VwGH Ra 2016/04/0006

VwGHRa 2016/04/000617.2.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des Mag. A H in S, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Herrengasse 2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 29. Oktober 2015, Zl. VGW- 021/054/29501/2014-9, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

GewO 1994 §367 Z25;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber - soweit revisionsgegenständlich - vorgeworfen, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma S-AG in S zu verantworten, dass am 5. März 2014 die Auflage 15 im Zusammenhalt mit der Auflage 17 des Bescheides vom 5. September 2013, Zl. X/Y, insoferne nicht eingehalten worden seien, als kein Installationsattest für die Feststellanlagen der Brandschutzabschlüsse vorgelegt habe werden können.

Nach der im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Auflage 15 musste die vorschriftsmäßige Installation und einwandfreie Funktionsfähigkeit der Feststellanlage anlässlich ihrer Betriebnahme durch ein entsprechendes Installationsattest einer fachkundigen Person nachgewiesen werden. Nach der ebenso wiedergegebenen Auflage 17 waren die Berichte über durchgeführte Abnahmeprüfungen (Installationsattest) und wiederkehrende Prüfungen der Feststellanlagen zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde und der Feuerwehr in der Betriebsanlage bereitzuhalten.

Dadurch habe der Revisionswerber § 367 Z 25 GewO 1994 iVm Auflagenpunkt 15 und 17 des genannten Bescheides vom 5. September 2013 verletzt und wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 315,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verhängt.

Begründend führte das Verwaltungsgericht zur Verletzung der Auflage 15 aus, der Revisionswerber habe in seiner Beschwerde zu diesem Spruchpunkt (des verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses) eingewendet, mangels konkreter Vorschreibung der Verpflichtung zur Bereithaltung des Installationsattests in der Betriebsanlage handle es sich bei dem Umstand, dass dieses nicht habe vorgelegt werden können, nicht um eine Verwaltungsvorschrift, deren Nichteinhaltung unter Strafe stehe. Mit diesem Vorbringen habe der Revisionswerber keine Rechtswidrigkeit seiner Bestrafung dargetan, da die Auflage 15 gemeinsam mit der Auflage 17 des genannten Bescheides vom 15. September 2013 zu lesen sei, wonach die Berichte über durchgeführte Abnahmeprüfungen zur jederzeitigen Einsichtnahme bereitzuhalten seien. Diesem Gebot habe der Revisionswerber unwidersprochen zuwider gehandelt, sei er doch dem Vorhalt, ein Installationsattest habe zum Tatzeitpunkt in der Betriebsanlage nicht vorgelegt werden können, nicht entgegengetreten. Er habe bloß eingewendet, dass mit der schriftlichen Rechtfertigung ein Installationsattest vorgelegt worden sei. Zu Recht habe die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Vorlage der Bestätigung im Zuge des sodann eingeleiteten Strafverfahrens nicht als entlastend wirken könne, da die Nachweise entsprechend der in den Auflagen vorgesehenen Verpflichtung in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme hätten aufliegen müssen. Auf Grund der glaubhaften Angaben des Erhebungsorganes sei davon auszugehen, dass von diesem anlässlich seiner Erhebung in der Betriebsanlage das Verlangen auf Einsichtnahme in die betreffende Unterlage an eine dort anwesende Mitarbeiterin gestellt worden sei, diesem Verlangen aber nicht nachgekommen worden sei. Die zur Last gelegte Übertretung sei somit in objektiver Hinsicht verwirklicht.

Zum Einwand, die Verpflichtung zur Bereithaltung des Installationsattests zur jederzeitigen Einsichtnahme durch Organe der Behörde sei dem Revisionswerber nicht binnen der Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten worden, sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die wörtliche Anführung der nicht erfüllten Auflage zur Bejahung einer tauglichen Verfolgungshandlung nicht erforderlich sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. Der Revisionswerber bringt als grundsätzliche Rechtsfrage vor, das Verwaltungsgericht sei mit dem angefochtenen Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG (im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, 82/03/0265) abgewichen. So sei dem Revisionswerber während des gesamten Strafverfahrens bis zum angefochtenen Erkenntnis lediglich die Nichteinhaltung der Auflage 15 zur Last gelegt worden. In keiner Phase des Strafverfahrens sei ihm jedoch angelastet worden, Auflage 17 des genannten Bescheides nicht eingehalten zu haben. Mit der erstmaligen Anlastung der Nichteinhaltung von Auflage 17 habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet, dass die Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 Abs. 1 VStG bereits abgelaufen sei und habe zudem die von der Verwaltungsbehörde als erwiesen angenommene Tat ausgewechselt sowie den Gegenstand des Verfahrens überschritten.

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es gemäß § 44a Z 1 VStG rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Die Einhaltung des § 44a Z 1 und 2 VStG dient nach der Rechtsprechung dazu, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Oktober 2015, Ra 2015/07/0097, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 13. Juni 1984, 82/03/0265, uwN).

Eine solche Tatumschreibung muss bei der Nichteinhaltung einer bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflage neben dem Umstand, dass eine (mit der Untergliederung jenes Bescheides, in dem die in Rede stehende Auflage vorgeschrieben wurde, konkret zu bezeichnende) Auflage nicht eingehalten wurde, konkret alle Handlungen oder Unterlassungen anführen, durch welche die Auflage nicht eingehalten wurde. Die vollständige Anführung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift und damit auch die wörtliche Anführung der nicht erfüllten Auflage des Genehmigungsbescheides ist jedoch zur Bejahung einer tauglichen Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, 2012/04/0020, mwN u.a. auf die zu § 367 Z 25 GewO 1994 ergangene Rechtsprechung zur Nichteinhaltung von Auflagen).

Dem lag zugrunde, dass der Verwaltungsgerichtshof die (nicht erfüllte) Auflage (gleich der ebenso in § 367 Z 25 GewO 1994 angeführten, nicht befolgten Verordnung) als verletzte Verwaltungsvorschrift nach § 44a Z 2 VStG angesehen hat (vgl.so das zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Pkt. 4.).

Fallbezogen geht das Verwaltungsgericht in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses davon aus, dass mit dem (im gesamten Strafverfahren unverändert gebliebenen) vorgeworfenen Sachverhalt nicht alleine die Auflage 15, sondern diese Auflage in Zusammenhalt mit Auflage 17 des maßgeblichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides nicht eingehalten wurde. Diese Auslegung ist nicht unvertretbar, schreibt doch die genannten Auflage 15 vor, dass die vorschriftsmäßige Installation und einwandfreie Funktionsfähigkeit der Feststellanlage anlässlich ihrer Betriebnahme durch ein entsprechendes Installationsattest "nachgewiesen werden" muss. In welcher Form dieser Nachweis gegenüber der Gewerbebehörde zu erfolgen hat, wird in der Auflage 15 nicht näher geregelt. Insoweit trifft Auflage 17 eine nähere Regelung, wonach derartige Atteste in der Betriebsanlage bereitzuhalten sind.

Nach der hg. Rechtsprechung ist eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) zulässig, wenn es nicht zu einem "Austausch der Tat" durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2015, 2011/17/0131, mwN). Daher ist fallbezogen auch nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auf Grund seiner Auffassung (zur Präzisierung) auch die Auflage 17 als verletzte Verwaltungsvorschrift anführt.

Eine derartig vertretbare Auffassung stellt keine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende, revisible grundsätzliche Rechtsfrage dar. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt nämlich in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. bereits den hg. Beschluss vom 26. Februar 2014, Ro 2014/04/0022).

4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Februar 2016

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