Normen
B-VG Art133 Abs4;
GewO 1994 §113 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
GewO 1994 §113 Abs5;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 9. März 2015, mit welchem gemäß § 113 Abs. 5 GewO 1994 iVm der Verordnung des Landeshauptmannes von Wien, LGBl. Nr. 47/1998, für das von der Revisionswerberin betriebene Gastgewerbe an einem näher bezeichneten Standort abweichend von der festgelegten Sperrstunde eine frühere Sperrstunde mit 24.00 Uhr vorgeschrieben wurde, als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Gemäß § 113 Abs. 5 GewO hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder frühere Sperrstunde vorzuschreiben, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde, oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen. Die Ermächtigung der Gemeinde zur Vorschreibung einer früheren Sperrstunde hat somit zur Voraussetzung, dass entweder das von Gästen, die einer bestimmten Betriebsanlage zuzurechnen sind, außerhalb dieser Betriebsanlage gesetzte Verhalten wiederholt zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn geführt hat, oder dass sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2008, 2008/04/0094, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2008/04/0012).
6 Das Verwaltungsgericht hat die erste der beiden Voraussetzungen des § 113 Abs. 5 GewO 1994 fallbezogen als erfüllt angesehen, wobei es unter Zugrundelegung des Gutachtens des beigezogenen umweltmedizinischen Sachverständigen die von den Menschenansammlungen vor dem Lokal ausgehenden Lärmemissionen als Ursache einer unzumutbaren Belästigung der Anrainer qualifizierte.
7 Die Rüge der Revision, das angefochtene Erkenntnis leide an einem Begründungsmangel, geht ins Leere. Das Verwaltungsgericht stützt sich in seiner Begründung zunächst auf das eingeholte lärmtechnische Gutachten und würdigt dieses als schlüssig und nachvollziehbar. Ebenso legt das Verwaltungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung unmissverständlich die Ausführungen des umweltmedizinischen Sachverständigen zugrunde und bezieht auf dieses seine eigenen rechtlichen Erwägungen. Der vorgebrachte Begründungsmangel liegt daher nicht vor.
8 Eine Interessenabwägung ist in § 113 Abs. 5 GewO 1994 nicht normiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in seiner Rechtsprechung darauf abgestellt, ob die getroffenen Maßnahmen angesichts der festgestellten Vorfälle als unverhältnismäßig anzusehen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2010, 2010/04/0056 und vom 21. Dezember 2011, 2011/04/0144). Die rechtliche Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahme kann nur im Einzelfall aufgrund der jeweils festgestellten Tatsachenumstände vorgenommen werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 8. Juni 2015, Ra 2015/08/0005). Ausgehend von den getroffenen Feststellungen, dass sich die unzumutbaren Lärmbelästigungen an einer Vielzahl von Tagen auf die sich vor dem Lokal um die Haupteintrittszeiten zwischen ca. 0.30 Uhr und ca. 1.30 Uhr bildenden Gästeansammlungen gründen, gelingt es der Revision nicht, fallbezogen eine unvertretbare rechtliche Beurteilung aufzuzeigen.
9 Das von der Revision ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom 7. November 2005, 2001/04/0040, bezieht sich - anders als der hier zu beurteilende Sachverhalt - auf die Vorschreibung von Auflagen und ist daher nicht präjudiziell. Dass eine Vorverlegung von Sperrzeiten nur dann angeordnet werden könne, wenn zusätzlich sicherheitspolizeiliche Bedenken bestünden oder die Öffnungszeit nur geringfügig eingeschränkt werde, lässt sich entgegen dem Revisionsvorbringen weder dem Gesetz entnehmen noch entspricht dies der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2008, 2008/04/0094).
10 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen. Die Verfahrensrügen betreffend die Unterlassung eines Ortsaugenscheins und einer weiteren Lärmmessung beziehen sich jeweils auf das Gutachten des lärmtechnischen Sachverständigen, dessen Messergebnisse dem Erkenntnis zugrunde gelegt wurden. Diesen Ergebnissen wurde seitens der Revisionswerberin jedoch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.
Es ist aber im Hinblick auf Maßnahmen zur Verbesserung der Situation darauf hinzuweisen, dass gemäß § 113 Abs. 5 zweiter Satz GewO 1994 die Vorschreibung einer späteren Aufsperrstunde oder einer früheren Sperrstunde zu widerrufen ist, wenn angenommen werden kann, das der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird.
11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Mai 2016
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