Normen
GewO 1994 §113 Abs5;
GewO 1994 §113 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Dezember 2007 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die vom Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde im Instanzenzug gemäß § 113 Abs. 5 GewO 1994 verfügte Vorverlegung der Sperrstunde für den näher umschriebenen Gastgewerbebetrieb des Beschwerdeführers von 03.00 Uhr auf 02.00 Uhr gemäß § 47 Abs. 5 Bundes-Gemeindeaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 123/1967, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid habe sich auf das Vorliegen sicherheitspolizeilicher Bedenken gestützt, die auf Feststellungen des Bezirkspolizeikommandos Kufstein gründeten. Davon unabhängig seien seit Jahren Beschwerden von Anrainern an die mitbeteiligte Stadtgemeinde gerichtet worden, die allesamt auch im Zusammenhang mit den Feststellungen des Bezirkspolizeikommandos gestanden seien. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Polizei treffe keine konkrete Aussage darüber, dass sein Lokal mit den angezeigten Straftaten, Ruhestörungen etc. in Zusammenhang gebracht werde, habe die Berufungsbehörde entgegnet, dass im Polizeibericht sehr wohl das Lokal des Beschwerdeführers angeführt gewesen sei. Es sei darauf hingewiesen worden, dass auf den Wanderungen zu näher genannten Nachtlokalen (darunter auch jenes des Beschwerdeführers), die allesamt eine spätere Sperrstunde als 02.00 Uhr aufwiesen, strafbare Delikte gesetzt worden seien. Eine Verbindung mit den Gästen des Lokales des Beschwerdeführers sei daher gegeben. Nur im Bereich dieser Lokale seien im Zeitraum vom 1. Jänner 2006 bis Ende Mai 2007 insgesamt ca. 60 Körperverletzungen (meist Raufereien), ca. 120 Sachbeschädigungen aller Art (Vandalenakte) und ca. 200 Anzeigen wegen Anstandsverletzungen, Ordnungsstörungen und Lärmerregung den zuständigen Behörden zur Anzeige gebracht worden. Damit sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass sicherheitspolizeiliche Bedenken bestünden. Bei gleicher Sperrzeit aller Lokale im Stadtkern mit 02.00 Uhr könnte zwar eine Wanderung (aus dem Lokal nach Hause) nicht verhindert werden, die weiteren Märsche zwischen den Lokalen könnten aber nicht mehr stattfinden. Es dürfe auch angenommen werden, dass die Bereitschaft zu den anfallenden Delikten auf Grund der früheren Sperrstunde und des wahrscheinlich geringeren Alkoholkonsums in weniger großer Zahl stattfinden und damit die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit wesentlich gesteigert werden könne. Diese Annahme erscheine vor dem Hintergrund des erhöhten Lokaltourismus alkoholisierter Gäste zu so später Stunde nicht unschlüssig. Der Beschwerdeführer habe in seiner Vorstellung vorgebracht, das Ermittlungsverfahren habe sich ausschließlich auf eine 2 1/2 Seiten umfassende Feststellung des Bezirkspolizeikommandos Kufstein erschöpft. Die darin genannten Vorfälle bzw. Delikte oder Anstandsverletzungen seien ganz pauschal und allgemein, ohne irgendeine direkte Bezugnahme auf den Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers, weshalb es bereits am Kausalzusammenhang zwischen den beanstandeten Vorfällen und dem Betrieb des Beschwerdeführers mangle. Nahezu bei der Hälfte der Vorfälle handle es sich um strafbare Delikte, weshalb die Anwendung des § 113 Abs. 5 GewO 1994 in diesem Zusammenhang rechtswidrig erfolgt sei. Hinsichtlich der verbleibenden Anstandsverletzungen, Ordnungsstörungen und Lärmerregungen fehlten Feststellungen bzw. Ermittlungen, inwieweit das Tatbestandsmerkmal der unzumutbaren Belästigung überhaupt auf den Betrieb des Beschwerdeführers zutreffe. Es wären Ermittlungen vorzunehmen und Feststellungen zu treffen gewesen, inwiefern eine wiederholte unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft ursächlich auf nicht strafbares Verhalten von Gästen des in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes des Beschwerdeführers vor der Betriebsanlage zurückzuführen sei. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde zu diesem Vorbringen aus, sowohl Zahl als auch Beschaffenheit der angezeigten Vorfälle brächten sicherheitspolizeiliche Missstände zum Ausdruck, die der Annahme sicherheitspolizeilicher Bedenken im Sinne des § 113 Abs. 5 GewO 1994 eine ausreichende Grundlage gäben. Diese Bestimmung enthalte zwei Tatbestandsmerkmale, die nicht kumulativ erfüllt sein müssten. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde begründe die Vorverlegung der Sperrzeit mit sicherheitspolizeilichen Bedenken. Eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft durch ein wiederholtes nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgebewerbebetriebes des Beschwerdeführers sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens, weshalb sämtliches Vorbringen in diese Richtung ins Leere gehe. Zur Frage, ob den sicherheitspolizeilichen Bedenken durch die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde wirksam begegnet werden könne, sei auf die schlüssigen Ausführungen der Gemeindebehörden zu verweisen, dass durch eine Vereinheitlichung der Sperrzeiten der in Rede stehenden Lokale ein Hin- und Herwandern der Gäste hintangehalten werden könne. Die Vorverlegung der Sperrstunde stelle jedenfalls ein taugliches Mittel dar, um den festgestellten sicherheitspolizeilichen Missständen wirksam zu begegnen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt - erwogen hat:
Gemäß § 113 Abs. 5 GewO 1994 hat die Gemeinde eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde, oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen.
Die Ermächtigung der Gemeinde zur Vorverlegung der Sperrstunde hat somit zur Voraussetzung, dass entweder das von Gästen, die einer bestimmten Betriebsanlage zuzurechnen sind, außerhalb dieser Betriebsanlage gesetzte Verhalten wiederholt zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn geführt hat, oder dass sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen (vgl. die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 (2003) S 908 f dargestellte Rechtsprechung).
In der Beschwerde wird gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Vorverlegung der Sperrstunde von 03.00 Uhr auf 02.00 Uhr sei gegenständlich durch sicherheitspolizeiliche Bedenken gerechtfertigt, ins Treffen geführt, im gesamten durchgeführten Verfahren sei keine eindeutige Zuordnung einzelner Ordnungswidrigkeiten bzw. gerichtlicher Straftatbestände zu Gästen des Lokales des Beschwerdeführers möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe bereits seit Beginn des Verfahrens beharrlich eine Beteiligung seiner Gäste an den erwähnten Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten in Abrede gestellt. Wenn die belangte Behörde die Annahme des Bezirkspolizeikommandos, durch eine "Vereinheitlichung der Sperrzeiten der in Rede stehenden Lokale" könne ein Hin- und Herwandern der Gäste hintangehalten werden, als schlüssig bezeichne, sei dem entgegenzuhalten, dass in keiner Weise festgestellt worden sei, das Lokal des Beschwerdeführers werde von "hin- und herwandernden Gästen" besucht. Die Behörde spreche selbst in ihren Ausführungen eine Vielzahl von Gastbetrieben an. Gerade deshalb wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, bestimmte Vorfälle, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten einzelnen Lokalen bzw. Gästen von einzelnen Lokalen zuzuordnen. Das vom Beschwerdeführer betriebene Gastlokal sei ein Nachtlokal gehobenen Anspruches und vom Konzept so ausgelegt, hauptsächlich und zum größten Teil Gäste mittleren Alters (ab 40 aufwärts) anzusprechen. Es liege auf der Hand, dass sich das Verhalten der Gäste des Beschwerdeführers wesentlich vom Verhalten der Gäste anderer Lokale in seiner Umgebung unterscheide, die jeweils Jugendzentrumscharakter bzw. "Apres-Ski-Charakter" aufwiesen. Eine Vorverlegung der Sperrstunde sei nur bei jenen Lokalen gerechtfertigt, die die Grundlage für die vorliegenden "sicherheitspolizeilichen Bedenken" geben.
Nach der hg. Judikatur erfordert die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "sicherheitspolizeiliche Bedenken" das Bestehen von durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen gedeckten konkreten Bedenken, aus deren Art sich schlüssig erkennen lässt, dass ihnen durch die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde wirksam begegnet werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 2007, Zl. 2007/04/0138, und vom 29. Juni 2005, Zl. 2003/04/0080, jeweils mwN). Im erstgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiters zum Ausdruck gebracht, dass sowohl die Zahl als auch die Beschaffenheit von angezeigten Vorfällen sicherheitspolizeiliche Missstände zum Ausdruck bringen können, die der Annahme sicherheitspolizeilicher Bedenken im Sinne des § 113 GewO eine ausreichende Grundlage geben. Sicherheitspolizeiliche Bedenken seien im Übrigen nicht davon abhängig, dass es zu gerichtlichen Verurteilungen oder Vorerhebungen gekommen sei. Im letztgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, es sei nicht wesentlich, dass die sicherheitspolizeilichen Bedenken jedenfalls auf Vorkommnisse in der gastgewerblichen Betriebsanlage selbst zurückzuführen sein müssten. Weiters sei es in diesem Zusammenhang auch nicht entscheidungsrelevant, inwiefern dem Gastgewerbetreibenden etwa ein Verschulden am Eintritt von Sachverhaltsumständen anzulasten sei, welche die Annahme sicherheitsbehördlicher Bedenken im dargestellten Sinn rechtfertigten.
Im Beschwerdefall konnte sich die belangte Behörde auf konkrete Sachverhaltsfeststellungen sowohl über die Zahl als auch über die Art der angezeigten Vorfälle stützen. Dass es sich bei den genannten Vorfällen um Körperverletzungen, Sachbeschädigungen aller Art, Anstandsverletzungen, Ordnungsstörungen und Lärmerregungen gehandelt hat und die Häufung dieser Vorfälle rechtfertigen an sich sicherheitspolizeiliche Bedenken im Sinne des § 113 GewO 1994. Im Polizeibericht wird ausdrücklich festgehalten, dass diese Vorfälle sich auch im Bereich des Lokals des Beschwerdeführers in der S ereignet haben. Dass diese Vorfälle keinen Bezug zum Lokal des Beschwerdeführers haben, wird mit dem bloß allgemein gehaltenen Beschwerdevorbringen, das vom Beschwerdeführer betriebene Gastlokal sei vom Konzept so ausgelegt, dass "hauptsächlich und zum größten Teil Gäste mittleren Alters (ab 40 aufwärts) angesprochen werden", nicht dargetan.
Zu Frage, ob den sicherheitspolizeilichen Bedenken durch die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde wirksam begegnet werden könne, liegt dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zu Grunde, es könne durch eine einheitliche Sperrzeit aller Lokale im Stadtkern einem Hin- und Herwandern der Gäste zwischen den Lokalen - also auch Zuwanderungen zum und Abwanderungen vom Lokal des Beschwerdeführers - vorgebeugt werden. Diese Annahme ist vor dem Hintergrund des - von den Gemeindebehörden angesprochenen - "erhöhten Lokaltourismus" alkoholisierter Gäste in den frühen Morgenstunden nicht unschlüssig.
Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Mai 2008
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