VwGH Ro 2016/17/0001

VwGHRo 2016/17/000128.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in 4840 Vöcklabruck, Sportplatzstraße 1-3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. September 2015, LVwG-410829/12/HW, betreffend eine Betriebsschließung nach § 56a GSpG (mitbeteiligte Partei: D Betriebsgesellschaft mbH in A, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §56a Abs1;
GSpG 1989 §56a Abs2;
GSpG 1989 §56a Abs6;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §56a Abs1;
GSpG 1989 §56a Abs2;
GSpG 1989 §56a Abs6;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (in der Folge: Bezirkshauptmannschaft) vom 27. April 2015 wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei die Schließung ihres Betriebes gemäß § 56a Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

2 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gab der Beschwerde statt, hob den Bescheid gemäß § 28 Abs 1 VwGVG (ersatzlos) auf und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, am 7. Jänner 2015 seien bei einer Kontrolle im Gastronomiebetrieb der mitbeteiligten Partei drei Glücksspielgeräte vorgefunden worden. Mit Schreiben vom 12. Jänner 2015 habe die Bezirkshauptmannschaft die mitbeteiligte Partei aufgefordert, die Glücksspiele einzustellen (ansonsten der Betrieb geschlossen werde). Bei einer weiteren Kontrolle am 24. April 2015 seien wieder drei Glücksspielgeräte vorgefunden worden, über die die vorläufige Beschlagnahme ausgesprochen worden sei. Zudem sei mündlich die Betriebsschließung verfügt worden. Mit Bescheid vom 27. April 2015 sei mangels eines gelinderen Mittels die Schließung des Betriebes nach § 56a GSpG angeordnet worden. Bei der am selben Tag durch persönliche Übergabe erfolgten Zustellung dieses Bescheides wie auch bei späteren Kontrollen hätten sich in dem Lokal Gäste sowie die versiegelten Geräte befunden. Mit Bescheid vom 18. Mai 2015 sei dann die (endgültige) Beschlagnahme der Geräte angeordnet worden. Angesichts des Umstandes, dass die Geräte im vorliegenden Fall erstmals am Tag der Betriebsschließung (vorläufig) beschlagnahmt worden seien, sei ausgehend von den konkreten Umständen des Einzelfalles anzunehmen, dass die Beschlagnahme der Geräte - trotz des Verhaltens der mitbeteiligten Partei bei früheren Kontrollen eines von ihr an einem anderen Standort betriebenen Lokals - im vorliegenden Fall eine geeignete Vorkehrung iSd § 56a GSpG gewesen sei. Im Zeitpunkt der Anordnung der Betriebsschließung seien keine ausreichenden Verdachtsmomente vorgelegen, aufgrund derer anzunehmen gewesen wäre, dass die beschlagnahmten Geräte (prompt) durch neue Geräte ersetzt werden würden. Die Voraussetzungen für die Betriebsschließung seien daher nicht vorgelegen.

3 Zur Zulässigkeit der Revision führte das Landesverwaltungsgericht aus, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob bzw unter welchen Voraussetzungen Beschlagnahmen als geeignete Vorkehrungen iSd § 56a GSpG anzusehen seien, um eine weitere Gefährdung der mit dem GSpG verfolgten Interessen mit der gemäß § 56a GSpG erforderlichen Sicherheit auszuschließen.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision der Bezirkshauptmannschaft, mit welcher diese inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht.

5 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und stellte den Antrag auf Zurückweisung, in eventu auf Abweisung der Revision.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit der Revision erwogen:

6 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

8 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden.

10 Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nur vor, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung einer solchen Rechtsfrage abhängt.

11 Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des Art 133 Abs 4 erster Satz zweiter Fall B-VG ist das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage.

12 Wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl VwGH vom 3. Juli 2015, Ra 2015/03/0041, mwN).

13 Die revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft begründet die von ihr vertretene Zulässigkeit der Revision mit der "Rechtsfrage, ob Beschlagnahmungen von Glücksspielgeräten, die nicht zur Einstellung von verbotenen Ausspielungen führen, Voraussetzung für die Verhältnismäßigkeit von Betriebsschließungen (§ 56a Abs 1 zweiter Satz GSpG) sind".

14 Im Revisionsfall hat das Landesverwaltungsgericht seine aufhebende Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass "ausgehend von den Umständen des konkret vorliegenden Einzelfalles" die Beschlagnahme der Geräte eine geeignete Vorkehrung darstelle, um eine weitere Gefährdung der mit dem GSpG verfolgten Interessen mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen.

15 Bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Betriebsschließung ist im Hinblick auf die Schwere des mit der Betriebsschließung verbundenen Eingriffs ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl VwGH vom 4. November 2009, 2009/17/0002).

16 Nach dem Wortlaut des § 56a Abs 1 zweiter Satz iVm Abs 2 GSpG ist von einer Betriebsschließung jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete, verhältnismäßigere Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Daraus ergibt sich, dass das GSpG verschiedenen Maßnahmen die abstrakte Eignung zum Ausschluss einer weiteren Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols zuspricht. Ob einer bestimmten Maßnahme eine solche Eignung beigemessen wird, hängt von den konkreten Umständen jeden Einzelfalles ab. So hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 26. Mai 2014, Ro 2014/17/0031, die Beurteilung, dass im Hinblick auf das bisherige Vorgehen der Lokalinhaber (illegale Glücksspielgeräte in beiden Räumen des Lokals, prompter Ersatz beschlagnahmter Geräte durch neue Geräte) keine andere Maßnahme als die Betriebsschließung geeignet sei, nicht beanstandet. In seinem Erkenntnis vom 4. November 2009, 2009/17/0002, hat der VwGH im damals vorliegenden Beschwerdefall in der bloßen Abnahme von Jetons bzw Pokertischen keine geeignete Maßnahme erblickt, um eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols auszuschließen. Im Erkenntnis vom 24. Juni 2014, 2013/17/0915, hat der VwGH zum Ausdruck gebracht, dass bauliche Veränderungen durch den Lokalinhaber eine geeignete Maßnahme sein könnten, dass aber solche im damals zu beurteilenden Fall eben nicht gesetzt worden seien.

17 Sowohl aus dem Gesetzestext wie auch aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich somit, dass einer Mehrzahl von Maßnahmen die objektive Eignung, eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols auszuschließen, zukommen kann, dass aber deren konkrete Eignung und Verhältnismäßigkeit nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ist. Diese Beurteilung hat die Behörde zu treffen und unterliegt der Überprüfung der Verwaltungsgerichte. Wenn entgegen § 56a Abs 1 GSpG kein gelinderes Mittel als die Betriebsschließung ergriffen wird, muss entsprechend begründet werden, aus welchen konkreten Umständen des Einzelfalls sich die zulässige Prognose ergeben sollte, dass kein solches Mittel ausreichen würde.

18 Im vorliegenden Revisionsfall ist das Landesverwaltungsgericht der Beurteilung der revisionswerbenden Behörde nicht gefolgt und hat unter Beurteilung der Umstände des vorliegenden Revisionsfalles die Beschlagnahme der Glücksspielgeräte bereits als geeignete Vorkehrung erachtet, um eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols mit Sicherheit auszuschließen.

19 Das Vorliegen verhältnismäßigerer Mittel unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bei seiner auf die Umstände des Einzelfalls Bedacht nehmenden Abwägung von der zu berücksichtigenden Rechtsprechung abgewichen wäre, zeigt die revisionswerbende Partei nicht auf.

20 Entgegen dem Zulässigkeitsausspruch des Landesverwaltungsgerichtes und dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei ist somit nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen.

21 Die Revision eignet sich sohin wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur weiteren Behandlung, weshalb sie gemäß § 34 Abs 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen war.

22 Da die Unzulässigkeit der Revision feststeht, erübrigt sich auch die Prüfung der Frage, ob durch den Wegfall der Wirkungen der Verfügung der Betriebsschließung infolge Zeitablaufs (§ 56a Abs 6 GSpG) überhaupt noch ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die Revision bestünde (vgl VwGH vom 18. Mai 2016, Ra 2015/17/0092, mwN).

23 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 28. Juni 2016

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