VwGH Ra 2016/05/0031

VwGHRa 2016/05/003127.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des H L in L, vertreten durch Dr. Herbert Veit, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Coulinstraße 20, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 8. Februar 2016, Zl. LVwG‑150619/7/VG/GD, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz, 4041 Linz, Hauptplatz 1; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6
BauO OÖ 1994 §30 Abs6 Z1
BauRallg
B-VG Art18
B-VG Art18 Abs1
ROG OÖ 1994 §18
ROG OÖ 1994 §18 Abs1
ROG OÖ 1994 §18 Abs2
ROG OÖ 1994 §23
ROG OÖ 1994 §23 Abs4
SchFG 1997 §38
VwRallg
WVO 2012 §11.02 Z1
WVO 2012 §11.02 Z2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016050031.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1 Mit dem beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: Magistrat) am 7. August 2014 eingelangten Schreiben beantragte der Revisionswerber unter der Firma des von ihm betriebenen Unternehmens („... Flussbauhof ...“) die Erteilung einer Baubewilligung für das als „Neubau einer Servicehalle und Lagerräume für Flussbauhof ...“ bezeichnete Bauvorhaben auf einem näher bestimmten Grundstück. Nach dem Einreichplan weist die geplante erdgeschossige Servicehalle eine Länge von 24 m und eine Breite von 9,80 m auf. Die nördlich davon projektierten Lagerräume werden in zwei getrennte Baublöcke mit den Ausmaßen 10,62 m x 8,76 m und 10,62 m x 11,69 m zusammengefasst. Der kleinere Baublock hat sechs Lagerräume, im größeren Baublock sind vier Lagerräume und vier Garagen untergebracht.

2 Der Geschäftszweig dieses Unternehmens umfasst laut dem Firmenbuch die folgenden Tätigkeiten:

„Betrieb eines Flussbauhofes; Handel mit Maschinen, KFZ, Garagen und Containern; Betrieb einer KFZ‑Werkstätte, Vermietung von Garagen und Abstellflächen, Durchführung von Bauaufträgen, z.B. Errichtung von Retentionsbecken“.

3 Das Unternehmen stellt sich in seinem Internetauftritt als „Partner rund um das Thema Flussbau“ dar, wobei Fahrzeuge, Garagen, Container und Baumaschinen zum Verkauf angeboten und beworben werden. Weiters werden „Dumper“, Bagger, Transportfahrzeuge und Boote als Mietobjekte angeboten. Das Tätigkeitsfeld des Unternehmens umfasst auch die Unterstützung von Kunden als Generalunternehmern mit Geschäftsverbindung zu zahlreichen Partnerunternehmen und die Hilfe bei der Finanzierung von Projekten.

4 Das Baugrundstück ist in dem vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: Gemeinderat) am 23. Mai 2013 beschlossenen, mit Bescheid der Oö. Landesregierung (im Folgenden: Landesregierung) vom 15. Juli 2013 gemäß § 34 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG) genehmigten und seit 6. August 2013 rechtswirksamen „Flächenwidmungsplan Linz“ (Teil A ‑ Flächenwidmungteil Nr. 4) als „Sondergebiet des Baulandes ‑ Strommeisterei und Flussbauhof“ gewidmet.

5 Mit Bescheid des Magistrates vom 15. September 2014 wurde (unter Spruchpunkt I.1.) das Bauansuchen wegen Widerspruches zu den zwingenden Bestimmungen des „Flächenwidmungsplanes Linz Nr. 4“ abgewiesen sowie (unter Spruchpunkt I.2.) die beantragte Bauausführung betreffend die Errichtung von zehn Lagerräumen und vier Garagen mit einer Fläche von je 13,46 m² für den Flussbauhof auf demselben Grundstück wegen Widerspruches zu den zwingenden Bestimmungen desselben Flächenwidmungsplanes untersagt.

6 Dazu führte der Magistrat u.a. nach Hinweis auf Art. 10 Abs. 1 Z 10 B‑VG und die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 17. Juli 1969 (BGBl. Nr. 280/1969) aus, dass es sich bei einem „Flussbauhof“ im Sinne der gegenständlichen Widmung um eine Einrichtung der öffentlichen Hand, die den Zweck habe, den sich aus dem Wasserrechtsgesetz oder anderen gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen zur Erhaltung bzw. Verwaltung der öffentlichen Gewässer nachkommen zu können, handle. Im Land Oberösterreich würden diese Aufgaben von einer Abteilung des Amtes der Oö. Landesregierung und den nachgeordneten Organisationseinheiten wahrgenommen. Aus der genannten Widmung ergebe sich daher deren primärer Zweck, den Standort für die Errichtung oder den Ausbau des Flussbauhofes zu sichern. Die Errichtung einer anderen baulichen Anlage wäre mit dem Widmungszweck nur dann zu vereinbaren, wenn ein sachlicher und funktioneller Zusammenhang mit dem Flussbauhof gegeben wäre. Das beantragte bzw. angezeigte Bauvorhaben stehe jedoch in keinem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit dem vom Land Oberösterreich betriebenen Flussbauhof auf dem benachbarten Grundstück.

7 Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 15. Jänner 2015 als unbegründet abgewiesen.

8 In der Begründung dieses Bescheides wird (u.a.) ausgeführt, dass die Berufungsbehörde die Auslegung der gegenständlichen Flächenwidmung durch den Magistrat vollinhaltlich teile. Diese Rechtsansicht des Magistrates finde auch in einer historischen Auslegung des Flächenwidmungsplans ihre Stütze: Im ersten Flächenwidmungsplan („Flächenwidmungsplan Linz Teil Mitte und Süd Nr. 1“, rechtswirksam ab 10. Mai 1988) sei das gegenständliche Areal als „Gemischtes Baugebiet“ gewidmet gewesen. Bei der Überarbeitung dieses Flächenwidmungsplanes sei aus Anlass einer Einwendung bzw. Anregung des Amtes der Oö. Landesregierung das Planungsziel verfolgt worden, eine auf die bestehende Nutzung abgestimmte Widmungsabstufung ‑ also den vom Land Oberösterreich am Standort betriebenen Flussbauhof ‑ durch eine Umwidmung des „Gemischten Baugebietes“ in„Sondergebiet des Baulandes/Strommeisterei und Flussbauhof“ vorzunehmen. Dieses Planungsziel sei im „Flächenwidmungsplan Linz Teil Mitte und Süd Nr. 2“ umgesetzt worden, der am 28. August 2001 in Kraft getreten sei. Im aktuellen ‑ seit 6. August 2013 rechtswirksamen ‑ „FlächenwidmungsplanLinz Nr. 4“ sei die Widmung unverändert beibehalten worden. Es liege somit auf der Hand, dass der Verordnungsgeber lediglich die raumordnungsrechtlichen Grundlagen für die tatsächliche Nutzung des Areals in Form eines im Rahmen der Auftragsverwaltung nach Art. 104 Abs. 2 B‑VG geführten Flussbauhofes des Landes Oberösterreich habe schaffen wollen.

9 Allerdings sehe das nach § 18 Abs. 1 ROG einen Teil des Flächenwidmungsplanes bildende „Örtliche Entwicklungskonzept Linz Nr. 2“ (ÖEK) als mittelfristiges Planungsziel im fraglichen Bereich die Änderung der Zweckbestimmung des „Baulandes/Sondergebiet“ in Richtung einer mit der naturräumlichen Situation verträglichen Umwidmung in eine geeignete Grünlandwidmung (z.B. Erholungsfläche) vor. Eine ÖEK‑konforme ‑ sohin die im ÖEK normierten Planungsziele berücksichtigende ‑ Interpretation der bestehenden Widmung gebiete es daher, diese Widmung (im Sinne der vom ÖEK mittelfristig angestrebten Grünlandwidmung) restriktiv auszulegen, also in einer Weise, die im Zweifel eine Bebauung des Grundstückes verhindere oder zumindest einschränke.

10 Nach Maßgabe dieser Überlegungen habe daher der in der Berufung zum Ausdruck kommenden Annahme, wonach eine Widmungskonformität bereits dann gegeben sei, wenn der Geschäftszweig des Antragstellers im Firmenbuch (u.a.) mit „Betrieb eines Flussbauhofes“ angeführt sei und der tatsächliche Unternehmenszweck im Handel mit Gegenständen oder in der Anbietung von Dienstleistungen bestehe, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Flussbau stehen könnten, nicht beigetreten werden können. Der Betrieb des Revisionswerbers stehe in keinem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit den an den Landeshauptmann übertragenen Geschäften der Bundesbauverwaltung, der Angelegenheiten der Bundesflussbauhöfe einschließlich ihrer Betriebsausstattung und der Verwaltung des öffentlichen Wassergutes, was nach § 23 Abs. 6 Z 1 ROG zur Folge habe, dass das eingereichte Bauvorhaben mit dem Zweck der Sonderwidmung nicht zu vereinbaren sei.

11 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde die vom Revisionswerber gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis für unzulässig erklärt.

12 Dazu führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) im Wesentlichen aus, dass aus der (hier maßgeblichen) Widmung „Sondergebiet des Baulandes ‑ Strommeisterei und Flussbauhof“ der primäre Zweck, den sich aus dem Wasserrechtsgesetz oder anderen gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen zur Erhaltung bzw. Verwaltung der öffentlichen Gewässer nachkommen zu können, hervorgehe. In Bezug auf die beigeschafften Verordnungsmaterialien betreffend den hier relevanten „Flächenwidmungsplan Linz Nr. 4“ bzw. den Vorgänger‑Flächenwidmungsplan, aus denen die Motive für die betreffende Flächenwidmung hervorgingen bzw. ersichtlich sei, von welcher (öffentlichen oder privaten) Einrichtung der Wunsch nach dieser Widmungsfestlegung ausgegangen sei, habe die Berufungsbehörde im Berufungsbescheid Folgendes ausgeführt:

„Im ersten Flächenwidmungsplan der Stadt Linz in diesem Bereich (Flächenwidmungsplan Linz Teil Mitte und Süd Nr. 1, rechtswirksam ab 10.05.1988) war das gegenständliche Areal als ‚Gemischtes Baugebiet‘ gewidmet. Bei der Überarbeitung dieses Flächenwidmungsplanes wurde aus Anlass einer Einwendung bzw. Anregung des Amtes der Oö. Landesregierung das Planungsziel verfolgt, eine auf die bestehende Nutzung abgestimmte Widmungsabstufung ‑ also den vom Land Oberösterreich im Standort betriebenen Flussbauhof ‑ durch eine Umwidmung des ‚Gemischten Baugebietes‘ in ‚Sondergebiet des Baulandes/Strommeisterei und Flussbauhof‘ vorzunehmen. Dieses Planungsziel wurde im Flächenwidmungsplan Linz Teil Mitte und Süd Nr. 2 umgesetzt, der am 28.08.2001 in Kraft trat. Im aktuellen ‑ seit 06.08.2013 rechtswirksamen ‑ Flächenwidmungsplan Linz Nr. 4 wurde die Widmung unverändert beibehalten.“

13 Das Verwaltungsgericht schließe sich der Berufungsbehörde vollinhaltlich an, wenn diese im Ergebnis die Rechtsansicht vertrete, dass der Verordnungsgeber mit dieser Sonderwidmung lediglich die raumordnungsrechtlichen Grundlagen für die tatsächliche Nutzung des Areals in Form eines im Rahmen der Auftragsverwaltung nach Art. 104 Abs. 2 B‑VG geführten Flussbauhofes des Landes Oberösterreich habe schaffen wollen. Sinn und Zweck dieser Widmung sei, den Standort für die Errichtung oder den Ausbau des ‑ vom Land Oberösterreich geführten ‑ Flussbauhofes zu sichern und somit andere Verwendungszwecke auszuschließen.

14 Das Verwaltungsgericht teile auch die Rechtsansicht der Baubehörden, dass es sich bei einem Flussbauhof im Sinne der hier gegenständlichen Sonderwidmung vor dem Hintergrund des Art. 10 Abs. 1 Z 10 B‑VG und der (oben genannten) Verordnung vom 17. Juli 1969 um eine Einrichtung der öffentlichen Hand handle, die den Zweck habe, den sich aus dem Wasserrechtsgesetz oder anderen gesetzlichen Bestimmungen ergebenden Verpflichtungen zur Erhaltung bzw. Verwaltung der öffentlichen Gewässer nachkommen zu können. Im Land Oberösterreich würden diese Aufgaben von der Abteilung des Amtes der Oö. Landesregierung und den nachgeordneten Dienststellen wahrgenommen und somit nicht vom Revisionswerber bzw. dessen Unternehmen. Dieser könne die Tätigkeit eines „Flussbauhofes“ im Sinne der hier gegenständlichen Sonderwidmung schon aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht ausüben.

15 Darüber hinaus teile das Verwaltungsgericht auch die Ansicht der Berufungsbehörde, dass die gegenständliche Widmung vor dem Hintergrund des „OEK Linz Nr. 2“ jedenfalls restriktiv auszulegen sei. Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass ‑ wie die Berufungsbehörde richtig ausgeführt habe ‑ im hier zu beurteilenden Fall lediglich relevant sei, dass das Unternehmen des Revisionswerbers in keinem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit den an den Landeshauptmann übertragenen Geschäften der Bundeswasserbauverwaltung, der Angelegenheiten der Bundesflussbauhöfe einschließlich ihrer Betriebsausstattung und der Verwaltung des öffentlichen Wassergutes stehe. Folglich sei das eingereichte Bauvorhaben schon deshalb gemäß § 23 Abs. 6 Z 1 ROG mit dem Zweck der Sonderwidmung nicht zu vereinbaren, zumal die in Rede stehende Sondergebietswidmung nach dem Willen des Verordnungsgebers auf den bestehenden Flussbauhof des Landes Oberösterreich ‑ sohin auf eine auf Art. 10 Abs. 1 Z 10 (gemeint: B‑VG) iVm der Verordnung, BGBl. Nr. 280/1969, gegründete Einrichtung ‑ „zugeschnitten“ worden sei. Ein bloßer Handels- oder Dienstleistungsbetrieb stehe nicht mit der hier in Rede stehenden Sonderwidmung im Einklang.

16 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, es sei zwar richtig, dass das Unternehmen des Revisionswerbers in keinem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit den an den Landeshauptmann übertragenen Geschäften der Bundeswasserbauverwaltung, der Angelegenheiten der Bundesflussbauhöfe einschließlich ihrer Betriebsausstattung und der Verwaltung des öffentlichen Wassergutes stehe. Die genannte Widmung sei jedoch nicht auf einen „Bundesflussbauhof“ eingeschränkt. Unter einem „Bauhof“ sei ein Lagerplatz für Baumaterial und Maschinen der Baubetriebe und Verwaltung, somit einerseits ein Materiallagerplatz, aber auch ein kommunaler handwerklicher Betrieb, zu verstehen. Ein Bauhof sei per se kein hoheitlicher Betrieb, und es stehe der Betrieb eines Bauhofes auch privaten Personen offen.

18 Aus § 5 Wasserrechtsgesetz (Benutzungsberechtigung) ergebe sich, dass, losgelöst von der Frage, ob ein öffentliches oder privates Gewässer vorliege, das Eigentum an der Erde, sei es als Bett oder als Ufer, auch privates Grundeigentum sei bzw. sein könne. Da Wasser als solches nicht bearbeitet werden könne, bezögen sich Baumaßnahmen zwangsläufig auf feste Gegenstände wie das Bett und das Ufer, dessen Eigentumseigenschaften jedoch nicht durch das Wasserrechtsgesetz berührt seien. Die Bauten im Bett bzw. am Ufer seien daher schon aus den Bestimmungen und der Intention des Wasserrechtsgesetzes nicht ausschließlich hoheitliche Angelegenheit. Demgemäß obliege es auch der Freiheit des Grundeigentümers, mit wem er die baulichen Gestaltungen dafür verhandle bzw. wen er damit beauftrage. Ein reines Monopol der Republik, derartige Arbeiten ausschließlich und alleine durchzuführen, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

19 Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob der Betrieb eines „Flussbauhofes“ (nicht eines „Bundesflussbauhofes“) ausschließlich eine hoheitliche Angelegenheit sei, und es weiche die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab.

20 Die Revision ist in Anbetracht der von ihr aufgeworfenen Frage der Auslegung der im genannten (seit 6. August 2013 rechtswirksamen) Flächenwidmungsplan normierten Widmung „Sondergebiet des Baulandes ‑ Strommeisterei und Flussbauhof“ zulässig. Ihr kommt jedoch im Ergebnis keine Berechtigung zu.

21 Das Verwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 27. Jänner 2016, Ra 2015/05/0083, mwN).

22 Zu diesem Zeitpunkt stand die Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, idF LGBl. Nr. 90/2013 (BauO) in Geltung.

23 Die §§ 25a und 30 BauO lauten auszugsweise:

§ 25a

Anzeigeverfahren

(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn

1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen oder

...“

§ 30

Vorprüfung

...

(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben

1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder

...“

24 Der Inhalt einer in einem Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung ist grundsätzlich nach den maßgebenden Normen im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes zu beurteilen, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen anderes anordnen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 11. März 2016, Ra 2015/06/0107, mwN).

25 Der hier in Rede stehende Flächenwidmungsplan (Flächenwidmungteil Nr. 4) wurde vom Gemeinderat am 23. Mai 2013 beschlossen. Im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung war das ROG, LGBl. Nr. 114/1993, idF LGBl. Nr. 73/2011 anzuwenden.

26 Die §§ 18 und 23 ROG in der im Zeitpunkt der genannten Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan geltenden Fassung lauten auszugsweise:

§ 18

Flächenwidmungsplan mit örtlichem Entwicklungskonzept

(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Der Flächenwidmungsplan besteht aus

1. dem Flächenwidmungsteil und

2. dem örtlichen Entwicklungskonzeptteil (örtliches Entwicklungskonzept).

Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Planungszeitraum von zehn Jahren, der Flächenwidmungsteil auf einen solchen von fünf Jahren auszulegen.

(2) Das örtliche Entwicklungskonzept hat als Grundlage der übrigen Flächenwidmungsplanung die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten.

...“

§ 23

Sonderwidmungen im Bauland

...

(4) Als Sondergebiete des Baulands sind solche Flächen vorzusehen, die dazu bestimmt sind,

1. Bauwerke und Anlagen aufzunehmen, deren Standorte besonders zu schützen oder zu sichern sind oder denen sonst aus Sicht der Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt, wie insbesondere Krankenanstalten, Schulen, Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser, Kasernen, Sportstätten und Tourismusbetriebe, jeweils einschließlich der dazugehörigen, ständig bestehenden Anlagen, sowie Ver- und Entsorgungsanlagen, oder

2. Veranstaltungsgebäude und Freizeiteinrichtungen aufzunehmen, denen aus Sicht der überörtlichen Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt, wie insbesondere Großkinos und Großdiskotheken, oder

3. Betriebe aufzunehmen, die unter den Anwendungsbereich der SEVESO II‑Richtlinie fallen, wobei im Flächenwidmungsplan innerhalb derartiger Sondergebiete des Baulands nach dem zulässigen Gefährdungspotential der Betriebe weiter differenziert werden kann.

(5) Die im Abs. 4 Z 2 und 3 genannten Anlagen, Bauwerke und Betriebe dürfen ausschließlich in Sondergebieten des Baulands errichtet werden, die dafür vorgesehen sind.

(6) Andere Bauwerke und Anlagen dürfen

1. in Sondergebieten des Baulands gemäß Abs. 4 Z 1 und 2 nur errichtet werden, wenn sie mit dem Zweck der Widmung zu vereinbaren sind;

2. in Sondergebieten des Baulands gemäß Abs. 4 Z 3 nur errichtet werden, wenn ihre Errichtung im Industriegebiet (§ 22 Abs. 7) zulässig wäre.“

27 Die Baubehörden wie auch das Verwaltungsgericht hatten bei ihrer Prüfung des Bauansuchens des Revisionswerbers Regelungen im örtlichen Entwicklungskonzept, die als Regelungen des Flächenwidmungsplanes anzusehen sind, heranzuziehen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. September 2015, Ra 2015/05/0055, mwN).

28 Wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen, von ihm bestätigten Ausführungen des Berufungsbescheides insoweit zutreffend dargestellt hat, gehen aus den Materialien zu den Vorgängerbestimmungen des im Revisionsfall anzuwendenden Flächenwidmungsplanes, die in Bezug auf die Widmung des gegenständlichen Baugrundstückes unverändert übernommen wurden, die Motive des Gemeinderates als Verordnungsgebers hervor, aus Anlass der Einwendung bzw. Anregung des Amtes der Oö. Landesregierung im Hinblick auf den vom Land Oberösterreich betriebenen Flussbauhof eine auf die bestehende Nutzung abgestimmte Widmungsabstufung durch eine Umwidmung von „Gemischtes Baugebiet“ in „Sondergebiet des Baulandes ‑ Strommeisterei und Flussbauhof“ vorzunehmen. Dieses Planungsziel wurde in dem am 28. August 2001 in Kraft getretenen „Flächenwidmungsplan Linz Teil Mitte und Süd Nr. 2“ umgesetzt.

29 Schon daraus ergibt sich die Absicht des Verordnungsgebers, (auch) in dem seit 6. August 2013 rechtswirksamen, im Revisionsfall maßgeblichen Flächenwidmungsplan in Bezug auf das gegenständliche Baugrundstück die Errichtung nur solcher Bauten und sonstigen Anlagen zu erlauben, die nach ihrem Verwendungszweck in einem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit der Erfüllung von jedenfalls öffentlichen Aufgaben, wie sie etwa im angefochtenen Erkenntnis beschrieben sind, stehen.

30 Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass ein solcher Zusammenhang mit der Besorgung von öffentlichen Aufgaben für die Erteilung einer Baubewilligung in Bezug auf das gegenständliche Baugrundstück vorliegen muss, findet überdies jedoch auch darin Deckung, dass in der bei der gegenständlichen Sondergebietswidmung angegebenen Zweckbestimmung (Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne; LGBl. Nr. 46/2008, Anlage 1 Punkt 1.1.15) der Begriff „Flussbauhof“ mit dem Begriff „Strommeisterei“ verknüpft ist, wobei ein sachlicher und funktioneller Zusammenhang des Verwendungszweckes des Bauvorhabens mit der für diese Sondergebietswidmung ausgewiesenen Zweckbestimmung vorliegen muss.

31 Dazu ist Folgendes auszuführen:

32 Weder der im Revisionsfall maßgebliche Flächenwidmungsplan noch das ROG noch die baurechtlichen Gesetzesbestimmungen des Landes Oberösterreich normieren eine Definition des Begriffes „Strommeisterei“ oder des Begriffes „Strommeister“, sodass diese Begriffe auslegungsbedürftig sind. Nach der hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. August 2012, Zl. 2010/05/0204, mwN) ist auch im öffentlichen Recht bei der Interpretation nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. § 6 ABGB verweist zunächst auf die Bedeutung des Wortlautes in seinem Zusammenhang. Dabei ist grundsätzlich zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Normengebers zukommt.

33 Knüpft der Normengeber an einen solchen Begriff an, der bereits in einer anderen Rechtsvorschrift inhaltlich umschrieben wurde, ohne seinen Inhalt näher festzulegen, und lässt sich auch sonst aus der anzuwendenden Norm kein Hinweis darauf finden, dass er von einer abweichenden Bedeutung ausgegangen wäre (wie z.B. aus der Gesetzessystematik und dem Regelungszweck), ist im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung und der daraus folgenden Einheit der Rechtsprache vom gleichen Begriffsinhalt, wie er in ausdrücklichen Regelungen festgelegt wurde, auszugehen. Dabei kann auch der Inhalt einer landesrechtlichen Vorschrift aus einer bundesrechtlichen Vorschrift und umgekehrt gewonnen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. November 1991, Zl. 90/12/0094, mwN). Lässt sich auf diesem Weg kein Auslegungsergebnis für den in Frage stehenden Normenbegriff gewinnen, so stellt etwa auch die Heranziehung einer gängigen Enzyklopädie eine zulässige Methode zur Ermittlung des Begriffsinhaltes dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2014, Zl. 2013/05/0046, mwN).

34 Während die raumordungsrechtlichen oder baurechtlichen Gesetzesbestimmungen des Landes Oberösterreich, wie bereits erwähnt, keine Legaldefinition der Begriffe „Strommeisterei“ oder „Strommeister“ enthalten, findet sich in § 11.02 Z 2 zweiter Satz der u.a. aufgrund des § 38 Abs. 4, 5, 7 und 10 des Bundesgesetzes über die Binnenschifffahrt (Schifffahrtsgesetz ‑ SchFG), BGBl. I Nr. 62/1997, idF BGBl. I Nr. 111/2010 erlassenen Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend eine Wasserstraßen‑Verkehrsordnung (WVO), BGBl. II Nr. 289/2011, die Begriffserklärung, dass als „Strommeister“, ein Schifffahrtsaufsichtsorgan (vgl. § 11.02 Z 2 erster Satz WVO), der Leiter einer Schifffahrtsaufsicht bezeichnet wird. Gemäß § 11.02 Z 1 (erster Satz) dieser Verordnung sind Schifffahrtsaufsichtsorgane Bedienstete des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, die mit schifffahrtspolizeilichen Aufgaben gemäß § 38 Abs. 1 SchFG betraut sind.

35 Nach dem allgemeinen Sprachverständnis sind daher vor dem Hintergrund dieser bundesrechtlichen Vorschriften unter dem Begriff „Strommeisterei“ nach dessen Wortsinn die Dienststellen (einschließlich der gemäß § 11.02 Z 1 zweiter Satz DVO eingerichteten Außenstellen) der Schifffahrtsaufsichtsorgane zu verstehen, wovon auch die Bauwerke und sonstigen baulichen Anlagen, die nach ihrem Verwendungszweck für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, nämlich der schifffahrtspolizeilichen Aufgaben (§ 11.02 Z 1 DVO), bestimmt sind, umfasst sind.

36 Aus den dargestellten Überlegungen zu den Materialien des genannten, seit 6. August 2013 rechtswirksamen Flächenwidmungsplanes und dessen Vorgängerbestimmungen einerseits und aufgrund der vorstehenden Ausführungen andererseits ergibt sich daher, dass diese Widmung „Sondergebiet des Baulandes ‑ Strommeisterei und Flussbauhof“ jedenfalls einem Bauvorhaben entgegensteht, wenn das Bauwerk oder eine sonstige bauliche Anlage nicht für Zwecke der Erfüllung öffentlicher Aufgaben errichtet oder benützt werden soll.

37 Nach den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen ‑ insoweit von der Revision nicht in Abrede gestellten ‑ Ausführungen des Verwaltungsgerichtes sollen die vom Revisionswerber projektierten Bauwerke nicht für die Besorgung derartiger Aufgaben dienen, sondern im Rahmen des vom Revisionswerber geführten Handels- und Dienstleistungsunternehmen errichtet und benützt werden. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass dem die vorliegende Sondergebietswidmung des Baugrundstückes entgegensteht, ist somit nicht zu beanstanden.

38 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Wien, am 27. April 2016

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