§ 1
Anschlussgebühr
Für den Anschluss von Grundstücken an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz wird eine Kanalanschlussgebühr erhoben. Gebührenpflichtig ist der Eigentümer des angeschlossenen Grundstückes, bei Vorliegen von Bauwerkseigentum der Bauwerkseigentümer.
§ 2
Ausmaß der Anschlussgebühr
(1) Die Kanalanschlussgebühr beträgt je Quadratmeter der Bemessungsgrundlage nach Abs. 2 EUR 18,00 mindestens aber EUR 2.700,--.
(2) Die Bemessungsgrundlage bildet bei eingeschossiger Bebauung die Quadratmeterzahl der bebauten Fläche, bei mehrgeschossiger Bebauung die Summe der bebauten Fläche der einzelnen Geschosse jener Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz aufweisen.
Bei der Berechnung ist auf volle Quadratmeteranzahl der einzelnen Geschosse abzurunden. Keller-, Dachgeschosse und Dachräume werden nur in jenem Ausmaß berücksichtigt, als sie für Wohn-, Geschäfts- oder Betriebszwecke benützbar ausgebaut sind.
Bei land- und forstwirtschaftlichen Bauten werden nur die zu wohn- und gewerblichen Zwecken benützten Gebäude oder Gebäudeteile als Bemessungsgrundlage herangezogen.
…
(5) Bei nachträglicher Abänderung der angeschlossenen Grundstücke ist eine ergänzende Kanalanschlussgebühr zu entrichten, die im Sinne der obigen Bestimmungen mit folgender Maßgabe errechnet wird:
a) Wird auf einem unbebauten Grundstück ein Gebäude errichtet, so ist von der ermittelten Kanalanschlussgebühr die seinerzeit vom Grundstückseigentümer oder dessen Vorgänger bereits geleistete Kanalanschlussgebühr entsprechend dieser Gebührenordnung abzusetzen.
b) Bei Änderung eines angeschlossenen Gebäudes durch Auf-, Zu- , Ein- oder Umbau ist die Kanalanschlussgebühr in dem Umfang zu entrichten, als gegenüber dem bisherigen Zustand eine Vergrößerung der Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 2 gegeben ist. Eine Ergänzungsgebühr ist nur soweit zu entrichten, als die der Mindestanschlussgebühr entsprechende Fläche überschritten wird.
…
§ 5
Entstehen des Abgabenanspruches
(1) Die Kanalanschlussgebühr wird mit dem Anschluss eines Grundstückes an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz fällig; …
(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung einer ergänzenden Kanalanschlussgebühr nach § 2 Abs. 5 lit. a) oder b) dieser Kanalgebührenordnung entsteht nach Fertigstellung der Rohbauarbeiten.
… "
§ 2 OÖ BauO, LGBl. Nr. 66/1994, in der hier maßgeblichen
Fassung LGBl. Nr. 70/1998, lautet:
"§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet: Bebautes Grundstück oder bebauter Grundstücksteil: Grundstücke oder Grundstücksteile, auf denen sich nach diesem Landesgesetz bewilligungspflichtige oder nach § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 anzeigepflichtige bauliche Anlagen befinden.
(2) Im übrigen gelten die Begriffsbestimmungen des O.ö. Bautechnikgesetzes."
§ 25 Abs. 3 OÖ ROG, LGBl. Nr. 114/1993, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 115/2005 lautet:
"§ 25
Aufschließungsbeitrag im Bauland
…
(3) Als bebaut gilt ein Grundstück,
1. auf dem ein Gebäude errichtet ist, das nicht unter § 3 Abs. 2 Z. 5 der Oö. Bauordnung 1994 fällt, oder
2. auf dem mit dem Bau eines solchen Gebäudes im Sinn der Oö. Bauordnung 1994 tatsächlich begonnen wurde oder
3. das mit einem Grundstück gemäß Z. 1 und 2 eine untrennbare wirtschaftliche Einheit bildet und an dieses unmittelbar angrenzt.
…"
Der belangten Behörde ist dahin gehend zu folgen, dass abgabenrechtliche Vorschriften, die an baurechtliche Begriffe anknüpfen, zwar in der Regel und mangels konkreter Anhaltspunkte für einen gegenteiligen gesetzgeberischen Willen im Sinne der im Baurecht umschriebenen Bedeutung der Begriffe auszulegen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0296), dass dies aber nicht zwingend so sein muss.
Im Beschwerdefall sprechen insbesondere systematische Überlegungen gegen eine unkritische Übernahme der baurechtlichen Bedeutung der in § 2 Abs. 5 Kanalgebührenordnung verwendeten Begriffe ("unbebautes Grundstück", "Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau") in der Weise, wie dies die belangte Behörde letztlich zu Grunde gelegt hat (aus der restriktiven Auslegung der Berechnungsvorschriften in § 2 Abs. 5 lit. a und b Kanalgebührenordnung hat die belangte Behörde auf die Abgabenfreiheit für den im Beschwerdefall verwirklichten Sachverhalt geschlossen).
So würde etwa ein Abstellen auf die baurechtlichen Definitionen im Anwendungsbereich der Kanalgebührenordnung zu dem fragwürdigen Ergebnis führen, dass bereits das Vorliegen eines zwar baurechtlich bewilligungspflichtigen, aber nicht an die Kanalanlage angeschlossenen und damit für die Kanalgebührenordnung bedeutungslosen Objekts (wie etwa eines baurechtlich bewilligungspflichtigen Geräteschuppens) ein angeschlossenes Grundstück zu einem "bebauten" machen und somit das Einheben einer ergänzenden Kanalanschlussgebühr für ein auf diesem Grundstück neu errichtetes und auch an die Kanalanlage angeschlossenes Gebäude verhindern würde. Da dem Verordnungsgeber eine derartige Absicht nicht unterstellt werden kann, scheidet eine Auslegung unter Heranziehung des § 2 Abs. 1 OÖ BauO im vorliegenden Fall aus.
Gegen eine Auslegung, bei der einzelne Fälle nachträglicher Änderungen auf angeschlossenen Grundstücken nicht zur Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe führen würden, spricht auch der Wortlaut des § 2 Abs. 5 Kanalgebührenordnung. Nach dem Einleitungssatz dieses Absatzes ist "bei nachträglicher Änderung der angeschlossenen Grundstücke" eine ergänzende Kanalanschlussgebühr zu entrichten. Die beiden Varianten in lit. a und lit. b betreffen die Berechnung dieser Gebühr, sie stellen somit nicht den Abgabentatbestand dar, sondern geben nur die Berechnungsmethode für die im Einleitungssatz grundsätzlich vorgesehene Ergänzungsgebühr für die dort genannten Fälle an.
Da somit insbesondere aufgrund des Einleitungssatzes zu § 2 Abs. 5 Kanalgebührenordnung davon ausgegangen werden kann, dass der Verordnungsgeber bei seiner Erlassung sämtliche typischerweise auftretenden Fälle von Veränderungen an Grundstücken, die, wäre die durch die Änderung herbeigeführte Sachlage schon bei der erstmaligen Vorschreibung der Anschlussgebühr vorgelegen, zu einer anderen Höhe der Abgabe geführt hätten, erfassen wollte, ergibt eine systematische Betrachtung des § 2 Abs. 5 Kanalgebührenordnung, dass die Berechnungsvorschrift der lit. b nicht auf jene Fälle eingeschränkt zu verstehen ist, in denen ein Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau im baurechtlichen Sinn erfolgte. In abgabenrechtlicher Hinsicht ist der Fall, in dem bei aufrechtem baurechtlichem Konsens für einen Altbestand eine Umgestaltung ("Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau") des angeschlossenen Gebäudes erfolgt, wodurch eine Änderung des abgabenrechtlich maßgebenden Nutzens, den das Gebäude aus der Kanalanlage zieht, eintritt, jenem gleich zu halten, in dem ein ursprünglich auf dem Grundstück bestehendes und angeschlossenes Gebäude zeitnah durch Abbruch und Neuerrichtung umgestaltet wird (vgl. zur Einbeziehung des Entsorgungsnutzens bei der Auslegung von Abgabenvorschriften betreffend Kanalgebühren neuerlich das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0296).
Die belangte Behörde hat selbst darauf hingewiesen, es sei im vorliegenden Fall ein einheitlicher Bauwille zum Abbruch und anschließendem Neubau vorgelegen. Sie hat daraus geschlossen, der nur vier Tage andauernde "unbebaute" Zustand des Grundstückes könne nicht zu einem unbebauten Grundstück im Sinn des § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung führen, da der rechtskräftig konsentierte Bauwille der Mitbeteiligten bereits mit dem Abbruch und somit einer Änderung eines angeschlossenen Gebäudes begonnen habe und auch in der Realität zur Umsetzung gelangt sei. Eine solche, nicht streng baurechtliche, sondern unter dem Blickwinkel der hinter der Abgabenvorschrift stehenden Überlegungen "materielle" Betrachtungsweise muss aber zur Bejahung der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 5 lit. b Kanalgebührenordnung führen.
Für die abgabenrechtliche Beurteilung (die Bewertung der Änderung des Nutzens, den der Eigentümer des Bauwerks aus dem Anschluss an die Kanalanlage zieht) ist es nicht von Belang, ob ein Umbau im baurechtlichen Sinn oder (im baurechtlichen Sinn) ein Abbruch und die Neuerrichtung eines Gebäudes erfolgte.
In diesem Sinne ist somit der belangten Behörde zu folgen, wenn sie davon ausgegangen ist, dass die Begriffe in § 2 Abs. 5 Kanalgebührenordnung abgabenspezifische seien, die "einer entsprechenden Auslegung" bedürften. Daraus ist aber entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht der Schluss zu ziehen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden keine Ergänzungsabgabe vorgeschrieben werden könnte bzw. § 2 Abs. 5 lit. b Kanalgebührenordnung nicht zur Anwendung kommen könne.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt nach dem Vorgesagten grundsätzlich die Annahme der belangten Behörde, dass im vorliegenden Fall § 2 Abs. 5 lit. a Kanalgebührenordnung nicht zur Anwendung komme. Die belangte Behörde hat die Aufhebung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides aber auch damit begründet, dass im Beschwerdefall die Ergänzungsgebühr (überhaupt) nicht vorgeschrieben werden könne und die Gemeindebehörde daher die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung ersatzlos aufzuheben habe.
Da die belangte Behörde insoweit in Verkennung der dargestellten Rechtslage den Gemeindebehörden eine verfehlte Rechtsansicht überbunden hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 24. Oktober 2012
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