VwGH Ra 2016/01/0169

VwGHRa 2016/01/016911.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision der N K (auch: N K) in W, vertreten durch Prof. Dr. Christian Winternitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Burgring 1, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 20. Juni 2016, Zl. VGW- 151/071/14460/2015-13, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG;
NAG 2005 §64 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs1b;
StbG 1985 §10 Abs5;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016010169.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Angefochtenes Erkenntnis

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft vom 16. Juni 2014 gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen (I.) und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt (II.).

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, die Revisionswerberin sei Staatsangehörige der russischen Föderation und im Jahre 2005 nach Österreich gezogen. Seit 2006 sei sie ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und verfüge derzeit über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierende" bis 4. März 2017.

3 Im Berechnungszeitraum Juni 2011 bis Mai 2014 (36 Monate) ergebe sich ein Gesamteinkommen der Revisionswerberin im Sinn des § 10 Abs. 5 StbG in einer näher bezeichneten Höhe.

4 Mit einer aktenkundigen, notariell beglaubigten "Verpflichtungserklärung" vom 30. Jänner 2006 hätten sich Dr. C W und Dr. G W verpflichtet, sämtliche Kosten zu tragen, die den öffentlichen Rechtsträgern der Republik Österreich durch den Aufenthalt der Revisionswerberin entstehen könnten. Die Revisionswerberin habe nachweislich im Berechnungszeitraum regelmäßig finanzielle Zuwendungen in der Höhe von EUR 360,-- monatlich von Dr. G W erhalten.

5 In rechtlicher Hinsicht legte das Verwaltungsgericht zunächst dar, warum die Voraussetzungen des § 8 VwGVG zur Entscheidung über den Verleihungsantrag der Revisionswerberin auf das Verwaltungsgericht übergegangen seien.

6 Zu diesem Verleihungsantrag führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin erfülle auf Grund des mehr als sechsjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts in Österreich und der Tatsache, dass sie über Deutschkenntnisse (auf B 2-Niveau des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen) verfüge, den Verleihungstatbestand gemäß § 11a Abs. 6 Z 1 StbG.

7 Verleihungshindernisse gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 StbG seien nicht hervorgekommen. Die Revisionswerberin habe am 19. September 2014 die Staatsbürgerschaftsprüfung gemäß § 10a Abs. 5 StbG positiv abgelegt.

8 Im Hinblick auf den gesicherten Lebensunterhalt gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 iVm Abs. 5 StbG führte das Verwaltungsgericht aus, die geltend gemachten durchschnittlichen Nettoeinkünfte der Revisionswerberin in näher bezeichneter Höhe erreichten nicht die Summe der genannten Einzelrichtsätze gemäß § 293 ASVG im Zeitraum von drei Jahren vor Antragstellung.

9 Die Revisionswerberin habe im Berechnungszeitraum regelmäßige finanzielle Unterstützungen in Höhe von EUR 360,-- monatlich von Dr. G W erhalten. Diese finanziellen Zuwendungen könnten nicht als Einkommen im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG angesehen werden, da es sich nicht um eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen sondern um freiwillige Geldgeschenke einer dritten Person handle. Das Vorhandensein einer "Verpflichtungserklärung" ändere nichts an der Tatsache, dass die Revisionswerberin auf diese finanziellen Zuwendungen keinen Rechtsanspruch im Sinne eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches habe, zumal die "Verpflichtungserklärung" nur die Leistung dritter Personen an die öffentlichen Rechtsträger der Republik Österreich regle aber keinen gesetzlichen (oder vertraglichen) Unterhaltsanspruch der Revisionswerberin begründe.

10 Der nicht gesicherte Lebensunterhalt beruhe auf Grund der Aktenlage weder auf einer Behinderung noch einer dauerhaft schwerwiegenden Krankheit der Revisionswerberin. Ein solcher Umstand sei seitens der Revisionswerberin auch nicht vorgebracht worden.

11 Somit sei der Lebensunterhalt der Revisionswerberin aus Gründen, welche sie zu vertreten habe, gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 StbG nicht hinreichend gesichert. Der Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sei daher abzuweisen gewesen.

12 Die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision wurde mit dem Gesetzestext des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründet.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

14 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, in der vorliegenden Rechtssache stelle sich die Rechtsfrage, ob die Aufzählung der in § 10 Abs. 5 StbG genannten Einkunftsarten taxativ oder demonstrativ sei, ob Zahlungen, wie sie die Revisionswerberin von ihren Gasteltern erhalten habe, unter den Einkunftsbegriff des § 10 Abs. 5 StbG zu subsumieren seien und ob die Tatsache, dass ein auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende im Bundesgebiet aufhältiger Fremder nur einer geringfügigen bzw. einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen könne und daher die Erzielung eines der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechenden Einkommens nicht möglich sei, einen vom Betreffenden zu vertretenden Grund darstelle.

15 Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtslage

16 § 10 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der

Fassung BGBl. I Nr. 136/2013, lautet auszugsweise:

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

...

7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder der Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann ...

...

(1b) Nicht zu vertreten hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensunterhalt insbesondere dann, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

...

(5) Der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z 7) ist dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt von 36 Monaten aus den letzten sechs Jahren vor dem Antragszeitpunkt vom Fremden nachgewiesen werden, wobei jedenfalls die letzten geltend gemachten sechs Monate unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt liegen müssen. Im geltend gemachten Zeitraum müssen die eigenen Einkünfte des Fremden ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. Wird in den letzten geltend gemachten sechs Monaten unmittelbar vor dem Antragszeitpunkt Kinderbetreuungsgeld gemäß den Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes - KBGG, BGBl. I Nr. 103/2001, bezogen, so gilt in dem Zeitraum in dem Kinderbetreuungsgeld bezogen wird, der Lebensunterhalt jedenfalls als hinreichend gesichert."

Eigene Einkünfte

17 Die Revision wirft die grundsätzliche Rechtsfrage nach dem Inhalt des Rechtsbegriffes der Einkünfte nach § 10 Abs. 5 StbG und seine Anwendbarkeit auf eine wie in der vorliegenden Rechtssache bestehende Konstellation auf.

18 § 10 Abs. 5 erster Satz StbG versteht unter Einkünften "feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen". Damit wird ein weiter Begriff der eigenen Einkünfte normiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2012, 2011/01/0217). Auch die Erläuterungen zur Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 mit welcher dieser Rechtsbegriff in das StbG eingeführt wurde, verstehen unter Einkünften "feste und regelmäßige Einkünfte, die aus selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit, Vermögen oder anderen Quellen den Lebensunterhalt des Fremden hinreichend gesichert erscheinen lassen, sodass eine Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften nicht notwendig ist" (vgl. RV 1189 BlgNR 22. GP , 6).

19 Dieser weite Begriff der Einkünfte ist vor dem Hintergrund des Zieles der Regelung des § 10 Abs. 5 StbG zu sehen:

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft soll den Abschluss einer (erfolgreichen) Integration des Fremden in Österreich darstellen, zu der nach der Wertung des Gesetzgebers auch gehört, dass der Verleihungswerber sein Fortkommen ohne Unterstützung durch Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaft bestreiten kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, 2009/01/0024, mwN). Daher erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2011, 2009/01/0048, mwN; der Durchrechnungszeitraum wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 136/2013 adaptiert: vgl. dazu den hg. Beschluss vom 15. März 2016, Ro 2015/01/0014).

Berücksichtigt man dieses Ziel der Regelung, so werden nur jene Einkünfte nach § 10 Abs. 5 StbG heranzuziehen sein, welche die Prognose erlauben, dass der Verleihungswerber sein Fortkommen auch künftig ohne Unterstützung durch Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaft bestreiten kann. In diesem Sinne vertritt das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis zu Recht die Auffassung, dass "freiwillige Geldgeschenke einer dritten Person" sowie finanzielle Zuwendungen, auf welche kein Rechtsanspruch im Sinne eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches bestehe, nicht als Einkünfte im Sinne des § 10 Abs. 5 StbG angesehen werden können.

20 Dass es sich bei den von Revision geltend gemachten monatlichen Zahlungen an die Revisionswerberin von ihren Gasteltern um solche freiwillige finanzielle Zuwendungen handelt, hat das Verwaltungsgericht in nicht unvertretbarer Weise festgestellt. So stellte es fest, dass die Revisionswerberin nachweislich im Berechnungszeitraum monatlich finanzielle Zuwendungen von Dr. G W erhalten habe. Weiters stellte das Verwaltungsgericht eine aktenkundige, notariell beglaubigte "Verpflichtungserklärung" von Dr. C W und Dr. G W vom 30. Januar 2006 fest, in welchem sich diese verpflichteten, sämtliche Kosten zu tragen, die den öffentlichen Rechtsträgern der Republik Österreich durch den Aufenthalt der Revisionswerberin entstehen könnten.

21 Aus dem Umstand, dass die Revisionswerberin regelmäßig finanzielle Zuwendungen erhalten hat, lässt sich kein Anspruch auf diese Leistungen gleich einem Unterhaltsanspruch ableiten. Die festgestellte Verpflichtungserklärung aus dem Jahr 2006 enthält lediglich eine Verpflichtung von Dritten - nicht der Fremden selbst - gegenüber den Gebietskörperschaften der Republik Österreich und ähnelt daher der Verpflichtungserklärung im Bereich der Vollziehung des Fremdengesetzes 1997 (vgl. zu dieser und der Haftungserklärung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) das hg. Erkenntnis vom 11. November 2013, 2011/22/0040). Der Revision ist eine undatierte Erklärung von Dr. C W beigelegt, in welcher dieser erklärt, dass er der Revisionswerberin eine monatliche Unterstützung zukommen lasse und die Revisionswerberin diese Unterstützung bereits seit mehr als drei Jahren erhalte und er diese Leistung auch bis auf Weiteres erbringen werde. Nach dem Revisionsvorbringen sei diese Erklärung im Jahr 2014 im Sinne der konkludent zwischen Dr. G W und Dr. C W sowie der Revisionswerberin geschlossenen Vereinbarung errichtet worden. Diese sei der belangten Behörde im Zuge der Antragstellung übergeben worden, sodass es sich nicht um eine Neuerung handle. Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dieser Erklärung um ein dem Neuerungsverbot unterliegendes Beweismittel handelt, weil auch diese Erklärung keinen konkreten Anhaltspunkt enthält, warum es sich bei der finanziellen Unterstützung der Revisionswerberin nicht um eine freiwillige handeln sollte. Ein Rechtsanspruch ließe sich im Übrigen auch aus dieser Erklärung nicht ableiten. Daher ist die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, bei den in der Revision geltend gemachten finanziellen Zuwendungen handle es sich nicht um Einkünfte nach § 10 Abs. 5 StbG, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Tatsächliche, nicht zu vertretende Gründe

22 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes verfügt die Revisionswerberin bis 4. März 2017 über eine Aufenthaltsbewilligung "Studierende" (vgl. § 64 NAG).

23 Daran anknüpfend bringt die Revision vor, die Revisionswerberin könne im Rahmen dieser Aufenthaltsbewilligung nur einer geringfügigen bzw. einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und ein Einkommen, welches der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 ASVG entspreche, nicht erzielen. Dabei stelle sich die Frage, ob es sich nicht um einen von der Revisionswerberin nicht zu vertretenden Grund im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 7 StbG handle.

24 § 10 Abs. 1 Z 7 StbG stellt darauf ab, ob der Lebensunterhalt des Verleihungswerbers hinreichend gesichert ist oder der Fremde seinen Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann. Gemäß § 10 Abs. 1b StbG hat der Fremde seinen nicht gesicherten Lebensunterhalt insbesondere dann nicht zu vertreten, wenn dieser auf einer Behinderung oder auf einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit beruht, wobei dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen ist.

25 Die Erläuterungen zu § 10 Abs. 1b StbG (vgl. RV 2303 BlgNR 24. GP , 7) führen dazu aus:

"Durch die demonstrative Aufzählung im neuen Abs. 1b soll klargestellt werden, wann solche Gründe vorliegen, die der Fremde nicht zu vertreten hat. Inwieweit der Grad der Behinderung die Möglichkeit einer aktiven Teilnahme am Erwerbsleben einschränkt oder gar ausschließt, ist durch ein Gutachten eines Arztes nachzuweisen. Im Falle einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit ist dies auch durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen. Durch diese Überprüfung im Einzelfall ist gewährleistet, dass nur Personen, die aufgrund ihres Behinderungsgrades oder Krankheitsbildes tatsächlich nicht oder nur eingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen können, in den Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung gelangen, unabhängig davon, welchen Grad ihre Behinderung oder die Dauer und Schwere der Krankheit in einer formal abstrakten Betrachtung erreicht. Somit wird eine spezifische Ausnahmeregelung für Personengruppen geschaffen, denen aufgrund ihrer besonders berücksichtigungswürdigen Situation der Erwerb der Staatsbürgerschaft ebenfalls möglich sein soll. Die durch das Wort ‚insbesondere' angezeigte Aufzählung von Tatbeständen führt dazu, dass auch noch andere Möglichkeiten zugelassen werden und die angeführten Beispiele der Behinderung oder der schwerwiegenden Krankheit nicht als erschöpfende Aufzählung anzusehen sind. Jedoch müssen alle weiteren, nicht explizit genannten Gründe von vergleichbarem Gewicht sein. Dies bedeutet, dass sowohl der Grund als auch die Nachweisbarkeit des Grundes den angeführten Tatbeständen in ihrer Bedeutung vergleichbar sein müssen."

26 Der Staatsbürgerschaftsbehörde ist damit ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. Fasching, Staatsbürgerschaftsrecht im Wandel (2014), 13). Entscheidend ist dabei, dass der Gesetzgeber eine spezifische Ausnahmeregelung für besonders berücksichtigungswürdige Situationen schaffen wollte. Sowohl der Grund als auch die Nachweisbarkeit des Grundes müssen der in § 10 Abs. 1b StbG angeführten Behinderung oder dauerhaft schwerwiegenden Krankheit in ihrer Bedeutung vergleichbar sein. Für diese Tatbestände hält der Gesetzgeber fest, dass nur Personen, die aufgrund ihres Behinderungsgrades oder Krankheitsbildes tatsächlich nicht oder nur eingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen können, in den Anwendungsbereich dieser Ausnahmebestimmung gelangen.

27 Der von der Revision behauptete Umstand, die Revisionswerberin habe auf Grund ihres Aufenthaltstitels nur einer geringfügigen bzw. Teilzeitbeschäftigung nachgehen können, stellt keinen derartigen mit einer Behinderung oder einer dauerhaften schwerwiegenden Krankheit vergleichbaren Grund dar. So ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 64 Abs. 2 NAG bei der Aufenthaltsbewilligung für Studierende lediglich davon spricht, dass sich die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz richtet und diese Erwerbstätigkeit das Erfordernis des Studiums als ausschließlicher Aufenthaltszweck nicht beeinträchtigen darf. Eine besonders berücksichtigungswürdige Situation, welche in ihrer Bedeutung sowohl dem Grund als auch der Nachweisbarkeit nach den Tatbeständen des § 10 Abs. 1b StbG vergleichbar ist, stellt diese Rechtslage nicht dar, vielmehr handelt es sich um eine generelle, alle studierende Drittstaatsangehörige nach dieser Bestimmung treffende Regelung des Zugangs zum Arbeitsmarkt im Rahmen des AuslBG.

28 Somit ist auch die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, es lägen in der vorliegenden Rechtssache keine gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 bzw. Abs. 1b StbG nicht zu vertretenden Gründe vor, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

29 Soweit die Revision als Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet, dass Verwaltungsgericht habe es unterlassen, ergänzende Feststellungen zur Rechtsnatur dieser Zahlungen zu treffen, so fehlt diesen behaupteten Verfahrensfehler vor dem Hintergrund des Obgesagten die Relevanz.

Ergebnis

30 Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

31 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 6 VwGG Abstand genommen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und in der vorliegenden Revision zur Zulässigkeit entsprechend Art. 133 Abs. 4 B-VG Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2014/04/0070, mwN).

Wien, am 11. Oktober 2016

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