VwGH Ra 2016/01/0126

VwGHRa 2016/01/012620.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des S D, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Mai 2016, Zl. L515 1438285- 1/29E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 2005 §3 Abs1;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Fluchtgründe

1 Der Revisionswerber ist türkischer Staatsangehöriger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er stellte am 25. Mai 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2 Der Revisionswerber brachte als Fluchtgründe vor, er sei in der Türkei zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Von 2008 bis Mai 2011 sei er in Untersuchungshaft gewesen. In der Haft seien "wir Häftlinge" gefoltert und schlecht behandelt worden.

Nach seiner Haftentlassung im Mai 2011 habe er 2011 die Partei BDP bei der Wahl in Istanbul unterstützt und bei einem Wahlkonvoi eine Auseinandersetzung mit der Polizei gehabt. Wegen dieser Aktivitäten für die BDP sei gegen ihn ein neues Verfahren eingeleitet worden. Noch 2011 habe er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt eine Vorladung der Staatsanwaltschaft erhalten. Daraufhin habe er 2012 die Türkei verlassen.

Bescheid des BAA

3 Mit Bescheid vom 20. September 2013 wies das Bundesasylamt (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz sowohl gemäß § 3 als auch gemäß § 8 AsylG 2005 ab und wies den Revisionswerber gemäß § 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) in die Türkei aus.

4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Asylgerichtshof, welche mit 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) weiterbehandelt wurde. Angefochtenes Erkenntnis

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 12. Mai 2016 wies das BVwG die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab und verwies das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das BFA zurück (A). Die Revision erklärte das BVwG nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (B).

6 In der Wiedergabe des Verfahrensganges stellte das BVwG fest, aus den vom Revisionswerber vorgelegten "Auszügen aus der Gerichtsakte" gehe hervor, dass er an einer Versammlung der DTP teilgenommen habe. Er habe dort 2007 Slogans für eine Terrororganisation ausgeteilt. Weiters habe er an einer illegalen Demonstration der DEM-DER, welche für die PKK/KONGRA-GEL aktiv sei, teilgenommen. Er habe dort die Gruppe gesteuert, für die Terrororganisation Slogans ausgesprochen und hätte mit der Gruppe, welche mit Molotowcocktails und Steinen ausgestattet gewesen wäre, die Sicherheitskräfte angegriffen. Ebenso habe er 2005 Zeichen der genannten Organisation und Bilder von Abdullah Öcalan getragen. Während der Demonstration habe der Revisionswerber die Menschenmenge gesteuert. Der Revisionswerber habe an der Sperrung des Straßenverkehrs und an Angriffen gegen die Sicherheitskräfte mit Molotowcocktails und Stöcken aktiv teilgenommen.

7 Die Österreichische Botschaft (ÖB) Ankara habe auf Anfrage des BVwG hiezu ausgeführt, der Revisionswerber sei wegen der Mitgliedschaft bei einer terroristischen Organisation zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Dies bedeute, dass der Revisionswerber "im Normalfall ca. vier Jahre absitzen" müsste. Wegen Propaganda für eine Terrororganisation sei der Revisionswerber weder verurteilt noch freigesprochen worden. Eine entsprechende Untersuchungshaft werde dem Revisionswerber angerechnet.

8 Zu den behaupteten Fluchtgründen stellte das BVwG fest, der Revisionswerber habe sich in Untersuchungshaft befunden, weil er verdächtigt worden sei, einer terroristischen Organisation anzugehören bzw. für eine solche Propaganda betrieben zu haben. Nach Ende der maximalen Dauer der Untersuchungshaft (vier Jahre) sei der Revisionswerber wieder auf freien Fuß gesetzt worden und habe die Türkei verlassen. Zwischenzeitig sei er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden. Auf diese Freiheitsstrafe werde die Untersuchungshaft angerechnet und sei vor dem Hintergrund der türkischen Rechtsordnung und der Strafvollzugspraxis damit zu rechnen, dass der Revisionswerber als unbedingten Teil der Freiheitsstrafe ca. 4 Jahre zu verbüßen hätte.

9 Beweiswürdigend führte das BVwG aus, aufgrund des Inhaltes der seitens des Revisionswerbers vorgelegten "Gerichtsakte" sowie der Auskunft der ÖB Ankara sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden sei. Die Behauptung des Revisionswerbers, er wäre zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden, könne im Lichte des Ergebnisses des Beweisverfahrens nicht nachvollzogen werden. Aus einer schlüssigen Auskunft der ÖB Ankara ergebe sich, dass dem Revisionswerber eine bereits erlittene vierjährige Untersuchungshaft angerechnet werde. Ebenso ergebe sich aus diesen Quellen, dass der Revisionswerber damit rechnen könne, dass ihm ca. zwei Jahre der Strafhaft bedingt nachgesehen werden würden. Es sei daher davon auszugehen, dass der Revisionswerber im Fall der Rückkehr in die Türkei lediglich eine Strafhaft von sehr geringer Dauer, welche sich im Rahmen von Wochen oder wenigen Monaten bewegen werde, zu verbüßen haben werde.

10 Dem Einwand des Revisionswerbers, er würde im Rahmen einer neuerlichen Inhaftierung Misshandlungen befürchten, werde nicht gefolgt. Auch wenn es in der Türkei noch zu Misshandlungen komme, könne nicht festgestellt werden, dass diese systematisch und flächendeckend stattfinden würden, sondern es sich hierbei um ein fallweises auftretendes individuelles Fehlverhalten einzelner Organwalter handle, wogegen man sich durch Ergreifung der entsprechenden Rechtsbehelfe zur Wehr setzen könne.

11 Rechtlich führte das BVwG aus, im vorliegenden Fall stelle sich die Rechtsfrage, ob die Strafverfolgung einen gerechtfertigten bzw. legitimen oder einen ungerechtfertigten Eingriff des türkischen Staates in die persönliche Sphäre des Revisionswerbers darstelle. Zwischen einer Mehrzahl von Staaten und von Staaten gegründeten Organisationen, in denen demokratischrechtsstaatliche Grundsätze herrschen, bestehe ein Konsens, dass es sich bei der PKK/Kongra-Gel um eine terroristische bzw. kriminelle Organisation handle, deren Mitgliedschaft bzw. Unterstützung ein bestrafungswürdiges Verhalten darstelle. Dabei verweist das BVwG unter anderem auf den Beschluss (GASP) 2015/2430 des Rates vom 21. Dezember 2015 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, für die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus gelten, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2015/1334, ABl. L 334 vom 22.12.2015, S. 18-21, sowie auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH), wonach es sich bei der PKK um eine terroristische Organisation handle. Daher bestehe kein Anlass zur Annahme, dass die nach dem türkischen Recht pönalisierte Mitgliedschaft bzw. Unterstützung krimineller Organisationen, namentlich der PKK/Kongra-Gel, eine nicht gerechtfertigte Verfolgung des Revisionswerbers darstelle.

12 Zur Verhältnismäßigkeit der Strafdrohung führte das BVwG aus, in Zusammenschau von vergleichbaren österreichischen Strafbestimmungen (§§ 278a, 278b, 278c StGB) und dem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des türkischen Staates sowie eines besonderen generalpräventiven Bedürfnisses im Hinblick auf das Bestreben, Straftaten mit terroristischen Hintergrund zu verhindern, gehe es davon aus, dass die seitens des türkischen Staates gesetzten Strafdrohungen nicht unverhältnismäßig seien.

13 Es könne nicht festgestellt werden, dass die auf den Revisionswerber angewendeten Strafbestimmungen aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Motivs zur Anwendung gekommen seien bzw. das Strafverfahren aufgrund eines solchen Motivs eingeleitet worden sei. Der Berichtslage könne nicht entnommen werden, dass im Rahmen der Strafzumessung bzw. des Strafvollzuges davon auszugehen sei, dass der Revisionswerber aufgrund eines in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Motivs strenger bestraft oder schlechter behandelt würde bzw. werde als andere Bewohner der Türkei bzw. Personen, welche der Jurisdiktion des türkischen Staates unterstellt seien.

14 Die im gegenständlichen Fall erfolgte Verurteilung des Revisionswerbers erfülle daher nicht den in der GFK genannten Begriff der Verfolgung, weshalb die Gewährung von Asyl bereits aus diesem Grunde ausscheide.

15 Zum subsidiären Schutz nach § 8 AsylG 2005 führte das BVwG aus, der Revisionswerber verfüge im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage. Die Mehrzahl der Berichte, welche Defizite im Zusammenhang mit der Behandlung von Gefangenen beschreiben, bezögen sich auf Vorfälle, welche sich im Rahmen des Ermittlungs- und Untersuchungsverfahrens vor der Verurteilung des Beschuldigten zutragen würden. Es habe daher nicht festgestellt werden können, dass der Revisionswerber in der Phase des Strafvollzuges mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsse, Opfer von Übergriffen zu werden. Auch werde der Revisionswerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nur eine Gefängnisstrafe von sehr kurzer Dauer zu verbüßen haben. Vorverfahren

16 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

17 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zulässigkeit

18 Die Revision macht zur Zulässigkeit unter anderem geltend, es stelle sich die Rechtsfrage, ob langjährige Haftstrafen wegen der Mitgliedschaft bei Oppositionsparteien den Tatbestand der unterstellten feindlichen politischen Gesinnung nach der GFK erfüllten. Weiters leide die Entscheidung des BVwG unter "gravierenden" Feststellungsmängeln, da eine PKK Mitgliedschaft anstelle der vom Revisionswerber behaupteten BDP Mitgliedschaft festgestellt werde und weitere Ermittlungen unterlassen worden seien.

19 Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet. Asylrelevanz einer staatlichen Strafverfolgung

20 Keine Verfolgung im asylrechtlichen Sinn ist im Allgemeinen in der staatlichen Strafverfolgung zu erblicken. Allerdings kann auch die Anwendung einer durch Gesetz für den Fall der Zuwiderhandlung angeordneten, jeden Bürger des Herkunftsstaates gleich treffenden Sanktion unter bestimmten Umständen "Verfolgung" im Sinne der GFK aus einem dort genannten Grund sein; etwa dann, wenn das den nationalen Normen zuwiderlaufende Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlt.

Um feststellen zu können, ob die strafrechtliche Verfolgung wegen eines - wie im vorliegenden Fall - auf politischer Überzeugung beruhenden Verhaltens des Asylwerbers einer Verfolgung im Sinne der GFK gleichkommt, kommt es somit entscheidend auf die angewendeten Rechtsvorschriften, aber auch auf die tatsächlichen Umstände ihrer Anwendung und die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe an (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2015, Ra 2014/18/0133, mwN).

21 Der Verwaltungsgerichtshof behandelte im obzitierten Erkenntnis eine ähnliche Fallkonstellation: der dortige Revisionswerber hatte vorgebracht, an einer Demonstration gegen die damals bevorstehende "Schließung" der DTP-Partei teilgenommen zu haben, wonach er wegen Mitgliedschaft bei einer Terrororganisation (PKK) und wegen Propaganda für diese Organisation zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden sei; die Ausfertigung des Strafurteils legte der dortige Revisionswerber der Asylbehörde vor. Zu dieser führte der Verwaltungsgerichtshof fallbezogen aus, für eine erschöpfende Beurteilung sei es nicht hinreichend gewesen, nur die dem Revisionswerber zur Last gelegten Delikte (Mitgliedschaft bei einer illegalen Terrororganisation und Propagieren für eine Terrororganisation) und die dafür verhängten Strafen festzustellen. Es wäre vielmehr nach Durchführung eines mängelfreien Verfahrens festzustellen gewesen, aufgrund welchen von den türkischen Gerichten als erwiesen angenommenen tatsächlichen Verhaltens des Revisionswerbers das türkische Strafgericht von der Erfüllung der einschlägigen Tatbestände ausging und welche Sanktion dafür jeweils verhängt wurde. Dabei bildet eine verständliche Übersetzung des ergangenen Strafurteils eine wesentliche Sachverhaltsgrundlage für die Beurteilung der hier zentralen Fragen des Asylverfahrens. Erst im Anschluss daran hätte das Bundesverwaltungsgericht beurteilen können, ob den laut Berufungsurteil verhängten Sanktionen für die vom Revisionswerber verwirklichten Straftatbestände jede Verhältnismäßigkeit fehlte (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Ra 2014/18/0133, mwN). Fallbezogene Beurteilung

22 Für die Beurteilung einer Asylrelevanz der staatlichen Strafverfolgung (seitens der Türkei) ist nach dem Obgesagten die Feststellung erforderlich, aufgrund welchen von den türkischen Gerichten als erwiesen angenommenen tatsächlichen Verhaltens das türkische Strafgericht von der Erfüllung welcher Straftatbestände (einschließlich ihrer Strafdrohung) ausging und welche Sanktion dafür jeweils verhängt wurde. Erst diese Feststellung bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob den verhängten Sanktionen für die verwirklichten Straftatbestände jede Verhältnismäßigkeit fehlte.

23 Solche Feststellungen finden sich im angefochtenen Erkenntnis nicht:

In der Darstellung des Verfahrensgangs finden sich lediglich die (dislozierten) Feststellungen, welches Verhalten (bei Versammlungen der DTP bzw. Demonstrationen der DEM-DER in den Jahren 2005 und 2007) dem Revisionswerber vorgeworfen wurde. In den Feststellungen zu den behaupteten Ausreisegründen heißt es ohne jegliche Zeitangabe und ohne weitere Konkretisierung, dass sich der Revisionswerber in Untersuchungshaft befunden habe, weil er verdächtigt worden sei, einer terroristischen Organisation anzugehören bzw. für eine solche Propaganda betrieben zu haben. Weitere Ausreisegründe seien nicht hervorgekommen.

Diese Beurteilung stützt das BVwG auf vom Revisionswerber vorgelegte "Auszüge aus der Gerichtsakte", ohne näher zu konkretisieren, um welche Urkunden es sich handelte, und ohne diese Urkunden ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben.

Somit bleibt unklar, aufgrund welchen von den türkischen Gerichten als erwiesen angenommenen tatsächlichen Verhaltens das türkische Strafgericht von der Erfüllung welcher Straftatbestände ausging und welche Sanktion dafür jeweils verhängt wurde.

Insbesondere fehlt jegliche Auseinandersetzung mit dem vom Revisionswerber vorgebrachten Verhaltens im Jahr 2011 bei einer Versammlung der BDP, wegen dem seinem Vorbringen zufolge ein neuerliches Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sein sollte.

24 Solche Feststellungen sind auch erforderlich, um beurteilen zu können, ob bei dem vom Revisionswerber gesetzten Verhalten (das BVwG geht im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass dieser in einer Gruppe mit Molotowcocktails, Steinen und Stöcken Sicherheitskräfte angegriffen habe) überhaupt von einem auf einer politischen Überzeugung beruhenden Verhalten gesprochen werden kann oder ob es sich nicht schlichtweg um kriminelles Verhalten gehandelt hat.

25 Im Hinblick auf diese Feststellungen ist auch auf die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers hinzuweisen (vgl. zu den beschränkten Möglichkeiten im Asylverfahren, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren, grundsätzlich das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/18/0100 und 0101, III. 4. und 5., mwN; vgl. zur Mitwirkungspflicht des Asylwerbers nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 den hg. Beschluss vom 15. März 2016, Ra 2015/01/0069; vgl. im Hinblick auf zur Verfügung stehende Dokumente § 15 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 und zur Berücksichtigung der Mitwirkungspflicht im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens § 18 Abs. 3 AsylG 2005).

Ergebnis

26 Schon aus diesen Erwägungen war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

27 Bei diesem Ergebnis kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

28 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

29 Im fortgesetzten Verfahren wird das BVwG (auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK und eine allfällige Änderung der Haftbedingungen) die seit der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses geänderte Berichtslage in der Türkei zu berücksichtigen haben.

Wien, am 20. Dezember 2016

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