VwGH Ra 2016/16/0015

VwGHRa 2016/16/001525.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des Stadtrates der Stadtgemeinde Tulln an der Donau, vertreten durch Onz-Onz-Kraemmer-Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. Dezember 2015, Zl. LVwG-AV-1021/001-2015, betreffend Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe nach dem NÖ KanalG 1977 (mitbeteiligte Partei: Dr. B F in T), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §307 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016160015.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 8. Februar 2012 hatte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Tulln an der Donau dem Mitbeteiligten eine Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe vorgeschrieben. Eingaben des Mitbeteiligten vom 5. Juni und 30. August 2012, wonach ein Anschluss im Obergeschoß bereits seit langer Zeit vorhanden gewesen sei, beantwortete der Bürgermeister mit Erledigung vom 27. September 2012 dahingehend, dass die Bescheide in den Abgabenverfahren längst rechtskräftig seien und daher auch kein Rechtsmittel zulässig sei. In einer weiteren Eingabe vom 14. April 2014 beantragte der Mitbeteiligte die Aufhebung von Abgabenbescheiden und die Rückzahlung von geleisteten Abgaben gemäß § 299 BAO.

2 Mit Erkenntnis vom 16. März 2015 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen die im Instanzenzug ergangene Versagung des Begehrens nach § 299 Abs. 1 BAO gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid der Revisionswerberin. Mit einem weiteren Beschluss vom selben Tag gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen die im Instanzenzug erfolgte Versagung der Wiederaufnahme des mit Abgabenbescheid vom 2. Februar 2012 abgeschlossenen Verfahrens statt, hob den dort angefochtenen Bescheid gemäß § 278 Abs. 1 BAO auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Stadtrat der Stadtgemeinde Tulln zurück. Die Abgabenbehörden der Stadtgemeinde hätten - so der Kern der Begründung - den Antrag vom 5. Juni 2012, der mehrfach, zuletzt im April 2014, präzisiert worden sei, als Antrag auf Wiederaufnahme dahingehend prüfen müssen, ob - wie behauptet - die Abgabenbehörden bei Erlassung des Bescheides vom 8. Februar 2012 von einem Sachverhalt ausgegangen seien, welcher mit den in den Verwaltungsakten festgehaltenen Tatsachen nicht im Einklang stehe. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Gericht der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Tulln vom 24. Juni 2015, mit dem einem Antrag des Mitbeteiligten keine Folge gegeben und der Bescheid vom 8. Februar 2012 bestätigt worden war, statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass der Abgabenbescheid erster Instanz ersatzlos behoben wurde. Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend führte das Gericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung aus der BAO, dem NÖ KanalG 1977 sowie aus der NÖ BauO 1976 u.a. folgendes aus:

"In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden des mitbeteiligten Gemeindeverbandes der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungsflächen dem Grunde nach außer Streit stehen.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe an sich zu Recht erfolgt ist, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der faktische Anschluss an den Ortskanal bereits in den 1960er Jahren erfolgt sein dürfte. Vom Beschwerdeführer wurde diesbezüglich eine Verjährungseinrede erhoben.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

...

Im gegenständlichen Fall ist somit auf die tatsächliche Errichtung des WCs bzw. wegen des Wegfalls der Verpflichtung zur Vorlage einer Vorliegens der Benützungsbewilligung (bzw. einer Fertigstellungsanzeige) der Abgabenanspruch zufolge Art. II Abs.4 der Übergangsbestimmungen zur 5. Novelle des NÖ Kanalgesetzes 1977 bereits am 1. Jänner 1997 entstanden. Die Verjährungsfrist hat diesfalls - eine Fertigstellungsanzeige war nicht geboten und demgemäß auf die faktische Vollendung der Maßnahme abzustellen - gemäß § 157 Abs.1 lit. a NÖ Abgabenordnung 1977 (nunmehr § 208 Abs. 1 lit. a BAO), wonach die Verjährung mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, mit 1. Jänner 1998 zu laufen begonnen. Demgemäß endete die Verjährungsfrist, da zwischenzeitig keine Unterbrechungshandlungen erfolgten, am 31. Dezember 2002. Die Beurteilung, ob Verjährung eingetreten ist, setzt ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen voraus, und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde, zumal Verjährung im Abgabenverfahren von Amts wegen wahrzunehmen ist (vgl. VwGH vom 18. Oktober 1988, Zl. 87/14/0173, und vom 8. September 2005, Zl. 2005/17/0029). Einer Vorschreibung der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe im Jahre 2012 steht somit im Ergebnis die eingetretene Verjährung entgegen.

Die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Stadtgemeinde haben somit im Ergebnis den Beschwerdeführer in seinem subjektivöffentlichen Recht auf Durchführung eines den Bestimmungen des NÖ Kanalgesetzes 1997 und der BAO entsprechenden Verfahrens verletzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

...

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt."

Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision.

3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Amtsrevision begründet ihre Zulässigkeit wie folgt:

"Entgegen der Ansicht des LVwG NÖ liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG und § 25a VwGG vor.

Es liegt nämlich zu keiner der nachstehenden Fragestellungen, die im gegenständlichen Fall relevant sind, einschlägige Judikatur des VwGH vor:

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