VwGH 2013/17/0516

VwGH2013/17/051624.2.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des A C in E, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 15. Mai 2013, Zl. Senat-TU-12-0053, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz sowie Aufforderung zur Einstellung der Glücksspiele und Androhung einer Betriebsschließung, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §56a Abs1;
GSpG 1989 §56a Abs3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2013170516.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 20. März 2012 wurde die Beschlagnahme von drei näher bezeichneten Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a) GSpG angeordnet (Spruchpunkt I.) und der Beschwerdeführer als Lokalbetreiber "zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert, widrigenfalls eine gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes erfolgen wird" (Spruchpunkt II.).

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge.

In der Begründung führte die belangte Behörde zum Berufungsvorbringen, es sei auf Grund der Einsätze von mehr als EUR 10,-- pro Spiel eine Strafbarkeit nach § 168 StGB und damit die Zuständigkeit der Gerichte gegeben, aus, dass die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft zur Beschlagnahme jedenfalls gegeben sei, weil die Zuständigkeit des Gerichtes nur für jene Spiele eintrete, bei denen der geleistete Einsatz den Betrag von EUR 10,-- pro Spiel übersteige; im Übrigen bleibe aber die Verwaltungsbehörde zuständig. Im vorliegenden Fall sei aktenkundig und werde auch nicht bestritten, dass es auf den gegenständlichen Geräten möglich gewesen sei, Einsätze von unter EUR 10,-- pro Spiel zu leisten.

Dem Berufungsvorbringen, es bestehe für die Androhung der teilweisen Betriebsschließung keine entsprechende gesetzliche Grundlage, hielt die belangte Behörde den Gesetzestext des § 56a Abs. 1 GSpG entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2.1. Was die Beschlagnahme der drei Glücksspielgeräte betrifft, gleicht der Beschwerdefall vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und von der maßgeblichen Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zl. 2012/17/0507, entschieden hat, weshalb auf dieses Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Bereits aus den dort näher dargelegten Erwägungen erweist sich auch der hier zu beurteilende Bescheid - soweit er die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abweist - als rechtswidrig, weshalb dieser insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

2.2. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die belangte Behörde habe die Berufung betreffend die erstinstanzlich ausgesprochene Androhung der Betriebsschließung nicht behandelt bzw. sei darauf in der Bescheidbegründung gänzlich nicht eingegangen worden, weshalb ein wesentlicher Begründungsmangel vorliege.

Die Betriebsschließung ist in § 56a GSpG, BGBl. 620/1989, geregelt; dieser lautet in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 wie folgt:

"Betriebsschließung

§ 56a. (1) Besteht der begründete Verdacht, daß im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, daß eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, daß der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

(7) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 3 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene glücksspielrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 3 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die betriebliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 3 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen."

Aus § 56a Abs. 1 GSpG ergibt sich, dass die Behörde, bevor sie vor Ort eine gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügt, den Verfügungsberechtigten zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen des GSpG veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufzufordern hat. Gemäß § 56a Abs. 3 leg. cit. ist über die verfügte Betriebsschließung binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Die Aufforderung zur Einstellung der Glücksspiele ist hingegen nicht in Bescheidform auszusprechen. Eine solche Anordnung hat der eigentlichen Betriebsschließung voranzugehen; sie bildet jedoch bloß eine Tatbestandsvoraussetzung für deren Verfügung.

Die erstinstanzliche Behörde hat dies verkannt und die Aufforderung zur Einstellung der Glücksspiele und die damit verbundene Androhung der Betriebsschließung durch Bescheid ausgesprochen. Da eine solche Vorgehensweise von § 56a Abs. 1 GSpG nicht gedeckt ist, fehlt Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides eine gesetzliche Grundlage.

Indem die belangte Behörde der Berufung keine Folge gab und damit die erstinstanzliche Erledigung im Ergebnis bestätigte, belastete sie ihren, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid auch in dieser Hinsicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war daher auch hinsichtlich der angedrohten Betriebsschließung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Februar 2014

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