VwGH Ra 2016/09/0022

VwGHRa 2016/09/002230.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision der A L in T, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 1. Dezember 2015, Zl. LVwG-490015/9/Zo, betreffend Zwangsstrafe nach dem VVG, den Beschluss gefasst:

Normen

GSpG 1989 §52a;
VVG §1;
VVG §10 Abs1;
VVG §10;
VVG §4;
VVG §5;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016090022.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 9. Juli 2015 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Perg die am 7. Juli 2015, 20.30 Uhr verfügte teilweise Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung L in K, nämlich die Schließung des als "Stüberl" bezeichneten Raumes mit Wirkung ab 7. Juli 2015, 20.30 Uhr angeordnet.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Dagegen erhob die Revisionswerberin Revision an den Verwaltungsgerichtshof, der sie mit Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2016/09/0023, zurückwies.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2015 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Perg über die Revisionswerberin eine Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG wie folgt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"I. Bescheid über eine Zwangsstrafe

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat am 07.07.2015 um

20.30 Uhr die teilweise Betriebsschließung des Lokals ‚L' in K, nämlich die Schließung des als ‚Stüberl' bezeichneten Raumes, mündlich gegenüber dem anwesenden Kellner verfügt.

Am 09.07.2015 wurde darüber ein Bescheid gemäß § 56a Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) zugestellt.

Als Lokalbetreiberin waren Sie aufgrund der teilweisen Betriebsschließung verpflichtet, die Wiederaufnahme des Betriebs des Raumes mit der Bezeichnung ‚Stüberl' am Standort zu unterlassen.

Da Sie diese Verpflichtung verletzt haben, wird die für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes angedrohte Zwangsstrafe über Sie verhängt:

 

Geldstrafe von

Haft von

4.000 Euro

 

  

 

Rechtsgrundlage:

§ 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) iVm § 52a GSpG"

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom

Landesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss sei keine Revision zulässig.

Das Landesverwaltungsgericht stellte folgenden wesentlichen

Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Mit Bescheid vom 9.7.2015 wurde die Schließung des als

‚Stüberl' bezeichneten Raumes des Betriebs ‚L' in K mit Wirkung ab 07.07.2015, 20.30 Uhr angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter der (Revisionswerberin) per Telefax am 9.07.2015 sowie per RSb am 13.07.2015 zugestellt. Am selben Tag wurde er auch der (Revisionswerberin) persönlich zugestellt. Mit diesem Bescheid drohte die belangte Behörde für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebs im als ‚Stüberl' bezeichneten Raum entgegen der verfügten Betriebsschließung gemäß § 5 Abs 2 VVG die Verhängung einer Zwangsstrafe von 8.000 Euro an und führte dazu aus, dass gemäß § 52a GSpG iVm § 5 Abs 3 VVG Zwangsstrafen bis 22.000 Euro vorgesehen sind.

Bei einer Kontrolle des Lokales durch einen Polizeibeamten am 16.07.2015 um 16.50 Uhr wurde festgestellt, dass das ‚Stüberl' geöffnet war. Der Gatte der (Revisionswerberin) gab gegenüber dem Polizisten an, dass das Lokal für gastwirtschaftliche Zwecke benötigt werde."

Das Landesverwaltungsgericht erachtete die am 9. Juli 2015 erfolgte Zustellung des Titelbescheides an den Rechtsvertreter der Revisionswerberin mit eingehender Begründung als rechtswirksam.

Die weitere Begründung betrifft Erwägungen zum Rechtscharakter einer Vollstreckungsmaßnahme und die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem die gegenständliche Zwangsstrafe verhängt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit vor:

A) Sie argumentiert betreffend den Umfang des am 26. Mai 2015 bekannt gegebenen Auftrags zur Vertretung und Bevollmächtigung wie in der Revision zu hg. Ra 2016/09/0023.

Diesbezüglich verweist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf den Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2016/09/0023.

B) Sie setzt fort:

"Grundsätzliche Bedeutung hat schließlich auch die Rechtsfrage, inwieweit auch der Spruch eines Bescheides, mit welchem eine Zwangsstrafe verhängt wird, insoweit ausreichend konkretisiert zu sein hat, als sich aus diesem zu ergeben hat, wann und auf welche Weise gegen den zugrundeliegenden Titelbescheid verstoßen wurde. Soweit ersichtlich existiert Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage nicht.

Gegenständlich ergibt sich aus dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nicht, wann und auf welche Weise gegen den zugrundeliegenden Titelbescheid verstoßen worden sein soll, sodass die Revision auch von dieser Frage abhängt."

Mit diesem Vorbringen verkennt die Revisionswerberin grundlegend den Rechtscharakter der Verhängung einer Zwangsstrafe.

§ 5 VVG lautet auszugsweise:

"(1) Die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, wird dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

(2) Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. ..."

Die gegenständliche Zwangsstrafe wurde gemäß § 5 Abs. 1 VVG verhängt, nachdem die Bezirkshauptmannschaft Perg im Bescheid über die Betriebsschließung vom 9. Juli 2015 die Verhängung einer Zwangsstrafe für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes des mit "Stüberl" bezeichneten Raumes in Höhe von EUR 8.000,-- angedroht hatte. Die Androhung ist kein Bescheid (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 1359 E21 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung; im Zusammenhang mit der Betriebsschließung nach § 56a GSpG das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2014, 2013/17/0516). Unwidersprochen stellte das Landesverwaltungsgericht fest, dass der Betrieb im "Stüberl" trotz der mit der Schließung erfolgten Anordnung der Unterlassung weitergeführt worden war.

Die Verhängung der Zwangsstrafe ist eine Vollstreckungsverfügung. Auf das Vollstreckungsverfahren sind gemäß § 10 Abs. 1 VVG, soweit sich aus dem VVG nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden. Derartige Zwangsstrafen sind keine Strafen im Sinne des VStG, dieses ist auf das diesbezügliche Verfahren daher nicht anzuwenden (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 1358, E 18, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Verweist die Vollstreckungsverfügung auf den Titelbescheid, so ist sie eindeutig. Einer weiteren Konkretisierung bedarf es nicht, wenn der Titelbescheid so bestimmt ist, dass sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1997, 97/07/0121, und vom 20. Februar 2003, 2000/06/0157). Im vorliegenden Fall ist der Titelbescheid eindeutig, er ordnete die Schließung eines bestimmten Betriebsteiles an. In diesem Bescheid wurde für den Fall, dass diesem Auftrag zur Unterlassung weiteren Betriebes durch Wiederaufnahme des Betriebes nicht nachgekommen werde, eine Zwangsstrafe angedroht. Die Vollstreckungsverfügung geht nicht über den Titelbescheid hinaus.

Das Landesverwaltungsgericht hat daher zu Recht die näheren Umstände, aus denen hervorgeht, dass die Revisionswerberin ihrer mit Bescheid aufgetragenen Unterlassung zuwider gehandelt hat, nur in der Begründung der Vollstreckungsverfügung dargestellt.

Da sohin entgegen der Behauptung der Revisionswerberin Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht und das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes nicht von dieser Rechtsprechung abweicht, liegt keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.

C) Das Vorbringen zum Unionsrecht geht an der Tatsache vorbei, dass der Titelbescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens ist die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides nicht zu prüfen (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 1391 f, E 42 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Unionsrecht ist im vorliegenden Fall einer Vollstreckungsverfügung nicht anzuwenden.

Da das Vorbringen der Revisionswerberin zur Zulässigkeit sohin verfehlt ist, wirft sie in der Revision keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. März 2016

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