VwGH Ra 2016/21/0202

VwGHRa 2016/21/020230.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, in der Revisionssache der G K in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Mai 2016, W103 2116456-1/2E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 sowie Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist Staatsangehörige der Ukraine. Ihre 1983 geborene Tochter lebt seit 2006, gemeinsam mit ihren 2008 und 2010 geborenen Söhnen, in Österreich und verfügt über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU".

2 Die Revisionswerberin reiste auf Basis eines Visums im Mai 2014 nach Österreich ein. Hier verblieb sie auch nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Visums (3. September 2014), nachdem sie bereits zuvor im Juli 2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK (§ 55 AsylG 2005) gestellt hatte. Dieser Antrag war damit begründet worden, dass die Revisionswerberin bei der Tochter wohne und sich um die Enkelkinder kümmere. Außerdem war darauf verwiesen worden, dass "auf Grund der Kriegswirren in der Ukraine Lebensgefahr" bestehe und dass die Revisionswerberin gut Deutsch (A2-Niveau) spreche.

3 Mit Bescheid vom 14. Oktober 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der Revisionswerberin gemäß § 55 AsylG 2005 ab. Unter einem verhängte es gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig sei und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 3. Mai 2016 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Bescheid. Weiters sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist eine Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7 Die Revisionswerberin bringt in diesem Zusammenhang vor, die angefochtene Entscheidung weiche von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Dem insoweit zunächst genannten Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119, hat das BVwG demgegenüber aber der Sache nach Rechnung getragen, indem es ausführte, die prekäre Sicherheitslage in der Heimatstadt der Revisionswerberin (Lugansk in der Ostukraine) sei in die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen. Wenn das BVwG dennoch in Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis gelangte, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der Revisionswerberin ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiege, so ist das fallbezogen - auch im Hinblick auf die schon im Bescheid des BFA festgestellten finanziellen Unterstützungsleistungen durch die Tochter der Revisionswerberin, die ebenso in die Ukraine erfolgen können, was unbestritten blieb -

nicht unvertretbar und daher nicht revisibel (siehe in diesem Sinn den hg. Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0033). Aus den weiter genannten Erkenntnissen vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/21/0199, und vom 24. März 2011, Zl. 2008/23/1134, denen andere Sachverhaltskonstellationen zu Grunde lagen (einerseits gesundheitliche Probleme des betroffenen Drittstaatsangehörigen und andererseits das Erfordernis der dauernden Betreuung eines pflegebedürftigen erwachsenen Sohnes, worauf das BVwG nicht ausreichend eingegangen war), ergibt sich nichts Anderes.

8 Klarstellend ist noch darauf hinzuweisen, dass das BVwG im vorliegenden Fall nicht davon ausging, eine Rückkehr der Revisionswerberin in die Ukraine widerspreche Art. 3 EMRK. Auch diese Beurteilung erweist sich im Übrigen in Anbetracht der erwähnten Unterstützungsleistungen ihrer Tochter, die Hilfe für einen Aufenthalt in der Westukraine bieten können, und angesichts des Umstandes, dass die Revisionswerberin bewusst keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nicht als unvertretbar.

9 Das gilt dann letztlich auch für das in der Zulassungsbegründung noch abschließend gerügte, vom BVwG auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 7 BFA-VG gestützte Unterbleiben der beantragten Beschwerdeverhandlung. Von der in diesem Kontext angesprochenen intensiven Nahebeziehung der Revisionswerberin zu Tochter und Enkelkindern, mit denen sie in Österreich im gemeinsamen Haushalt wohnt, ist das BVwG nämlich im Ergebnis ohnehin ausgegangen. Ergänzende Ermittlungen wurden anders als in dem Fall, der dem von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Erkenntnis vom 30. Juli 2015, Ra 2015/22/0008, zu Grunde lag, nicht vorgenommen. Mit dem Verweis auf dieses Erkenntnis wird daher kein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dargetan.

10 Zusammenfassend zeigt die Revision somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juni 2016

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