Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die vorliegenden Revisionen wurden zeitgleich eingebracht und stehen in personellem und sachlichem Zusammenhang (Mutter und minderjähriger Sohn), weshalb sie zur gemeinsamen Entscheidung verbunden wurden.
5 In der außerordentlichen Revision der Erstrevisionswerberin wird zu ihrer Zulässigkeit zunächst zur Beweiswürdigung zusammengefasst vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe den Angaben des Vertrauensanwaltes unbegründet höhere Glaubwürdigkeit zuerkannt als dem Vorbringen der Erstrevisionswerberin, es sei der Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Folter und den festgestellten Narben nicht thematisiert worden sowie bei den aufgeführten Widersprüchen "im Vorbringen" sei nicht auf die Traumatisierung der Erstrevisionswerberin und ihr Alter eingegangen worden.
6 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen (vgl. den hg. Beschluss vom 24. September 2014, Ra 2014/03/0012, mwN).
7 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2016, Ra 2015/20/0161).
8 Die Revision zeigt einen derartigen krassen Fehler der Beweiswürdigung nicht auf, die tragenden Argumente des Bundesverwaltungsgerichtes sind schlüssig und nachvollziehbar. Es ist diesbezüglich auch hervorzuheben, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt ist, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0091 und 0092). Darüber hinaus ist die Revisionswerberin darauf hinzuweisen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht betreffend die von ihr vermisste Begründung zu den Narben, die Stellung des Vertrauensanwaltes sowie den psychischen Zustand der Revisionswerberin ersichtlich den Erwägungen im erstinstanzlichen Bescheid anschloss, und dass die Revisionswerberin im Zeitpunkt ihrer ersten Vernehmung bereits 19 Jahre alt war, sodass auch insofern keine Abweichung von der in der Revision zitierten Judikatur vorliegt.
9 Weiters bringt die Revision der Erstrevisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, das Bundesverwaltungsgericht habe unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK die konkrete Situation der Erstrevisionswerberin als junge, alleinstehende Mutter eines wenige Monate alten Kindes unberücksichtigt gelassen und es wird das Fehlen ergänzender Feststellungen moniert.
10 Nach der hg. Rechtsprechung sind bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob für einen Fremden im Fall der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung gegeben ist. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen. Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (vgl. den hg. Beschluss vom 19. November 2015, Ra 2015/20/0174).
11 Vor diesem rechtlichen Hintergrund zeigt die Revision der Erstrevisionswerberin mit bloß kursorischen Hinweisen auf eine fehlende Auseinandersetzung in einem bestimmten Aspekt nicht auf, inwieweit das Bundesverwaltungsgericht zu einer für die Revisionswerber günstigeren Entscheidung hätte kommen können.
12 Zur Zulässigkeit der Revision der Erstrevisionswerberin wird darüber hinaus geltend gemacht, der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes sei Aktenwidrigkeit anzulasten.
13 Aktenwidrigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur vor, wenn der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben wurde (vgl. den schon zitierten hg. Beschluss vom 19. November 2015). Eine solche ist im vorliegenden Fall jedoch insofern nicht ersichtlich, als das Bundesverwaltungsgericht den betreffenden Akteninhalt der Anfragebeantwortung korrekt in seinem Erkenntnis wiedergegeben hat. Der in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision - als Übersetzungsfehler - monierte Textteil hat keinen Eingang in das Erkenntnis gefunden und ist somit auch nicht relevant.
14 In der Revision der Erstrevisionswerberin werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
15 Die Revision des Zweitrevisionswerbers verweist in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf die Darstellung der Zulässigkeitsbegründung der zeitgleich eingebrachten Revision der Erstrevisionswerberin.
16 Nach der hg. Rechtsprechung hat die Revision selbst jene Gründe zu enthalten, aus denen die Revision entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes für zulässig erachtet wird; ein Verweis auf das Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsbehörde vermag die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeit der Revision daher nicht zu ersetzen (vgl. den hg. Beschluss vom 27. November 2014, Ra 2014/03/0041). Auch ein Verweis in der gesonderten Darstellung der Revisionszulässigkeit auf die sonstigen Ausführungen der Revision genügt nicht, weil damit nicht konkret für die vorliegende Revisionssache aufgezeigt wird, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. die hg. Beschlüsse vom 27. Februar 2015, Ra 2015/06/0003 und vom 26. Februar 2015, Ra 2015/07/0027).
17 Da demnach schon der Verweis auf den sonstigen Revisionsinhalt innerhalb eines einzigen Schriftsatzes nicht ausreicht, um den Anforderungen einer gesonderten Darlegung der Zulässigkeitsgründe gemäß § 28 Abs. 3 VwGG zu genügen, muss dies im Größenschluss auch für solche Verweise gelten, welche sich auf Zulässigkeitsausführungen anderer Revisionen beziehen. Die Revision des Zweitrevisionswerbers erweist sich somit schon aus diesen Erwägungen als unzulässig.
18 Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am 2. August 2016
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